Deutsche Alzheimer Gesellschaft Selbsteinschätzungsbogen: Ein umfassender Leitfaden

Demenz ist eine Herausforderung - für Betroffene, Angehörige und die Gesellschaft. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) setzt sich seit Jahren für die Belange von Menschen mit Demenz und deren Familien ein. Ein wichtiges Instrument, um den Unterstützungsbedarf frühzeitig zu erkennen und die richtigen Leistungen in Anspruch zu nehmen, ist der Selbsteinschätzungsbogen der DAlzG. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung dieses Instruments, die Hintergründe der Pflegeversicherung und gibt praktische Hinweise für Betroffene und Angehörige.

Demenz: Eine wachsende Herausforderung

In Deutschland leben nach aktuellen Schätzungen rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Vergesslichkeit, Orientierungsprobleme und Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, sind typische Anzeichen. Oftmals werden diese Symptome jedoch nicht sofort als solche erkannt oder bagatellisiert.

Frühe Anzeichen erkennen

Viele Menschen fragen sich: "Ist das schon Demenz? Wie merke ich, wenn es bei mir anfängt?" Die Beratung am Alzheimer-Telefon der DAlzG bietet hier eine erste Anlaufstelle. Es ist wichtig, Veränderungen im Verhalten und den kognitiven Fähigkeiten ernst zu nehmen und frühzeitig ärztlichen Rat einzuholen.

Die Bedeutung der Früherkennung

Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und Betroffenen sowie ihren Angehörigen Zeit zu geben, sich auf die veränderte Lebenssituation einzustellen. Die DAlzG bietet hierzu umfassende Informationen und Unterstützung.

Der Selbsteinschätzungsbogen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG)

Der Selbsteinschätzungsbogen der DAlzG ist ein wertvolles Hilfsmittel, um den individuellen Unterstützungsbedarf von Menschen mit Demenz zu ermitteln. Er dient als Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung und hilft Betroffenen und Angehörigen, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, in welchen Bereichen die betroffene Person noch selbstständig ist und wo Hilfebedarf im Sinne der Pflegeversicherung besteht.

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Wie funktioniert der Selbsteinschätzungsbogen?

Der Bogen umfasst verschiedene Bereiche des täglichen Lebens, wie beispielsweise:

  • Körperpflege
  • Ernährung
  • Mobilität
  • Kommunikation
  • Kognitive Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen

Anhand konkreter Fragen und Beobachtungen wird der Grad der Selbstständigkeit in den einzelnen Bereichen eingeschätzt. Dies ermöglicht eine realistische Einschätzung des Hilfebedarfs und dient als Grundlage für die Beantragung von Leistungen der Pflegeversicherung.

Wo finde ich den Selbsteinschätzungsbogen?

Der Selbsteinschätzungsbogen ist auf der Website der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) verfügbar. Er ist kostenlos und kann einfach heruntergeladen und ausgedruckt werden. Im "Leitfaden zur Pflegeversicherung" der DAlzG ist ebenfalls eine Vorlage für einen Selbsteinschätzungsbogen enthalten.

Nutzen des Selbsteinschätzungsbogens

  • Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung: Der Bogen hilft, sich systematisch mit dem Hilfebedarf auseinanderzusetzen und die relevanten Informationen für die Begutachtung zusammenzustellen.
  • Überblick über den Hilfebedarf: Er ermöglicht eine realistische Einschätzung der benötigten Unterstützung und dient als Grundlage für die Planung der weiteren Versorgung.
  • Grundlage für Gespräche: Der Bogen kann als Gesprächsgrundlage mit Ärzten, Pflegekräften und anderen Fachleuten dienen, um die bestmögliche Versorgung sicherzustellen.

Die Pflegeversicherung: Ein wichtiger Pfeiler der Versorgung

Die Pflegeversicherung sichert seit 1994 einen Teil der Risiken bzw. Folgen der Pflegebedürftigkeit ab. Das Pflegeversicherungsgesetz (Sozialgesetzbuch XI - SGB XI) regelt, was Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes heißt und unter welchen Voraussetzungen Leistungen gewährt werden.

Reform der Pflegebedürftigkeit 2016

Mit einer grundlegenden Reform wurde 2016 die Definition der Pflegebedürftigkeit dahingehend verändert, dass nicht mehr ausschließlich körperlich bedingte Einschränkungen ausschlaggebend sind. Geistig und psychisch bedingte Einschränkungen der Selbstständigkeit werden nun bei der Einschätzung eines Pflegebedarfs gleichrangig berücksichtigt. Dies bedeutet vor allem für Menschen mit Demenz eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum früheren Recht. Wer an einer Demenz erkrankt ist, hat seit der letzten Gesetzesreform wesentlich früher Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung.

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Leistungen der Pflegeversicherung

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind vielfältig und reichen von Unterstützung im Haushalt über Betreuungsangebote, Hilfe bei der Körperpflege, Vertretung bei Urlaub der Pflegeperson bis hin zu Leistungen für die Versorgung in einer Demenz-WG oder im Pflegeheim. Dabei können verschiedene Leistungen flexibel je nach Bedarf verwendet werden.

  • Pflegegeld: Wird an Pflegebedürftige gezahlt, die von Angehörigen oder anderen ehrenamtlichen Pflegepersonen zu Hause versorgt werden.
  • Pflegesachleistung: Wird für die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes gezahlt.
  • Verhinderungspflege: Ermöglicht eine Vertretung der pflegenden Angehörigen, wenn diese beispielsweise Urlaub machen oder krank sind.
  • Kurzzeitpflege: Bietet eine vorübergehende stationäre Versorgung, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt.
  • Tages- und Nachtpflege: Ergänzt die häusliche Pflege durch eine teilstationäre Betreuung in einer Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung.
  • Vollstationäre Pflege: Umfasst die Versorgung in einem Pflegeheim.

Pflegegrade

Seit der Pflegereform 2017 gibt es fünf Pflegegrade, die den Grad der Selbstständigkeit einer Person widerspiegeln. Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die Leistungen der Pflegeversicherung.

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Antragstellung und Begutachtung

Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Im Anschluss erfolgt eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere von der Pflegekasse beauftragte Gutachter. Die Gutachter ermitteln den Pflegegrad anhand eines standardisierten Begutachtungsverfahrens.

Widerspruchsverfahren

Wenn Sie mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden sind, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Die DAlzG bietet hierzu im "Leitfaden zur Pflegeversicherung" eine Vorlage für ein Widerspruchsschreiben an.

Weitere wichtige Aspekte der Demenzversorgung

Neben der Pflegeversicherung gibt es eine Vielzahl weiterer Aspekte, die bei der Versorgung von Menschen mit Demenz eine wichtige Rolle spielen.

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Rechtliche Aspekte

Kann eine Person krankheitsbedingt die eigenen rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbstständig erledigen, bestellt das Gericht eine andere Person, die stellvertretend Entscheidungen treffen kann. Für die erkrankte Person wird eine sogenannte „rechtliche Betreuung“ eingerichtet. Um einer Fremdbestimmung vorzubeugen, gibt es drei Wege: die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung.

Angebote zur Unterstützung im Alltag

Wenn eine Demenz diagnostiziert wird, stellen sich für Betroffene und Angehörige eine Vielzahl von Fragen. Es gibt wichtige Dinge, die man möglichst rasch in Angriff nehmen sollte. Die DAlzG bietet hierzu eine Checkliste an. Es gibt zahlreiche Angebote zur Unterstützung im Alltag, wie beispielsweise:

  • Beratungsstellen: Bieten Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
  • Gesprächsgruppen: Ermöglichen den Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.
  • Ehrenamtliche Helfer: Bieten Unterstützung im Alltag, beispielsweise bei der Betreuung oder Begleitung zu Arztterminen.
  • Tagesbetreuung: Bietet eine stundenweise Betreuung in einer Gruppe, um Angehörige zu entlasten.

Wohnformen

Wenn eine Demenzerkrankung fortschreitet oder wenn der körperliche Pflegebedarf zu groß wird, stellt sich häufig die Frage nach Alternativen zum Leben zu Hause. Es gibt verschiedene Wohnformen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind, wie beispielsweise:

  • Betreutes Wohnen: Bietet eine Kombination aus selbstständigem Wohnen und individueller Betreuung.
  • Demenz-Wohngemeinschaften: Ermöglichen ein gemeinschaftliches Wohnen mit anderen Menschen mit Demenz und einer Betreuung rund um die Uhr.
  • Pflegeheime: Bieten eine umfassende Versorgung und Pflege, wenn eine häusliche Versorgung nicht mehr möglich ist.

Umgang mit Demenz im Alltag

Der Umgang mit Menschen mit Demenz erfordert viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Verständnis. Es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Betroffenen zu berücksichtigen und ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln.

  • Kommunikation: Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und stellen Sie konkrete Fragen.
  • Orientierung: Sorgen Sie für eine klare und strukturierte Umgebung, verwenden Sie Orientierungshilfen wie Schilder und Fotos.
  • Beschäftigung: Bieten Sie den Betroffenen altersgerechte und sinnvolle Beschäftigungen an, die ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechen.
  • Bewegung: Fördern Sie die körperliche Aktivität, beispielsweise durch Spaziergänge oder Gymnastik.
  • Musik: Musik gilt als "Königsweg" zu Menschen mit Demenz.

Herausforderungen für pflegende Angehörige

Die Pflege und Betreuung demenzkranker Menschen erfordert einen großen Einsatz der pflegenden Angehörigen. Oft ergeben sich Situationen, in denen die Pflegenden überfordert sind und auf eine Art und Weise reagieren, die nicht gewollt ist. Pflegende Angehörige sind oft sehr stark beansprucht. Durch Information und Beratung, Gesprächsgruppen sowie ehrenamtliche und professionelle Dienste können pflegende Angehörige eine wirksame Entlastung erfahren. "Hilfe beim Helfen" ist ein interaktives Seminarprogramm, bestehend aus acht Modulen, das dem großen Informationsbedürfnis der pflegenden Angehörigen nachkommt, aber auch Raum für Austausch lässt.

Technische Unterstützung

Ob intelligente Beleuchtungssysteme, automatische Herdabschaltung oder virtuelle Spieleangebote - es gibt eine Vielzahl von technischen und digitalen Produkten, die unser Leben komfortabler, sicherer und bunter machen. Gute Technik unterstützt die Teilhabe von Menschen mit Demenz.

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Auch Menschen mit Demenz dürfen an Wahlen teilnehmen. Es ist erlaubt, jemanden beim Ausfüllen des Wahlscheins zu unterstützen. Menschen mit Behinderung haben ein Anrecht auf eine Umgebung, die ihren Bedürfnissen angepasst ist. Der Abbau von Barrieren zu Hause und in der Öffentlichkeit hilft ihnen dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das gilt auch für Menschen mit einer Demenz. In den letzten Jahren sind zahlreiche Urlaubsangebote entstanden, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zugeschnitten sind.

Sexualität und Demenz

Sexualität ist ein zentraler Baustein der eigenen Identität. Sie bestimmt mit wie wir mit Intimität, Nähe, Privatheit und Distanz umgehen. Eine Demenz verändert das Erleben und Verhalten auch in diesem Bereich in unterschiedlichem Ausmaß.

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