Die Chorea Huntington, auch bekannt als Huntington-Krankheit oder Huntington-Syndrom, ist eine erbliche, neurodegenerative Erkrankung, die durch fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Sie äußert sich in einer Kombination aus Bewegungsstörungen, kognitiven Beeinträchtigungen und psychiatrischen Symptomen. Die Diagnosestellung ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Untersuchungen und Beurteilungen umfasst.
Ursachen und Vererbung der Chorea Huntington
Morbus Huntington ist eine genetisch bedingte (erbliche) Krankheit. Das bedeutet: Sie kann von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Gene bestehen aus einer langen Kette chemischer Bausteine. Bei Betroffenen des Morbus Huntington gibt es zu viele dieser Bausteine, nämlich des Bausteins CAG, an einer bestimmten Stelle des Chromosoms Vier. Das Eiweiß, das durch dieses Gen verschlüsselt wird, funktioniert nicht richtig und führt schließlich zu den Symptomen der Huntington Krankheit. Obwohl in jeder Körperzelle zwei Kopien jedes Gens vorhanden sind, reicht ein mutiertes (verändertes) bzw. Jedes Kind eines Elternteils, der das Huntington Gen in sich trägt, hat eine 50:50 Wahrscheinlichkeit, das mutierte Gen vererbt zu bekommen. Hat ein Kind das mutierte Gen ererbt, wird es die Krankheit irgendwann entwickeln. Dies geschieht normalerweise erst im Erwachsenenalter. In Europa geht man von 6 bis 12 Betroffenen auf 100.000 Einwohner aus. In Deutschland rechnet man mit rund 10.000 Menschen, die von Morbus Huntington betroffen sind und weiteren 50.000, die das Risiko tragen, die Krankheitsanlage geerbt zu haben, weil ein Elternteil von der Huntington Krankheit betroffen ist (oder war) (in Nordamerika sind es rund 30.000 Kranke und weitere 150.000 sog. Risikopersonen). Bei den meisten Betroffenen tritt die Krankheit im mittleren Erwachsenenalter auf, allerdings erfolgt bei 10% der Krankheitsausbruch bereits vor dem 20. Lebensjahr (juvenile Huntington Krankheit), bei weiteren 10% nach dem 55. Lebensjahr. Männer und Frauen können das Gen gleichermaßen erben und damit die Krankheit entwickeln. Die HK kommt in allen ethnischen Gruppen vor, ist jedoch bei der europäischen Bevölkerung am stärksten verbreitet. In ca. 5 bis 10% der Huntington-Genträger sind Spontanmutationen für die Genveränderung verantwortlich.
Symptome der Chorea Huntington
Erste Anzeichen der Huntington Krankheit können sein:Überbewegungen (Hyperkinesen, Chorea) oder Bewegungsverarmung (Hypokinese) der Arme, der Beine, im GesichtGleichgewichtsstörungenBeeinträchtigung der Feinmotorik oder ein ZitternVerhaltensauffälligkeiten wie ein aggressives oder enthemmtes VerhaltenZurückgezogenheit, Antriebsarmut, Lustlosigkeit, emotionale Labilität, DepressionKonzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Leistungseinschränkungen oder verminderte Belastbarkeit sowie SchlafstörungenAuch können psychiatrische Störungen wie Halluzinationen, Zwangsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen auftreten.Im Verlauf der Huntington Krankheit können die unwillkürlichen Bewegungen zu Gehunfähigkeit führen. Es kann zu Störungen der Aussprache (Dysarthrie) und Schluckbeschwerden kommen, so daß die Ernährung über einen Sonde nötig sein könnte. Manchmal entwickelt sich eine Demenz.
Diagnosestellung
Die Diagnosestellung der Chorea Huntington erfolgt in mehreren Schritten, die eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung, neuropsychologische Tests, Bildgebung des Gehirns und molekulargenetische Untersuchungen umfassen.
Anamnese und klinische Untersuchung
Eine ausführliche Anamnese inklusive Familien- und Medikamentenanamnese ist zu erheben. Da viele Patienten die Bewegungsstörungen zu Beginn nicht wahrnehmen, ist auch eine Fremdanamnese wichtig, um den genauen Beginn der motorischen Krankheitsanzeichen sicher festlegen zu können. Es sind neurologische, neuropsychologische, psychiatrische und internistische Untersuchungen angezeigt. Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der klinischen Symptomatik der betroffenen Patienten. Die choreatischen Bewegungsstörungen sollten zunächst als Symptom eingeordnet werden, denen verschiedene Ursachen zugrunde liegen können.
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Neurologische Untersuchung
Bei der neurologischen Untersuchung sollte der Unified Huntington’s Disease Rating Scale total motor score (UHDRS-TMS) erhoben werden. Dieser Score wurde 1996 von der Huntington Study Group entwickelt, um den klinischen Status sowohl bei Patienten mit Chorea Huntington als auch bei Individuen mit dem Risiko für die Huntington-Krankheit zu beurteilen.
Neuropsychologische Untersuchung
Bei der neuropsychologischen Untersuchung sollte u.a. auf psychomotorische Verlangsamung, Gedächtnisstörungen und eine Abnahme des Sprachflusses geachtet werden. Eine formale kognitive Testung nach UHDRS sollte erfolgen. In der psychiatrischen Untersuchung wird beispielsweise auf Anzeichen von Persönlichkeitsveränderungen, Aggressivität, Depression oder Suizidalität geachtet. In der Leitlinie wird die Anwendung der „Problem-Behavior-Assessment“-Skala (PBA-s) empfohlen.
Bildgebung
In der zerebralen Bildgebung (cMRT oder bei Kontraindikation cCT) kann eine Atrophie des Nucleus caudatus durch an den Vorderhörnern erweiterte Seitenventrikel nachgewiesen werden. Als Zeichen der Hirnatrophie tritt eine Verbreiterung der Rindenfurche auf. Die zerebrale Bildgebung dient auch dem Ausschluss symptomatischer Ursachen und dem Nachweis von Veränderungen, die pathognomonisch für einige als Differentialdiagnosen in Betracht kommende Erkrankungen sind. Hierzu zählen beispielsweise das „face of the giant panda“-Zeichen bei Morbus Wilson oder das „eye of the tiger“-Zeichen bei Pantothenatkinase-assoziierter Neurodegeneration. Bei Risikopatienten können in der Positronen-Emissionstomographie (z.B. FDG-PET) bereits Jahre vor Einsetzen der Symptome und vor Auffälligkeiten im CT ein reduzierter Stoffwechsel im Nucleus caudatus und Putamen festgellt werden.
Molekulargenetische Untersuchungen
Die Diagnosestellung der Morbus Huntington erfolgt mit Hilfe eine Gentests, der aus 5ml Blut des Patienten durchgeführt wird. Die molekulargenetische Untersuchung mit Bestimmung der CAG-Repeats im Huntingtin-Gen erfolgt nach Aufklärung des Patienten und dessen Einwilligung. Die gesetzliche Grundlage ist in Deutschland das Gendiagnostikgesetzt (GenDG). Der Patient muss über sein Recht auf Nichtwissen und das Recht auf Widerruf der erteilten Einwilligung informiert werden. Der Auftrag zu molekulargenetischen Untersuchung ist durch den betreuenden Arzt möglich. Die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses sollte stets persönlich durch denselben Arzt erfolgen.
Das verantwortliche Gen für die Chorea Huntington ist auf Chromosom 4 (4p16.3) lokalisiert. Im sogenannten Huntingtin-Gen liegt bei den Anlageträgern bzw. den Betroffenen eine Verlängerung einer kleinen Einheit des Erbmaterials, der Basenabfolge CAG vor. Das Trinukleotid CAG kodiert für die Aminosäure Glutamin. Der Einbau einer zu langen Abfolge von Glutaminbausteinen in das Huntingtin-Protein bedingt eine abnorme Proteinfunktion.
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Normalpersonen zeigen Allele mit 6-26 CAG-Repeats, ab 40 Repeats tritt immer eine Chorea Huntington auf. Zwischen der Repeat-Länge und dem Erkrankungsalter besteht statistisch eine gewisse Korrelation. Durch die CAG-Repeat-Verlängerung werden vermehrt Glutamin-Reste in das Huntingtin-Protein eingebaut. Es kommt zu einer Aggregation der Proteine und dadurch zu einer Störung der physiologischen Vorgänge in den Nervenzellen. Der Mechanismus, weshalb es nur zur Atrophie bestimmter Hirnareale kommt, ist noch nicht genau geklärt.
Allele mit < 27 Wiederholungen werden als normal eingestuft. Allele mit 27-35 Repeats werden als Prämutationsallele bezeichnet. Diese Allele sind nicht ursächlich für die Huntington-Krankheit, neigen aber zur meiotischen Instabilität. Bei Nachweis eines intermediären Allels muss von einem erhöhten Risiko für eine pathologische Repeat-Expansion bei Nachkommen des Patienten ausgegangen werden. CAG-Wiederholungen von 36 bis 39 werden als Intermediär-Allele (Grauzonen-Allele) bezeichnet, da nur ein Teil der Träger dieser Allele erkrankt (reduzierte Penetranz).
Differentialdiagnose
Manchmal liegen zwar eindeutige Symptome der Erkrankung vor, der Gentest zeigt jedoch nicht die erwartete Mutation. Die Liste weiterer Krankheiten mit choreatiformen Störungen beinhaltet andere genetische Krankheiten wie z.B. die Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson, die spinocerebelläre Ataxie Typ 1, 2, 3, 17, Friedrich Ataxie, Huntingon’s disease like-Erkrankungen, Neuroakanthozytose. Weitere Erkrankungen mit Chorea können entstehen u.a. infolge von Schlaganfällen, Schilddrüsenstörungen oder durch Einnahme von Medikamenten, die den Dopaminstoffwechsel beeinflussen. Zahlreiche Differentialdiagnosen kommen bei choreatischen Bewegungsstörungen in Betracht. Im Folgenden sind einige Differentialdiagnosen exemplarisch aufgeführt (eine vollständige Auflistung ist der S2k-Leitlinie „Chorea/Morbus Huntington“ zu entnehmen):
- Hereditäre neurologische Erkrankungen, z.B. Morbus Wilson, McLeod-Syndrom, Morbus Leigh, Zeroidlipofuszinose
- Autoimmun und paraneoplastisch bedingte choreatische Symptome, z.B. Sydenham Chorea (Chorea minor, Post-Streptokokkeninfektions-Erkrankung), Rasmussen-Syndrom, autoimmun bedingte Enzephalitiden
- Infektiöse Ursachen, z.B. Enzephalopathien bei HIV-Patienten, virale Enzephalitis (Mumps, Masern, Varizella zoster, Herpes simplex), Neuroborreliose, zerebrale Toxoplasmose
- Strukturelle Läsionen der Basalganglien, z.B. bei Schlaganfällen, Neoplasien, abszedierende und demyelinisierende Läsionen
- Metabolische, endokrine und toxische Ursachen, z.B. nicht ketotische Hyperglykämie bei Diabetes mellitus, Elektrolytverschiebungen (Hyper- und Hyponatriämie, Hypokalzämie), Hyperthyreose
- Durch Medikamente und Drogen induzierte Chorea, z.B. bestimmte Antiepileptika, Kalziumkanalblocker, trizyklische Antidepressiva, Antihistaminika
- Andere Ursachen, z.B. Polycythemia vera, essentielle Thrombozythämie
Prädiktive Diagnostik
Bei der prädiktiven Diagnostik werden gesunde Risikopersonen untersucht, in der Regel erstgradig Verwandte von Betroffenen. Laut Gendiagnostikgesetz (GenDG) soll bei jeder diagnostischen genetischen Untersuchung eine genetische Beratung angeboten werden. Bei prädiktiver genetischer Diagnostik muss laut GenDG vor der Untersuchung und nach Vorliegen des Resultates genetisch beraten werden, außer es liegt eine schriftliche Verzichtserklärung der Risikoperson nach schriftlicher Aufklärung über die Beratungsinhalte vor. Achtung:Prädiktive Diagnostik: Eine prädiktive Diagnostik wird auf der Grundlage der Empfehlungen der internationalen Huntingtonvereinigung (IHA) und des Weltverbandes der Neurologie (WFN) durchgeführt. Bitte nehmen Sie bei prädiktiven Fragestellungen VORAB Kontakt mit uns auf und informieren Sie die Ratsuchenden über das Procedere (s. Material: 2 x 2,7 ml EDTA-BlutMethodik: Amplifikation des CAG-Repeats (Andrew et al., 1994.
Therapie der Chorea Huntington
Eine Heilung der Huntington-Krankheit gibt es derzeit nicht. Patienten werden symptomatisch behandelt, d.h. man versucht die einzelnen Symptome zu lindern:Überbewegungen werden mit Dopaminrezeptorantagonisten (Tiaprid), Dopamin-entspeicherern (Tetrabenazin) oder atypischen Antipsychotika behandelt.Minderbewegungen können mit Parkinson-Medikamenten behandelt werden.Die Depression kann mit beispielsweise Serotoninwiederaufnahmehemmern oder Dopamin-Rezeptorantagonisten behandelt werden.Vermehrte Reizbarkeit, Aggressivität oder Psychosen können mit atypischen Neuroleptika häufig gut kontrolliert werden.Gegen einen drohenden Gewichtsverlust wird eine hochkalorische Ernährung mit bis zu 6 bis 8 Mahlzeiten pro Tag empfohlen.Wichtig sind regelmäßige Anwendungen mittels Physiotherapie, Logopädie oder Ergotherapie.Da derzeit keine neuroprotektiven Wirkstoffe zur Behandlung der Huntington-Erkrankung zur Verfügung stehen, kommt es im Verlauf der Erkrankung unweigerlich zu einem zunehmenden Verlust der Nervenzellen im Striatum, aber auch im Cortex und im Hirnstamm. Man versucht, diesen Zellverlust über Transplantation von Stammzellen in das Gehirn hinein auszugleichen. Ein weiterer Ansatz ist die Tiefe Hirnstimulation mit experimenteller Implantation eines Hirnschrittmachers.Psychologische und psychosoziale Maßnahmen sind notwendig. Weiter gibt es Selbsthilfegruppen wie z.B. die Deutsche Huntington Hilfe. Patienten und Angehörige können sich in das Europäische Huntington-Netzwerk einschließen lassen. Dies kann über unsere Ambulanz für Bewegungsstörungen gemacht werden.
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Die medikamentöse Therapie erfolgt in Abhängigkeit der jeweils vorliegenden Symptome. So können gegen Bewegungsstörungen (insbesondere die Überbewegungen) Neuroleptika (Antipsychotika) verschrieben werden. Diese Therapien zur Linderung von Huntington-Symptomen umfassen körperliches Training und Krankengymnastik (Physiotherapie). Es ist wichtig, dass diese regelmäßig durchgeführt werden. Man kann damit gar nicht früh genug beginnen. Dies bringt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Angehörigen viele Herausforderungen mit sich, oft einhergehend mit finanziellen Problematiken und Kontrollverlusten. Erschwerend kann zudem sein, dass viele Betroffene ihre eigenen Symptome oft nicht wahrnehmen. Deutschlandweit gibt es gut organisierte Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige.
Medikamentöse Therapie im Detail
Zur Behandlung der Chorea bei Huntington-Erkrankung werden überwiegend Dopaminrezeptorantagonisten (z. B. Tiaprid, Haloperidol und atypische Neuroleptika) sowie Tetrabenazin (z. B. Nitoman®, Tetrabenazin neuraxpharm®) eingesetzt. In Deutschland sind zur Behandlung der choreatischen Bewegungsstörung bei Huntington-Erkrankung lediglich Tetrabenazin und Tiaprid zugelassen. Tetrabenazin ist ein selektiver Hemmer des vesikulären Monoamintransporters 2 (VMAT2) der präsynaptischen neuronalen Vesikel, der für die Beladung von Vesikeln in der präsynaptischen Endplatte mit Katecholaminen sorgt. Die Hemmung des VMAT2 führt zu einer Entleerung der Speicher von Dopamin und anderen Monoaminen im zentralen Nervensystem. Dadurch kommt es zu einer reversiblen Verarmung an Dopamin in den präsynaptischen Vesikeln mit nachfolgender Verminderung der Erregungsübertragung, was sich günstig auf hyperkinetische Bewegungsstörungen auswirkt (4). Tetrabenazin hat ein Nebenwirkungsprofil, das mit Neuroleptika vergleichbar ist und führt zusätzlich häufig zu einer depressiven Störung. Tiaprid ist ein Dopaminrezeptorantagonist und weist das Nebenwirkungsprofil typischer Neuroleptika auf, insbesondere Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Parkinsonoid, Spätdyskinesien und Gewichtszunahme.
Die S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie nennt als Hauptmedikamente zur Behandlung der Hyperkinesien bei Huntington-Erkrankung Tetrabenazin, Tiaprid, atypische Neuroleptika, Haloperidol, Amantadin, Valproat und Levetiracetam (3). Die Qualität der verfügbaren Studien ist gering und wird für Tetrabenazin noch am höchsten bewertet. Da keine vergleichenden Studien vorliegen, könne keine evidenzbasierte Handlungsempfehlung gegeben werden.
Die Leitlinie der American Academy of Neurology betont, dass die Indikation zur medikamentösen Behandlung der Chorea Huntington individuell entschieden werden muss. Falls eine Pharmakotherapie der Chorea indiziert ist, wird eine Behandlung mit Tetrabenazin, Amantadin oder Riluzol empfohlen (Evidenzgrad B) (5). Diese Leitlinie wurde kritisiert, da die Evidenz für Riluzol und Amantadin unzureichend ist und beide Wirkstoffe in der Praxis kaum eingesetzt werden (1).
Die französische Leitlinie gibt einen hohen Empfehlungsgrad für die Wirksamkeit von Tetrabenazin zur Behandlung von Chorea bei der Huntington-Erkrankung an und kommt zu dem Schluss, dass Riluzol nicht wirksam ist (6). Atypische Neuroleptika werden als erste Wahl empfohlen, wenn psychiatrische Störungen vorliegen.
Ein Cochrane-Review stellt allerdings fest, dass für keinen Wirkstoff zur symptomatischen Behandlung der Chorea Huntington ausreichende Evidenz vorliegt und keine evidenzbasierten Therapieempfehlungen gegeben werden können. Tetrabenazin wird als Wirkstoff mit der verhältnismäßig besten Evidenz eingeordnet (7).
Eine Umfrage unter 52 internationalen Experten zur Therapie der Chorea ergab, dass in Europa als Wirkstoff der ersten Wahl vorwiegend Neuroleptika und weniger häufig Tetrabenazin eingesetzt werden, in den USA dagegen etwa gleichermaßen Neuroleptika und Tetrabenazin (2). Die Wirksamkeit von Neuroleptika und Tetrabenazin wurde von den Experten als etwa gleichwertig eingeschätzt. Als Nebenwirkungen wurden Apathie, Parkinsonsyndrom, metabolisches Syndrom und tardive Dyskinesien häufiger unter Neuroleptika als unter Tetrabenazin genannt, Akathisie gleichermaßen häufig bei Tetrabenazin und Neuroleptika und Depression als typische Nebenwirkung von Tetrabenazin.
In Deutschland kann die Versorgungssituation anhand einer repräsentativen Versorgungsstudie abgeschätzt werden (8). Am häufigsten werden Neuroleptika (Dopaminrezeptorantagonisten) verordnet (66,9 %), meistens Tiaprid (46,8 %). Antidepressiva erhielten 45,1 % der Patienten mit Huntington-Erkrankung. Die Untersuchung ist allerdings nicht auf Patienten mit Huntington-Erkrankung im frühen Stadium begrenzt.
Nicht-medikamentöse Therapieformen
Ergänzend zur medikamentösen Therapie spielen nicht-medikamentöse Behandlungsansätze eine wichtige Rolle, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
Ernährung: Der Stoffwechsel von Patienten mit Chorea Huntington befindet sich in einem katabolen Zustand. Sie benötigen eine hochkalorische Kost mit ggf. sechs bis acht Mahlzeiten am Tag und ggf. eine hochkalorische Nahrungsergänzung. Liegen Schluckstörungen vor, kann das Andicken von Flüssigkeiten hilfreich sein. Je nach Verlauf kann eine frühe PEG-Anlage sinnvoll sein.
Psychosoziale Maßnahmen: Die Patienten sollten psychologisch, psychosozial, krankengymnastisch, ergotherapeutisch und logopädisch betreut werden. Zwei Studien konnten eine Verbesserung der Gangsicherheit durch Krankengymnastik belegen. Schluckstörungen sollten logopädisch behandelt werden. Durch das Andicken der Nahrung kann der Schluckakt erleichtert werden. In späten Krankheitsstadien ist dennoch gelegentlich die Anlage einer Magenfistel (perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)) unumgänglich. Begleitend sollten die Patienten Physio-, Ergo- und Logopädie erhalten. Die meisten Patienten entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine Gangunsicherheit, die zu Stürzen führen kann. Zudem schätzen die Patienten gefährliche Situationen oft nicht richtig ein und zeigen eine erhöhte Risikobereitschaft.
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