Bewegung ist ein grundlegender Aspekt des menschlichen Lebens, der durch das komplexe Zusammenspiel von Nerven, Muskeln und Gehirn ermöglicht wird. Wenn dieses Zusammenspiel gestört ist, können Bewegungsstörungen auftreten, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von nervenbedingten Bewegungsstörungen, die diagnostischen Verfahren und die verfügbaren Behandlungsansätze.
Das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln
Das zentrale Nervensystem, bestehend aus Gehirn und Rückenmark, steuert die Bewegungen unserer Muskulatur. Das periphere Nervensystem verbindet Organe und Gewebe mit dem zentralen Nervensystem und leitet motorische Befehle an die Muskeln weiter oder überträgt Sinneseindrücke. Diese komplexen Nervengeflechte ermöglichen es uns, Bewegungen auszuführen und Berührungen zu spüren.
Ursachen nervenbedingter Bewegungsstörungen
Funktionsstörungen der Nerven und Muskeln können dazu führen, dass bestimmte Körperteile nicht mehr oder nur eingeschränkt bewegt werden können. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und reichen von Erkrankungen des Nervensystems über mechanische Schädigungen bis hin zu toxischen Einflüssen und psychischen Faktoren.
Erkrankungen des Nervensystems
Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Multiple Sklerose (MS) oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) können Muskellähmungen verursachen, da Nervenzellen absterben. Bei Multipler Sklerose greifen Entzündungsprozesse die Schutzschicht der Nervenzellfortsätze an, was zu einer gestörten Reizweiterleitung führt.
Mechanische Schädigungen
Mechanische Schädigungen, wie sie beispielsweise infolge eines Unfalls auftreten können, können Nerven oder Muskelfasern beschädigen und so die Bewegungsfähigkeit beeinträchtigen. Druckschäden können auch durch Tumore oder Bandscheibenvorfälle verursacht werden, die die Reizweiterleitung über den Spinalkanal (Wirbelkanal) einschränken.
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Toxische Ursachen
Toxische Ursachen, wie beispielsweise langfristiger Alkoholmissbrauch, können die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln stören. Auch bestimmte Medikamente oder der Kontakt mit giftigen Substanzen wie Schwermetallen können Nervenschäden verursachen.
Psychische Faktoren
In manchen Fällen können auch psychische Faktoren wie Stress oder traumatische Erlebnisse zu funktionellen Bewegungsstörungen führen, bei denen keine strukturelle Schädigung des Nervensystems vorliegt. Diese funktionellen Gefühls- und Bewegungsstörungen, wie Lähmungserscheinungen (Paresen) oder Taubheitsgefühle, treten meist unerwartet und oft in Situationen hoher seelischer Belastung auf.
Weitere Ursachen
Weitere mögliche Ursachen für nervenbedingte Bewegungsstörungen sind:
- Infektionen wie Borreliose, Diphtherie oder Gürtelrose
- Autoimmunerkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder rheumatoide Arthritis
- Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus (diabetische Polyneuropathie)
- Mangelernährung oder Vitaminmangel (z.B. Vitamin B12)
- Krebserkrankungen
- Hormonelles Ungleichgewicht (z.B. Schilddrüsenunterfunktion)
- Erbliche Veranlagung (hereditäre Neuropathien)
Symptome nervenbedingter Bewegungsstörungen
Die Symptome nervenbedingter Bewegungsstörungen können vielfältig sein und hängen von der zugrunde liegenden Ursache, dem Ort der Schädigung und dem Stadium der Erkrankung ab. Häufig zeigen sich erste Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen oder auch im Gesicht.
Typische Symptome
- Muskelschwäche oder -lähmung (Parese oder Plegie)
- Taubheitsgefühle oder Kribbeln
- Schmerzen oder Missempfindungen
- Muskelzucken oder -krämpfe
- Gleichgewichtsstörungen
- Koordinationsprobleme
- Gangstörungen
- Erschöpfungszustände
Spezifische Symptomkonstellationen
Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien, wobei auch Mischformen möglich sind.
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- Sensible Polyneuropathie: Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühle oder Kribbeln; vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden
- Motorische Polyneuropathie: Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe
- Vegetative Polyneuropathie: Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktes Schwitzen; Beeinträchtigung der Organfunktionen
Diagnose nervenbedingter Bewegungsstörungen
Um die Ursache einer Bewegungsstörung zu ermitteln und Art und Stadium der Beschwerden festzulegen, sind verschiedene diagnostische Verfahren notwendig.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Zu Beginn steht ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt, in dem die Krankengeschichte erfasst und die vorliegenden Beschwerden genau erfragt werden. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt Muskelkraft, Reflexe, Reizempfinden und Koordination prüft.
Neurologische Untersuchungen
- Elektroneurographie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um die Funktion der Nerven zu überprüfen und Schädigungen zu lokalisieren
- Elektromyographie (EMG): Untersuchung der Muskelaktivität, um festzustellen, ob und wie stark die Muskeln auf Nervensignale ansprechen
- Quantitative Sensorische Testung (QST): Messung verschiedener Gefühlsempfindungen auf der Haut, um Art und Ausmaß der Nervenschädigung zu bestimmen
Bildgebende Verfahren
- Magnetresonanztomographie (MRT): Darstellung von Gehirn, Rückenmark und Nerven, um strukturelle Veränderungen oder Schädigungen zu erkennen
- Computertomographie (CT): Alternative Bildgebungsmethode, insbesondere bei akuten Fragestellungen oder Kontraindikationen für MRT
Weitere Untersuchungen
- Blutuntersuchungen: Überprüfung von Entzündungswerten, Blutzuckerspiegel, Vitaminspiegel und anderen Parametern, um mögliche Ursachen der Bewegungsstörung zu identifizieren
- Untersuchung von Urin, Gehirnwasser oder Gewebeproben: Bei Verdacht auf bestimmte Erkrankungen oder Entzündungen
- Genetische Tests: Bei Verdacht auf erbliche Neuropathien
- Nerv-Muskel-Biopsie: Entnahme und feingewebliche Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem Schienbein, um den Schaden am Nerven oder seiner Hüllsubstanz zu beurteilen
- Hautbiopsie: Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Haut unter dem Mikroskop, insbesondere bei Verdacht auf Small-Fiber-Neuropathie
Therapie nervenbedingter Bewegungsstörungen
Die Therapie nervenbedingter Bewegungsstörungen zielt darauf ab, die Ursache zu beseitigen oder zu behandeln, die Symptome zu lindern und dieFunktionsfähigkeit des Patienten zu verbessern. Der Therapieplan wird individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt und kann verschiedene Bausteine umfassen.
Behandlung der Ursache
- Behandlung von Grunderkrankungen: Bei Vorliegen einer Grunderkrankung wie Diabetes mellitus, Multipler Sklerose oder einer Infektion steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund.
- Vermeidung schädlicher Einflüsse: Bei toxischen Ursachen wie Alkoholmissbrauch oder Medikamenteneinnahme ist es wichtig, diese zu vermeiden oder zu reduzieren.
- Operative Eingriffe: Bei mechanischen Schädigungen oder Tumoren kann ein operativer Eingriff erforderlich sein, um die Nerven zu entlasten oder zu reparieren.
- Ernährungsumstellung oder Nahrungsergänzung: Bei Mangelernährung oder Vitaminmangel kann eine Ernährungsumstellung oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein.
Symptomatische Therapie
- Schmerztherapie: Zur Linderung von Schmerzen können verschiedene Medikamente eingesetzt werden, wie Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioide.
- Physiotherapie: Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Muskellähmungen und zielt darauf ab, die Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern, die Muskelkraft zu stärken und die Koordination zu schulen.
- Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Patienten dabei,Alltagsaktivitäten selbstständig auszuführen und ihreHandlungsfähigkeit zu verbessern.
- Logopädie: Bei Sprach-, Sprech- oder Schluckstörungen kann Logopädie helfen, diese zu verbessern.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann bei der Bewältigung der Erkrankung und ihrer Folgen helfen und die Lebensqualität verbessern.
- Elektrostimulation: Die gezielte Anwendung von elektrischem Strom kann die Muskelaktivität anregen, bei Lähmungen stimulieren und ggf. Schmerzen reduzieren.
- Hilfsmittel: Je nach Bedarf können Hilfsmittel wie Rollstühle, Krücken oder Orthesen die Mobilität und Selbstständigkeit des Patienten unterstützen.
Rehabilitative Maßnahmen
Rehabilitative Maßnahmen zielen darauf ab, dass Betroffene mit einer neuromuskulären Erkrankung ihren Alltag besser bewältigen können und in Familie, Freundeskreis und Beruf möglichst gut integriert bleiben.
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