Plötzlich, oft mitten in der Nacht, zieht sich die Wadenmuskulatur schmerzhaft zusammen. Ein Wadenkrampf! Die Nachtruhe ist gestört, und die Schmerzen können noch stundenlang anhalten. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer, und die Häufigkeit nimmt im Alter zu. Aber was genau sind Wadenkrämpfe, wie entstehen sie, und was kann man dagegen tun?
Was sind Wadenkrämpfe?
Ein Wadenkrampf ist eine plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Anspannung der Muskulatur in der Wade. Die Muskulatur zieht sich unkontrolliert zusammen und entspannt sich nicht mehr von selbst. Der betroffene Muskel verhärtet sich spürbar. Diese Art von Krampf tritt typischerweise ganz plötzlich auf, oft nachts im Schlaf oder während bzw. nach körperlicher Belastung.
Ursachen von Wadenkrämpfen
Die Ursachen für Wadenkrämpfe sind vielfältig. In vielen Fällen ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verantwortlich. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen:
- Paraphysiologischen Krämpfen: Diese sind meist harmlos und treten gelegentlich während der Schwangerschaft oder nach sportlicher Betätigung auf. Oft liegt ein Ungleichgewicht der Elektrolyte (Magnesium, Kalzium, Natrium) vor.
- Idiopathischen Krämpfen: Die Ursache ist unklar. Betroffene können erblich dazu veranlagt sein, oder es besteht eine noch nicht diagnostizierte Erkrankung wie Diabetes mellitus.
- Symptomatischen Krämpfen: Diese werden durch unterschiedliche Erkrankungen von Nervensystem, Herz, Muskeln oder Stoffwechsel ausgelöst. Ebenso können Vergiftungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten die Ursache sein.
Zu den häufigsten Ursachen und Risikofaktoren gehören:
- Elektrolytstörungen: Ein Mangel an Magnesium, Kalium, Kalzium oder Natrium kann die Erregbarkeit der Muskelfasern stören und zu unkontrollierbaren Verkrampfungen führen. Dies kann durch falsche Ernährung, einseitige Ernährung, Diabetes mellitus, Darm- und Nierenerkrankungen, Alkoholmissbrauch, Schwangerschaft, starkes Schwitzen, Durchfall, Erbrechen oder die Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika) verursacht werden.
- Flüssigkeitsmangel (Dehydration): Ein hoher Wasserverlust des Körpers, beispielsweise durch Durchfall, Erbrechen, Diabetes insipidus, entzündliche Darmerkrankungen oder starkes Schwitzen, kann ebenfalls zu einem Ungleichgewicht im Mineralstoffhaushalt führen und Muskelkrämpfe auslösen.
- Hormonelle und Stoffwechselerkrankungen: Hormonelle Veränderungen, insbesondere in der Schwangerschaft, können den Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt beeinflussen. Auch Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Nebenschilddrüsenunterfunktion (Hypoparathyreoidismus), Erkrankungen der Nebennierenrinde und Nierenerkrankungen können Wadenkrämpfe verursachen.
- Muskelerkrankungen (Myopathien): Bestimmte Muskelerkrankungen, wie das Faszikulations-Crampus-Syndrom, das Brody-Syndrom oder die Myotonia Congenita Thomsen, können zu Muskelschwäche und krampfartigen Muskelschmerzen führen. Auch Vitamin-D-Mangel kann eine Myopathie verursachen.
- Erkrankungen des Nervensystems: Störungen der Nervenimpulsübertragung auf die Muskeln (Myasthenie), Dystonien (z.B. Parkinson, Multiple Sklerose, Chorea Huntington), Polyneuropathien, Wundstarrkrampf (Tetanus), Radikulopathien (Schädigung oder Reizung einer Nervenwurzel), Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und das Stiff-Man-Syndrom können Wadenkrämpfe auslösen.
- Medikamente und Gifte: Einige Medikamente, wie Cholesterinsenker (Fenofibrat), blutdrucksenkende Mittel (Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Diuretika, Kalziumkanalblocker), hormonelle Verhütungsmittel (Pille, Spirale), Asthmasprays (Salbutamol), Insulin, Chemotherapeutika sowie Gifte (Pestizide, Strychnin, Tetanusbazillen) können Wadenkrämpfe verursachen.
- Überlastung oder Fehlbelastung der Muskulatur: Übermäßige Anstrengung beim Sport, lange Trainingspausen, viel Schreibtischarbeit, unbequemes Sitzen, Fußfehlstellungen (Senk- oder Spreizfüße) und ungünstige Schlafpositionen können ebenfalls zu Wadenkrämpfen führen.
- Weitere Faktoren: Schwimmen in kaltem Wasser, Leberzirrhose und das Lebensalter (mit zunehmendem Alter verkürzen sich die Muskeln und Muskelmasse wird abgebaut) können ebenfalls eine Rolle spielen.
Warum treten Wadenkrämpfe so oft nachts auf?
Die genaue Ursache für nächtliche Wadenkrämpfe ist nicht vollständig geklärt. Eine Erklärung ist, dass der Magnesiumspiegel im Körper in der Ruhephase auf natürliche Weise absinkt. Fällt er zu tief, kann eine unbewusste Bewegung im Schlaf eine Muskelkontraktion auslösen, die sich dann infolge des veränderten Elektrolytehaushaltes nicht mehr lösen kann. Auch eine unbemerkte Verkühlung bestimmter Muskelpartien in der Nacht kann einen Krampf auslösen.
Lesen Sie auch: Sofortmaßnahmen bei Wadenkrämpfen
Was tun bei einem akuten Wadenkrampf?
Als Erste-Hilfe-Maßnahme bei einem nächtlichen Wadenkrampf wenden die meisten Personen instinktiv das richtige Mittel an:
- Dehnen: Strecke das Bein vorsichtig und ziehe die Zehen langsam in Richtung Schienbein - das lockert die verkrampfte Muskulatur. Sie dehnen die Wadenmuskulatur, indem sie - auch unter Zuhilfenahme der Hände - die Ferse nach vorne ausstrecken und die Zehen zurückziehen. Das führt in vielen Fällen dazu, dass sich der Krampf schnell auflöst.
- Massage: Ein leichtes Massieren des verkrampften Muskels bringt Linderung - die Muskulatur wird gelockert, die Durchblutung gesteigert. Alternativ können Sie versuchen, den schmerzenden Muskel mit den Händen leicht zusammenzuschieben. Schieben Sie dazu mit sanftem Druck gleichzeitig von Kniegelenk und Ferse aus den Unterschenkel mit den Handflächen zusammen.
- Wärme oder Kälte: Eine Wärmflasche entspannt, ein kalter Waschlappen kann den Schmerz lindern - je nachdem, was dir guttut. Viele Betroffene profitieren zusätzlich von Wärme. Gegen nächtliche Wadenkrämpfe am besten eine kurze Fuß- oder Wadendusche nehmen. Bei einigen Menschen hingegen kann Kälte die Krämpfe lösen. Dann hilft es, kalte Auflagen auf die harte Muskulatur zu bringen.
- Herumlaufen: Krampflösend wirkt häufig auch aufzustehen und vorsichtig herumzulaufen.
- Beim Sport: Den Unterschenkel im Stehen dehnen (wie oben beschrieben): Die Zehen nach oben ziehen und die Ferse fest auf den Boden drücken. Gleichzeitig kann die Wade leicht massiert werden. Den Fuß anschließend lockern. Nach dem Krampf einige Schritte gehen und eine kleine Trainingspause einlegen. Ausreichend trinken. Der Elektrolythaushalt muss gegebenenfalls ausgeglichen werden. Wichtig sind dabei unter anderem Magnesium, Kalium und Natrium. Bei kalten Temperaturen sollte man sich wärmende Strümpfe und eine lange Hose überziehen.
Wie kann man Wadenkrämpfen vorbeugen?
Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Wadenkrämpfen vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung und Dehnen: Legen Sie jeden Tag ein paar Übungen ein, die Ihre Beinmuskulatur gründlich bewegen. Hier bieten sich ein paar einfache Dehn- und Bewegungsroutinen an, die Ihnen beispielsweise ein Physiotherapeut oder ein Yogalehrer vermitteln kann. Aber auch ein paar Minuten auf dem Fahrrad-Ergometer oder dem Laufband helfen schon, die Muskeln vor dem Schlafengehen zu lockern. Entscheidend ist eine hohe Intensität, damit du die verhärtete oder verkrampfte Muskulatur gut beeinflussen kannst. Jeder Muskel hat bestimmte Gegenspieler, um deine Gelenke vielseitig zu bewegen. Mit dieser Übung dehnst du die Gegenspieler deiner Wade und entspannst somit indirekt die Wadenmuskulatur selbst. Greife mit der linken Hand deinen rechten Fuß. Akute Krämpfe? Stelle dich hinter einen Stuhl. Beuge deine Knie ein wenig und gehe mit deinem Becken leicht nach vorne, sodass dein Schwerpunkt über den Knien liegt. Stelle dich hinter einen Stuhl und platziere 2 mittelgroße Keile auf dem Boden. So erreichst du eine Dehnung in der oberen Wade. Um die Dehnung zu steigern, kannst du dich mit deinem Becken langsam nach vorne bewegen.
- Ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Überprüfen Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten und stellen Sie sicher, dass Ihre Versorgung mit den wichtigsten Mineralstoffen, vor allem Magnesium, gewährleistet ist. Trinken Sie ausreichend, am besten stilles Wasser oder Saftschorlen. Vermeiden Sie Alkohol und stark zuckerhaltige Getränke. Setzen Sie magnesiumreiche Lebensmittel auf den täglichen Speiseplan. Reich an Magnesium sind grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen sowie Fisch und Meeresfrüchte. Geringere Mengen an Magnesium stecken in Bananen, Kartoffeln, Milch- und Milchprodukten und in Fleisch.
- Mineralstoffpräparate: Häufig wird bei Wadenkrämpfen die Einnahme von Magnesium empfohlen. Du solltest aber nicht sofort zu einem Präparat greifen, um den Wadenkrampf zu lösen, sondern die Einnahme vorher lieber mit deinem Arzt abklären - denn ein Mangel ist nicht immer die Ursache. Hochdosiertes Magnesium zum Vorbeugen gegen Krämpfe und Verspannungen bekommen Sie als Kapseln, Brausetabletten, Direktgranulat oder Trinkampulle in Ihrer Apotheke. Auch eine Kombination aus verschiedenen Mineralstoffen kann - je nach Ursache der Krämpfe - sinnvoll sein.
- Bequeme Schuhe: Tragen Sie bequeme Schuhe, die Ihren Füßen guten Halt geben und nicht drücken.
- Vermeiden Sie plötzliche Temperaturwechsel: Vor allem im Sommer ist es nicht ratsam, sich überhitzt ins kalte Wasser zu stürzen.
- Anpassung des Trainingsverhaltens (bei Sportlern): Schalten Sie einen Gang runter und legen Sie Pausen ein. Steigern Sie die Trainingsintensität nur langsam. Bauen Sie Ausgleichsübungen ein. Dehnen Sie die Waden gezielt. Passen Sie die Trink- und Essgewohnheiten an. Vorsicht ist zudem geboten, wenn man in kaltem Wasser schwimmt.
- Fußgymnastik und leichter Sport: Bei einer verkürzten beziehungsweise verspannten Muskulatur helfen regelmäßige Fußgymnastik und leichter Sport wie Walking, Radfahren und Schwimmen, die Ihre Muskeln trainieren. Auch Yoga und andere Übungsformen können helfen. Verkrampfen sich Ihre Muskeln leicht, kann es zudem hilfreich sein, diese täglich sanft zu massieren.
- Homöopathie und Akupunktur: Gegen Wadenkrämpfe werden bevorzugt folgende homöopathische Mittel empfohlen: Cuprum metallicum, Magnesium phosphoricum, Valeriana officinalis, Thuja. Können ernste Erkrankungen als Ursache der Wadenkrämpfe ausgeschlossen werden, kann ein Akupunkteur die Krämpfe meist innerhalb weniger Sitzungen behandeln. Dabei werden dünne Nadeln auf die Akupunkturpunkte der Energieleitbahnen von Leber und Milz gesetzt.
- Pflanzliche Wirkstoffe: Pflanzliche Wirkstoffe, wie sie in Produkten mit Rosskastanien-Extrakt, Seekiefer-Extrakt oder rotem Weinlaub enthalten sind, bieten eine natürliche Unterstützung. Die Wirkung beruht offenbar auf mehreren Ebenen: Seekiefer-Extrakt verbessert die Mikrozirkulation, reduziert entzündliche Prozesse, schützt die Gefäße und unterstützt die allgemeine Gefäßgesundheit.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wadenkrämpfe sind meist harmlos. Zum Arzt sollte man allerdings gehen, wenn die schmerzhaften Krämpfe sehr häufig auftreten, wenn sie nachts den Schlaf rauben oder sich tagsüber bemerkbar machen und wenn die Wadenkrämpfe sich trotz Dehnen oder sanfter Massagen nicht auflösen. Kommen weitere Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen hinzu, sollte ebenfalls ein Arzt konsultiert werden.
Die Ärztin oder der Arzt sollte Muskelkrämpfe zudem immer abklären, wenn Sie schon Vorerkrankungen haben, wie:
- einen zu hohen Blutdruck
- Diabetes
- eine Nierenkrankheit
Ebenso, wenn Symptome und Auffälligkeiten dazukommen wie:
Lesen Sie auch: TIA: Ursachen, Symptome und Behandlung
- Schwellungen an Bein oder Fuß
- Rückenschmerzen, Nachtschweiß
- Muskelkrämpfe in anderen Körperteilen
- ein Schwächegefühl in den Muskeln
- Gang- oder Bewegungsunsicherheiten
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Hautveränderungen und Fieber
Diagnose von Wadenkrämpfen
Der behandelnde Arzt wird sich die Beschwerden genau erläutern lassen. Es ist unter anderem relevant, wann sich die Krämpfe zum ersten Mal gezeigt haben, ob sie häufig in bestimmten Situationen auftreten, beispielsweise beim Training oder nur nachts. Auch familiäre Hintergründe werden beleuchtet. So ist es wichtig zu wissen, welche Krankheiten in der Familie vorkommen. Aber auch eine mögliche Schwangerschaft oder Nebenwirkungen von Medikamenten werden als Auslöser der Krämpfe in Betracht gezogen. Eine körperliche Untersuchung schließt sich dem Gespräch an, wobei Nervensystem und Muskelfunktionen besonders genau angesehen werden. Auf Basis dieser Kontrollen kann nun schon entschieden werden, ob gegebenenfalls eine Überweisung zu einem Facharzt erforderlich ist.
Mögliche Untersuchungen sind:
- Elektromyografie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität, um Muskelerkrankungen oder Nervenstörungen zu erkennen.
- Elektroneurografie: Misst die Leitfähigkeit der Nerven, um Nervenschädigungen zu erkennen.
- Ischämietest: Stellt die Leistungsfähigkeit von Muskeln und Enzymen dar.
- Dopplersonografie: Zum Nachweis von Thrombosen.
- Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT): Bei Verdacht auf Rückenbeschwerden als Ursache.
- Laboruntersuchung: Analyse des Blutes zur Bestimmung von Elektrolyten (Magnesium, Natrium, Kalzium), Blutzucker, Leber- und Nierenwerten, Hormonspiegel (bei Verdacht auf Schilddrüsenfehlfunktion).
Behandlung von Wadenkrämpfen
Wadenkrämpfe werden abhängig von ihrer spezifischen Ursache behandelt.
- Störung im Elektrolyt- und Wasserhaushalt: Ausreichend trinken und auf eine ausgewogene Ernährung achten. Bei starkem Durchfall kann eine Elektrolytlösung für den nötigen Ausgleich sorgen. Bei Magnesiummangel können entsprechende Präparate helfen.
- Nächtliche Wadenkrämpfe: Bei Erwachsenen kann eventuell der Krampflöser Chininsulfat (Chinin) weiterhelfen. Das Mittel sollte nur nach ärztlicher Rücksprache genommen werden und keinesfalls während einer Schwangerschaft oder in Kombination mit anderen Medikamenten. Von der Gabe an Kinder und Jugendliche wird abgeraten.
- Unterfunktion der Nebenschilddrüse: Vitamin D oder Kalzium können verschrieben werden.
- Erkrankungen der Muskulatur: Physiotherapeutische Maßnahmen sind meist hilfreich.
- Dystonie: Medikamente wie Botulinum-Toxin oder Benzodiazepine können verordnet werden.
- Erkrankung des Nervensystems: Durchblutungsfördernde Arzneien sorgen häufig für eine Besserung.
- Nebenwirkung eines Medikamentes: Möglicherweise kann ein anderes Präparat gewählt werden.
Lesen Sie auch: Risikofaktoren für Schlaganfall in jungen Jahren
tags: #wie #löse #ich #einen #Wadenkrampf