Erwachsene Kinder sind oft von ihren Eltern genervt, was auf alte Rollenmuster zurückzuführen ist. Die systemische Therapeutin Maria Neophytou betont die Notwendigkeit, den Eltern Grenzen aufzuzeigen. Konflikte zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern sind keine Seltenheit und lassen sich nicht immer vermeiden. Doch durch den richtigen Umgang können Konflikte minimiert und abgemildert werden. Ein entspannterer Umgang miteinander kann gelingen, indem man sich gegenseitig wertschätzt, miteinander redet und einander zuhört.
Die Wurzel des Übels: Rollenmuster und Erwartungen
Oftmals entstehen Konflikte, weil Eltern und Kinder in alte Rollenmuster zurückfallen. Erwachsene Kinder wollen sich nicht mehr wie in ihrer Kindheit oder Pubertät behandeln lassen. Doch auch gut gemeinte Ratschläge der Eltern können zu Streit führen, da sie auf der Beziehungsebene oft als "Ich weiß, was für dich gut ist!" interpretiert werden.
Constanze Bossemeyer, Kommunikationspsychologin aus Hamburg, erklärt, dass wir alle verschiedene innere Teammitglieder in uns tragen. Ein solches Teammitglied hat sich möglicherweise in der Pubertät entwickelt, um für die eigene Autonomie zu kämpfen und sich von überbehütenden Eltern abzugrenzen. Wenn nun ein befürchteter Kommentar der Mutter kommt, kann es sein, dass genau dieses innere Teammitglied wieder anspringt und sich auf der inneren Bühne breitmacht.
Die Psychologie dahinter: Trigger und ungelöste Konflikte
Dr. Claus Koch vom pädagogischen Institut Berlin erklärt, dass Streitigkeiten mit den Eltern oft mit dem notwendigen Ablösungsprozess zusammenhängen, der mit der Pubertät beginnt. Als Erwachsene bemerken wir oft, dass wir Angewohnheiten von ihnen übernommen haben, was uns das Gefühl geben kann, uns nicht genug von ihnen abgegrenzt zu haben.
Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Gesten der Eltern kann auf ungelöste Konflikte aus der Kindheit hindeuten. Ein einziger Blick am Küchentisch kann heftige Reaktionen auslösen, insbesondere wenn man von den Eltern wieder wie ein kleines Kind behandelt wird.
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Tipps für den Umgang mit schwierigen Eltern
Um sich nicht den letzten Nerv rauben zu lassen, kann es helfen, einen Moment innezuhalten und zu überlegen, welcher Teil von uns reagieren soll: ein zorniger, ein gelassener oder ein humorvoller. Eine mögliche Antwort könnte sein: "Mama, lass gut sein." Es kann auch hilfreich sein, in den Konflikt zu gehen, wenn erwachsene Kinder sich ein gewisses Verhalten ihrer Eltern nicht mehr bieten lassen wollen.
Constanze Bossemeyer rät, sich einen Moment zu besinnen und zu überlegen, welcher Teil von uns reagieren soll - ein zorniger, ein gelassener oder ein humorvoller. Es könne helfen, zunächst die Körperhaltung zu verändern und einmal auszuatmen. Ein anderer Weg könne natürlich auch sein, in den Konflikt zu gehen, wenn erwachsene Kinder sich ein gewisses Verhalten ihrer Eltern nicht mehr bieten lassen wollen. "Wichtig ist nur, dass wir nicht unseren kindlichen Teammitgliedern die Bühne überlassen."
Die Rolle der Kommunikation
Offene Kommunikation ist entscheidend. Es ist wichtig, offen miteinander zu reden und Probleme anzusprechen, ohne Vorwürfe zu machen, sondern zu erklären, wie man sich fühlt. Klare Grenzen sollten gesetzt und respektiert werden. Achtsamer Umgang bedeutet, einander zuzuhören, einander aussprechen zu lassen und Verständnis aufzubringen. Gegenseitige Rücksichtnahme ist ebenfalls wichtig, da man eine Familie ist und alle nur das Beste füreinander wollen.
Wenn Eltern zur Belastung werden
Es gibt Eltern, die ihren erwachsenen Kindern zu viel Kraft kosten, die viel von ihren Kindern fordern und nicht auf sie eingehen. Manche Eltern sind von Angst bestimmt und haben ihre Kinder schon immer mit dem alleingelassen, was für sie als Eltern zu anstrengend oder zu bedrohlich war.
Kinder schwieriger Eltern können sich aus der Verantwortungsfalle befreien, indem sie sich entscheiden, das Geschenk des Lebens anzunehmen und sich mit liebevollem Einsatz den Aufgaben zu stellen, die ihnen Familie, Beruf und ihr Umfeld stellen. Wo Eltern und Schwiegereltern das unterstützen, kann man Leben teilen. Wo nicht, ist ein heilsamer Abstand nicht nur erlaubt, sondern notwendig.
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Die Pubertät als Auslöser
Die Pubertät ist ein Ausnahmezustand, in dem sich Körper, Geist und Bindungsverhalten der Jugendlichen verändern. Eltern müssen akzeptieren, dass sich ihre Kinder von ihnen ablösen und sich an ihren Freunden orientieren. Es ist wichtig, den Jugendlichen einen sicheren Hort zu geben, eine Rückzugsmöglichkeit von den Schwierigkeiten des Lebens.
Was tun, wenn Eltern nerven?
- Grenzen setzen: Machen Sie Ihren Eltern klar, welche Verhaltensweisen Sie nicht akzeptieren.
- Distanz wahren: Verbringen Sie weniger Zeit mit Ihren Eltern, wenn der Kontakt zu anstrengend ist.
- Professionelle Hilfe suchen: Wenn die Konflikte unüberwindbar scheinen, kann eine Therapie helfen.
- Akzeptanz: Akzeptieren Sie, dass Ihre Eltern sind, wie sie sind. Sie können sie nicht ändern.
- Selbstfürsorge: Achten Sie auf sich selbst und tun Sie Dinge, die Ihnen guttun.
- Kommunikation: Sprechen Sie offen und ehrlich mit Ihren Eltern über Ihre Gefühle und Bedürfnisse.
- Perspektivwechsel: Versuchen Sie, die Situation aus der Perspektive Ihrer Eltern zu betrachten.
- Humor: Bewahren Sie einen Sinn für Humor und versuchen Sie, über die kleinen Macken Ihrer Eltern zu lachen.
- Verständnis: Zeigen Sie Verständnis für die Situation Ihrer Eltern.
- Loslassen: Lernen Sie, loszulassen und sich nicht von den Problemen Ihrer Eltern erdrücken zu lassen.
Die Bedeutung der Selbstberuhigung
Eltern sind biologische Wesen und keine Maschinen, die von sich Perfektion verlangen können. Es kann hilfreich sein, das momentane emotionale Chaos zu akzeptieren - mit einem liebevollen und gütigen Blick auf sich selbst. Neue Forschungsergebnisse belegen, dass der vordere Vagusnerv eine wichtige Rolle spielt, um Emotionen zu regulieren.
Eltern, die gelernt haben, wie sie sich selbst beruhigen können, sind auch besser in der Lage, ein vom Nein enttäuschtes Kind zu begleiten. Ein klares Nein ist mit einer psychischen Kraftanstrengung verbunden. Es braucht eine überlegte Vorbereitung im Inneren und wird dadurch seltener, aber klarer angewendet.
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