Jeder kennt das Gefühl: Die Nerven liegen blank, man ist gestresst, unruhig oder ängstlich. Manchmal spielen die Nerven nur kurz verrückt, beispielsweise in aufregenden Situationen. Doch was, wenn diese Zustände chronisch werden? Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Symptome von Nervenleiden und zeigt verschiedene Wege auf, wie man seine Nerven stärken und wieder ins Gleichgewicht bringen kann.
Ursachen für "verrückte" Nerven
Die Ursachen für Nervosität und innere Unruhe sind vielfältig. Oftmals ist es eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, die dazu führt, dass die Nerven "verrückt spielen".
- Psychische Belastung: Leistungsdruck, Selbstüberschätzung, Ängste und Sorgen können die Seele überfordern und sich körperlich bemerkbar machen. Eine aktuelle Studie der TK zeigt, dass sich 64 Prozent der Deutschen regelmäßig gestresst fühlen. Die Corona-Pandemie hat das durchschnittliche Stresslevel in den letzten 10 Jahren sogar noch erhöht.
- Körperliche Ursachen: Manchmal liegen den Nervenproblemen ernsthafte Erkrankungen zugrunde, beispielsweise der Schilddrüse, die viele Stoffwechselvorgänge im Körper reguliert. Auch ein Vitaminmangel oder die Einnahme bestimmter Medikamente können die Nerven beeinträchtigen.
- Nervenerkrankungen: Chronische Nervenerkrankungen wie Polyneuropathie, Multiple Sklerose, Epilepsie, Parkinson oder Alzheimer können ebenfalls dazu führen, dass die Nerven "verrückt spielen".
- Reizüberflutung und ständige Erreichbarkeit: In der heutigen Zeit sind wir ständig von Informationen und Reizen umgeben. Die ständige Verfügbarkeit und die Angst, etwas zu verpassen, können zu einem kontinuierlich hohen Stresslevel führen und die Nerven strapazieren.
Symptome: Wenn die Nerven blank liegen
Die Symptome, die auftreten, wenn die Nerven verrückt spielen, können vielfältig sein und sich von Person zu Person unterscheiden. Einige häufige Anzeichen sind:
- Nervosität und innere Unruhe: Betroffene fühlen sich innerlich angespannt, nervös oder unruhig. Sie können Herzklopfen, Spannungskopfschmerzen, Magenbeschwerden, Verspannungen, Schlafstörungen und Reizbarkeit verspüren.
- Körperliche Beschwerden: Kribbeln, Taubheit, brennende Füße oder das Gefühl, als ob Ameisen auf der Haut laufen, können Anzeichen einer Neuropathie oder Polyneuropathie sein.
- Konzentrationsschwierigkeiten: Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und sind leicht ablenkbar.
- Schlafstörungen: Ein- und Durchschlafprobleme sind häufige Begleiterscheinungen von Nervosität und Stress.
- Gereiztheit und Stimmungsschwankungen: Betroffene reagieren schneller gereizt und können unter Stimmungsschwankungen leiden.
- Angstzustände: In manchen Fällen können Nervosität und Stress auch zu Angstzuständen führen.
- Vergesslichkeit: Bei der Alzheimer-Krankheit sind die Betroffenen am Anfang nur zeitweise orientierungslos und wissen nicht genau, wo sie sich befinden. Später verwechseln sie Orte und Situationen. Zuletzt können sie manchmal sogar vertraute Personen nicht mehr erkennen.
Was tun, wenn die Nerven verrückt spielen?
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie man seine Nerven stärken und wieder ins Gleichgewicht bringen kann. Die Wahl der richtigen Strategie hängt von den individuellen Ursachen und Symptomen ab.
1. Den Körper spüren und bewegen
Regelmäßige Bewegung wirkt sich positiv auf das Nervensystem und das allgemeine Wohlbefinden aus. Sportarten wie Yoga oder Pilates haben eine besonders entspannende Wirkung und stärken so auch unsere Nerven. Ein flotter Spaziergang in der Mittagspause oder eine lockere Runde Laufen nach Feierabend helfen dabei, Ängste zu "verstoffwechseln". Zudem verschafft die körperliche Aktivität den Gedanken eine Verschnaufpause, die Sorgen rücken in den Hintergrund. Wichtig dabei ist, dass die Bewegung Freude bereitet und ohne Zwang erfolgt. Besonders gut tut Bewegung an der frischen Luft. Die Natur ist oft Balsam für die Seele und wirkt beruhigend auf gereizte Nerven.
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2. Entspannungstechniken erlernen und anwenden
Um schwachen Nerven vorzubeugen, empfiehlt es sich, regelmäßig zu meditieren. Auch kurze Atemübungen sind ein bewährtes Mittel gegen Stress und lassen sich ganz einfach in den Alltag integrieren. Versuchen Sie für zwei Minuten ganz gezielt tief in den Bauch hinein zu atmen. Hierfür atmen Sie tief in die Nase ein und dann durch den Mund wieder aus. Das nennt man auch „Zwerchfellatmung“. Am besten gelingt das in einer aufrechten Körperhaltung. Zur Kontrolle können Sie die Hände auf den Bauch legen.
3. Ausreichend schlafen
Ausreichender und erholsamer Schlaf ist in stressigen Phasen ganz besonders wichtig. Zu wenig Schlaf führt dazu, dass unser Körper weniger stressresistent ist. Wir sind leichter reizbar und können uns schlechter konzentrieren. Die moderne Schlafforschung empfiehlt möglichst 7,5 Stunden pro Nacht.
4. Die richtige Ernährung
Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit der Nerven. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann dazu beitragen, die Nerven zu stärken und Stress abzubauen.
- Haferflocken: Sie enthalten komplexe Kohlenhydrate, die uns langfristig mit Energie versorgen und lange satt machen. Ihr hoher Magnesiumgehalt unterstützt die Funktion der Nerven und wirkt der Freisetzung von Stresshormonen entgegen.
- Nüsse und Kerne: Sie sind reich an Vitamin B und Magnesium, welche wichtig für unsere Gehirnfunktion und unser Nervensystem sind. Besonders viel davon befinden sich in Walnüssen, Pistazien und Haselnüssen. Walnüsse enthalten darüber hinaus viele der wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Mandeln und Cashews sind ein guter Tryptophan-Lieferant.
- Dunkle Schokolade: Kakaopulver ist reich an Tryptophan, eine Aminosäure, die unseren Körper dabei unterstützt, das Glückshormon Serotonin zu produzieren, welches stresshemmend wirkt.
- Paprika: Paprika ist besonders reich an Vitamin C. Das leckere Gemüse enthält sogar doppelt so viel Vitamin C, wie eine Zitrone.
- Spinat: Spinat ist reich an Magnesium, sowie an Vitamin B6 und Kalium.
- Bananen: Sie liefern einen hohen Anteil des B-Vitamins Pyridoxin (B6). Dieses ist an vielen Prozessen im Nervensystem beteiligt. Außerdem enthalten sie Kalium und Tryptophan.
Vermeiden Sie stark zuckerhaltige Lebensmittel, da diese den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen und wieder abfallen lassen, was zu Müdigkeit und Konzentrationsproblemen führen kann.
5. Flüssigkeitszufuhr nicht vergessen
Bei einem Flüssigkeitsmangel können wir uns schlechter konzentrieren und haben weniger Energie. In Zeiten, in denen starke Nerven gefragt sind, ist es deshalb besonders wichtig, ausreichend zu trinken (mindestens 1,5 Liter am Tag).
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6. Reize reduzieren und Pausen einlegen
Nehmen Sie sich bewusst Auszeiten vom stressigen Alltag. Schalten Sie das Handy aus, vermeiden Sie Reizüberflutung und gönnen Sie sich Ruhe. Die psychologische Forschung zeigt, dass sich viele kurze Entspannungsphasen beispielsweise günstiger auf die Erholung von körperlicher Arbeit auswirken als wenige lange Pausen. Menschen, die viel arbeiten, sollten jede Stunde für einige Minuten innehalten. Bewusstes Durchatmen oder aufstehen und die Glieder bewegen, hilft kurz abzuschalten.
7. Eigene Stärken und Ressourcen aktivieren
Machen Sie sich immer wieder Ihre Stärken und Ihre eigenen Ressourcen bewusst. Was kann ich gut? Was tut mir gut? Und vor allem: Was habe ich alles schon geschafft? Die folgenden Fragen helfen dabei, den eigenen Ressourcen auf den Grund zu gehen:
- Was stärkt mich?
- Was tut mir gut?
- Was mache ich gerne?
- Wann fühle ich mich lebendig?
- Was entspannt mich?
- Wo fühle ich mich wohl?
8. Lachen
Auch Lachen ist ein bewährtes Mittel gegen schwache Nerven. Beim Lachen werden Endorphine, auch Glückshormone genannt, ausgeschüttet. Besonders interessant: Unser Körper unterscheidet dabei nicht, ob es ein „richtiges“ oder ein künstliches Lachen ist.
9. Achtsamkeit lernen
Regelmäßige Atemübungen und Meditation helfen dabei, achtsamer zu leben.
Übung: Atem beobachten Schließen Sie die Augen. Atmen Sie durch die Nase ein. Konzentrieren Sie sich darauf, wie der Atem durch ihre Nase in die Lungen strömt. Halten Sie kurz inne. Atmen Sie danach durch den Mund aus. Konzentrieren Sie sich auf den natürlichen Rhythmus des Atems, ohne ihn verändern zu wollen. Bleiben Sie mit den Gedanken beim Atem: Denken Sie an die Worte „Einat-men/Ausatmen“. Es ist völlig normal, wenn Sie abschweifen, das ist Teil der Übung. Beobachten sie wertfrei, dass es passiert. Kehren Sie dann einfach sanft zur Atmung zurück.
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Wichtig ist: Üben Sie regelmäßig, am besten täglich. Am Anfang 1 Minute, nach ein paar Tagen 2 Minuten, danach 3 Minuten und so weiter. Steigern Sie sich langsam. Den Fortschritt bestimmen Sie! Hauptsache ist: Sie bleiben dran.
10. Gedankenkontrolle üben
Wenn Ängste und Unruhe das Gedankenkarussell nicht mehr still stehen lassen, gibt es eine Reihe von Übungen, die den Geist beruhigen.
Übung: Gedankenstopp Wenn Sie sich beim sorgenvollen Grübeln ertappen, beobachten Sie, welcher Gedanke Sie konkret belastet. Stellen Sie sich dann ein rotes Stoppschild vor und sagen Sie sich laut oder in Gedanken „Stopp“. Wenden Sie sich dann sofort etwas anderem (z.B. dem Atem, einem beruhigenden Gedanken) zu. Je öfter Sie üben, desto leichter fällt es Ihnen bald.
11. Gefühle annehmen lernen
Wie im Umgang mit den Gedanken lohnt es sich Gefühle, bewusst wahrzunehmen und nicht wegzuschieben. Durch die aktive Auseinandersetzung können Empfindungen auf positiv beeinflusst werden.
Übung: Gefühle fokussieren Konzentrieren Sie sich auf ein momentan vorherrschendes Gefühl (z.B. Angst). Fühlen Sie, wie es sich im Körper anfühlt, wo es zu spüren ist. Nehmen Sie das Gefühl wahr, ohne es zu beurteilen. Richten Sie Ihren Fokus aber auf die Beobachtung (da ist Angst), um sich nicht im Gefühl zu verlieren. Durch das Bewusstmachen des Gefühls, verhindern sie, dass sie zu stark blockiert werden. Wenn Sie abschweifen, kehren Sie gedanklich zu dem Gefühl zurück. Droht das Gefühl Sie zu überwältigen, kann der Gedanke „Auch dies geht vorbei.“ Linderung verschaffen.
12. Unterstützung suchen
Wenn Sie sich dauerhaft unruhig und gereizt fühlen, sollten Sie mit einem Arzt oder Therapeuten sprechen. Denn hinter diesen Symptomen verbergen sich manchmal auch behandlungsbedürftige, körperliche Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, starker Bluthochdruck, Unterzuckerung bei Typ-1-Diabetes). Aber auch bestimmte psychische Erkrankungen wie z.B. Angststörungen oder Depressionen gehen mit Nervosität und innerer Unruhe einher. In diesen Fällen sollten psychotherapeutische Maßnahmen - beispielsweise eine Verhaltenstherapie - ergriffen werden. Auch ein Coaching (z.B. im Stressmanagement) kann den Umgang mit den Herausforderungen des Lebens verbessern.
13. Medikamentöse und begleitende Maßnahmen
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, das aus der Balance geratene Nervensystem mit Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln zu unterstützen.
- B-Vitamine: Sie haben Einfluss auf unsere Stimmung, Nerven und unsere Psyche. Außerdem sind sie wichtig für zahlreiche Stoffwechselvorgänge in unserem Körper. Vitamin B1 benötigen wir für unseren Energiestoffwechsel sowie zur Konzentration.
- Magnesium: Magnesium hat eine entspannende Wirkung, da es den Körper aktiv dabei unterstützt, die Produktion von Stresshormonen im Körper zu reduzieren. Ein Mangel des Mineralstoffes hingegen kann zu innerer Unruhe, Muskelzucken, Konzentrationsproblemen sowie stärkerer Gereiztheit führen.
- Vitamin C: Vitamin C ist wichtig für unser mentales Gleichgewicht. Es unterstützt die Bildung neuer Blutgefäße, sowie die Verzweigung von Nervenzellen.
Auch homöopathische Komplexmittel können in manchen Fällen hilfreich sein.
Wichtig: Besprechen Sie die Einnahme von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln immer mit Ihrem Arzt oder Apotheker.
Polyneuropathie: Was tun bei Nervenschäden?
Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Polyneuropathie - zum Teil ohne es zu wissen. Dahinter steckt eine Schädigung der langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden. Häufig sind es lange, sensible Nervenfasern, die bis in den Fuß reichen. Sind sie geschädigt, werden Signale nicht mehr richtig weitergeleitet. Die Haut kann sich dann taub oder wattig anfühlen, grundlos kribbeln oder schmerzen. Schäden an motorischen Nerven können auch die Muskulatur schwächen oder lähmen.
Ursachen:
- Diabetes
- Chemotherapie
- Toxine wie Alkohol und Medikamente
- Infektionen
- Unfälle oder Traumata mit einer Nervenschädigung
- Erbliche Veranlagungen
- Immunvermittelte Neuropathien
- Systemerkrankungen wie Lungenerkrankungen, Sarkoidose oder Rheuma
Was tun?
- Regelmäßige Untersuchungen: Gerade Diabetes-Patienten sollten regelmäßig zu Symptomen befragt und die Nervenfunktion untersucht werden. Ein Hinweis auf Nervenschäden ist zum Beispiel ein verringertes Vibrationsempfinden. Auch die Temperaturempfindlichkeit sollte regelmäßig untersucht werden - also das Kälte- und Wärmeempfinden.
- Bewegung und Training: Experten empfehlen Bewegung und Training, am besten in der Gruppe. Auch Kühlen und Kompression können Nervenschäden deutlich verringern. Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg bietet ein spezielles Trainingsprogramm an, das bei Patienten gezielt Gleichgewicht, Kraft und Nervenwahrnehmung fördert.
- Ursachen behandeln: Wenn man die Polyneuropathie behandeln will, muss man die Ursache behandeln können.
- Schmerzlinderung: Zur Behandlung gegen Neuropathie gibt es als nicht-medikamentöse Verfahren gegen Schmerzen auch Pflaster zum Aufkleben auf die Haut. Hierbei werden vor allem die Nervenfasern angeregt, die nicht den Schmerz transportieren. Werden Schmerzen schlimmer, können etwa spezielle Schmerzpflaster oder Medikamente helfen.