Oft identifizieren wir uns so stark mit unseren Gedanken, dass wir ihnen alles glauben und sie für einen untrennbaren Teil unserer Persönlichkeit halten. Doch die Erkenntnis, dass „Du nicht deine Gedanken bist“, kann eine Quelle innerer Freiheit und eines positiven Selbstbildes sein.
Die Macht der Gedanken und ihre Auswirkungen
Unsere Gedanken spielen eine entscheidende Rolle in unserem Alltag. Sie formen unsere Wahrnehmung, beeinflussen unsere Emotionen und steuern unser Verhalten. Häufig akzeptieren wir alles, was uns durch den Kopf geht, als bare Münze, ohne zu hinterfragen, ob unsere Gedanken überhaupt der Wahrheit entsprechen. Dies führt oft dazu, dass wir uns in negativen Gedanken verlieren, uns unnötige Sorgen machen und uns ängstlich, trübsinnig, überfordert oder unruhig fühlen.
Dabei sind es gar nicht die Ereignisse im Außen, sondern vielmehr unsere Gedanken über die Ereignisse, die uns herunterziehen und einschränken. Unsere Gedanken beeinflussen maßgeblich, wie wir uns fühlen. Unsere Gefühle steuern unser Verhalten und unsere Entscheidungen, selbst die vermeintlich rationalen. Je nachdem, wie wir uns verhalten, erhalten wir am Ende des Tages verschiedene Ergebnisse. Diese Ergebnisse bewerten wir sofort wieder gedanklich und fühlen uns entsprechend - und so geht es immer weiter.
Dieser Zyklus läuft bei den meisten Menschen größtenteils unbewusst ab und kann eine sich selbst verstärkende Negativspirale sein. Doch es geht auch anders. Wenn wir die beschriebenen Zusammenhänge kennen und uns in Selbstwahrnehmung üben, können wir den Zyklus jederzeit verändern. Eine Positivspirale ist genauso möglich!
Die Distanzierung von Gedanken: Der Schlüssel zur inneren Freiheit
Durch unser Bewusstsein sind wir in der Lage, auf Distanz zu unseren Gedanken zu gehen. Im Grunde sind deine Gedanken nicht mehr als elektromagnetische Impulse in deinem Gehirn. Diese Impulse senden Informationen über die Realität, die deine Wahrnehmung bilden - eine von vielen. Diese Wahrnehmung entspricht keiner allgemein gültigen Wahrheit, sondern ist sehr häufig durch deine persönlichen Erfahrungen gefiltert und verzerrt.
Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen
Ein Beispiel: Wenn fünf Personen an einer Feier teilnehmen und sich am nächsten Morgen gegenseitig von ihren Eindrücken erzählen, wird jede Person etwas anderes sagen. Jede Person wird den Abend durch ihre persönliche Brille erlebt haben. Die eine Wahrheit über die Feier gibt es nicht. Und wenn du hörst, wie jemand die schöne Beleuchtung am Abend lobt, wirst du vielleicht sagen: “Ja, stimmt, da hast du recht.” Denn du kannst dich jederzeit für eine andere Wahrnehmung entscheiden. Gedanken sind keine Fakten. Die Freiheit, umzudenken, steht dir immer zur Verfügung.
Immer dann, wenn du einen Gedanken bemerkst, der dich nicht weiterbringt, kannst du dir überlegen, welcher Gedanke jetzt besser (zielführender, schöner, beruhigender) wäre - und dich für diesen neuen Gedanken entscheiden.
Wer bin ich dann? Die Rolle der Beobachtung
Wenn du dich fragst: “Bin ich meine Gedanken?”, folgt bei Verneinung schnell auch die Frage: “Wer bin ich dann?” Der Schlüssel hier liegt in der Beobachtung: Indem du deine Gedanken beobachtest, gehst du innerlich ein Stück auf Abstand. Du fühlst dich weniger “mittendrin”, sondern eher “obendrüber” - auf einer übergeordneten Ebene. Durch Beobachtung entstehen ganz automatisch zwei Instanzen: Der Beobachtende (-> Du im Sinne eines höheren Bewusstseins) und das Beobachtete (-> die Gedanken). Indem du deine Identifikation mit deinen Gedanken löst, entsteht eine neue innere Freiheit und Ruhe.
Du erkennst, dass du nicht gezwungen bist, alles in deinem Kopf zu glauben und jedem Impuls automatisch zu folgen. Du gewinnst die Fähigkeit, bewusst zu wählen, welche Gedanken du akzeptieren und welche du vorbeiziehen lassen willst. Dadurch kannst du dich von negativen Denkmustern lösen und dich auf das konzentrieren, was dir wirklich wichtig ist.
Mentales Training: Werkzeuge zur Stärkung der mentalen Freiheit
Mentales Training hilft dir, mit hinderlichen Gedanken zielführend umzugehen. Verschiedene Techniken unterstützen dich dabei, deine mentale Stärke zu trainieren und bei deinen Zielen zu bleiben.
Lesen Sie auch: Umgang mit Demenz im Arzttermin
Eine Technik, die dir erwiesenermaßen hilft, deinen Fokus zu trainieren, ist Meditation. Bereits 10 Minuten Meditieren am Tag zeigen Wirkung. Dabei lernst du, dich weniger von deinen mentalen und emotionalen Prozessen mitreißen zu lassen. Du entwickelst stattdessen eine Art inneren Raum, in dem du bei dir selbst bleibst und dich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt.
Eine andere Technik sind Affirmationen: Positive Sätze, die so formuliert sind, dass dein Unterbewusstsein sie durch Wiederholung leicht annehmen und verinnerlichen kann. Mit Affirmationen kannst du dir neue zielführende Denk- und Verhaltensmuster aneignen, denn unser Gehirn ist nicht in Stein gemeißelt, sondern in jedem Alter lernfähig (Neuroplastizität).
Die Auswirkungen auf das Selbstbild und das Potenzial
Wenn du dich nicht mehr so sehr mit deinen Gedanken identifizierst, verändert sich auch dein Selbstbild. Du hörst nicht mehr so sehr auf die kritische innere Stimme, die in Zweifeln, Sorgen und Ängsten zu dir spricht. Sobald du merkst, dass du deine Gedanken beeinflussen kannst, eröffnen sich neue Möglichkeiten, dich selbst zu erfahren und zu verwirklichen. Die Grenzen in deinem Kopf lockern und verschieben sich. Was wird möglich, wenn du 100 Prozent an dich glaubst? Wer könntest du sein?
Alva Noë's Perspektive: "Du bist nicht dein Gehirn"
Der Philosoph Alva Noë argumentiert in seinem Buch "Du bist nicht dein Gehirn", dass Bewusstsein nicht einfach ein Produkt des Gehirns ist, sondern durch die Interaktion mit der Umwelt entsteht. Er kritisiert den Neurozentrismus, die Vorstellung, dass Bewusstsein ausschließlich im Gehirn lokalisiert werden kann. Noë betont, dass wir keine Computer sind und dass unser Bewusstsein durch unser Handeln in der Welt entsteht.
Kernaussagen von Alva Noë:
- Bewusstsein entsteht nicht im Kopf: Noë widerspricht der Annahme, dass Bewusstsein ein neurowissenschaftliches Phänomen ist, das sich im Gehirn manifestiert.
- Interaktion mit der Umwelt: Bewusstsein entsteht durch die dynamische Interaktion mit unserer Umwelt.
- Handeln in der Welt: Unser Bewusstsein entsteht durch unser Handeln in der Welt.
Noës Thesen fordern die etablierten Kognitionswissenschaften heraus und bieten einen alternativen Ansatz zum Verständnis des menschlichen Bewusstseins.
Lesen Sie auch: Gehirn-Zusammenarbeit
Yvonne Diewald und das REMIND®-Programm
Yvonne Diewald, eine Neuro-Coachin, entwickelte das REMIND®-Programm, das aufzeigt, wie wir unsere Gehirne selbst programmieren und uns so von Problemen befreien können. Sie erklärt, wie belastende Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster in unserem Gehirn entstehen und dort als neuronale Dauerschleifen aktiv sind. REMIND® bietet einen sechs-stufigen Ansatz, um diese Muster bewusst zu werden, sie zu unterbrechen und neue förderliche neuronale Programme anzulegen und zu verfestigen.
Gehirn&Geist: Einblicke in die Forschung
Die Zeitschrift "Gehirn&Geist" bietet regelmäßig Einblicke in aktuelle Forschungsergebnisse zu Themen wie Bewusstsein, künstliche Intelligenz und Hirnfunktionen. Sonderausgaben und Infografiken veranschaulichen komplexe Sachverhalte und machen sie einem breiten Publikum zugänglich.