Viele Menschen erleben Phasen, in denen sie sich überfordert, gestresst oder ängstlich fühlen. Wenn diese Gefühle jedoch überhandnehmen und den Alltag beeinträchtigen, kann es zu Zuständen kommen, die umgangssprachlich als "durchdrehen" oder "Nerven verlieren" bezeichnet werden. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für solche Zustände und bietet verschiedene Lösungsansätze.
Generalisierte Angststörung als Ursache
Eine mögliche Ursache für das Gefühl, die Nerven zu verlieren, kann eine generalisierte Angststörung sein. Betroffene leiden unter übermäßigen Sorgen und Befürchtungen, die sich auf verschiedene Lebensbereiche beziehen können. Die Gedanken drehen sich stets um negative Szenarien, die theoretisch eintreten könnten, aber sehr viel unwahrscheinlicher sind, als Betroffene das wahrnehmen.
Symptome einer generalisierten Angststörung
Die andauernde Anspannung und Sorge kann zu einer Reihe psychischer und körperlicher Symptome führen:
- Herzklopfen
- Schweißausbrüche
- Kribbeln im Magen
- Magenbeschwerden
- Schwindel
- Benommenheit
- Zittern oder Schwitzen
- Muskelverspannungen
- Konzentrationsstörungen
- Nervosität, Reizbarkeit
- Einschlafstörungen
- Angst, verrückt zu werden oder zu sterben
Ursachen einer generalisierten Angststörung
Bisher ist nicht vollständig bekannt, wie eine generalisierte Angststörung entsteht. Vermutlich gibt es verschiedene Ursachen, die zu der Erkrankung führen können:
- Genetische Einflüsse: Eine verstärkte Neigung zu Ängsten kann vererbt werden.
- Traumatische Lebenserfahrungen: Belastende Erlebnisse, Verluste in der Kindheit oder im späteren Leben gelten als Risikofaktoren.
- Andere psychische Erkrankungen: Depressionen, andere Angststörungen oder Suchterkrankungen können das Risiko erhöhen.
- Neurobiologische Fehlfunktionen: In bestimmten Hirnarealen findet bei Betroffenen mehr Aktivität statt als bei anderen Menschen. Außerdem sind bestimmte Botenstoffe im Gehirn nicht in Balance.
Behandlung der generalisierten Angststörung
Die generalisierte Angststörung wird mit einer Psychotherapie und mit Medikamenten behandelt. Unter den psychologischen und psychotherapeutischen Verfahren wurde vor allem die Kognitive Verhaltenstherapie am besten untersucht und als langfristig wirksam nachgewiesen. Betroffene lernen in der Therapie, ihre übermäßigen Ängste neu zu bewerten und sie so in den Griff zu bekommen. Außerdem wird ihnen beigebracht, begleitende körperliche Symptome durch bestimmte Techniken zu lindern. Das können Entspannungsmethoden wie etwa autogenes Training oder progressive Muskelentspannung sein.
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Wird medikamentös behandelt, werden bestimmte Antidepressiva verordnet. Auch sogenannte Benzodiazepine können kurzfristig angewendet werden, machen aber abhängig und sollten deswegen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen.
Aggressive Zwangsgedanken als Auslöser
Eine weitere Ursache für das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, können aggressive Zwangsgedanken sein. Betroffene werden unaufhörlich von furchteinflößenden Gedanken, Bildern und Befürchtungen heimgesucht, die in der Regel davon handeln, wie sie anderen Menschen oder sich selbst grundlos Gewalt zufügen.
Symptome aggressiver Zwangsgedanken
- Aufdringliche, wiederkehrende Gedanken, Vorstellungen oder Impulse mit gewalttätigen Inhalten
- Angst, diese Gewaltfantasien in die Tat umzusetzen
- Anspannung und Unruhe
- Zwangshandlungen, um die Zwangsgedanken und die damit einhergehenden Befürchtungen zu neutralisieren
- Vermeidungsstrategien, um Situationen zu umgehen, die die Zwangsgedanken auslösen könnten
Ursachen aggressiver Zwangsgedanken
- Biologische Faktoren: Genetische Veranlagung, Überaktivität bestimmter Hirnregionen, Ungleichgewicht des Botenstoffs Serotonin
- Psychologische Faktoren und Lernerfahrungen: Hohe Leistungserwartungen, hohe moralische Standards, traumatische Erlebnisse
Umgang mit aggressiven Zwangsgedanken
- Fehlbewertungen aufspüren: Falsche Glaubenssätze in Bezug auf die Zwangsgedanken erkennen und hinterfragen
- Gedanken nicht stoppen oder kontrollieren: Akzeptieren, dass aggressive Gedanken Teil der menschlichen Kreativität sind und nicht unterdrückt werden können
- Ungewissheit akzeptieren: Lernen, das Gefühl von Ungewissheit und Anspannung zu tolerieren, ohne Zwangshandlungen auszuführen
- Akzeptanz der Gedanken und Gefühle: Annehmen, dass die Gedanken, Zweifel und Impulse vorhanden sind und die Gefühle wie Angst, Schuld und Scham dazugehören
- Professionelle Hilfe: Kognitive Verhaltenstherapie, um einen neuen Umgang mit den Zwangsgedanken zu erlernen
Synkope (Ohnmacht) als körperliche Ursache
Auch eine Synkope, also eine kurzzeitige Ohnmacht, kann dazu führen, dass man sich hilflos und ausgeliefert fühlt. Eine Synkope ist ein plötzlicher Bewusstseinsverlust, der mit einem Verlust der Haltespannung der Muskulatur einhergeht.
Ursachen einer Synkope
- Neurokardiogene Synkope: Überreaktion des Nervensystems, die zu einem plötzlichen Abfall von Blutdruck und Puls führt
- Orthostatische Synkope: Blutdruckabfall beim Aufstehen aus einer liegenden Position
- Kardiale Synkope: Herzerkrankungen, die zu einer vorübergehend eingeschränkten Blutzufuhr im Gehirn führen
- Zerebrovaskuläre Synkope: Anzapfphänomene, bei denen die Blutversorgung eines anderen Areals angezapft wird
Erste Hilfe bei Synkope
- Prüfen, ob der Betroffene auf Ansprache reagiert
- Den Ohnmächtigen auf den Rücken legen und die Beine anheben
- Sind keine Atemgeräusche wahrnehmbar, sofort Wiederbelebungsmaßnahmen vornehmen
Diagnose und Behandlung der Synkope
Nach einer Synkope sollte man den Arzt aufsuchen, um die Ursache abklären zu lassen. Die Diagnose umfasst eine ausführliche Befragung, körperliche Untersuchung, Blutuntersuchung und gegebenenfalls weitere spezielle Untersuchungen. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache der Synkope.
Schwindel als Ursache für Kontrollverlust
Schwindel ist ein weiteres Symptom, das das Gefühl des Kontrollverlusts auslösen kann. Jährlich erkrankt rund einer von zehn Menschen neu an Schwindel.
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Arten von Schwindel
- Drehschwindel: Gefühl, sich zu drehen oder dass sich die Umgebung dreht
- Schwankschwindel: Gefühl wie auf einem schwankenden Schiff
Ursachen von Schwindel
- Akut auftretender, anhaltender Dreh- oder Schwankschwindel: Ausfall oder Entzündung eines Gleichgewichtsnerven, Durchblutungsstörung in den Gleichgewichtszentren des Hirnstammes oder Kleinhirns
- Wiederholte Schwindelanfälle mit Auslöser: Gutartiger Lagerungsschwindel
- Wiederholte Schwindelanfälle ohne Auslöser: Vorübergehende Durchblutungsstörung nach einem „Mini-Schlaganfall“ (TIA)
- Funktioneller Schwindel: Psychische Faktoren, die zu einem chronischen Schwindelgefühl führen
- Gutartiger Lagerungsschwindel: Probleme mit dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr
- Virale Entzündung des Gleichgewichtsnerven (akute unilaterale Vestibulopathie - AUVP):
- Schlaganfall im Hirnstamm oder Kleinhirn:
- Schwindelmigräne (vestibuläre Migräne):
Behandlung von Schwindel
Die Behandlung von Schwindel richtet sich nach der Ursache. Bei funktionellem Schwindel kann eine spezielle Physiotherapie (vestibuläre Rehabilitation) oder eine Verhaltenstherapie helfen. Bei gutartigem Lagerungsschwindel kann ein Befreiungsmanöver durchgeführt werden. Bei einer viralen Entzündung des Gleichgewichtsnerven gibt es Medikamente.
Innere Unruhe und Overthinking als psychische Belastungen
Innere Unruhe und Overthinking (übermäßiges Nachdenken) können ebenfalls dazu führen, dass man sich "durchdreht" oder die Nerven verliert.
Innere Unruhe
Innere Unruhe entsteht, wenn die Gedanken ständig von Ängsten und Sorgen bestimmt sind und sich der Organismus dauerhaft „im Alarmzustand“ befindet.
Symptome innerer Unruhe
- Nervosität
- Herzklopfen
- Spannungskopfschmerzen
- Magenbeschwerden
- Verspannungen
- Schlafstörungen
- Reizbarkeit
Tipps zur Beruhigung der Nerven
- Den Körper spüren: Bewegung, Sport, Spaziergänge in der Natur
- Die Nerven mit Nahrung versorgen: Vollwertige Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten
- Zur Ruhe kommen: Ausreichend Schlaf, Ruhepausen tagsüber
- Auslöser kennen: Tagebuch führen, um den Ursachen für die Sorgen auf den Grund zu gehen
- Achtsamkeit lernen: Atemübungen, Meditation
- Gedankenkontrolle üben: Gedankenstopp
- Gefühle annehmen lernen: Bewusste Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit Gefühlen
- Die eigenen Ressourcen kennen: Kraftquellen identifizieren und nutzen
- Mit einem Arzt oder Therapeuten sprechen: Bei dauerhafter Unruhe und Reizbarkeit
- Begleitende Maßnahmen nutzen: Coaching, homöopathische Komplexmittel
Overthinking (Übermäßiges Nachdenken)
Overthinking bezeichnet das Verhalten, sich unangemessen viele und unnötige Gedanken über Situationen, Personen, die Vergangenheit und die Zukunft zu machen.
Merkmale von Overthinking
- Gedanken kreisen außer Kontrolle
- Endloses Nachdenken ohne Lösung
- Sorgen um negative Zukunftsszenarien
- Schlecht gestellte Fragen im inneren Dialog („hätte ich nicht besser …?“)
- Müdigkeit und Unsicherheit
- Gestörter Schlafrhythmus
- Gefühl von Kontrollverlust
- Druck und Stress
Ursachen von Overthinking
- Niedriger Selbstwert
- Traumatische oder negative Erfahrungen in der Vergangenheit
- Perfektionismus
- Starkes Harmoniebedürfnis
- Hochsensibilität
- Psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen)
Umgang mit Overthinking
- Probleme lösen statt endlos zu grübeln
- Sich auf das konzentrieren, was man kontrollieren kann
- Akzeptieren, dass man nicht im Kopf anderer Menschen sitzen kann
- Sich nicht von Ängsten lähmen lassen
- Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Akute Belastungsreaktion (Nervenzusammenbruch)
Wenn sich die innere Anspannung über längere Zeit aufbaut und schließlich in einem körperlich-seelischen Zusammenbruch entlädt, spricht man umgangssprachlich von einem Nervenzusammenbruch. In der Medizin wird dieser Zustand als akute Belastungsreaktion bezeichnet.
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Warnsignale rechtzeitig erkennen
Es ist wichtig, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und sich Hilfe zu holen. Anzeichen für eine Überlastung können sein:
- Dauerhafte Müdigkeit
- Schlafstörungen
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Reizbarkeit
- Ängste
- Niedergeschlagenheit
- Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden oder Verspannungen
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