Elektrische Synapsen, auch bekannt als Gap Junctions, sind spezialisierte Zell-Zell-Verbindungen, die eine schnelle und direkte Kommunikation zwischen Zellen ermöglichen. Sie finden sich im zentralen Nervensystem (ZNS) zwischen Nervenzellen und Gliazellen, die ihnen funktionell zugeordnet sind, und bilden jeweils ein funktionelles Netzwerk. Diese Synapsen spielen eine entscheidende Rolle bei der Synchronisation neuronaler Netzwerke, der Erregungsausbreitung im Herzmuskel und dem Stoffaustausch in verschiedenen Geweben.
Einführung in Gap Junctions
Im Gegensatz zu chemischen Synapsen, die Neurotransmitter zur Signalübertragung nutzen, basieren elektrische Synapsen auf der direkten Weiterleitung von Ionenströmen durch Gap Junctions. Diese ermöglichen eine nahezu verzögerungsfreie Übertragung von Signalen und sind sowohl in der frühen Entwicklung als auch in bestimmten Geweben des erwachsenen Organismus von großer Bedeutung. Gap Junctions ermöglichen den Austausch von Ionen und Stoffwechselprodukten zwischen Zellen.
Aufbau von Gap Junctions
Die Kernstruktur der elektrischen Synapse ist die Gap Junction, ein Aggregat aus vielen einzelnen Kanälen, die als Connexone bezeichnet werden. Jedes Connexon setzt sich aus sechs Connexin-Proteinen zusammen, die in der Membran einer Zelle einen ringförmigen Halbkanal formen. Lagern sich zwei Connexone benachbarter Zellen aneinander, entsteht ein durchgehender Kanal, der die Zytoplasmen der Zellen miteinander verbindet.
Connexine und Connexone
- Connexine: Transmembranproteine, von denen sechs ein Connexon bilden. Bei Wirbeltieren wird das beteiligte Kanalprotein als Connexin bezeichnet. Vier Transmembrandomänen bilden ein Connexin. Genetisch herrscht eine hohe Varietät, da etwa zwanzig unterschiedliche Gene für Connexine codieren. Unser Genom enthält Gene für 21 verschiedene Connexin-Proteine. Welches Connexin-Gen exprimiert wird, hängt vom jeweiligen Gewebe ab. In den Geweben des Ohrs wird beispielsweise Connexin 26 synthetisiert
- Connexone (Hemikanäle): Ringförmige Strukturen, die aus sechs Connexinen bestehen. Zwei gegenüberliegende Connexone lagern sich zusammen und bilden einen Kanal, der den nur 2,5 Nanometer großen Spalt zwischen den Zellen überbrückt. Die Connexone liegen meistens hexagonal in der Zellmembran verteilt, wobei sich ihre Anzahl sehr nach dem Ort und der Aufgabe richtet. Es ist wichtig zu beachten, dass die Connexone einem ständigen Auf- und Abbau unterliegen und keinesfalls dauerhaft in der Zellmembran vorliegen.
Ein vollständiger Gap-Junction-Kanal hat einen Durchmesser von etwa 1,5 bis zwei Nanometer, wodurch er selektiv für kleine Moleküle (bis etwa ein Kilodalton) durchlässig ist. Der Zell-Zell-Kanal besteht also aus zwei Connexonen. Den Kanal, der durch die beiden Connexone führt, darf man sich jetzt allerdings nicht wie eine einfache Röhre vorstellen, die überall den gleichen Durchmesser hat. Die Cytoplasma-Seite eines Halbkanals hat noch einen großen Durchmesser von 3,5 nm, dann wird der Kanal aber immer enger. Dort, wo die beiden Halbkanäle zusammenstoßen, beträgt der Durchmesser nur noch 1,4 bis 1,6 nm. Ein Connexon wiederum setzt sich aus sechs Connexin-Molekülen mit einer molaren Masse von ca. 30.000 bis 42.000 Dalton zusammen.
Dynamik und Regulation
Die Architektur der Gap Junction ist nicht statisch: Ihre Anzahl, Dichte und Zusammensetzung können sich je nach Zelltyp, Entwicklungsstadium oder physiologischem Zustand verändern. Die Kanäle können geöffnet oder geschlossen werden und unterliegen starken dynamischen Schwankungen.
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Funktionen von Gap Junctions
Die Funktionen von Gap Junctions sind vielfältig und reichen von der schnellen Signalweiterleitung bis zum Stoffaustausch zwischen Zellen.
Schnelle Signalweiterleitung
Durch den geringen Widerstand und die direkte Kopplung der Zellmembranen durch Gap Junctions können Aktionspotenziale oder elektrische Signale nahezu ohne Verzögerung von einer Zelle auf die nächste übergehen. Dies ist besonders wichtig im Herzmuskel, wo spezialisierte Schrittmacherzellen des Sinusknotens elektrische Impulse erzeugen, die über Gap Junctions auf benachbarte Muskelzellen übertragen werden.
Synchronisation neuronaler Netzwerke
Auch in neuronalen Netzwerken tragen elektrische Synapsen zur Synchronisierung der Zellaktivität bei. Sie können Oszillationen verstärken, Wellenmuster stabilisieren und die Effizienz von neuronalen Schaltkreisen steigern.
Bidirektionale Kommunikation
Ein besonderes Merkmal elektrischer Synapsen ist ihre Bidirektionalität: Im Gegensatz zu chemischen Synapsen, bei denen die Informationsübertragung typischerweise nur in eine Richtung erfolgt (von präsynaptisch nach postsynaptisch), erlauben elektrische Synapsen eine bidirektionale Kommunikation. Allerdings ist diese Bidirektionalität nicht immer gegeben: In einigen Zelltypen lässt sich die Stromrichtung regulieren, beispielsweise durch Änderungen des intrazellulären Calciumspiegels oder des Membranpotentials.
Metabolische Kopplung
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die metabolische Kopplung durch Gap Junctions. So tauschen etwa Osteozyten im Knochengewebe über Gap Junctions Nährstoffe und Signalmoleküle aus und regulieren dadurch ihre Aktivität und das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und -abbau. Gap Junctions ermöglichen den Austausch von Ionen und kleinen hydrophilen Molekülen bis zu einer Molmasse von ca. 1.000 bis 1.600 Dalton von der einen Zelle in die andere diffundieren können. Das sind beispielsweise Mono- und Disaccharide, Aminosäuren, Nucleotide, second messenger wie cAMP oder IP3 und andere. Es ist nur ein rein passiver Transport möglich. Auch zur Nährstoffversorgung können Gap Junctions dienen.
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Zellschutz
Elektrische Synapsen können sich bei Zellschädigung auch schützen, indem sie sich gezielt „abschalten“: Ein starker Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration oder eine Azidose (saurer pH-Wert) in einer Zelle führen typischerweise zur Schließung der Gap Junctions. Auf diese Weise wird verhindert, dass schädliche Substanzen oder Signale auf benachbarte, gesunde Zellen übergehen. Eine Schädigung oder Apoptose der Nachbarzellen kann diesen Zustand triggern, genauso wie ein Erhöhung des Calciums im Zytoplasma und ein Abfall des pH-Werts. Die Schließung dient der Abkopplung und dem Schutz der gesunden Zelle. Dieser Vorgang ist als Shut-Off bekannt.
Vorkommen von Gap Junctions
Gap Junctions sind nur in vielzelligen tierischen Organismen (Eumetazoa) zu finden. Sie kommen vor allem dort vor, wo eine schnelle Kommunikation erforderlich ist. Aus diesem Grund sind sie hauptsächlich in Muskel-und Nervengeweben vertreten. Außerdem sind sie in schwach durchbluteten Geweben vertreten. Zum Beispiel in der Augenlinse oder den Knochen sorgen sie dafür, dass Nährstoffe über Gap Junctions zu den Nachbarzellen transportiert werden können.
Gap Junctions finden sich vorwiegend in Epithelgeweben, wie etwa dem Dünndarm, als auch in der Herzmuskulatur und den Astrozyten im Nervengewebe. Astrozyten sind Sternzellen und zählen zu den Gliazellen des zentralen Nervensystems. Sie bilden mit ihren Fortsätzen einen Teil der Blut-Hirn-Schranke und stellen damit den Kontakt zu Blutkapillaren her.
Spezifische Gewebe
- Herzmuskel: Ermöglichen eine schnelle, koordinierte Depolarisation des Myokards, die für die rhythmische Kontraktion entscheidend ist.
- Zentralnervensystem (ZNS): Ermöglichen eine präzise Synchronisation neuronaler Netzwerke in Hirnstammkernen, der Retina und bestimmten Regionen des Neokortex. Im Sehprozess des menschlichen Auges spielen elektrische Synapsen (Gap Junctions) bei der Adaption an hohe Lichtintensitäten eine wichtige Rolle. Bei einer hohen Lichtintensität wird nämlich Dopamin ausgeschüttet, und dadurch werden bestimmte elektrische Synapsen geschlossen, vor allem die der lichtempfindlichen Stäbchen. Das Auge schaltet dann auf Zapfensehen um.
- Weitere Gewebe: Leber, Pankreas, Knochengewebe (Osteozyten) und Gliazellen des Nervensystems.
Gap Junctions und Krankheiten
Elektrische Synapsen spielen nicht nur in der physiologischen Zellkommunikation eine wichtige Rolle, sondern sind auch in zahlreichen Krankheitsprozessen beteiligt.
Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ X1
Eine besonders gut untersuchte Erkrankung im Zusammenhang mit elektrischen Synapsen ist die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ X1, eine erbliche motorisch-sensible Neuropathie. Sie beruht auf Mutationen im GJB1-Gen, das für Connexin 32 kodiert. Connexin 32 ist in den Schwann-Zellen peripherer Nerven lokalisiert und ermöglicht dort über Gap Junctions die metabolische Kopplung der Zellen. Bei einem Funktionsverlust kommt es zur Degeneration der Myelinscheiden und damit zur Beeinträchtigung der Nervenleitung.
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Epilepsie
Darüber hinaus wird die Epilepsie zunehmend mit einer gestörten elektrischen Kopplung im Gehirn in Verbindung gebracht. Studien an Tiermodellen zeigen, dass eine Überexpression bestimmter Connexine, wie Connexin 36, die neuronale Synchronität erhöht und epileptische Anfälle begünstigen kann.
Herzerkrankungen
Im Herzmuskel ist die Rolle elektrischer Synapsen besonders kritisch, da sie die Grundlage für die elektrische Erregungsausbreitung bilden. Connexin 43 ist hier das dominierende Connexin in den Kardiomyozyten. Eine gestörte Expression oder Verteilung dieses Proteins, beispielsweise bei ischämischer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz, kann zur Entstehung von Arrhythmien führen.
Krebs
Gap Junctions und ihre Connexine spielen auch eine Rolle in der Krebsentstehung. In vielen soliden Tumoren ist die Funktion von Connexinen reduziert oder vollständig ausgeschaltet. Dies begünstigt die Entkopplung der Tumorzellen vom umgebenden Gewebe und erlaubt unkontrolliertes Zellwachstum. Connexine, insbesondere Connexin 43, werden daher als Tumorsuppressoren betrachtet.
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