Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können unterschiedliche Ursachen und Ausprägungen haben und das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Die Überwachung und frühzeitige Erkennung von Anfällen ist daher von großer Bedeutung, um rechtzeitig reagieren und potenziell gefährliche Situationen vermeiden zu können. In den letzten Jahren hat die Entwicklung von Wearables, insbesondere Smartwatches, neue Möglichkeiten für die Anfallsüberwachung eröffnet. Ein solches Wearable ist die Empatica Embrace, die speziell für die Erkennung von Stress und epileptischen Anfällen entwickelt wurde.
Brain-Computer-Interface und Smartwatches: Neue Technologien für die Epilepsie-Behandlung
Die Forschung im Bereich der Epilepsie-Behandlung schreitet stetig voran. Ein vielversprechender Ansatz ist das Brain-Computer-Interface (BCI), das es ermöglicht, Computer oder andere Geräte über Gehirnwellen zu steuern. Hierbei wurden bereits mit EEGs (Elektroenzephalogrammen) große, medizinische Erfolge erzielt. Nun ist bei einem Projekt in Washington (mit Videobeweis) ein weiterer Schritt gelungen. Hierbei musste kein derart tiefgreifender Eingriff in das Gehirn vorgenommen werden. Es genügte, ein Implantat auf die oberste Hinhaut einzusetzen. Einem an Epilepsie erkrankten 14 Jahre alten Jungen ist es somit möglich gewesen, den Videospiele-Klassiker „Space Invaders“ allein mit der gedanklichen Vorstellung der Bewegungen zu steuern.
Neben dem BCI spielen auch Smartwatches eine immer größere Rolle bei der Überwachung von Gesundheitsdaten. Smartwatches liegen im Trend und nicht nur die großen Hersteller wie Samsung, Apple und Sony haben neue Smartwatches vorgestellt, vor allem die Crowd-Funding Community freut sich regelmäßig über kleine Start-Ups die mit neuen Smartwatches um die Ecke kommen. Eine der neuesten und vielversprechendsten Smartwatches nennt sich Empatica Embrace und wird derzeit über die Crowd-Funding Plattform Indigogo gepusht. Die Macher der neuen Smartwatch sehen die Smartwatch mehr als Med-Tech Device als Entertainment-Produkt und das zu Recht.
Empatica Embrace: Eine Smartwatch zur Anfallserkennung
Die Empatica Embrace ist eine Smartwatch, die speziell für die Überwachung von Stress und epileptischen Anfällen entwickelt wurde. Sie wird als Med-Tech-Gerät und nicht als Entertainment-Produkt betrachtet. Die Smartwatch registriert Veränderungen der Hautoberfläche, die laut des Massachusetts Institute of Technology ein ideales Spiegelbild des inneren Wohlbefindens darstellen. Das Institut hat über Jahre hinweg und mit dutzende von Patienten Daten gesammelt, die nun in der neuen Smartwatch zur Stressüberwachung genutzt wird.
Epilepsie zeichnet sich durch Schweißausbrüche, durch erhöhten Blutdruck, durch eine Veränderung der Hautoberfläche und am Ende durch Krampfleiden aus. Die neue Smartwatch Empatica Embrace kann genau diese Veränderungen registrieren und soll so Menschen helfen, eigene Anfälle oder die von Angehörigen frühzeitig zu registrieren um auf diese zu reagieren. So sollen Eltern zum Beispiel über eine eigene Smartwatch via Vibration benachrichtigt werden, wenn es bei ihrem Kind zu einem erneuten epileptischen Anfall kommt. Das Unternehmen, welches die Empatica Embrace derzeit auf der Crowd-Funding Plattform Indigogo zur Unterstützung anbietet, arbeitet zudem mit der Epilepsy Foundation wie auch der Stanford Universität in den USA zusammen um die Smartwatch auf das höchstmögliche Niveau zu heben. Unser Fazit: Eine gute Sache, die auf Grund der Zusammenarbeit mit den oben genannten Instituten auch schätzungsweise eine sehr hohe Qualität erzielen wird.
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Schon im Herbst des letzten Jahres begann die Crowdfunding-Kampange für das Empatica Embrace-Armband auf der Plattform Indiegogo. Dieses wurde entwickelt, um Epilepsie-Patienten vor Anfällen zu warnen und somit schwerwiegenden Verletzungen vorzubeugen. Somit gliedert sich das Armband in das breite Spektrum neuartiger medizinischer Wearables ein. Nun wurden erste Geräte einer Beta-Version in den Versand gegeben. Das Armband namens Empatica Embrace wurde schon weltweit von verschiedenen Medizinern in der Praxis genutzt, nun soll es auch für den privaten Gebrauch von Patienten verfügbar gemacht werden. Entwickelt wurde es von der Professorin und Wearable-Pionierin Rosalind Picard. Dies soll Stress-Signale frühzeitig erkennen können, um vor möglichen Anfällen rechtzeitig warnen zu können. Neben einfach messbaren Werten wie der Körpertemperatur und dem Puls misst das Wearable auch die elektrodermale Aktivität (EDA) des Trägers. Diese beschreibt die Leitfähigkeit der Haut und kann Aufschluss über mögliche epileptische Anfälle geben. Laut WHO leiden etwa 50 Millionen Menschen an Epilepsie und etwa 0,1 Prozent sterben jährlich an unvorhergesehenen Anfällen. Besonders Anfälle im Straßenverkehr können zu schwerwiegenden Unfällen führen. Es wirkt nicht wie ein medizinisches Gerät und lässt niemanden erahnen, dass man Epileptiker ist. Mit einem Vibrationsalarm soll das Armband dann im Ernstfall vor einem Anfall warnen.
Funktionsweise der Empatica Embrace
Die Empatica Embrace ist ein medizinischer Tracker, der dazu entwickelt wurde, Stresssymptome und insbesondere epileptische Anfälle frühzeitig zu erkennen. Die Produkte von Empatica haben bereits den Weg in viele medizinische Einrichtungen gefunden, in welchen Patienten von ihnen Gebrauch machen oder weiter an ihnen geforscht wird. Die Empatica Embrace wurde darüber hinaus im Jahr 2015 gleich vier Mal für ihr charakteristisches Design sowie für ihre innovative Technologie ausgezeichnet.
Die Smartwatch registriert mit Hilfe der fortschrittlichen Technik die körperlichen und damit auch psychischen Veränderungen rund um die Uhr, sei es beim Training, bei der Arbeit oder beim Schlafen. Die gemessenen Daten werden in Echtzeit analysiert. Ab einem bestimmten Stresslevel, welcher sich manuell auswählen lässt, macht die Uhr mit Hilfe eines sanften Vibrationsalarms den Träger darauf aufmerksam, sich zu erholen und zu entspannen. Mit der App „Empatica Mate“ ist es möglich, die Veränderungen des Stresslevels über den Tag hinweg einzusehen.
Die Embrace kann Menschen die unter Epilepsie leiden helfen, ein ausgeglicheneres Leben zu führen. Durch das frühzeitige Erkennen von Stresssymptomen sowie Anzeichen eines epileptischen Anfalls ist es für Betroffenen und Angehörige möglich, besser darauf zu reagieren. Sollte es zu einem unvorhersehbaren Ereignis kommen oder sich beispielsweise ein Krampfleiden bei einem Betroffenen einstellen, werden wahlweise Eltern, Angehörige oder Freunde mit Hilfe des Smartphones darüber in Kenntnis gesetzt: Entweder durch eine Notfallbenachrichtigung auf dem Smartphone oder durch eine Vibration direkt am Handgelenk, sofern die entsprechenden Personen auch eine Empatica Embrace tragen.
Ein Magnetverschluss garantiert einen angenehmen sowieso sicheren Sitz am Handgelenk. Die Smartwatch ist nach IP67-Zertifizierung staub- sowie wasserdicht und kann demnach zum Beispiel auch beim Duschen getragen werden. Das äußere Design der Embrace ist schlicht und zeitlos gehalten, doch das Innere der Uhr ist alles andere als einfach, vielmehr verbergen sich dort hochsensible Sensoren: Im Metallgehäuse sind ein Beschleunigungssensor, Gyroskop, Temperatursensor sowie ein elektrodermaler Aktivitätssensor verbaut. So kann die Embrace laut Hersteller auch kleinste Veränderungen der Hautoberfläche registrieren, die Aufschluss über das innere Wohlbefinden des Trägers geben können. Dank des Empatica Systems werden alle registrierten Daten analysiert, sodass tägliche Gewohnheiten und Verhaltensweisen sich herauskristallisieren. Das stetige Anpassen der Algorithmen sorgt zusätzlich dafür, dass die Auswertungen sich immer besser dem Träger der Uhr anpassen, die damit präzisere Vorhersagen treffen kann und besser die Bedürfnisse des Nutzers versteht. Die Empatica Embrace ist sowohl mit Android- als auch mit iOS-Geräten kompatibel, genauer gesagt mit iOS 8.2 oder höher sowie Android 5 oder höher. Der Hersteller weist aber darauf hin, dass es keine Garantie gibt, das wirklich jedes Gerät, welches die theoretischen Softwarevoraussetzungen erfüllt, kompatibel ist.
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Technische Details der Empatica Embrace
Die Empatica Embrace verfügt über folgende Eigenschaften:
- Armband: In verschiedenen Farben erhältlich (blaugrau, schwarz)
- Anwendungsart: Gesundheitsüberwachung
- Lünetten Farbe: blau, pink, schwarz, silber
- Armband: Textil, Leder, Echtleder
- Geschlecht: Damen, Herren, Kinder, Senioren, Unisex
- Typ: Fitness Armband
- Lünetten Material: Metall
- Funktionen: Gefühls- und Stress-Tracking, Kalorienverbrauch, Laufaufzeichnung, SOS Funktion, zurückgelegte Distanz, Vibration
- Konnektivität: Bluetooth
- Lünette: eckig
- Betriebssystem: proprietär
- Sensoren: Beschleunigungssensor, Lagesensor, Schlafüberwachung, Thermometer
- VÖ-Datum: Januar 2017
- Wasserresistenz: Spritzwassergeschützt
- Display: LED Anzeige
Erfahrungen und Bewertungen zur Empatica Embrace
Die Embrace-Uhr ist mit Sensoren ausgestattet, die über die Haut einen epileptischen Anfall registrieren. Die Alert-App bekommt das Signal, um vorab ausgewählte Personen im Ernstfall per SMS oder Anruf zu informieren. Dabei kann es sich etwa um Angehörige oder betreuende Pflegekräfte handeln. Alert kann auch Daten zum aktuellen GPS-Standort der Person an die Helfer übermitteln.
Die Embrace-Uhr kostet zurzeit 249 US-Dollar und beinhaltet einen kostenfreien Testmonat. Um die Anfallsdetektion nutzen zu können, müssen Patientinnen und Patienten ein Servicepaket abschließen. Neben Alert bietet der Hersteller eine weitere App namens Mate kostenlos an, die mit der Embrace-Uhr funktioniert. Sie gibt einen Überblick über die körperlichen Aktivitäten, Wach- sowie Ruhephasen. Der Nutzer kann ebenso Anfälle eintragen. Die Embrace-Uhr ist innerhalb der EU ein Medizinprodukt der Klasse IIa.
Fazit: „Die Funktion, rasch einen Betreuer über einen Anfall zu informieren, hat im Rahmen eines Tests problemlos funktioniert. Smartphone und Embrace mussten dabei maximal drei Meter voneinander entfernt sein, damit die Bluetooth-Verbindung nicht abbrach. Fehlalarme konnten innerhalb von 15 Sekunden gestoppt werden.
Empatica Embrace 2
Die Empatica Embrace 2 wiegt nur 13 Gramm, ist wasserdicht bis 1 Meter Tiefe und lässt sich per Bluetooth mit einem Smartphone verbinden. Das Gehäuse der Empatica Embrace 2 besteht aus anodizierten Aluminium. Im Mainboard sind der Prozessor, Speicher, die Bluetooth-Antenne, Touchsensor, Gyroskop und der Geschwindigkeitssensor verbaut. Die Akkulaufzeit beträgt mit einer Stromladung bis zu zwei Tage und in nur 80 Minuten ist der Akku wiederaufgeladen. Die Smartwatch warnt Menschen, die eine Epilepsie haben vor einem möglichen Sturz und informiert Pflegekräfte darüber. Gemessen werden körperliche Aktivitäten und die Ruhe analysiert. Der Träger der Empatica Embrace 2 werden dabei unterstützt ihren Lebensstil besser zu verstehen und zu optimieren. Die Zielgruppe der Empatica Embrace 2 sind vor allem Menschen, die an einer epileptischen Erkrankung leiden.
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Anfallsüberwachungsgeräte im Alltag: Eine Umfrage unter betroffenen Familien
Die Diskussion um Anfallsüberwachungsgeräte hat in den letzten Jahren zugenommen. Vor mehreren Jahren gab es lediglich einzelne EKG (Elektrokardiogramm)- oder SaO2(arterielle Sauerstoffsättigung)-Monitore, spezielle Anfallsüberwachungsgeräte oder eine Überwachungsmöglichkeit via Babyphone oder Kamera. Gerade bei Jugendlichen und Erwachsenen erfreuen sich diese Geräte sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Patient*innen einer steigenden Beliebtheit. Diese Geräte unterscheiden sich in den Möglichkeiten verschiedener Messungen [10], sind auch nicht für alle Situationen geeignet und weisen zusätzlich eine teils geringe Akkukapazität auf. Ein Teil der verwendeten Geräte ist nicht speziell für eine Anfallsüberwachung konzipiert. Zudem sind gerade die Wearables überwiegend für Erwachsene konstruiert und aufgrund der anderen körperlichen Voraussetzungen bei Säuglingen und Kleinkindern nicht einsetzbar.
Die Diskussion zu Überwachungsgeräten bei Epilepsiepatient*innen ist vielgestaltig. Sie umfasst u. a. eine generell bessere Anfallserkennung als Basis der Therapiesteuerung und das Thema SUDEP („sudden unexpected death in epilepsy“). Die Mehrheit der bisherigen Daten über die Zuverlässigkeit im Sinne von Sensitivität und Spezifität von Geräten zur Anfallsüberwachung stammt aus Epilepsiezentren. Es gibt bisher kaum Informationen über den Alltagseinsatz. Wir haben daher in Zusammenarbeit mit dem epilepsie bundes-elternverband (e.b.e.) eine Umfrage bei betroffenen Familien initiiert und ausgewertet. Die hauptsächliche Fragestellung war, wie sich die verschiedenen Geräte im Alltag aus Sicht der Familien bewähren. Gibt es Geräte, die speziell in bestimmten Alters- oder Gewichtsklassen eingesetzt werden?
Methodik der Umfrage
Es handelte sich um eine Querschnittuntersuchung via einer webbasierten Umfrage. Die Fragen wurden explizit für diese Umfrage zusammengestellt. Der ausführliche Fragebogen ist im Zusatzmaterial einsehbar. Der Fragebogen umfasste zunächst Angaben zu Basisdaten (Alter, Gewicht, Mobilität, Epilepsieform, Art und Häufigkeit der Anfälle, Einsatz eines Überwachungsgerätes). Der Fragebogen wurde für die Umfrage zusammengestellt, in einem Pretest mit 7 Expertinnen und Patientenvertreterinnen auf Verständlichkeit, Eindeutigkeit und Ergänzungen überprüft und anschließend angepasst. Die Umfrage erfolgte mittels des webbasierten Umfrageinstruments SoSci-Survey (www.soscisurvey.de) in der Zeit vom 01.03. bis 16.04.2023. rekrutiert und ausdrücklich gebeten, den Link weiter zu senden. Zusätzlich erfolgte ein Hinweis in einem Artikel im epiKurier, der Verbandszeitschrift des e.b.e. und des Landesverbands Epilepsie Bayern. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Statistik. In den Auswertungen wurden Alter und Gewicht, mobilitätsbedingte Einschränkungen, die Epilepsie- und Anfallsform berücksichtigt. Ferner wurden die Angaben zu den verschiedenen Überwachungsgeräten ausgewertet. Wir haben aufgrund der Zielgruppe die aktuelle Auswertung auf die Antworten für die Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre begrenzt. Es erfolgte ein Vergleich zwischen Kindern und Jugendlichen, die eine Überwachung erhalten haben, und denjenigen, bei denen keine Überwachung durchgeführt wurde.
Die Umfrage erfolgte im Einklang mit der vom Weltärztebund (WMA) veröffentlichten Fassung der Deklaration von Helsinki [11]. Vor Beginn der Umfrage wurde eine elektronische Einverständniserklärung eingeholt. Die Einwilligung wurde durch aktive Teilnahme erteilt.
Ergebnisse der Umfrage
Insgesamt lagen 194 Datensätze vor, davon 153 verwertbare Datensätze von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Das Alter der Kinder und Jugendlichen lag im Mittel bei 8,74 Jahren (± 4,74 Jahre, Range 0-17; 11 Jahre), das Gewicht betrug im Mittewert 32,1 kg (± 17,0 kg; Range 9-90 kg). Bei 102 Kindern und Jugendlichen wurde die Mobilität durch die Eltern als „nicht eingeschränkt“ eingeordnet, bei 51 bestand eine Einschränkung. Bezüglich der Anfälle und Epilepsiesyndrome ergab sich ein heterogenes Bild. Bei den Epilepsiesyndromen gelang nicht immer eine sichere Zuordnung aufgrund der Angaben. Am häufigsten wurden Dravet-Syndrom/SCN1A-Mutation (n = 44), isodizentrisches Chromosom-15-Syndrom (iDIC15) (n = 8) und Sturge-Weber-Syndrom (n = 4) genannt. Zwei Patient*innen hatten eine Rolando-Epilepsie.
Zur apparativen Überwachung erfolgte der Einsatz vieler verschiedener Systeme. Nicht alle Angaben waren eindeutig zuzuordnen: Beispielsweise gab es Antworten wie „Kamera“ oder „Monitor“, teils erfolgte nur die Angabe des Herstellers. Viele Geräte wurden auch nur in einer Antwort genannt. Die häufigsten Nennungen finden sich in Tab. 1.Tab. Bei Auswertung der Kinder mit Anfallsüberwachung im Vergleich zu denjenigen ohne ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede bei Alter, Gewicht und Mobilität (zweiseitiger Chi2-Test, p > 0,05) (Tab. 2). Eine Überwachung erfolgte häufiger bei Kindern ohne GTKA als bei Kindern mit GTKA (zweiseitiger Chi2-Test, p = 0,045).Tab.
Für den Verzicht auf eine Überwachung wurden verschiedene Gründe angegeben. Am häufigsten wurde Co-Sleeping benannt, d. h. die Kinder schlafen im Bett der Eltern (n = 5). Weitere seitens der Eltern benannte Gründe waren eine sehr niedrige Anfallsfrequenz oder Anfallsfreiheit, Unzuverlässigkeit der Geräte bzw. Fehlermeldungen, fehlende Informationen über die verschiedenen Geräte oder die Überwachung an sich und das zu junge Alter („zu klein für so was“). Ferner wurden die am häufigsten eingesetzten Geräte im Elternurteil in den Bereichen Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit und Eignung für die Anfallsüberwachung anhand von Schulnoten verglichen. Es handelte sich hierbei um NightWatch®, die verschiedenen Epi-Care®-Modelle (zusammengefasst), VitaGuard® 3100/310 und das Babyphone (Tab. 3).Tab. 3Beurteilung der Anfallsüberwachungsgeräte durch die Eltern (Schulnoten).
Kostenübernahme durch Krankenkassen
Bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen war kein klares System zu erkennen. Bezogen auf verordnete Geräte erhielten wir insgesamt 93 Antworten zur Kostenübernahme. Die Kosten für die Geräte wurden bei 72 Kindern komplett übernommen. Kostenübernahmen für „offizielle“ (CE-zertifizierte) Geräte erfolgten bei den VitaGuard®-Monitoren und Epi-Care® immer komplett, bei NightWatch® 25-mal komplett, 2‑mal anteilig (je € 80) und 6‑mal nicht. Kosten für ein Babyphone (mit/ohne Kamera) wurden nie übernommen. Unklar bleibt allerdings, ob überhaupt beantragt wurde, ob Widerspruch o. Ä. Der Einsatz der Geräte findet im Wesentlichen ohne klare Präferenz in bestimmten Altersgruppen statt. Dies gilt auch für die Frage, ob zum Zeitpunkt der Umfrage eine Überwachung erfolgt oder nicht (Tab. 4).Tab.
Angst der Eltern und Risiken bei Epilepsie
Viele Eltern fürchten bei einem ersten Anfall um das Leben ihres Kindes [2, 7]. Auch wenn einzelne Anfälle typischerweise zunächst gerade im Kindesalter nicht lebensgefährlich sind, so gibt es doch ein erhöhtes Risiko für Menschen mit Epilepsie zu versterben. Viele Kinder mit Epilepsie sterben an den Grunderkrankungen oder beispielsweise an Pneumonien [5]. Anfallsbezogene Risiken bestehen in Unfällen und konvulsivem Status epilepticus. Zusätzlich existiert das Phänomen des plötzlichen Todesfalls bei Epilepsien (SUDEP = „sudden unexpected death in epilepsy“) [5]. Die Veröffentlichungen zum Thema SUDEP im Kindesalter haben in den letzten Jahren zugenommen, und es gibt eine Kontroverse um die „wahre“ Zahl der davon Betroffener im Kindes- und Jugendalter [4]. Bis vor wenigen Jahren wurde davon ausgegangen, dass Kinder deutlich seltener betroffen sind und SUDEP in diesem Alter praktisch keine Rolle spielt. Neuere Daten zeigen jedoch eine ähnliche Häufigkeit wie im Erwachsenenalter [4]. Die Diskussion wird einerseits auch kaum aufzulösen sein, andererseits für den Alltag der Kinder, Jugendlichen und Familien auch nur eine untergeordnete Rolle spielen, da sich Sorgen und Ängste nicht an einzelnen Werten im Promillebereich orientieren.
Auch wenn keine Daten dazu existieren, dass beispielsweise Wearables das Risiko eines SUDEP signifikant reduzieren können, so liegt dies zumindest nahe. Viele Eltern wünschen eine Überwachungsmöglichkeit, insbesondere für nächtliche Anfälle. Bis vor einigen Jahren existierten nur wenige Überwachungsmöglichkeiten (Babyphone, EKG- und/oder Sättigungsmonitor, v. a. in Deutschland Epi-Care®). Ins Hilfsmittelverzeichnis sind in den letzten Jahren keine neuen Geräte aufgenommen worden [9]. In den letzten Jahren sind weitere Überwachungsgeräte spezifisch für Epilepsien entwickelt worden. Diese werden in verschiedenen Ländern und über unterschiedliche Wege vertrieben. Von diesen Geräten wurden bei unserer Umfrage von den Eltern NightWatch® und Embrace® benannt.
Limitationen der Umfrage
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass es sich bereits aufgrund der Art der Verbreitung der Umfrage nicht um repräsentative Daten zu Epilepsien allgemein handelt. Einige Epilepsiesyndrome sind bei den Ergebnissen überrepräsentiert, was am ehesten an der Weiterleitung der Umfrage in bestimmte Selbsthilfegruppen liegen dürfte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eher Familien antworteten, die Erfahrungen mit einer technischen Anfallsüberwachung gemacht haben. Ferner basieren alle präsentierten Daten auf subjektiven Angaben und Einschätzungen der Befragten.
Vielfalt der eingesetzten Geräte
Bei der Auswertung der Daten konnten wir eine sehr große Vielfalt der eingesetzten Geräte feststellen. Nur 2 Geräte - NightWatch® und VitaGuard® 3100/310 - wurden mehr als 10-mal benannt, hinzukommen die verschiedenen Modelle der Epi-Care®-Reihe mit insgesamt 16 Nennungen. Erfreulicherweise nahmen auch 24 Eltern an der Befragung teil, die keine Überwachungsgeräte im Einsatz hatten, sodass eine Vergleichsgruppe zur Verfügung stand. Für uns erstaunlich war, dass es keine Unterschiede im Vergleich der Gruppen mit und ohne Überwachung gab. Auch die Annahme, dass bei Vorliegen von GTKA oder typischerweise schwerer verlaufenden Epilepsien häufiger eine Überwachung erfolgt, ließ sich nicht bestätigen. Eher war das Gegenteil der Fall, wenngleich angesichts des Charakters unserer Untersuchung und der Zahlen eine statistisch belastbare Auswertung nicht sinnvoll ist. Auch die Verteilung in den jeweiligen Altersgruppen (Tab. 4) lässt kein klares Bild erkennen. Tendenziell werden Pulsoxymeter, die VitaGuard®-Monitore und Babyphone eher bei jüngeren Kindern im Vorschul- und Grundschulalter eingesetzt.
Kostenübernahme und Bewertung der Geräte
Die Kostenübernahme durch Krankenkassen scheint immerhin bei vielen Geräten mit „offizieller“ Zulassung zu gelingen. Stand 25.06.2023 sind im GKV(gesetzliche Krankenkassen)-Hilfsmittelverzeichnis (Stand des Verzeichnisses: Bundesanzeiger vom 28.04.2023) mit der Indikation Epilepsien 2 Geräte aufgeführt: Epi-Care free® und Emfit®. Die VitaGuard®-Monitore 310 und 3100® finden sich in der Produktgruppe „Messgeräte für Körperzustände-/funktionen“ unter der Rubrik „Überwachungsgeräte für Vitalfunktionen bei Kindern“ [9]. Wir haben bei unserer Umfrage allerdings nicht erhoben, mit wie viel Mühen bzw. Widersprüchen die Kostenübernahme erreicht wurde. Andererseits wurde auch nicht erhoben, ob überhaupt ein Kostenübernahmeantrag gestellt wurde.
Kern unserer Befragung war das Urteil der Familien, was die Benutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und die generelle Eignung für eine Anfallsüberwachung angeht. Tendenziell erhielten NightWatch® und VitaGuard® 3100/310 die besseren Bewertungen. Eine Limitierung der Daten stellt die teilweise Zusammenlegung der Auswertungen der beiden VitaGuard®-Monitore dar, wobei der VitaGuard® 3100 Herzfrequenz, SaO2 und Atemfrequenz misst, der VitaGuard® 310 Herzfrequenz und SaO2. Interessant hierbei ist, dass die reinen Schulnoten nicht unbedingt mit dem Einsatz korrelieren. Mehrere Geräte wurden nicht mehr benutzt, da zu häufig Fehlalarme auftraten und/oder Anfälle nicht erkannt wurden, wenngleich die durchschnittliche Bewertung der Geräte gar nicht so schlecht ausfiel. In diesem Zusammenhang sollte kritisch überdacht werden, wenn beispielsweise in klinikbasierten Studien Geräte mit einer Sensitivität von 86 % als „good“ oder 91 % als „high“ bezeichnet werden [1, 3].
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