Eine Achterbahnfahrt ist für viele ein aufregendes Erlebnis, doch birgt sie auch Risiken, besonders für Menschen mit Vorerkrankungen. Kardiologen haben untersucht, welche Auswirkungen die schnellen Auf- und Abfahrten auf den Körper haben und wer besonders gefährdet ist. Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen Risiken des Achterbahnfahrens, insbesondere im Zusammenhang mit Schlaganfallrisiko, Herzerkrankungen und anderen gesundheitlichen Problemen, und gibt Empfehlungen für sicheres Fahrvergnügen.
Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System
Erhöhte Herzfrequenz und Herzrhythmusstörungen
Eine Studie des Universitätsklinikums Mannheim untersuchte die Auswirkungen einer Achterbahnfahrt auf gesunde Probanden. Dabei zeigte sich, dass die Herzfrequenz während der Fahrt dramatisch anstieg. Bei einigen Teilnehmern wurden sogar unregelmäßige Herzschläge beobachtet, und in einem Fall kam es zu einer Herzrhythmusstörung. Laut Kardiologe Jürgen Kuschyk ist die Ursache hierfür der emotionale Stress. In einer Reihenuntersuchung wurden bei etwa 60 Achterbahnfahrern im Alter zwischen 18 und 70 Jahren während der Fahrt EKGs abgeleitet. Dabei wurden Spitzenwerte von bis zu 200 Herzschlägen pro Minute gemessen.
Risiken für Herzpatienten
Für gesunde Menschen sind diese Effekte in der Regel unbedenklich. Allerdings können sie für Menschen mit Vorerkrankungen des Herzens ein Risiko darstellen. Kuschyk rät Personen, die einen Herzinfarkt hatten, von einer Achterbahnfahrt ab. Auch bei Patienten mit Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen ist Vorsicht geboten. Herzrhythmusstörungen könnten sich nach der Fahrt sogar noch verstärken.
Auswirkungen von Adrenalin
In einigen Fahrgeschäften wippt die Gondel sekundenlang kopfüber, wodurch das Blut in den Kopf rauscht. Ein gesunder Organismus hält dies in der Regel aus, wobei sich lediglich der Herzschlag beschleunigt und der Adrenalinspiegel steigt. Dieser Adrenalinschub erzeugt den erhofften Nervenkitzel.
Spezifische Risikogruppen
Herzinfarktpatienten und Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sollten auf schnelle Fahrgeschäfte mit Richtungswechseln verzichten. Eine solche Belastung kann bei ihnen zu einem Schlaganfall oder sogar einem Infarkt führen. Kuschyk rät Herzinfarktpatienten, Menschen mit Herzrhythmus-Störungen oder Herzschwäche sowie Übergewichtigen von einer Fahrt mit einer Extrem-Achterbahn ab. Für diese Personengruppe hört bei 200 Herzschlägen pro Minute der Spaß auf.
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Menschen mit Herzschrittmachern
Auch Träger von Herzschrittmachern setzen sich bei einer Achterbahnfahrt unkalkulierbaren Gefahren aus. Einerseits besteht die Gefahr, dass sich die Impulsgeber im Herzen lösen, andererseits könnten die Magnetfelder, die die Bahn bremsen, den Herzschrittmacher negativ beeinflussen. Hier besteht akute Lebensgefahr.
Schwangere
Für Schwangere macht die mit der rasanten Fahrt verbundene hohe Adrenalinausschüttung den Nervenkitzel gefährlich. Adrenalin greift in den Hormonhaushalt ein und kann sogar eine Fehl- oder Frühgeburt auslösen.
Menschen mit Rückenproblemen
Ruckartige Bewegungen und schnelle Richtungswechsel sind für eine schwache Wirbelsäule besonders schlimm. Ein stützender Sitz und eine gute Nackenstütze sowie starke Hals- und Nackenmuskeln können die Bewegung abfangen. Sonst drohen Verspannungen oder Zerrungen. Rückenkranke sollten Schleuder-Fahrten meiden, da es vor allem in Fahrgeschäften, in denen die Beine frei baumeln, zu zusätzlichen Schmerzen kommen kann.
Weitere gesundheitliche Aspekte
Netzhautablösung und Aneurysmen
Herzkranke Menschen oder solche mit sehr hohem Blutdruck können durch eine solche Belastung einen Infarkt oder einen Schlaganfall erleiden. Der Druck aufs Auge kann zur Netzhautablösung führen, oder ein Aneurysma, also eine Gewebeschwäche in einer Arterie, kann reißen.
Schleudertrauma und Prellungen
Ein Schleudertrauma riskiert der Wiesn-Besucher am ehesten im klassischen Autoscooter. Wenn zwei Fahrzeuge zusammenprallen oder man von hinten gerammt wird, ist das auch nicht anders als ein Auffahrunfall auf der Straße. Auch Prellungen und blaue Flecken handelt man sich in einem langsamen, aber heftig ruckelnden Fahrgeschäft leichter ein als in einem extrem schnellen, das den Körper gegen die Sitze presst. Ein Beispiel dafür ist die „Wilde Maus“ auf dem Oktoberfest.
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Tipps für ein sicheres Fahrvergnügen
Warnhinweise beachten
Es ist wichtig, die Warnhinweise an den entsprechenden Fahrgeschäften ernst zu nehmen. Parkleiter betonen, dass entsprechende Warnschilder auf die Gefahren aufmerksam machen.
Körperliche Verfassung berücksichtigen
Besucher sollten wissen, wo ihre gesundheitlichen Grenzen liegen und welches Kirmesvergnügen eher in Maßen genossen werden sollte. Wer unter Rückenschmerzen leidet, sollte ruhigere Fahrgeschäfte aufsuchen.
Richtiges Verhalten während der Fahrt
Den meisten Spaß in einem rasanten Fahrgeschäft hat, wer sich auf die Fahrt konzentriert, eine gewisse Körperspannung aufrechthält, sich aber nicht gegen die Bewegungen des Gefährts stemmt, und vielleicht gegen die Aufregung vor dem Start ein paarmal tief durchatmet. Wer allerdings panisch ist und total verkrampft, kann tatsächlich mit Rücken-, Nacken- oder Kopfschmerzen aus dem Gefährt steigen.
Alkoholkonsum vermeiden
Stark alkoholisierte Passagiere könnten wegen ihres mangelnden Reaktionsvermögens wie Puppen herumgeschüttelt werden und ähnlichen Schaden nehmen.
Pausen einlegen
Kuschyk rät zu Pausen zwischen den Fahrten, um dem Körper Zeit zur Erholung zu geben.
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Ernährung und Verdauung auf der Kirmes
Magenfreundliche Ernährung
Fettes Essen kann den Magen reizen. Viel Fett stellt die Verdauung bereits vor eine Herausforderung, kann den Magen reizen und zu Sodbrennen führen. Wird das Fett auch noch mit Eiweiß kombiniert, wie bei einer Bratwurst, benötigt der Verdauungstrakt noch länger, um das Essen zu verarbeiten. Trotzdem sollte man nach einer reichhaltigen Portion nicht direkt die nächste Runde mit dem Breakdancer drehen.
Alkohol in Maßen
Alkohol kann in geringen Mengen dazu beitragen, die Muskelentspannung zu erhöhen und somit für ein größeres Magenvolumen sorgen. Da Alkohol aber auch die Produktion der Magensäure steigert, sollten von Sodbrennen Betroffene eher auf ihn verzichten.
Bewegung zur Förderung der Verdauung
Bewegung, etwa durch einen Rundgang über die Kirmes, kann die Verdauung fördern. Um Heißhunger zu vermeiden und gleichzeitig den Magen zu beruhigen, kann man bereits vor dem Besuch auf der Kirmes eine eiweißhaltige und leichtverdauliche Kleinigkeit zu sich nehmen.
Fallbeispiele und Forschungsergebnisse
Studie im Holiday-Park Haßloch
Dr. Jürgen Kuschyk von der Universität Mannheim und seine Kollegen haben Teilnehmer auf der Achterbahn des Freizeitparks Haßloch untersucht. Bei ihnen wurde vor, während und nach der Fahrt ein 12-Kanal-Holter-EKG geschrieben. Die Fahrt dauerte 120 Sekunden, mit einem Anstieg von 62 Metern und einem freien Fall von 4 Sekunden. Die maximale Geschwindigkeit betrug dabei 120 km/h. Die Resultate haben die Forscher beim Welt-Kardiologen-Kongreß in Barcelona vorgestellt.
Marathon-Achterbahnfahrer Richard Rodriguez
Eine erstaunliche Anschauungsperson ist der Marathon-Achterbahnfahrer Richard Rodriguez, der im vergangenen Jahr 49 Tage und Nächte am Stück im Holiday-Park Achterbahn gefahren war. Bei ihm ging der Puls zwischendurch höchstens auf 85.
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