Morbus Parkinson ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. Sie wird durch einen Mangel des Neurotransmitters Dopamin verursacht. Betroffene und Angehörige sind zu Beginn der Diagnose oft verängstigt und unsicher. Doch wie Dr. Helmut Schröder sagt: »Das Leben gleicht einer Achterbahnfahrt - und bleibt doch auf jeden Fall lebenswert!«
Die Diagnose und ihre Folgen
Häufig wird die Krankheit zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr diagnostiziert, wobei rund zwei Drittel der Patienten Männer sind. Die Schätzungen zur Zahl der Betroffenen in Deutschland gehen weit auseinander und reichen von 150.000 bis 350.000 Menschen mit Parkinson. Auf je 100.000 Menschen kämen etwa 20 Neudiagnosen jährlich.
Als Helmut Schröder Anfang 1998 im Skiurlaub war, konnte er plötzlich keine Rechtskurven mehr fahren. 49 Jahre war Schröder alt, als er die Diagnose erhielt: Morbus Parkinson, bisher unheilbar. Ein Schock für den an einer Klinik in Hannover arbeitenden Psychiater.
Typisch sind auch Geh- und Haltungsstörungen: Betroffene laufen zunehmend nach vorn gebeugt, die Arme schwingen nicht mehr mit und der Gang wird langsam, kleinschrittig und schlurfend.
Die Doppelrolle als Arzt und Patient
Bereits mit 49 Jahren erkrankte der Arzt, damals Psychiater an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Hannover-Langenhagen, an Parkinson und fand sich plötzlich in der ungewohnten Doppelrolle als Arzt und Patient wieder. Die positive Lebenseinstellung behielt er bis zu seinem Tod 2018 bei. In seinem Buch gibt Helmut Schröder seine Erfahrungen mit der Erkrankung weiter. »Ich möchte gern zeigen, wie man trotz Parkinson ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben führen kann.«
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Symptome und Diagnose
Ruhezittern der Hände, verlangsamter Gang, Muskelversteifung (Rigor) sowie im Verlauf eine Störung der Stand- und Gangstabilität, so dass es zu Stürzen kommen kann, sind die Hauptsymptome. Häufig fällt als erstes eine seitenbetonte Verlangsamung bestimmter Bewegungen (Bradykinese) sowie ein Ruhezittern der Hände (Tremor) auf.
Nach wie vor wird die Diagnose anhand der Symptome und der Reaktion auf die Dopamin-Vorstufe L-Dopa gestellt, einen Labortest auf Parkinson gibt es nicht.
Frühe Anzeichen erkennen
Früher wurden nur Bewegungsstörungen behandelt. Inzwischen liege ein großes Augenmerk auf den nicht-motorischen Symptomen. Bei der sogenannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) aber schlagen und treten Menschen während - oft erschreckender - Träume um sich, schreien, wehren sich gegen virtuelle Angreifer. Selbst- und Fremdverletzungen sind häufig. "Betroffene entwickeln in mehr als 85 Prozent der Fälle binnen 15 bis 20 Jahren Parkinson." Ein weiteres typisches, aber weniger spezifisches Frühsignal sei die Störung des Geruchssinnes.
Klar sei, dass die Fallzahlen steigen. Dies gehe nicht nur auf die steigende Lebenserwartung in Deutschland zurück. Die Menschen seien insgesamt viel länger viel gesünder, ein einst unter anderen Beschwerden verstecktes Leiden falle so stärker auf. "Weil auch leichte Veränderungen der Beweglichkeit heute besser eingeordnet werden können, wird Parkinson früher diagnostiziert", sagt Berg.
Ursachenforschung und neue Therapieansätze
Die Ursache von Parkinson ist immer noch unklar. Über die Ursachen von Parkinson wird noch gerätselt, als mögliche Faktoren werden vielfach Ernährungs- und Bewegungsaspekte vermutet. Diese abnorme Form des Proteins könnte sich dann von Nervenzelle zu Nervenzelle ausbreiten - ähnlich wie die fehlgefalteten Prionen bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Substanzen und Prozesse, die freie Radikale produzieren und so wie Rotenon bestimmte Stressreaktionen in den Zellen auslösen, könnten ähnlich wirken - so die Idee.
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Forscher sehen Parallelen zur Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
Die Rolle des Darms
Trippelschritte, Nuscheln, gestörte Feinmotorik: Die Folgen von Parkinson können Betroffene an ihre Grenzen bringen. Die Krankheit betrifft bestimmte Zellen im Gehirn, im Fokus der Forschung steht derzeit aber oft ein ganz anderes Organ: der Darm.
Kettenreaktion stoppen
"Außerdem sind die Aggregate vielleicht ein Ansatzpunkt für eine Therapie." Vorstellbar wäre, mit einem bestimmten Wirkstoff die verhängnisvolle Kettenreaktion stoppen oder zumindest verzögern zu können. "Das werden spannende Jahre."
Elektrische Impulse gegen das Zittern
Gearbeitet wird auch an Verbesserungen und Änderungen etablierter Therapien. Die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (THS) zum Beispiel kommt inzwischen öfter auch bei jüngeren Patienten zum Einsatz.
Bei dem Verfahrensollen elektrische Impulse über ins Gehirn gesetzte Elektroden verhindern, dass bestimmte Zellverbände dort krankhaft im Gleichtakt feuern und so die typischen Symptome wie Steifheit und Zittern auslösen.
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Dass das seit den 1990er Jahren angewandte Verfahren helfen kann, haben Studien gezeigt: Zumindest ein Teil der Patienten wurde mobiler und brauchte weniger Medikamente. Allerdings ist der mehrstündige Eingriff aufwendig und sollte nach Einschätzung der Experten nur an hochqualifizierten Zentren durchgeführt werden.
Leben mit Parkinson: Strategien und Erfahrungen
Wie wirken Medikamente? Wie begegnet man unvorbereitet eintretenden Off-Zuständen am besten? Wie geht man in der Öffentlichkeit mit der Erkrankung um? Kann man noch Fahrrad fahren? Und was bedeutet Parkinson für die Beziehung?
Helmut Schröder schildert in seiner Doppelrolle als Arzt und Patient Mut machend und humorvoll, was Parkinson-Erkrankte bewegt und was hilft:
- Mit welchen Medikamenten geht es mir gut?
- Was kann ich tun, damit mich ein OFF nicht kalt erwischt?
- Wie kommt mein Partner mit diesem neuen Lebensgefährten gut zurecht?
- Wie bewegt man sich mit seiner Erkrankung sicher in der Öffentlichkeit?
Schwindelerregend schnell wechseln die "ONs" und "OFFs" - die typischen Phasen bei Parkinson, in denen es den Betroffenen entweder richtig gut oder richtig schlecht geht.
Neugewonnene Bewegungsfreiheit durch Hirn-OP
Auch Helmut Schröder nutzte die Tiefe Hirnstimulation, um die zunehmende Achterbahnfahrt aus "ONs" und "OFFs" zu mildern. Die OP habe er gut überstanden - auch wenn es kein Zuckerschlecken gewesen sei, fünf Stunden bei vollem Bewusstsein mit fixiertem Kopf zu verbringen, schreibt er. Das "Wunderbarste" sei für ihn, dass er von seinen schweren "OFFs" befreit worden sei.
Seine Bewegungskrisen fielen dank der Hirnstimulation viel milder und kürzer aus. Für Morbus Parkinson aber gelte: "Man kann eine fast normale Lebenserwartung erreichen mit allen Tricks."
Umgang mit der Krankheit
Bei Helmut Schröder steht die Muskelanspannung im Vordergrund. Mit dem "Lebensgefährten Parkinson" gebe es eine Menge Unannehmlichkeiten, schreibt er, heftige Panikattacken zum Beispiel ebenso wie überbordende Albernheit.
Jeder habe es selbst in der Hand, sich dennoch nicht das Leben vermiesen zu lassen und aus der neuen Situation das Beste zu machen.
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