Sinusvenenthrombose und Schlaganfall: Ein umfassender Überblick

Die Sinusvenenthrombose (SVT) und der Schlaganfall sind beides Erkrankungen, die das Gehirn betreffen, aber unterschiedliche Ursachen, Symptome und Behandlungen haben. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen und bietet einen umfassenden Überblick über die Sinusvenenthrombose, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Diagnose, Behandlung und Prävention.

Was ist eine Sinusvenenthrombose?

Die Sinusvenenthrombose (SVT), auch zerebrale Sinus- und Venenthrombose (CVST) genannt, ist eine seltene Erkrankung, bei der sich ein Blutgerinnsel in den venösen Blutleitern (Sinus) des Gehirns oder in den Hirnvenen bildet. Die Hirnvenen durchziehen das gesamte Gehirn und sammeln sauerstoffarmes Blut, um es zum Herzen zurückzutransportieren. Die Hirnblutleiter sind Hohlräume zwischen den Blättern der harten Hirnhaut und leiten das venöse Blut aus dem Gehirn. Ein teilweiser oder vollständiger Verschluss dieser Venen durch ein Blutgerinnsel kann schwerwiegende Folgen haben.

Wenn ein Blutgerinnsel ein Gefäß verstopft, kann das Blut im entsprechenden Bereich nicht mehr abfließen und staut sich. Dieser Blutstau kann den Druck im Gehirn erhöhen und Hirnarterien "zusammenpressen", wodurch die Versorgung nachgeschalteter Hirnareale mit sauerstoffreichem Blut beeinträchtigt wird. Dies kann zu einem ischämischen Schlaganfall führen. Zudem kann der Blutstau dazu führen, dass Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umliegende Gewebe übertritt, was eine Hirnschwellung (Hirnödem) verursacht. In manchen Fällen kann es durch den Blutstau auch zu einer Blutung (Stauungsblutung) kommen.

Obwohl die SVT eine gefährliche und potenziell tödliche Erkrankung ist, ist die Prognose bei rechtzeitiger und angemessener Behandlung in der Regel gut.

Häufigkeit

Hirnvenenthrombosen bzw. Sinusvenenthrombosen sind seltene Ereignisse. Die Angaben zur Häufigkeit variieren, aber Schätzungen zufolge treten etwa drei bis vier Fälle pro Million Einwohner und Jahr auf. Ein gehäuftes Vorkommen wird bei Kindern, jungen Erwachsenen, Frauen im gebärfähigen Alter und in Ländern mit geringem Einkommen beobachtet. Ein Schlaganfall infolge einer Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose ist eine seltene Sonderform der Erkrankung und macht nur etwa 0,5 bis 1 % aller Schlaganfälle aus.

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Ursachen und Risikofaktoren der Sinusvenenthrombose

Man unterscheidet zwei Hauptgruppen von Hirnvenenthrombosen bzw. Sinusvenenthrombosen, je nach der zugrundeliegenden Ursache:

  • Aseptische (blande) Hirnvenenthrombose: Diese Form wird nicht durch eine Infektion verursacht. In den meisten Fällen spielen hormonelle Faktoren eine Rolle, weshalb Frauen häufiger betroffen sind. Risikofaktoren sind die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel ("Pille"), Schwangerschaft, Wochenbett oder eine orale Hormonersatztherapie. Besonders riskant ist die Kombination von oral eingenommenen Hormonpräparaten mit Rauchen und/oder Übergewicht. Weitere Ursachen können eine angeborene oder erworbene Neigung zur Blutgerinnselbildung (Thrombophilie), Bluterkrankungen, bösartige Gewebsneubildungen (Malignome), Gefäßentzündungen (Vaskulitiden) und Autoimmunerkrankungen sein. In etwa einem Viertel der Fälle lässt sich keine Ursache finden (idiopathisch). Sehr selten tritt eine Sinus- bzw. Hirnvenenthrombose nach einer Corona-Impfung auf.
  • Septische Hirnvenenthrombose: Diese Form wird durch eine Infektion ausgelöst. Ursachen können lokale Infektionen im Kopfbereich sein, wie Mittelohrentzündung (Otitis media), Mandelentzündung (Tonsillitis), Entzündung des Warzenfortsatzes des Schläfenbeins (Mastoiditis), Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis), Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis), Entzündung und/oder Abszess im Bereich des Kiefers und der Zähne, Hirnabszess oder Hirnhautentzündung (Meningitis). Auch systemische Infektionen, die den ganzen Körper betreffen, können eine Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose verursachen, wie "Blutvergiftung" (Sepsis), Herzinnenhautentzündung (Endokarditis), Typhus, Tuberkulose, Malaria, Masern, infektionsbedingte Leberentzündung (Hepatitis), Infektionen mit Herpes-simplex-Viren, Zytomegalie, COVID-19, Aspergillose (Pilzerkrankung) oder Trichinose (Wurmerkrankung).

Hirnvenenthrombose als Impfnebenwirkung

In sehr seltenen Fällen kann eine Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose als Nebenwirkung der Impfung gegen das Coronavirus auftreten, insbesondere beim Impfstoff von AstraZeneca und vereinzelt bei dem Impfstoff von Janssen (Johnson & Johnson). In beiden Fällen handelt es sich um Vektorimpfstoffe. Bei einzelnen Betroffenen kann sich nach der Verabreichung eines dieser Impfstoffe ein Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) entwickeln, das sind Thrombosen in Kombination mit einem Blutplättchenmangel. Der Körper bildet vermehrt spezielle Antikörper, die an den Blutplättchen (Thrombozyten) andocken, diese aktivieren und miteinander verklumpen lassen. Diese "Klumpen" können dann die feinen Gefäße verstopfen, z. B. die Hirnvenen. Diese Reaktion wird als "Vakzin-induzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie" (VIPIT) oder VITT (impfstoffinduzierte immunthrombotische Thrombozytopenie) bezeichnet.

Obwohl der Zusammenhang zwischen den Vektorimpfstoffen und der beschriebenen immuninduzierten thrombotischen Thrombozytopenie nachgewiesen ist, handelt es sich um eine extrem seltene Komplikation der Impfung, die weniger als einmal pro 10.000 Menschen vorkommt, die mit einem Vektor-Impfstoff behandelt wurden. Es ist wichtig zu beachten, dass das Risiko einer Sinus-/Hirnvenenthrombose bei einer Coronavirus-Erkrankung (COVID-19) höher ist als nach einer Corona-Impfung.

Symptome der Sinusvenenthrombose

Die Symptome einer Hirnvenenthrombose können vielfältig sein und sich schleichend entwickeln. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Kopfschmerzen: Variable Stärke oder Region (häufigstes Symptom)
  • Epileptische Anfälle (Krampfanfälle)
  • Neurologische Ausfälle: Je nach Ort der Thrombose, z. B. motorische Störungen (wie Hemiparese, also Halbseitenlähmung, oder Monoparese, also Schwäche/Lähmung in einer Extremität oder einem Extremitätenteil), Sprachstörung (Aphasie)
  • Sehstörung, Stauungspapille: Schwellung der Papille, das ist die Stelle am Augenhintergrund, wo der Sehnerv entspringt
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bewusstseinsstörungen

Das Beschwerdebild einer Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose kann sehr unterschiedlich ausfallen, sowohl in Bezug auf die Art als auch die Stärke der Symptome. Bei Auftreten solcher Beschwerden sollte umgehend ein Arzt oder eine Klinik aufgesucht werden, da der Zustand lebensbedrohlich sein kann!

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Diagnose der Sinusvenenthrombose

Bei Verdacht auf eine Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose ist eine schnelle Diagnose entscheidend. Die Diagnose umfasst in der Regel folgende Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Infektionen und kürzlich erfolgten Impfungen. Bei Bewusstseinsstörungen werden die Angehörigen nach den notwendigen Informationen gefragt.
  2. Bildgebende Verfahren: Eine bildgebende Untersuchung des Schädels ist unerlässlich.
    • Computertomografie (CT): Die CT des Schädels mit Kontrastmittel zeigt mögliche Thrombosen im Gehirn. Die Hirngefäße sind besonders deutlich sichtbar, wenn vor der Untersuchung ein Kontrastmittel in eine Vene gespritzt wird.
    • Magnetresonanztomografie (MRT): Die MRT des Schädels mit Kontrastmittelgabe macht die Blutgefäße im Gehirn und mögliche Verschlüsse ebenfalls gut sichtbar. Da die MRT keine Strahlenbelastung verursacht, wird sie bevorzugt bei jüngeren Patienten und Schwangeren eingesetzt.
  3. D-Dimere: Die Bestimmung der D-Dimere im Blut kann unterstützend sein. Erhöhte D-Dimere können auf einen gerinnselbedingten Gefäßverschluss hindeuten, aber der Stellenwert der D-Dimere bei der Diagnose einer Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose ist umstritten. Ein normaler D-Dimer-Wert schließt eine SVT nicht sicher aus.

Therapie der Sinusvenenthrombose

Die Akut-Behandlung der Sinus- bzw. Hirnvenenthrombose erfolgt idealerweise auf einer Stroke Unit, einer auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisierten Abteilung in einem Krankenhaus. Dort werden die Vitalzeichen des Patienten engmaschig überwacht, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können.

Die Behandlung umfasst in der Regel folgende Maßnahmen:

  1. Medikamentöse Gerinnungshemmung (Antikoagulation):
    • Heparin: In der Akutphase wird Heparin zur Antikoagulation verabreicht, auch wenn gleichzeitig eine Hirnblutung vorliegt. Bevorzugt wird niedermolekulares (fraktioniertes) Heparin (NMH) verwendet.
    • Vitamin-K-Antagonisten: Nach der Akutphase erfolgt in der Regel eine Umstellung auf Tabletten mit Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon wie Marcumar®) zur langfristigen Gerinnungshemmung.
    • Neue orale Antikoagulanzien (NOAK): In Einzelfällen können auch NOAK wie Apixaban (Eliquis®) oder Dabigatran (Pradaxa®) verordnet werden.
  2. Behandlung der Grunderkrankung: Bei einer septischen Hirnvenenthrombose erfolgt die Behandlung der Grunderkrankung mit Antibiotika und ggf. einer Operation.
  3. Weitere Maßnahmen nach Bedarf:
    • Medikamente gegen epileptische Anfälle (Antikonvulsiva)
    • Hirndrucksenkung: Oberkörper hochlagern, ggf. Operation (Kraniektomie)
    • Schmerzmittelgabe: Paracetamol oder Opioide (Acetylsalicylsäure (ASS) ist wegen seiner blutverdünnenden Wirkung nicht geeignet!)
    • Endovaskuläre Therapie: In seltenen Fällen, wenn die Thrombose sehr ausgedehnt ist oder sich der Zustand verschlechtert, kann eine endovaskuläre Therapie in Erwägung gezogen werden.

Die Dauer der oralen Antikoagulation beträgt in der Regel 3-12 Monate, bei schweren Thrombosen auch dauerhaft.

Prävention der Sinusvenenthrombose

Um das Risiko einer Sinusvenenthrombose zu minimieren, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

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  • Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen, Übergewicht, fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel
  • Konsequenter Rauchstopp
  • Vorsicht mit Hormonen: Absetzen hormonhaltiger Verhütungsmittel (Pille, Hormonspirale)
  • Regelmäßige Bewegung
  • Ausgewogene Ernährung
  • Regelmäßige Gerinnungstests: Bei Einnahme von Blutgerinnungshemmern
  • Ausweis bereithalten: Tragen eines Blutgerinnungs-Hemmer-Ausweises
  • Information von Ärzten und Zahnärzten: Über die Einnahme von Blutgerinnungshemmern
  • Vorsicht mit Essen und Trinken: Beim Konsum von Alkoholika und dem Verzehr größerer Mengen Ingwer oder Goji-Beeren
  • Bei Kinderwunsch umsteigen: Von Phenprocoumon auf Heparin

Sinusvenenthrombose vs. Schlaganfall: Die Unterschiede

Obwohl sowohl die Sinusvenenthrombose als auch der Schlaganfall das Gehirn betreffen, gibt es wesentliche Unterschiede:

MerkmalSinusvenenthromboseSchlaganfall
UrsacheBlutgerinnsel in den Hirnvenen oder HirnblutleiternVerschluss einer Hirnarterie (ischämischer Schlaganfall) oder Blutung im Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall)
HäufigkeitSeltenHäufig
RisikofaktorenHormonelle Faktoren, Thrombophilie, Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Corona-Impfung (sehr selten)Hoher Blutdruck, Diabetes, Rauchen, Fettstoffwechselstörungen, Herzerkrankungen, Alter
SymptomeKopfschmerzen, epileptische Anfälle, neurologische Ausfälle, Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen, BewusstseinsstörungenPlötzliche Lähmung, Schwäche oder Empfindungsstörung einer Körperseite, Sprachstörungen, Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen, starke Kopfschmerzen
DiagnoseBildgebung des Gehirns (CT oder MRT) mit KontrastmittelBildgebung des Gehirns (CT oder MRT), neurologische Untersuchung
BehandlungGerinnungshemmende Medikamente (Heparin, Vitamin-K-Antagonisten, NOAK), Behandlung der Grunderkrankung (bei septischer SVT), weitere MaßnahmenThrombolyse (bei ischämischem Schlaganfall), gerinnungshemmende Medikamente, Operation (bei hämorrhagischem Schlaganfall), Rehabilitation
PrognoseGute Prognose bei rechtzeitiger BehandlungVariabel, abhängig von der Schwere des Schlaganfalls und der Schnelligkeit der Behandlung

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