Chronische Schmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, von dem in Deutschland etwa 5 Millionen Menschen betroffen sind. Weltweit zählen chronische Rücken- und Kopfschmerzen zu den häufigsten Ursachen für Erwerbsunfähigkeit und Behinderung. Nerven- und Rückenschmerzen sind keine einheitlichen Krankheitsbilder, sondern Symptome einer Vielzahl von Erkrankungen. Die Behandlung dieser Schmerzen erfolgt nach den Richtlinien der Fachgesellschaften, wobei das Prinzip gilt: "So viel wie nötig, so wenig wie möglich". Ziel der Schmerztherapie ist es, den Patienten ein möglichst uneingeschränktes Leben und die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit zu ermöglichen.
Häufigkeit von Rücken- und Nervenschmerzen
Chronische Schmerzen sind ein weit verbreitetes Problem. Circa 5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen. Weltweit gehören chronische Rückenschmerzen und Kopfschmerzen zu den häufigsten Ursachen für Erwerbsunfähigkeit und/oder Behinderung. Bei Nervenschmerzen, die durch Nervenschädigungen entstehen können, liegt die Häufigkeit in Europa bei etwa 7-8 % der Bevölkerung. Akute Rückenschmerzen sind noch häufiger: In Deutschland leiden etwa 60 % der Erwachsenen mindestens einmal jährlich unter Rückenschmerzen. Akute Rückenschmerzen dauern maximal sechs Wochen oder treten nach einer schmerzfreien Zeit von mindestens sechs Monaten erneut auf.
Symptome von Rücken- und Nervenschmerzen
Rückenschmerzen betreffen typischerweise den unteren Rücken und können in die Beine ausstrahlen. Dies geschieht insbesondere, wenn Nerven beteiligt sind, beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall. Wenn Schmerzen durch eine Nervenschädigung verursacht werden, spricht man von Nervenschmerzen oder neuropathischen Schmerzen. Diese treten oft spontan auf und werden als ziehend, brennend oder blitzartig beschrieben. Häufig gehen sie mit Taubheitsgefühlen oder Missempfindungen einher.
Der Ischiasnerv ist der längste und dickste Nerv im Körper. Er entspringt im Rückenmark der unteren Wirbelsäule und verläuft in beide Beine. Ischiasschmerzen zeichnen sich durch einseitige, einschießende, elektrisierende Schmerzen im unteren Rücken aus, die über das Gesäß und die Hüfte bis in ein Bein ausstrahlen können.
Ursachen von Rücken- und Nervenschmerzen
Nervenschmerzen entstehen, wenn Nervenfasern, die für die Schmerzinformationsverarbeitung verantwortlich sind, geschädigt werden. Der Schädigungsort kann irgendwo in der Schmerzbahn liegen, die von der Haut über die Nerven, das Rückenmark bis zum Gehirn verläuft. Bei chronischen Rückenschmerzen liegt oft eine Kombination aus degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Muskelverspannungen und Nervenschmerzen vor. Der wichtigste Risikofaktor für die Chronifizierung von Schmerzen ist vorausgegangener Schmerz. Zusätzlich spielen oft psychosoziale, arbeitsplatzbezogene, familiäre und sozioökonomische Belastungsfaktoren eine Rolle. Psychische Störungen wie Angst und Depression können die Schmerzchronifizierung begünstigen.
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Häufige Ursachen für Nervenwurzelreizungen (Radikulopathie) sind:
- Bandscheibenvorfall: Der Gallertkern der Bandscheibe drückt auf die Nervenwurzel.
- Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Spondylarthrose oder Spondylose): Verschleißerscheinungen führen zu Knochenanbauten (Osteophyten), die Nervenwurzeln einengen können.
- Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals drückt auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln.
- Tumore: Tumore im Wirbelkanal können auf Nervenwurzeln drücken.
- Hämatome: Blutergüsse im Wirbelkanal können Nervenwurzeln einengen.
- Infektionskrankheiten: Nervenwurzeln können direkt durch Infektionen geschädigt werden.
Weitere Ursachen für Rückenschmerzen können sein:
- Muskelverspannungen
- Blockaden der Wirbel
- Verschleiß der Wirbelsäule
- Osteoporose (Knochenschwund)
- Schwangerschaft
- Gürtelrose
- Akute Prostataentzündung
- Nierenbeckenentzündung
- Nierensteine
- Brustenge
- Herzinfarkt
- Lungenentzündung
- Wirbelsäulen- und Rippentumor
Diagnose von Rücken- und Nervenschmerzen
Die Diagnose beginnt mit einer detaillierten Erfassung des Beschwerdebilds (Anamnese) und einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Der Arzt achtet auf die Körperhaltung, die Form der Wirbelsäule, Muskelverhärtungen, Beweglichkeit, Muskelkraft und Reflexe. Zudem werden seelische und berufliche Belastungen miteinbezogen, die sich auf den Krankheitsverlauf auswirken können.
Weitere Zusatzuntersuchungen wie Röntgen oder MRT werden erforderlich, wenn sich in der Untersuchung Hinweise auf einen spezifischen Rückenschmerz oder eine ernste zugrunde liegende Erkrankung (sogenannte positive "red flags") finden. Dazu gehören beispielsweise Entzündungswerte im Blut, Fieber oder neu aufgetretene neurologische Ausfälle. Sehr viel häufiger ist der sogenannte unspezifische Rückenschmerz, bei dem keine eindeutige Ursache für die Beschwerden gefunden werden kann.
Bei Verdacht auf eine Radikulopathie werden Sensibilität und Reflexe geprüft, um die Höhe der Nervenwurzelreizung festzustellen. Mithilfe der Bildgebung (MRT oder CT) wird versucht, die Ursache und die genaue Lokalisation für die Nervenreizung zu finden. In manchen Fällen ist eine Liquorpunktion erforderlich, um die Hirnflüssigkeit zu untersuchen und beispielsweise Entzündungen oder Infektionen nachzuweisen.
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Behandlung von Rücken- und Nervenschmerzen
Nerven- und Rückenschmerzen werden medikamentös und nicht-medikamentös behandelt. Die Therapie wird durch schmerztherapeutisch erfahrene Ärzte, ggf. auch multidisziplinär, an die besonderen Bedürfnisse des jeweiligen Patienten angepasst. Bei chronischen Nerven- und Rückenschmerzen ist das oberste Therapieziel die ausreichende Schmerzreduktion. Schmerzfreiheit kann oft nicht erreicht werden. Schmerzbewältigungsmechanismen können den Umgang mit den chronischen Schmerzen verändern und dazu führen, dass der Schmerz „weniger Raum“ im Leben einnimmt. Ist erst eine Chronifizierung der Schmerzen eingetreten, ist eine vollständige Heilung unwahrscheinlich. Ziel ist eine individuelle Therapie, sodass der Patient möglichst uneingeschränkt seinen Alltag bewältigen kann.
Medikamentöse Therapie
Das Prinzip der medikamentösen Therapie ist „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Bei Nervenschmerzen kann von den speziellen Symptomen auf die zugrunde liegenden Ursachen geschlossen und so eine spezifische medikamentöse Therapie initiiert werden.
Zur medikamentösen Behandlung von Rücken- und Nervenschmerzen werden unter anderem folgende Medikamente eingesetzt:
- Nicht-Opioid-Schmerzmittel: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen sowie Analgetika wie Paracetamol.
- Opioide: Schwache oder hochdosierte Opioide werden bei starken Schmerzen eingesetzt, sollten aber nur kurzzeitig und unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden, da sie starke Nebenwirkungen und ein hohes Suchtrisiko haben.
- Muskelrelaxanzien: Werden bei starken Muskelverspannungen verschrieben.
- Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva können bei chronischen Beschwerden schmerzlindernd und stimmungsaufhellend wirken.
- Kortison oder Steroide: Können oral eingenommen oder als Spritze direkt in das gereizte Gewebe gegeben werden, versprechen aber nur kurzfristige Erfolge.
Nicht-medikamentöse Therapie
Neben der medikamentösen Behandlung gibt es eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapien, die zur Linderung von Rücken- und Nervenschmerzen eingesetzt werden können:
- Wärme- oder Kälteanwendungen: Wärmeumschläge, Wärmflasche, Infrarot, Fangopackungen oder Sauna können bei verspannungsbedingten Schmerzen die Muskulatur lockern und die Durchblutung anregen. Kälteanwendungen wie Coolpads, Eiskompressen oder kühlende Schmerzgele können bei Entzündungen oder Verletzungen die Durchblutung verringern, Schwellungen reduzieren und die Schmerzwahrnehmung beeinflussen.
- Manuelle Therapie: Kann Schmerzlinderung verschaffen und zu einer Vergrößerung der Mobilität beitragen.
- Heilbäder:
- Orthopädische Einlagen:
- Einreibung mit entspannenden oder durchblutungsfördernden Ölen:
- Physiotherapie: Dehnungsübungen und eine Entspannung der Rückenmuskulatur können die Schmerzen nachhaltig lindern. Die Bauch- und Rückenmuskulatur sollte mithilfe angeleiteter Physiotherapie gestärkt werden.
- Ergotherapie:
- Psychotherapie: Bei chronischen Verläufen kann psychotherapeutische Unterstützung (z. B. Verhaltenstherapie) oder die Verordnung von Antidepressiva hilfreich sein.
- Interventionelle Schmerztherapie: Dabei wird z. B. ein Gemisch aus Kortison und Betäubungsmittel an die schmerzende Nervenwurzel gespritzt.
Operative Therapie
In etwa 20 % der Radikulopathien muss die - meist mechanische - Ursache operativ beseitigt werden. Häufig liegt ein Bandscheibenvorfall oder eine Spinalkanalstenose zugrunde. Ziel der Operation ist die Dekompression der beengten Nervenwurzel. Dazu gibt es verschiedene Verfahren, wie die Entfernung von störendem Gewebe. In manchen Fällen ist es notwendig, sogenannte Cages als Platzhalter in das Bandscheibenfach zwischen zwei Wirbelkörpern einzusetzen, um einen ausreichenden Abstand und den Druck vom Nervengewebe zu halten.
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Bei einer Entzündung im Rücken kann eine Operation erforderlich sein, wenn die strukturelle Integrität der Wirbelsäule beeinträchtigt ist oder konservative Therapien mit Antibiotika nicht ausreichen. Je nach Schwere der Entzündung und betroffenem Abschnitt der Wirbelsäule variieren die Eingriffsarten. Minimal-invasive Techniken helfen, den betroffenen Bereich zu entlasten und eine gezielte Antibiotikabehandlung zu ermöglichen.
Was Sie selbst tun können
Neben der ärztlichen Behandlung können Sie selbst einiges tun, um Rücken- und Nervenschmerzen vorzubeugen oder zu lindern:
- Ausreichend Bewegung: Integrieren Sie ausreichend Bewegung in Ihren Alltag und machen Sie aktive Pausen.
- Vermeiden Sie einseitige Belastungen:
- Reduzieren Sie Übergewicht:
- Achten Sie auf eine gute Körperhaltung:
- Richtig bücken, heben und tragen: Gehen Sie beim Hochheben und Abstellen von Lasten immer in die Knie und halten Sie den Rücken gerade. Beim Tragen sollten Sie die Last nahe am Körper halten.
- Rückenfreundlicher Arbeitsplatz: Achten Sie darauf, dass Ihr Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist.
- Entspannungsverfahren: Finden Sie Ruhe durch Autogenes Training und Meditation oder beim Yoga, Qigong und Tai-Chi.
- Maßnahmen zur Stressbewältigung:
Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?
Oft stecken relativ harmlose Ursachen hinter den Kreuzschmerzen, etwa Muskelverspannungen durch falsche Körperhaltung oder unzureichende Bewegung. Betroffene sollten immer dann einen Arzt aufsuchen, wenn ihre Lebensqualität durch die Schmerzen stark eingeschränkt wird und die Beschwerden mehrere Tage in Folge anhalten. Das gilt auch, wenn sich ein Taubheitsgefühl in den Beinen bemerkbar macht. Es ist ratsam, eine ärztliche Praxis aufzusuchen, wenn es sich um untypische, anhaltende oder zunehmende Rückenschmerzen handelt.
Bei anhaltenden Schmerzen im unteren Rücken sollten Sie eine Praxis für Orthopädie oder Neurochirurgie aufsuchen, die auf die Wirbelsäule spezialisiert ist. Auch Schmerzpraxen sind bei speziellen Fällen die richtigen Anlaufstellen.