Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, von der in Deutschland schätzungsweise 640.000 Menschen betroffen sind. Die Diagnosestellung basiert auf bildgebenden und elektrophysiologischen Verfahren, die es ermöglichen, strukturelle und funktionelle Veränderungen des Gehirns darzustellen. Zu den wichtigsten bildgebenden Verfahren gehören die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT). Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Anwendungsbereiche von CT und MRT in der Epilepsiediagnostik, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Ärzte und Betroffene zu schaffen. Dieser Artikel wurde von Prof. Dr. Volkmar Jacobi veröffentlicht. Prof. Dr. Jacobi war viele Jahre der stellvertretende Direktor der Radiologie der Universitätsklinik Frankfurt. Gerne bespricht unser Spezialist mit Ihnen Ihren Befund nach Durchführung eines MRT.
Einführung in die Epilepsie-Diagnostik
Ein epileptischer Anfall ist ein Krankheitszeichen, hinter dem viele verschiedene Erkrankungen stecken können. Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jeder Anfall gleichbedeutend mit einer Epilepsie ist. Verschiedenste akute und chronische Ursachen können Krampfanfälle auslösen, von Kopfverletzungen über Stoffwechselerkrankungen bis hin zu Hirnblutungen.
Die Epilepsie-Diagnostik zielt darauf ab, die spezifische Form der Epilepsie zu identifizieren und die zugrunde liegende Ursache zu finden. Hierbei spielen Anamnese, neurologische Untersuchungen, Elektroenzephalogramm (EEG) und bildgebende Verfahren eine entscheidende Rolle.
Bildgebende Verfahren in der Epilepsie-Diagnostik
Hochauflösende radiologische Bildgebungsverfahren sind wichtig, um potenzielle Ursachen eines Anfallleidens zu identifizieren und epileptogene Läsionen im Gehirn sichtbar zu machen. Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität die bildgebende Methode der Wahl in der Epilepsiediagnostik und ist essentiell in der prächirurgischen Epilepsiediagnostik.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine Art von medizinischer Bildgebung, die verwendet wird, um detaillierte Bilder des Gehirns, des Schädels und ggfs. des Gesichtsschädels zu erstellen. MRT steht für "Magnetresonanztomographie". Dadurch können sehr detailreiche Bilder generiert werden. Sie ist ein für den Patienten nicht belastendes, ungefährliches Untersuchungsverfahren, für das es nur in seltenen Fällen Kontraindikationen gibt (u.a. Herzschrittmacher, magnetisierbare Metallclips und Knochenimplantate). Mit der MRT können strukturelle (angeborene) Anomalien, Tumore, Vernarbungen, Gefäßmalformationen oder andere pathologische Veränderungen im Gehirn, die Anfälle auslösen könnten, erkannt werden.Die MRT-Untersuchung wird in der Regel in einer radiologischen Praxis durchgeführt. Der Patient wird gebeten, sich auf eine Liege zu legen, die in eine Röhre eingeführt wird. Während der Untersuchung wird der Patient gebeten, still liegen zu bleiben und sich nach Möglichkeit nicht zu bewegen. In der Regel dauert ein MRT des Kopfes rund 15 bis 25 Minuten. Dies hängt aber von der Mitarbeit des Patienten ab und ob vorher noch Kontrastmittel verabreicht werden muss. Während dieser Dauer sollte der Patient möglichst ruhig liegen und sich nicht bewegen. Falls dies z.B. wegen Platzangst oder anderen Faktoren nicht möglich sein sollte, kommen Sie auf Ihren Arzt zu und teilen Sie ihm dies mit.
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Anwendungsbereiche der MRT in der Epilepsie-Diagnostik
Die MRT ist besonders geeignet zur Darstellung von:
- Hippokampussklerose: Eine Vernarbung im Bereich des Hippokampus, die häufig Ursache der mesialen Temporallappenepilepsie ist.
- Kortikale Dysplasien: Angeborene Fehlbildungen der Hirnrinde, bei denen sich das Gehirn bereits in der frühen Kindheit nicht ganz typisch entwickelt hat.
- Gliotische Veränderungen:
- Niedrigmaligne Tumoren:
- Vaskuläre Fehlbildungen:
- Tumoren: Gutartige oder bösartige Tumoren im Gehirn.
- Fehlbildungen der hirnversorgenden Gefäße:
- Narbengewebe: Nach einem Trauma oder Entzündungen.
Zusätzlich wird ein dreidimensionale Volumenaquisitation durchgeführt. Die genannten Sequenzen werden durch Inversion Recovery Sequenzen ergänzt, um insbesondere cortikale Veränderungen zu erkennen. Ziel der Bildgebung ist es, auch kleinste, diskrete epileptogene Läsionen MR-tomographisch nachzuweisen. Ergänzend zur qualitativen Untersuchung der Hippokampi sind wir in der Lage, das Volumen der genannten Struktur quantitativ zu bestimmen (Hippokampusvolumetrie). Hierbei können bereits diskrete Volumenminderungen in den beschriebenen Strukturen festgestellt werden.
Spezielle MRT-Techniken
- Magnetresonanzspektroskopie (MRS): Ein nicht-invasives Verfahren, mit dem metabolische Veränderungen im Bereich des epileptogenen Herdes erfasst werden können.
- Funktionelle MRT (fMRT): Dient zur Charakterisierung und genauen Beschreibung der Lokalisation von Hirnfunktionen.
Vorbereitung auf eine MRT-Untersuchung
Vor einer MRT-Untersuchung werden Sie gebeten, bestimmte Kleidungsstücke und Gegenstände abzulegen, die metallische Bestandteile enthalten.Dazu gehören zum Beispiel:Uhren, Schmuck, Piercings, Haarspangen, BHs mit Metallbügeln undandere metallische Gegenstände. Auch Kleidungsstücke, die metallische Reißverschlüsse, Knöpfe oder andere metallische Bestandteile enthalten, sollten abgelegt werden. Am besten ziehen Sie sich am Untersuchungstag bequeme Kleidung an und lassen Klamotten mit Metall und Ihren Schmuck zuhause. Vor der Untersuchung werden Sie gebeten Ihre Jacken und andere überflüssige Kleidung abzulegen.
Kontraindikationen und Nebenwirkungen
Da das MRT keine potentiell schädigende Röntgenstrahlung verwendet, gilt es als sehr nebenwirkungsarm. Im Rahmen von Platzangst kann es zu einem unangenehmen Gefühl oder im schlimmsten Fall zu einer Panikattacke während der Untersuchung kommen. Dies kann aber durch vorherige Kommunikation mit Ihrem Arzt und der Gabe von Beruhigungsmitteln meist verhindert werden. Bei Verwendung von Kontrastmittel berichten vereinzelte Patienten über Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Schmerzen oder Brennen an der Einstichstelle, Hautausschlag oder Juckreiz. Dies tritt aber nur bei sehr wenigen Kontrastmittel-Untersuchungen auf. Die Verwendung von Kontrastmitteln hängt von der Fragestellung bzw. dem Krankheitsbild des Patienten ab. Die Entscheidung trifft ein erfahrener Radiologe.
Computertomographie (CT)
Die Computertomographie (CT) ist ein bildgebendes Verfahren, das Organe, Knochen und andere anatomische Strukturen mithilfe von Röntgenstrahlung abbildet. Sie verwendet Röntgenstrahlen, um detaillierte Bilder des Gehirns zu erstellen. Ein Röntgendetektor nimmt nach dem Durchgang durch den Körper die Messwerte auf und wandelt diese mit Computertechnik in Bilder um. Da sich die Röntgenröhre um den Untersuchungstisch dreht, entstehen Schnittbilder aus mehreren Ebenen. Die CT ist besonders nützlich bei der Darstellung von Knochenstrukturen im Gehirn, wie z. B..
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Anwendungsbereiche der CT in der Epilepsie-Diagnostik
Die CT hat vor dem Hintergrund der physikalischen Rahmenbedingungen (Nutzung von Röntgenstrahlen, die besonders knöcherne Substanz gut darstellen) für die Diagnostik der Epilepsie zwar gewisse Limitationen, nimmt aber eine wichtige Rolle in spezifischen klinischen Situationen ein.
- Notfalldiagnostik: Beim Status epilepticus oder bei erstmaligen Anfällen, um lebensbedrohliche Ursachen wie Blutungen oder raumfordernde Prozesse auszuschließen.
- Verdacht auf Verkalkungen: Die unter anderem als Folge einer Entzündung oder Infektion entstehen können.
- Kontraindikationen gegenüber MRT: Wie Herzschrittmacher.
- Schädel-Hirn-Trauma:
Vorteile und Nachteile der CT
Vorteile:
- Schnelle Verfügbarkeit: Die Bilder werden in kurzer Zeit erzeugt (meist unter 2 min für eine Untersuchung).
- Geringe Kosten:
- Gut zur Erkennung von Hirnblutungen:
- Darstellung von Verkalkungen:
Nachteile:
- Strahlenbelastung: Die ionisierende Strahlung kann auf Dauer eine schädigende Wirkung auf die Zellen und das Gewebe ausüben.
- Geringere Sensitivität: Für feingewebliche Hirnveränderungen.
Kontrastmittel in der CT
Um Gefäßstrukturen mithilfe einer CT darzustellen, werden Kontrastmittel mit Jod verwendet. Jod absorbiert die Röntgenstrahlung besonders gut und macht die Blutgefäße damit optimal sichtbar. Diese werden in der Angiographie sehr hell dargestellt. Allerdings wird der Körper durch die Ausscheidung des Kontrastmittels über die Nieren belastet. Ein zusätzliches Risiko entsteht außerdem, wenn eine Überfunktion der Schilddrüse vorliegt.
MRT vs. CT: Ein detaillierter Vergleich
Gemeinsamkeiten
Sowohl das CT als auch das MRT sind Untersuchungsmethoden, die Schnittbilder vom Körper eines Patienten erzeugen. Beide Untersuchungen sind aus dem Klinikalltag nicht mehr wegzudenken. Beide Untersuchungen liefern Bilder der Organe, Knochenstrukturen und eignen sich - nach der Gabe von Kontrastmittel - auch zur Untersuchung der Gefäße. Sowohl CT als auch MRT haben den Vorteil, dass die Untersuchung schmerzfrei und mit wenig Nebenwirkungen durchführbar ist. Computer- und Magnetresonanztomographie sind minimalinvasive und schmerzfreie Verfahren, mit denen der Körper und die inneren Organe abgebildet werden können. Bei beiden Methoden werden die Patienten auf einem beweglichen Untersuchungstisch platziert und anschließend für die Aufnahme in den röhrenförmigen Teil des Gerätes (Gantry) gefahren.
Unterschiede
Kriterium | CT | MRT |
---|---|---|
Funktionsweise | Röntgenstrahlung | Magnetfelder und Hochfrequenzimpulse |
Bildqualität | Bessere Ortsauflösung | Höhere Kontrastauflösung |
Strahlenbelastung | Ja | Nein |
Untersuchungsdauer | Kürzer | Länger |
Weichteildarstellung | Weniger detailliert | Sehr detailliert |
Knochendarstellung | Sehr gut | Gut |
Kontrastmittel | Jodhaltig | Gadolinium |
Anwendungsbereiche | Notfälle, Knochenstrukturen, Blutungen, Verkalkungen | Weichteile, Gehirn, innere Organe, Bänder, Sehnen, Tumorerkennung |
Auflösung | Bessere Ortsauflösung | Höhere Kontrastauflösung |
Wann wird welches Verfahren bevorzugt?
Für die Entscheidung, welches Verfahren zum Einsatz kommt, sind letztlich verschiedene Faktoren ausschlaggebend. Gerade der Zeitfaktor kann für die Klärung verschiedener Fragestellungen entscheidend sein. Trotz Nachteile bei der Auflösung bevorzugt die Radiologie daher für einige Indikationen die Computertomographie gegenüber der Magnetresonanztomographie mit besserer Auflösung.
- CT: Bei akuten Notfällen, Verdacht auf Blutungen, Verletzungen der Knochenstrukturen, zur schnellen Beurteilung nach Unfällen.
- MRT: Bei der detaillierten Untersuchung von Weichteilen, zur Erkennung von Tumoren (mit Ausnahme von Lungen- und Knochentumoren), zur Beurteilung von Bändern, Sehnen und inneren Organen.
Steht die Suche nach Tumoren (mit Ausnahme der Knochen oder Lunge) im Vordergrund, ist die Magnetresonanztomographie ein bedeutsames Untersuchungsverfahren. Die Computertomographie spielt neben der Betrachtung innerer Strukturen nach einem Unfall und Gefäßuntersuchungen in Kombination mit verschiedenen funktionsdiagnostischen Verfahren, wie der Positronen-Emissions-Tomographie (PET-CT), eine Rolle.
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Alternative Untersuchungsmethoden
Es gibt einige alternative Untersuchungsmethoden zum MRT des Kopfes, die je nach den individuellen Anforderungen eines Patienten in Betracht gezogen werden können:
- Positronenemissionstomographie (PET)
- Ultraschall
- Elektroenzephalogramm (EEG)
In vielen Fällen ist das MRT vom Kopf allen alternativen Untersuchungsmethoden überlegen und kann daher durch keine andere Untersuchungsmethode ersetzt werden.
Elektroenzephalogramm (EEG)
Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist als neurodiagnostisches Verfahren der Goldstandard, wenn es um die Bestätigung der Diagnose einer Epilepsie geht. Mit dem Verfahren wird die elektrische Hirnaktivität über Oberflächenelektroden, die auf der Kopfhaut platziert werden, kontinuierlich gemessen. Dadurch ist eine zeitlich sehr genaue Aufzeichnung der Hirnwellen und die Erkennung krankhafter Veränderungen der Hirnströme in Echtzeit möglich. Im Rahmen der Untersuchung werden Spikes (scharfe Wellen bzw. Spitzen) und Sharp Waves (steil ansteigende oder abfallende Potenziale in den Hirnströmen) während eines akuten Anfalls mittels EEG aufgezeichnet. Allerdings ist die Methode nur eingeschränkt aussagefähig. Es gibt einen gewissen Prozentsatz an Betroffenen, bei denen die Werte eines zwischen zwei Anfällen durchgeführten EEGs völlig unauffällig erscheinen. Daher ist ein normaler EEG-Befund nicht zwingend ein negativer Befund.
Szintigraphie (SPECT und PET)
Die Nuklearmedizin stellt mit der SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) und PET (Positronenemissionstomographie, englisch Positron Emission Tomography) funktionelle Aspekte der Hirnphysiologie über radioaktiv markierte Stoffe (Radiotracer) dar. Die iktale (Zeitfenster, in dem der akute Anfall stattfindet) SPECT-Bildgebung zeigt eine charakteristische Hyperperfusion (stärkere Durchblutung) im epileptischen Fokus, während die interiktale (zwischen den Anfällen) Aufnahme eine Hypoperfusion (Minderdurchblutung) dokumentiert.
Szintigraphien können zudem die strukturelle Bildgebung ergänzen. Zum Beispiel stellt die FDG-PET (Fluordesoxyglukose-Positronenemissionstomographie) den Glukosestoffwechsel dar und zeigt zwischen Anfällen oft eine abnehmende Stoffwechselaktivität in den epileptogenen Arealen.
Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit
Im Rahmen der epileptologischen Versorgung ist ein enger fachlicher Verbund mit weiteren Abteilungen der Kopfkliniken von Bedeutung. Dies ermöglicht den Zugriff auf diagnostische Dienste der Neuroradiologischen Abteilung und Nuklearmedizinischen Klinik. Modernste medizinische Geräte stehen dort zur Verfügung und es können Untersuchungen vorgenommen werden, die nur an wenigen medizinischen Zentren in Deutschland möglich sind.
Fazit
CT und MRT sind unverzichtbare bildgebende Verfahren in der Epilepsie-Diagnostik. Während die CT vor allem in Notfallsituationen und zur Darstellung von Knochenstrukturen ihre Stärken ausspielt, bietet die MRT eine höhere Kontrastauflösung und detailliertere Weichteildarstellung. Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt von der klinischen Fragestellung und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Die Kombination aus Anamnese, neurologischer Untersuchung, EEG und bildgebenden Verfahren ermöglicht eine umfassende Diagnostik und die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie.
Computertomographie und Magnetresonanztomographie sind zwei bildgebende Verfahren, die in der Medizin eine sehr große Rolle spielen. Beide ermöglichen den Blick auf Organe, Gefäße und Knochen, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Auflösung und dem Strahlungsrisiko. Die CT-Scans setzen Patienten zwar ionisierender Strahlung aus, liefern aber schnelle Ergebnisse. Die Magnetresonanztomographie kommt ohne Strahlungsbelastung aus, dauert dafür länger und wird schon von kleinen Bewegungen beeinflusst.
Wichtige Hinweise für Patienten und Angehörige
- Bei erstmaligem Auftreten eines Krampfanfalls sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden.
- Eine genaue Dokumentation der Symptome und des Anfallsverlaufs ist für die Diagnosefindung hilfreich.
- Angehörige sollten im Falle eines Anfalls Ruhe bewahren und dem Betroffenen beistehen.
- Die Einhaltung der Anweisungen des medizinischen Personals vor und während der Untersuchung ist wichtig für die Qualität der Bilder.
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