Ergotherapie-Hilfsmittel nach Schlaganfall: Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben

Ein Schlaganfall kann das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen von einem Moment auf den anderen verändern. Umso wichtiger ist es, die Rehabilitation bestmöglich zu unterstützen und den Alltag so selbstständig wie möglich zu gestalten. Ergotherapie-Hilfsmittel spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie helfen, verlorengegangene Fähigkeiten wiederzuerlangen, den Alltag zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern.

Schlaganfall: Was passiert im Körper?

Bei einem Schlaganfall, auch Hirnschlag oder Apoplex genannt, kommt es zu einer plötzlichen Durchblutungsstörung im Gehirn. Nervenzellen erhalten nicht mehr ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe und sterben ab. Dies kann zu vielfältigen Symptomen führen, darunter:

  • Halbseitige Lähmungen (Hemiparese)
  • Sprach- und Schluckstörungen
  • Sensibilitätsstörungen
  • Koordinationsprobleme
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen

Art und Schwere der Symptome hängen davon ab, welche Hirnregion betroffen ist und wie lange die Durchblutungsstörung anhielt.

Die Rolle der Ergotherapie

Die Ergotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Ziel ist es, die Selbstständigkeit des Patienten im Alltag wiederherzustellen oder zu verbessern. Dabei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der sowohl körperliche als auch geistige und soziale Aspekte berücksichtigt.

Ziele der Ergotherapie nach Schlaganfall

  • Wiederherstellung, Verbesserung oder Erhaltung von körperlichen und geistigen Fähigkeiten
  • Förderung der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit
  • Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
  • Verbesserung der Selbstversorgung
  • Anpassung an bleibende Einschränkungen

Maßnahmen in der Ergotherapie

Die ergotherapeutische Behandlung ist individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten zugeschnitten. Zu den möglichen Maßnahmen gehören:

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  • Training von Bewegungsabläufen und Gleichgewicht
  • Wiederherstellung der Motorik (z.B. bei Lähmungen)
  • Wahrnehmungsübungen
  • Training des Tastsinns
  • Übungen für Alltagsfähigkeiten (Körperpflege, Ankleiden, Essen zubereiten, Haushaltstätigkeiten)
  • Gedächtnis-, Konzentrations- und Orientierungstraining
  • Kommunikationstraining
  • Training von Fertigkeiten für Beruf oder Freizeit
  • Beratung zu Hilfsangeboten und Selbsthilfegruppen
  • Beratung zur Umgestaltung des Wohnumfeldes
  • Schulung im Umgang mit Hilfsmitteln
  • Anleitung von Angehörigen und Pflegenden

Hilfsmittel als wichtige Unterstützung

Hilfsmittel sind ein wichtiger Bestandteil der Ergotherapie und können den Alltag von Schlaganfallpatienten erheblich erleichtern. Sie ermöglichen es, trotz Einschränkungen viele Tätigkeiten selbstständig durchzuführen und die Lebensqualität zu verbessern.

Definition und Anspruch auf Hilfsmittel

Nach der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Hilfsmittel "Gegenstände, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind". Bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung können die Kosten für Hilfsmittel von der Kranken- oder Pflegekasse übernommen werden.

Arten von Hilfsmitteln

Es gibt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die speziell für Schlaganfallpatienten entwickelt wurden. Die Auswahl des geeigneten Hilfsmittels hängt von den individuellen Einschränkungen und Bedürfnissen des Betroffenen ab.

Mobilitätshilfen

  • Gehhilfen: Gehstock, Rollator, Unterarmgehstützen können helfen, das Gleichgewicht zu halten und die Mobilität zu verbessern. Faltbare E-Rollstühle sind ideal für Personen mit einer gelähmten Hand, die gleichzeitig aber nicht mehr so gut zu Fuß sind.
  • Rollstühle: Ein Rollstuhl ermöglicht es Patienten mit stärkeren Lähmungen, sich fortzubewegen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Bei vorübergehenden Beeinträchtigungen kann es sich auch lohnen, einen Rollator zu leihen oder einen Rollstuhl zu mieten.

Orthopädische Hilfsmittel

  • Orthesen: Orthesen stützen Gelenke und gleichen motorische Defizite aus. Eine häufige Schlaganfall-Folge ist die teilweise oder ganze Lähmung einer Körperseite. Entsprechende Schienen können helfen, die Stabilität zu verbessern und Fehlstellungen zu korrigieren.
  • Myoelektrische Orthesen: Die MyoPro® ist eine myoelektrische Ganzarmorthese, die bei Lähmungen in Arm und Hand eingesetzt werden kann. Sie liest schwache Muskelsignale auf der Haut ab und setzt diese in Bewegungen um. Damit ist es dem Anwender möglich, Bewegungen und Aufgaben wieder beidhändig zu erledigen. Die Kosten für die MyoPro® und das dazugehörige Training können von der Krankenkasse übernommen werden.

Hilfsmittel für den Alltag

  • Einhänder-Hilfsmittel: Diese Hilfsmittel erleichtern Tätigkeiten, die normalerweise zwei Hände erfordern. Beispiele sind Einhänderbretter zum Bestreichen von Broten oder Schneiden von Lebensmitteln, Spezialteller zum einhändigen Essen oder Vorratsbehälter, die sich mit einer Hand leicht öffnen lassen.
  • Griffverdickungen: Griffverdickungen aus Schaumstoff oder gummiartigem Kunststoff erleichtern das Greifen von Stiften, Besteck, Werkzeugen oder Zahnbürsten. Sie sind besonders hilfreich bei eingeschränkter Handbeweglichkeit, schwachem Griff oder Rheuma/Arthrose.
  • Knöpfhilfen und Reißverschlusshilfen: Diese Hilfsmittel erleichtern das Öffnen und Schließen von Knöpfen und Reißverschlüssen, insbesondere bei eingeschränkter Fingerfertigkeit.
  • Deckelöffner: Rutschfeste Deckelöffner erleichtern das Öffnen von Schraubverschlüssen auf Gläsern und Flaschen. Sie sind besonders hilfreich für Menschen mit wenig Kraft in den Händen oder bei Rheuma/Arthrose.
  • Küchen-Arbeitsstationen: Diese Stationen bieten eine optimale Unterstützung bei der Essenszubereitung, insbesondere beim einhändigen Gebrauch. Sie verfügen über Funktionen wie Raspeln, Reiben und erhöhte Kanten, die das Brotschmieren erleichtern.
  • Fußbürsten mit Saugnäpfen: Diese Bürsten erleichtern die tägliche Fußpflege ohne Bücken. Sie werden mit Saugnäpfen in der Duschwanne befestigt und reinigen den Fuß von allen Seiten.

Hilfsmittel für Bad und Toilette

  • Badewannenlifte und Duschsitze: Diese Hilfsmittel erleichtern das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne oder Dusche und erhöhen die Sicherheit.
  • Haltegriffe: Haltegriffe, die ohne Bohren an glatten Oberflächen angebracht werden können, bieten zusätzlichen Halt und Sicherheit im Bad.
  • Toilettensitzerhöhungen: Diese Erhöhungen erleichtern das Hinsetzen und Aufstehen von der Toilette.

Hilfsmittel bei Schluckstörungen

  • Spezielles Geschirr: Teller mit erhöhtem Rand oder rutschfeste Unterlagen können helfen, das Essen leichter aufzunehmen.
  • Becher mit Nasenausschnitt: Diese Becher ermöglichen es, den Kopf beim Trinken weniger stark zu neigen.
  • Andickungsmittel: Andickungsmittel können Flüssigkeiten und Speisen in ihrer Konsistenz verändern und das Schlucken erleichtern.

Finanzierung von Hilfsmitteln

Die Kosten für Hilfsmittel können von der Krankenkasse oder Pflegekasse übernommen werden, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt und das Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gelistet ist. Es ist ratsam, sich vor der Anschaffung eines Hilfsmittels von der Krankenkasse beraten zu lassen.

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

Neben der Ergotherapie und den Hilfsmitteln gibt es weitere Unterstützungsmöglichkeiten für Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen:

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  • Physiotherapie: Die Physiotherapie hilft, die Beweglichkeit und Kraft wiederherzustellen.
  • Logopädie: Die Logopädie behandelt Sprach- und Schluckstörungen.
  • Selbsthilfegruppen: In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene und Angehörige austauschen und gegenseitig unterstützen.
  • Schlaganfall-Beratungsstellen: Diese Stellen bieten Informationen und Beratung zu allen Fragen rund um das Thema Schlaganfall.

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