Die Neurologie ist ein sich stetig entwickelndes Feld, das sowohl beeindruckende Erfolge als auch anhaltende Herausforderungen mit sich bringt. Dieser Artikel beleuchtet einige aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte in der neurologischen Versorgung, insbesondere im Kontext des Klinikums Klagenfurt und der österreichischen Neurologie im Allgemeinen.
Schlaganfallbehandlung: Eine Erfolgsgeschichte
Die Behandlung von Schlaganfällen hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die rasante Entwicklung der letzten eineinhalb Jahrzehnte stellt eine der bedeutendsten Erfolgsgeschichten der jüngeren Medizingeschichte dar. In Österreich sind jährlich etwa 24.000 Menschen von einem Schlaganfall betroffen, wobei die Tendenz aufgrund der steigenden Lebenserwartung zunimmt.
Seit etwa 15 Jahren besteht die Möglichkeit, schlaganfallauslösende Blutgerinnsel in den Gehirngefäßen medikamentös mittels Thrombolyse aufzulösen. Diese Entwicklung hat die Versorgungsstruktur deutlich verändert und zur Einrichtung von Schlaganfallüberwachungsstationen (Stroke Units) geführt. Österreich verfügt heute über ein vorbildliches Netz von 38 Stroke Units.
Neues Verfahren für schwere Schlaganfälle
Für Patienten mit Verschlüssen in den großen Gehirngefäßen, denen mit Thrombolyse oft nicht geholfen werden konnte, gibt es inzwischen eine vielversprechende Behandlungsoption: die mechanische Gerinnselentfernung (endovaskuläre Thrombektomie). Dabei wird der Verschluss mit einem Katheter, der in der Leiste eingeführt und bis zum Gehirn geschoben wird, aus dem Gehirngefäß herausgezogen. Internationale Studien haben gezeigt, dass dieses innovative Verfahren sicher und effektiv ist und inzwischen als Standardmethode für geeignete Schlaganfallpatienten gilt.
Die endovaskuläre Thrombektomie ist interdisziplinär und personalintensiv und stellt hohe Anforderungen an die Ausbildung. Das Therapieangebot ist auf spezialisierte Zentren konzentriert, wobei die Zahl der so behandelten Fälle stetig steigt. Im Jahr 2023 wurden bereits mehr als 1000 Eingriffe dieser Art in Österreich durchgeführt, verglichen mit weniger als 200 im Jahr 2011.
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Autoimmun bedingte Gehirnentzündungen nehmen zu
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt in der Neurologie ist die Neuroimmunologie. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich dieser Bereich rasant entwickelt. Während früher bakterielle Erreger die Hauptursache für Gehirn- oder Gehirnhautentzündungen waren, spielen heute Autoimmunprozesse eine zunehmend wichtige Rolle.
Bestimmte Antikörper, die das eigene Gehirngewebe angreifen, können für viele Fälle von Gehirnentzündung verantwortlich sein. Eine solche Fehlprogrammierung von Antikörpern kann die Folge einer Virusinfektion oder eines Krebsgeschehens sein.
Früher tödliche Gehirnentzündungen werden heilbar
Früher gab es für solche Fälle keine ursächliche Behandlung. Heute kommen Substanzen zur Unterdrückung des Immunsystems oder Blutwäscheverfahren zur Anwendung. Ein Beispiel für die Wirksamkeit dieser Behandlungen ist die NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, bei der die Überlebensrate und die Wahrscheinlichkeit eines guten Verlaufs deutlich gestiegen sind.
Spezialisierung Neurointensivmedizin dringend erforderlich
Trotz aller Fortschritte sind Autoimmunerkrankungen immer noch neurologische Notfälle, deren Behandlung eine hohe fachliche Kompetenz erfordert. Die neurologische Versorgung ist jedoch gefährdet, da die Spezialisierung Neurointensivmedizin infrage gestellt wird. Es ist wichtig sicherzustellen, dass das vorhandene Wissen an die nächste Generation von Neurologen weitergegeben werden kann.
Palliativmedizin gewinnt auch in der Neurologie an Bedeutung
Die Palliativmedizin gewinnt auch in der Neurologie zunehmend an Bedeutung. Gerade neurologische Erkrankungen gehen oft mit sehr beeinträchtigenden Symptomen einher, wodurch der Bedarf an palliativer Betreuung besonders hoch ist. Anders als in der Onkologie ist eine palliative Behandlung in der Neurologie oft über einen langen Zeitraum notwendig.
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Eine qualitativ hochwertige Palliativbetreuung ist immer von den persönlichen Vorstellungen und Präferenzen sowie den besonderen Lebensumständen der Patienten abhängig. Es ist wichtig, das Bewusstsein für die Versorgung und Therapie von Menschen mit die Lebensqualität beeinträchtigenden Symptomen weiter zu schärfen und eine interdisziplinäre Ausbildung in Palliativmedizin zu realisieren.
Neuroinfektionen als globale Herausforderung
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Neuroinfektiologie. Durch Tourismus und weltweite Migrationsbewegungen können sich auch exotische Erreger rasch verbreiten. Aktuell beobachtet man etwa eine deutliche Zunahme von Fällen zerebraler Malaria. Auch die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt wieder verstärkt auf.
Capsaicin gegen Nervenschmerzen
Capsaicin, bekannt aus der Küche, hat sich als wirksam im Kampf gegen Nervenschmerzen erwiesen. Studien belegen eine gute Wirksamkeit bei Nervenschmerzen, die durch Verletzungen oder Erkrankungen von schmerzleitenden Fasern entstehen. Capsaicin-Pflaster mit hoher Wirkstoffkonzentration (8%) haben in Studien eine deutliche Schmerzlinderung gezeigt.
Die Schmerzintensität konnte um durchschnittlich 40 Prozent reduziert werden, und auch mechanische Allodynie und Hyperalgesie wurden deutlich verbessert. Capsaicin-Pflaster können als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Schmerzmitteln verwendet werden. Eine italienische Studie belegte sogar, dass Capsaicin-Pflaster oral verabreichtem Pregabalin überlegen sind.
Klinikum Klagenfurt: Abteilung für Neurologie unter neuer Leitung
Der Vorstand der Abteilung für Neurologie im Klinikum Klagenfurt, Prim. Univ.-Prof. Dr. Jörg Weber, ist der neu gewählte Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN). Die Gesellschaft vertritt als selbstständiger Verein Fachkollegen in standespolitischen und wissenschaftlichen Belangen. Seit 18 Jahren ist Weber Primarius im Klinikum und hat die Abteilung auf höchstem Niveau weiterentwickelt.
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