Ergotherapie bei Parkinson: Übungen für den Alltag

Ergotherapie unterstützt Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Im Kontext von Parkinson-Erkrankungen zielt die Ergotherapie darauf ab, die Selbstständigkeit im Alltag zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern. Die ergotherapeutische Behandlung ist eine aktivierende Behandlungsform, die sich auf die Bewältigung konkreter Herausforderungen des Alltags konzentriert.

Was ist Ergotherapie?

Das Wort "Ergo" stammt aus dem Altgriechischen: ἔργον érgon, was so viel wie "Werk" oder "Arbeit" bedeutet. Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind.

Ziele der Ergotherapie bei Parkinson

Das Hauptziel der Ergotherapie bei Parkinson ist es, den Betroffenen eine größtmögliche Selbstständigkeit im Alltag zu ermöglichen. Dies wird durch verschiedene Maßnahmen erreicht:

  • Verbesserung der Koordination: Ergotherapie verbessert die Koordination der Bewegungsabläufe im täglichen Leben.
  • Förderung von Wahrnehmung und Orientierung: Ergotherapie fördert Wahrnehmung, Orientierung sowie Gedächtnisleistungen.
  • Erhalt und Verbesserung der Feinmotorik: Das Training umfasst besonders die feinmotorischen Übungen der Finger und Hände, da bei Betroffenen oftmals Schwierigkeiten beim An- und Auskleiden, Schuhe binden sowie Auf- und Zuknöpfen von Kleidung auftreten. Auch das Schreiben und der Umgang mit Messer und Gabel ist oftmals mühsam und zeitraubend.
  • Kompensation von Defiziten: Ergotherapie hilft, verloren gegangene oder nicht (mehr) vorhandene Fähigkeiten zu kompensieren.

Therapiemaßnahmen in der Ergotherapie

Es gibt eine Vielzahl an Therapiemaßnahmen, die in der Behandlung von Parkinsonpatienten sinnvoll sind.

Körperliche Übungen

  • Lockerung der Muskulatur: Um physiologische Bewegungen bzw. Bewegungsabläufe adäquat ausüben zu können, ist eine Lockerung der Muskulatur zu Beginn der Therapie notwendig.
  • Verbesserung der Fingergeschicklichkeit und Hand-Hand-Koordination: Durch gezieltes Training werden die Fingergeschicklichkeit und die Hand-Hand-Koordination verbessert, sowie die Handmuskeln gekräftigt.
  • Mobilisation der Gelenke: Ferner wird auch die Mobilisation der Gelenke gefördert, was die Entstehung von Kontrakturen verringert. Hier kommen die verschiedensten Therapiemedien zum Einsatz, wie z.B. Therapieknete, Igel-Ball, Tücher, Knöpfe, Papier, Korken etc.
  • Lockerungs- und Schwungübungen: Um einer Verkleinerung der Handschrift entgegenzuwirken, werden unterschiedliche Lockerungs- und Schwungübungen durchgeführt.
  • Training der Gesichtsmuskulatur: Zur Behandlung der reduzierten Mimik bzw. Augenbeweglichkeit (bei Blickparese) kann durch ein individuell angepasstes Übungsprogramm der Gesichtsausdruck/die Augenbeweglichkeit verbessert werden.

Kognitives Training

Da im Verlauf der Erkrankung die Denkabläufe verlangsamt und/oder gestört sein können ist es sinnvoll, durch gezielte Übungen die entsprechenden Fertigkeiten zu trainieren. Eine Trainingseinheit kann aus Aufgaben folgender Bereiche zusammengesetzt sein: Kurzzeitgedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit, räumliche Wahrnehmung, Kommunikation, Handlungsplanung, Logik etc.

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Alltagstraining

Durch Parkinson sind viele alltägliche Bewegungen stark eingeschränkt. Allzu oft scheint eine Hilfsperson unabdinglich zu sein. Jedoch kann durch ein gezieltes Alltagstraining (Ankleiden, Körperpflege etc.) die Selbstständigkeit gefördert werden. So wird z.B. praktisch das Ankleiden durchgeführt und dann gemeinsam Wege erarbeitet, wie es besser laufen kann. Außerdem wird bei Bedarf der Einsatz eines Hilfsmittels (z.B.

Handwerklich-kreative Arbeiten

Mit handwerklich-kreativen Arbeiten können sowohl feinmotorische als auch kognitive Defizite (Handlungsplanung, Konzentration) trainiert werden.

Sturzprävention

Da ein erhöhtes Sturzrisiko besteht, ist das Informieren und Sensibilisieren für mögliche Stolperfallen (z.B.

Ergotherapeutische Methoden

In der Ergotherapie greifen im Wesentlichen vier Methoden:

  1. Funktionsorientierte Methode: Diese Methode zielt darauf ab, Ausfälle im Bereich des Bewegungs- und Stützapparates wiederherzustellen, zu erhalten oder sogar zu steigern. Dazu wählen die Therapeuten aus verschiedenen Optionen - sie reichen von Weichteiltraining bis Faszienstreching -, integrieren aber auch Elemente anderer Ansätze wie etwa der manuellen Therapie. Spezifische Übungen zur Gelenkmobilisation und zu Aufbau und aus Stärkung der Muskulatur bilden einen weiteren zentralen Teil.
  2. Kompetenzzentrierte Methode: Hier stehen Übungen im Mittelpunkt, mit deren Hilfe sich der Alltag des Betroffenen besser bewerkstelligen lässt. Gesucht wird zum Beispiel nach Wegen, verloren gegangene oder nicht (mehr) vorhandene Fähigkeiten zu kompensieren. Ein Prinzip sieht zum Beispiel vor, Handlungen in Schritte aufzuteilen und zwischen jedem Schritt zu überlegen, wie der nächste aussieht; den Vorgang also zu gliedern.
  3. Ausdruckzentrierte Methode: Diese Methode bedient sich in der Therapie kreativ-gestalterischer Mittel wie der Arbeit mit verschiedenen Musikstilen, diversen Materialien und Farben etc.
  4. Interaktionelle Methode: Hier erlebt man einen gruppendynamischen Prozess, der Auseinandersetzungen in der Gruppe adressiert und auf das Miteinander in der Gruppe abhebt.

Ergotherapie im fortgeschrittenen Stadium

Ergotherapie kommt bei Parkinson vor allem dann als die gewinnbringende Option zum Tragen, wenn die Krankheit weit fortgeschritten ist. Ab einem gewissen Punkt lassen sich die Auswirkungen nicht mehr vollständig mit Bewegung auffangen. Hier helfen dann passive Ansätze: etwa Kompensationsstrategien, mit denen sich der Alltag besser bestehen und Lebensqualität erhalten lässt.

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Tipps und Übungen für den Alltag

  • Beweglichkeit erhalten: Menschen mit Parkinson sind in der Regel zunehmend in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Hilfen zur Aufrechterhaltung ihrer Mobilität sind daher ausgesprochen wichtig. Sie sollten sich möglichst viel bewegen. Geeignet sind Spazierengehen, aber auch speziell auf die Krankheit abgestimmte Physio- und Ergotherapie.
  • Regelmäßige Bewegung: Durch Sport und Bewegung können bei Menschen mit Parkinson allerdings Muskelsteifheit und Störungen des Bewegungsablaufs vermindert werden. Betroffene können zu Hause, in Sportgruppen oder unter Anleitung von Fachkräften aus Physio- bzw. Ergotherapiepraxen trainieren und gezielte Übungen machen. Besonders gut geeignet sind Schwimmen, Wassergymnastik, Wandern oder Nordic Walking, weil dabei Beweglichkeit, Gleichgewichtsvermögen, Kraft, Körperhaltung und Koordination trainiert werden. Vereine oder Volkshochschulen bieten zum Teil spezielle Angebote an. Eher vermieden werden sollten Sportarten, die mit einem hohen Sturzrisiko verbunden sind, z.B. durch schnelle Drehbewegungen.
  • Spezielle Angebote nutzen: Neben bekannten Sportarten wie Wandern oder Radfahren gibt es für Menschen mit Parkinson viele spezielle Angebote, z.B. Tischtennis, Bogenschießen oder Karate.
  • Mimik trainieren: Typisch für die Erkrankung ist, dass die Arme nicht mehr mitschwingen und die Schritte immer kleiner werden. Durch zusätzliche Störungen der Halte- und Stellreflexe sowie plötzlich auftretende Blutdruckabfälle kommt es zu Gangunsicherheiten und häufig auch zu Stürzen. Um der Verringerung der aktiven mimischen Kommunikation entgegenzuwirken, sollte der Mensch mit Parkinson vor dem Spiegel verschiedene Gesichtsausdrücke (Freude, Angst, Erschrecken) üben.
  • Entspannung: Entspannung wirkt der krankheitsbedingten Versteifung entgegen. Entspannung ist aber auch hilfreich, um Stress, Angst und Unsicherheit zu reduzieren, die bei vielen Patienten durch Parkinson und die Symptome hervorgerufen werden und diese gleichzeitig verstärken können. Betroffene sollten Entspannungsübungen erlernen und regelmäßig einsetzen. Geeignet sind z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Biofeedback-Verfahren, Yoga oder Atemübungen. Auch warmes Wasser wirkt sich günstig aus.
  • Feinmotorik trainieren: In der Ergotherapie wird die Feinmotorik trainiert, z.B. das Öffnen von Knöpfen oder Reißverschlüssen, um damit Alltagskompetenzen und Selbstständigkeit zu erhalten.

Übungen für Zuhause

Die folgenden Übungen können ohne große Umstände zu Hause selbst praktiziert werden. Dennoch sollten Betroffene mit dem behandelnden Arzt abklären, welche Übungen geeignet sind und welche nicht.

In Rückenlage

  • Auf den Rücken legen, Arme ausstrecken, beide Beine anwinkeln und mit geschlossenen Knien abwechselnd links und rechts zum Boden absenken (je 6 - 8 mal).
  • Arme und Beine lang ausstrecken, linke Fußspitze hochziehen und gleichzeitig die Ferse vom Körper wegschieben (6 - 8 mal). Und dann das gleiche mit dem rechten Bein (6 - 8 mal).
  • Wie vorherige Übung, mit linkem Bein beginnen, jetzt aber gleichzeitig den rechten Arm weit vom Kopf wegschieben (wie beim Räkeln) (6 - 8 mal). Und dann das gleiche mit dem rechten Bein und dem linken Arm (6 - 8 mal).
  • Die gestreckten Beine leicht grätschen. Arme nach Oben zur Zimmerdecke strecken, die Hände falten und mit gestreckten Armen abwechselnd rechts und links auf den Boden legen (je 6 - 8 mal).

In Seitlage

  • Auf die Seite legen, oberen Arm vor dem Körper aufstützen, den anderen Arm unter den Kopf. Unteres Bein anbeugen und mit dem oberen, gestreckten Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen, unteres Bein anbeugen und das obere Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal).
  • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd rechtes und linkes Bein anbeugen und wieder ausstrecken (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
  • In der Seitenlage Arme und Beine ausstrecken und jetzt die obere Schulter nach hinten zurückdrehen und wieder hoch drehen. Das Becken bleibt in Seitenlage ( 6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
  • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen, beide Beine bleiben aber gestreckt aufeinander liegen. Jetzt das Becken nach vorne drehen und wieder in Seitenlage hochdrehen (6 - 8 mal). Seite wechseln und Übung wiederholen ( 6 - 8 mal).

Im Sitzen

  • Auf den vorderen Teil des Stuhles setzen, Hände auf die Oberschenkel legen und dann den gestreckten Oberkörper nach vorne neigen und wieder zurück (6 - 8 mal).
  • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd den Oberkörper nach rechts und nach links bewegen (je 6 - 8 mal).
  • Oberkörper nach rechts bewegen und gleichzeitig das linke Knie anheben. Dann Oberkörper nach links bewegenund gleichzeitig das rechte Knie anheben (6-8 mal).
  • Wie in vorheriger Übung die Knie abwechselnd anheben. Aber die Arme schwingen gegenläufig mit (wie beim Wandern): linker Arm und rechtes Knie hoch und umgekehrt (6-8 mal).
  • Stellen Sie das linke und das rechte Bein etwas weiter nach rechts. Arme vor dem Körper nebeneinander ausstrecken und nun mit beiden Armen erst nach links und dann nach rechts schwingen (6-8 mal). Danach Beinposition ändern: Linkes und rechtes Bein jetzt etwas weiter nach links stellen. Beide Arme schwingen nun wieder nach rechts und nach links (6-8 mal).
  • Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen, den rechten Fuß auf die Stuhlkante setzen und das Bein mit den Armen umfassen. Den Rücken betont strechen. Dann das gleiche mit dem linken Bein (je 6-8 mal).
  • Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen. Mit der rechten Hand an der Sitzfläche festhalten. Mit dem linken Arm fassen Sie weit über den Kopf zum rechten Ohr und ziehen den Kopf sanft nach links. Dann Kopf wieder aufrichten. Und nun umgekehrt mit rechtem Arm über den Kopf greifen und Kopf sanft nach rechts ziehen (6-8 mal).
  • Die Hände wieder auf de Oberschenkel, den Kopf langsam nach rechts drehen und jetzt mehrmals nicken. Und dann das gleiche zur linken Seite (je 6-8 mal).

Im Stehen

Bei diesen Übungen müssen Sie sich an einer festen Griffstange, z. B. an einer Sprossenwand, festhalten. Ersatzweise an der Türklinke oder einem anderen festen Griff festhalten. Achtung: Tür vorher verschließen, damit die Tür sich während der Übungen nicht versehendlich öffnet.

  • Seitlich zur Tür hinstellen. Mit rechter Hand an Türklinke/Griff festhalten. Auf den linken Bein stehen bleiben und rechtes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Dann umdrehen, mit linker Hand festhalten. Und das rechte Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal).
  • Nun kommt zur Übung 1 eine Armbewegung hinzu. Wenn das rechte Bein nach vorne schwingt, schwingt der linke freie Arm auch nach Vorne. Arm und Bein gleichzeitig vor- und zurückschwingen (6-8 mal).
  • Drehen Sie sich jetzt zur anderen Seite und halten Sie mit der linken Hand die Türklinke fest. Auf dem rechten Bein stehen bleiben und linkes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Danach die Armbewegungen hinzunehmen: linkes Bein und rechter Arm schwingen gleichzeitig vor und zurück (6-8 mal).
  • Mit dem Gesicht zur Tür hinstellen. Die Füße stehen mindestens hüftbreit auseinander. Mit beiden Händen die Türklinke festhalten. Becken nach hinten strecken.

Wo finde ich Unterstützung?

  • Sportvereine
  • Praxen für Krankengymnastik
  • Volkshochschulen
  • Selbsthilfegruppen
  • Fitnessstudios

Zum Teil werden spezielle Parkinson-Kurse angeboten. Es gibt auch die Möglichkeit, sich Physiotherapie ärztlich verschreiben zu lassen.

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