Chorea Huntington, auch Huntington-Krankheit oder Morbus Huntington genannt, ist eine fortschreitende, vererbbare Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen absterben. Die Erkrankung betrifft vor allem Gehirnbereiche, die für die Steuerung der Muskulatur zuständig sind und die Psyche beeinflussen. Das auffälligste Symptom sind unwillkürliche, zuckende Bewegungen von Kopf, Armen, Beinen und Händen, aber auch des Rumpfs. Mit fortschreitenden Funktionsstörungen im Gehirn gehen körperliche und geistige Fähigkeiten der Betroffenen verloren. Besonders belastend für Angehörige ist oft die Wesensveränderung der Erkrankten.
Herausforderungen bei Chorea Huntington
Zu den häufigen Herausforderungen, die im Laufe der Pflege eines Betroffenen auftreten können, gehören Schluckstörungen (Dysphagie), die Übernahme der Mund- und Zahnpflege, das Erlernen einer angepassten Kommunikation und die Pflege bei Inkontinenz. Neurologische Erkrankungen können häufig Schluckstörungen mit konsekutiver Aspiration nach sich ziehen. Diese gehen mit einem erhöhten Risiko für Mangelernährung einher.
Dysphagie bei Chorea Huntington
Bei der Dysphagie handelt es sich um eine Schluckstörung. Dabei ist krankheitsbedingt das Zusammenspiel von Muskeln und Nerven gestört. Eine Dysphagie ist in der Regel behandelbar, wenngleich nicht immer vollständig heilbar. Ein multimodaler Therapieansatz, der von einem Team aus Ärzten, Schlucktherapeuten sowie Pflege- und Ernährungsfachkräften begleitet wird, hat die größte Aussicht auf Erfolg.
Ursachen von Dysphagie
Eine Dysphagie kann verschiedene Ursachen haben:
- Neurologische Erkrankungen: Morbus Parkinson, Alzheimer oder Chorea Huntington.
- Schlaganfall: Insbesondere bei älteren Patienten ist ein Schlaganfall eine häufige Ursache.
- Verletzungen: Gesichtsverletzungen oder Verletzungen im Mund- und Rachenraum.
- Tumorerkrankungen: Im Kopf-Hals-Bereich können das Schlucken beeinträchtigen.
- Altersbedingte Veränderungen: Presbyphagie, eine altersbedingte Veränderung des Schluckvorganges, kann zu Schluckstörungen führen, die im Schweregrad einer krankheitsbedingten Dysphagie gleichen.
Ernährungstherapie bei Dysphagie
Die Ernährungstherapie ist ein wichtiger Aspekt bei der Behandlung von Dysphagie. Ziel ist es, eine sichere und ausreichende Nährstoffversorgung zu gewährleisten.
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- Konsistenzanpassung: Bei einer leichten bis mittelgradigen Dysphagie kann eine normale Ernährung noch möglich sein, wobei die Konsistenz der Speisen angepasst werden muss, damit sie gefahrlos geschluckt werden können. Eine Reduzierung der Fließgeschwindigkeit verzögert beispielsweise das Auslösen des Schluckreflexes und hilft dem Betroffenen beim kontrollierten Schlucken. Auch eine veränderte Konsistenz der festen Speisen kann den Patienten das Essen deutlich erleichtern. Hierfür können flüssige Speisen oder Getränke mit einem geschmacksneutralen Pulver angedickt werden.
- Künstliche Ernährung: Liegt allerdings eine schwere Schluckstörung vor, kommt ausschließlich die Ernährung über eine Ernährungssonde in Frage.
- Nasogastrale Magensonde: Wird verwendet, wenn die künstliche Ernährung nur einen begrenzten Zeitraum notwendig ist. Dazu wird die Ernährungssonde über Nase, Rachen und Speiseröhre in den Magen verlegt.
- PEG-Sonde: Hier wird die Ernährungssonde direkt über die Bauchdecke in den Magen vorgeschoben. Diese Sonde ist im Gegensatz zur nasogastralen Magensonde für die längerfristige künstliche Ernährung geeignet.
- Parenterale Ernährung: Ist auch eine Ernährung über eine Ernährungssonde nicht mehr möglich (etwa weil Magen und Darm durch Krankheit/Operation ihre Aufgabe nicht mehr oder nicht ausreichend wahrnehmen können), können alle notwendigen Nährstoffe und Energie über eine parenterale Ernährung verabreicht werden.
Empfehlungen für das Ernährungsmanagement
Aufgrund der signifikant erhöhten Morbidität und Mortalität empfiehlt die Leitlinie Klinische Ernährung in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) die frühzeitige Detektion einer Dysphagie mittels standardisierten Screenings sowie Dysphagieassessment. Anhand der erhobenen Befunde wird der Schweregrad der Dysphagie festgelegt und eine entsprechende Empfehlung hinsichtlich des Ernährungsmanagements ausgesprochen.
Dysphagiescreening und Ernährungsempfehlungen beinhalten möglicherweise die Verwendung einer Naso-Gastral-Sonde.
Ernährungstherapie bei Chorea Huntington
Die Bewegungsstörungen, die sich in erster Linie durch unwillkürliche Bewegungen der Extremitäten, des Kopfes, des Rumpfes oder der Gesichtsmuskulatur zeigen, führen zu einem erhöhten Energiebedarf. Es können täglich von 2500 bis 4000 Kilokalorien nötig sein, um das Körpergewicht zu halten. Deshalb sollte die Nahrung mit energiereichen Lebensmitteln angereichert werden. Hochkalorische Trinknahrung stellt ebenfalls eine Möglichkeit dar, die Energiedichte der aufgenommenen Nahrung zu steigern.
Können die Patienten bei fortschreitender Krankheit ihren Energie- und Nährstoffbedarf über eine normale orale Nahrungsaufnahme nicht mehr decken, sollte eine künstliche enterale Ernährung über eine PEG-Sonde erwogen werden. So kann einem Gewichtsverlust entgegengewirkt und eine Lungenentzündung wegen verschluckter Nahrungsbestandteile verhindert werden. Im Endstadium der Huntington-Krankheit soll laut der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin auf eine künstliche Ernährung verzichtet werden. Die Entscheidung für oder gegen eine künstliche Ernährung ist nicht leicht. Risiko und Nutzen müssen gut gegeneinander abgewogen werden. Ein wichtiges Kriterium ist, dass sich die Lebensqualität des Betroffenen verbessert. Deshalb muss die Entscheidung, ob eine künstliche Ernährung vorgenommen wird, immer individuell getroffen werden.
Ernährungsempfehlungen für Huntington-Patienten
Für Huntington-Patienten ist das Essen nicht nur ein Genuss, sondern auch mehr als notwendig. Bei einer Gewichtsabnahme droht die Verschlechterung der Krankheit.
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- Ausreichend Kalorien: Achten Sie auf eine gute und ausreichende Ernährung! Huntington-Patienten haben einen erhöhten Grundumsatz (bis zu 6000 kcal/Tag).
- Häufige Mahlzeiten: Günstig sind 3 Hauptmahlzeiten am Tag, dazu kommen Zwischenspeisen, eventuell auch mit hochkalorischer Flüssignahrung. 6-8 Mahlzeiten pro Tag sind empfehlenswert.
- Süßes ist erlaubt: Neben der gesunden Vollwertkost braucht der Huntington-Patient auch Zucker, da Zuckermangel beim Untergang der Hirnzellen eine Rolle spielt.
- Weiche Kost: Huntington-Patienten ermüden oft schnell beim Kauen. Hier hilft weiche Kost, wie weiche Kartoffeln, gegartes Gemüse, weiches Obst.
- Verschlucken vermeiden: Auch bei Schluckstörungen hilft weiche Kost. Achten Sie aber darauf, dass diese nicht zu flüssig ist: Schreiben Sie mit dem Stiel eines Holzlöffels eine 8 auf die Oberfläche des Nahrungsmittels. Ist sie deutlich sichtbar bevor sie verschwindet, stimmt die Konsistenz. Bei zu flüssiger Nahrung drohen das Verschlucken und die Gefahr, dass die Nahrung in der Lunge landet und eine Lungenentzündung auslöst.
- Vorsicht mit Alkohol! Alkohol kann die Beschwerden verschlimmern und sollte deshalb vermieden werden.
- Esshilfen: Nutzen Sie frühzeitig Esshilfen wie Schiebelöffel und Schnabeltassen. Ist die Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich, braucht der Patient eine Magensonde.
Ernährung und Krankheitsbeginn
Eine Studie hat unerwarteter Weise festgestellt, dass Menschen, die die Symptome früher entwickelten, dazu neigten, mehr Milchprodukte zu verbrauchen. Diese Studie ergab einen höheren Verzehr von Milchprodukten bei Menschen, die Huntington-Symptome entwickelten, als bei Menschen, die dies nicht taten. Auf der anderen Seite kann eine Ernährung mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fetten, Fisch, Obst sowie Gemüse positive Effekte auf die Gesundheit haben. Ein Beispiel für eine „gesunde“ Ernährung ist als die „Mittelmeer-Diät“ bekannt.
Die Forscher vermuten eine Möglichkeit, dass Milchprodukte zum Beginn der Symptome beitragen könnten. Das Trinken von Milch oder Milchprodukten kann eine Chemikalie im Blut senken, die sogenannte Harnsäure. Frühere Studien haben einen möglichen Zusammenhang zwischen niedrigerem Harnsäurespiegel im Blut und schnellerem Huntington-Fortschritt gezeigt.
Es ist verlockend zu behaupten, dass diese Forschung beweist, dass der Konsum von Milchprodukten das Risiko der Entwicklung der Huntington-Symptome bei Menschen mit der Mutation erhöht. Wenn dies bewiesen würde, wäre dies eine nützliche Information, die wir verwenden könnten, um über die Auswahl der Speisen zu informieren.
Es ist jedoch wichtig, diese Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen und weitere Forschung abzuwarten, um den Zusammenhang zwischen Milchkonsum und dem Beginn der Huntington-Krankheit besser zu verstehen.
Medikamente und Ernährung
Überprüfung der Dauermedikation wg. MAO-Hemmer wg. Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" - ggf. Physikalische Therapie (inkl. Ggf. Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Deutsche Huntington-Hilfe e. V.Falkstr. Huntington Study Group: A randomized, placebo-controlled trial of coenzyme Q10 and remacemide in Huntington’s disease. Neurology. Verbessem P, Lemiere J, Eijnde BO, Swinnen S, Vanhees L, Van Leemputte M et al.: Creatine supplementation in Huntington’s disease: a placebo-controlled pilot trial. Neurology. S2k-Leitlinie: Chorea/Morbus Huntington. Dr. med. Werner G.
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Weitere unterstützende Maßnahmen
- Physikalische Therapie: Inklusive Logopädie, Ergotherapie und Krankengymnastik.
- Psychosomatische Betreuung: Psychotherapie kann das Leiden der Patienten lindern. Eine engmaschige psychologische Betreuung ist unverzichtbar, da viele Erkrankte depressiv sind und die Selbsttötungsrate erhöht ist.
- Selbsthilfegruppen: Deutsche Huntington-Hilfe (www.dhh-ev.de), Schweizerische Huntington Vereinigung (www.shv.ch), Österreichische Huntington-Hilfe (www.huntington.at).
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