Fahrtauglichkeit bei Parkinson: Leitlinien und Empfehlungen

Die Parkinson-Krankheit kann die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Ärzte sich mit den relevanten Aspekten auseinandersetzen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Leitlinien zur Fahrtauglichkeit bei Parkinson, basierend auf den "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" der Bundesanstalt für Straßenwesen und den Empfehlungen von Experten.

Reisen mit Parkinson: Planung und Vorbereitung

Die Parkinson-Krankheit stellt grundsätzlich kein Hindernis für Reisen dar, jedoch ist eine gute Planung unerlässlich. Übermäßige Hektik und Anstrengung sollten vermieden werden.

  • Medikation: Es ist wichtig, ausreichend Medikamente mitzunehmen und sich über die medizinische Versorgung am Urlaubsort zu informieren. Bei Flugreisen mit erheblicher Zeitverschiebung sollte die Medikamenteneinnahme entsprechend angepasst werden. Eine kleine Reiseapotheke mit Medikamenten gegen Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung, die mit den Parkinson-Medikamenten verträglich sind, ist ebenfalls empfehlenswert.
  • Wärmeregulation: Da Parkinson die Wärmeregulation des Körpers beeinträchtigen kann, sollte man sich vorab über die klimatischen Bedingungen am Urlaubsort informieren.
  • Austausch mit Betroffenen: Die Parkinson-Selbsthilfegruppe im Internet e.V. bietet Tipps und Austauschmöglichkeiten für Reisen mit Parkinson.

Fahrtauglichkeit bei Parkinson: Gesetzliche Grundlagen und ärztliche Pflichten

Die Beeinträchtigungen infolge von Parkinson können die Fahrtüchtigkeit einschränken und dazu führen, dass die Fahreignung nicht mehr gegeben ist. Autofahren darf deshalb nur, wer sicherstellen kann, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Ist eine Person mit Parkinson fahruntauglich und steuert dennoch ein Kraftfahrzeug, macht sie sich strafbar und muss für mögliche Schäden selbst aufkommen. Die "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" der Bundesanstalt für Straßenwesen geben Hinweise auf die Kraftfahreignung bei Parkinson. Ein Kraftfahrzeug zur führen, ist nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichten Fällen der Erkrankung möglich. Die Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 (LKW, Bus, Taxi, Personenbeförderung) ist bei einer Parkinson-Krankheit in der Regel nicht mehr gegeben. Menschen mit Parkinson können auch kein Kfz mehr fahren, wenn sie aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung andere Verkehrsteilnehmende gefährden könnten. Voraussetzung für die Fahrtauglichkeit bei Parkinson ist eine neurologische und ggf. psychologische Begutachtung, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss. Ärzte sind verpflichtet, Betroffene über die Gefahren bei der Teilnahme am Straßenverkehr zu informieren.

Gesetzliche Selbstprüfungspflicht

Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) legt in § 2 fest, dass jeder Verkehrsteilnehmer selbst Vorsorge für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr tragen muss. Zudem darf laut Straßenverkehrsgesetz (StVG) nur derjenige ein Fahrzeug steuern, der die notwendigen körperlichen und psychischen Voraussetzungen erfüllt. Jeder Verkehrsteilnehmer (insbesondere also auch jeder Patient) hat somit die Pflicht, seine Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr zu prüfen und bei Unsicherheit ärztlichen Sachverstand einzuholen.

Ärztliche Aufklärungspflicht

Der behandelnde Arzt ist medizinisch und gesetzlich verpflichtet, den Patienten von sich aus hinsichtlich des Führens eines Kraftfahrzeuges aufzuklären und zu beraten. Die Aufklärung soll in einem persönlichen Gespräch („mündlich“) erfolgen und in der Patientenakte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung dokumentiert werden. Das Überreichen eines Informationsblattes zur Eigenlektüre reicht nicht aus. Aufzuklären ist über die generelle Fahreignung hinsichtlich der geistigen, körperlichen und charakterlichen Eignung im Sinne einer Diagnoseaufklärung (zum Beispiel bei Parkinson-Demenz) oder über die situations- und zeitbezogene Fahrfähigkeit als Therapieaufklärung (zum Beispiel bei Schlafattacken durch Dopaminergika).

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Faktoren, die die Fahrtauglichkeit beeinflussen

Verschiedene Faktoren im Zusammenhang mit der Parkinson-Erkrankung und ihrer Behandlung können die Fahrtauglichkeit beeinflussen:

Motorische Einschränkungen

Krankheitsbedingt können fahr- und sicherheitsrelevante körperliche Einschränkungen durch Tremor, Akinese, allgemeine motorische Verlangsamung oder Dyskinesien bestehen. Eine zunehmende motorische Behinderung geht mit der Reduktion von Fahrhäufigkeit und Fahrstrecke einher, jedoch fehlt eine klare Korrelation von Schweregrad der motorischen Beeinträchtigung und Fahrgenauigkeit, Reaktionszeit und Unfallrate. Skalen für die Behinderung - wie die von Hoehn und Yahr, Webster oder Unified Parkinson’s Disease Rating Scale - allein sind ungeeignet, die individuelle Fahreignung abzubilden.

Kognitive Störungen

Nichtmotorische Symptome, wie kognitive Störungen, verlangsamtes Denken, reduzierte Reaktionsfähigkeit, Halluzinationen oder Impulskontrollstörungen, können ebenfalls zur Einschränkung der Fahreignung führen. Kognitive Störungen verschlechtern Orientierung, Konzentration, Aufmerksamkeit, Auffassungstempo, Reaktionsfähigkeit und Belastbarkeit, vermindern die Fahreignung und erhöhen das Unfallrisiko mit zunehmendem Demenzgrad. Jedoch kann selbst bei geringen kognitiven Störungen die Fahreignung gefährdet sein, obwohl dies weder vom Patienten noch Arzt vermutet wird.

Sehstörungen

Sehstörungen sind häufig bei Parkinson-Patienten und verringern die Fahreignung. Hierzu zählen eine Verminderung von Sehschärfe und Kontrastsehen, eine reduzierte visuelle Explorationsfähigkeit, Doppelbilder und subjektiv inapparente visuell-räumliche Defizite. Störungen des Kontrastsehens zeigten in Studien verlässlicher eine verminderte Fahrfähigkeit bei Parkinson-Patienten an als eine reduzierte Sehschärfe, was für Fahrten in der Dämmerung oder bei Dunkelheit berücksichtigt werden sollte.

Medikamentenwirkungen und Nebenwirkungen

Die Parkinson-Medikation kann durch die Verbesserung der Motorik und - sofern durch den Dopaminmangel bedingt - Kognition zu einer Verbesserung der Fahrfähigkeit führen. Andererseits können medikamentös bedingte Nebenwirkungen wie Tagesmüdigkeit oder Schlafattacken, zum Beispiel unter höherer L-Dopa-Dosis oder insbesondere unter Therapie mit Dopaminagonisten, das Unfallrisiko bei Parkinson-Patienten erhöhen. Bei Wirkungen oder Nebenwirkungen von Arzneimitteln, die die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs beeinträchtigen, ist bis zu deren völligen Abklingen keine Fahreignung gegeben. Patienten müssen vor Einleitung oder bei Dosiserhöhung von Dopaminergika hierüber aufgeklärt werden. Zu beachten ist, dass Schlafattacken in der Hälfte der Fälle ohne Vorwarnung (Prodromi) auftreten und somit das Argument „ich fahre rechts ran, wenn ich müde werde“ nicht zählt. Bei Schlafattacken darf kein Kraftfahrzeug geführt werden (Fahrunfähigkeit). Insbesondere Dopaminagonisten können zu Impulskontrollstörungen führen, die die Fahrfähigkeit einschränken. Selten kann unter höher dosierter L-Dopa-Therapie ein Dysregulationssyndrom mit rücksichtslosem und Risiko suchendem Fahren auftreten.

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Tiefe Hirnstimulation (THS)

Nach einer tiefen Hirnstimulation besteht automatisch ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten. Ob danach erneute Fahrtüchtigkeit besteht, richtet sich nach dem Gesundheitszustand des Patienten. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) birgt nach bisheriger Kenntnis abseits der allgemeinen Empfehlungen für Parkinson-Betroffene kein spezifisches fahrrelevantes Risiko. Eine Untersuchung von Patienten mit THS im Nucleus subthalamicus zeigte sogar bessere Leistungen im Fahrsimulator bei operierten versus rein medikamentös behandelten Parkinson-Patienten und unter Stimulation versus Medikation mit L-Dopa.

Beurteilung der Fahrtauglichkeit in der Praxis

Die Beurteilung, inwieweit eine Einschränkung der generellen Fahreignung (Fahrtauglichkeit) oder temporären Fahrfähigkeit (Fahrtüchtigkeit) vorliegt, muss durch einen in dem Gebiet erfahrenen Neurologen/Nervenarzt erfolgen, gegebenenfalls ist ein psychologisches Gutachten einzuholen oder eine Fahrprobe durchzuführen. In Abhängigkeit von der Dynamik und Schwere der Erkrankung ist eine ärztliche Nachbeobachtung in vom Gesetzgeber festgelegten Zeitintervallen notwendig.

Anzeichen für eine eingeschränkte Fahrtauglichkeit

Mögliche Hinweise auf Einschränkungen der Fahrtauglichkeit, welche von Angehörigen oder Mitfahrern beobachtet werden können, sind: unangemessene Geschwindigkeit, sowohl zu schnell, als auch zu langsam, Schwierigkeiten die Spur zu halten, Missachtung von Geboten, Schildern und Ampeln, verlangsamte Reaktionen, z.B. verspätetes Bremsen, Überforderung bei unerwarteten Reaktionen, Fahrfehler, Unfälle, Lackschäden. Ein guter Indikator für die Einschränkungen der Fahrtauglichkeit ist der Beifahrer, der die kritischen Situationen oftmals besser und früher wahrnimmt als der Betroffene selbst.

Empfehlungen für die Praxis

Neben der Fremdanamnese (Angehörige als Beifahrer!) sollte gezielt vom Arzt nach fahrrelevanten Defiziten gefragt (Tagesmüdigkeit, Schlafattacken, Impulskontrollstörungen, Halluzinationen) und darauf hin untersucht (motorische Defizite, Sehstörungen, visuo-konstruktive Probleme, kognitive Defizite, verlangsamte Reaktionen) werden. Bestehen Zweifel an der eigenen Fahreignung, sollte dies gegenüber dem Arzt unbedingt thematisiert werden.

Informelle Abklärung und Fahrprobe

Der Arzt kann eine informelle Abklärung mit neuropsychologischer Untersuchung und/oder eine Fahrprobe bei einer Fahrschule oder beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) vorschlagen. Diese erfolgt unter Wahrung der Schweigepflicht, so dass negative Ergebnisse nicht an die Behörde gemeldet werden. Eine Liste von Fahrschulen mit Erfahrung bei Fahrproben auch von behinderten Kraftfahrern findet sich auf der Homepage der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e. V. (BVF). Eine positive Bewertung der Fahreignung dokumentiert den Willen des Patienten, seine Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr zu prüfen (Vorsorgepflicht) und schützt im Falle eines Unfalls vor dem Vorwurf der Fahrlässigkeit, ist aber keine formelle und somit keine rechtsverbindliche Abklärung. Eine negative Einschätzung des Fahrlehrers kann für den Arzt eine Objektivierung seiner Einschätzung der fehlenden Fahreignung sein und somit auch eine Argumentationshilfe dem Patienten gegenüber.

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Formelle Fahrprüfung im Rahmen einer verkehrsmedizinischen Begutachtung

Bestehen laut dem Facharztgutachten noch immer Bedenken, fordert die Führerscheinstelle ein medizinisch-psychologisches Gutachten bzw. Psychologischer Bereich: Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Orientierung, Reaktion und Belastbarkeit werden beurteilt. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, ein verkehrsmedizinisches Gutachten bei einem Experten einzuholen. Darin werden unter anderem Funktionsfähigkeit von Armen und Beinen, das Gleichgewicht, die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit sowie Aufmerksamkeit und Belastbarkeit, Beeinträchtigungen der Sehschärfe oder Doppelbilder beurteilt. Auch Störungen der Bewegungskoordination oder Gleichgewichtsstörungen können die Fahrleistung mindern.

Konsequenzen bei Fahruntüchtigkeit

Patienten und Angehörigen müssen wissen, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs im Zustand der Fahruntüchtigkeit einen Strafbestand darstellen kann. Denn gemäß § 315 c Absatz 1 Ziffer 1b StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wer infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Tathandlung des § 315 c StGB ist das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr im Zustand der Fahruntüchtigkeit. Fahruntüchtigkeit i. S. des § 315 c ist nach ständiger Rechtsprechung immer dann gegeben, wenn der Führer des Kfz nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, so gewachsen ist, wie es von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist. Wer trotz deutlicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit Auto fährt, verliert bei einem selbstverschuldeten Unfall nicht nur den Führerschein, sondern auch seinen Versicherungsschutz und kann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch im Fall eines unverschuldeten Unfalls kann der Patient in eine Bringschuld geraten, wenn der Unfallgegner Zweifel an der Fahreignung äußert und die Polizei diese Einschätzung teilt. Sofern die Polizei ebenfalls Zweifel an der Fahrtauglichkeit hat, wird seitens der Behörde eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung angeordnet, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Fahrerlaubnis ist.

Förderung für Berufstätige

Berufstätige Parkinson-Patienten, welche in einem leichten Stadium der Erkrankung sind und ihr Fahrzeug zum Erreichen des Arbeitsplatzes benötigen, haben Anspruch auf Förderung, sollte ein Umbau erforderlich sein (z.B. von Fuß- auf Handbremse). Die Kraftfahrzeughilfeverordnung informiert im Detail, welche Leistungen bezuschusst werden.

Zusammenfassung

Die Fahrtauglichkeit bei Parkinson ist ein komplexes Thema, das eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren erfordert. Der Arzt muss den Patienten beraten, dass sowohl die Parkinson-Erkrankung als auch die Medikation seine Fahreignung beziehungsweise Fahrfähigkeit beeinträchtigen können. Der Arzt sollte nach fahrrelevanten Einschränkungen fragen und insbesondere bei älteren Parkinson-Patienten Kognition und Sehvermögen prüfen. Bei Zweifeln an der Fahreignung oder einer situativ beziehungsweise zeitbezogenen Einschränkung der Fahrfähigkeit muss der Arzt den Patienten (idealerweise auch die Angehörigen) hierauf hinweisen und die Beratung und abgegebene Empfehlung dokumentieren. Bestehen beim Arzt und/oder Patienten eine Unsicherheit über die Fahreignung, kann eine informelle Fahrprobe und/oder neuropsychologische Testung die Einschätzung erleichtern oder eine formelle Fahrprüfung im Rahmen einer verkehrsmedizinischen Begutachtung notwendig werden. Es ist wichtig, dass Betroffene sich ihrer Verantwortung bewusst sind und im Zweifelsfall auf das Autofahren verzichten, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.

Symptome, die eine fehlende Fahreignung anzeigen

  • Deutliche Einschränkung der Sehfähigkeit
  • Schwere kognitive Beeinträchtigungen (Demenz)
  • Impulskontrollstörungen mit aggressivem Verhalten
  • Häufige Schlafattacken oder ausgeprägte Tagesschläfrigkeit
  • Halluzinationen oder Wahnvorstellungen
  • Schwere motorische Einschränkungen, die die sichere Bedienung des Fahrzeugs verhindern

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