Die Natur überrascht uns immer wieder mit ihren kuriosen und faszinierenden Kreationen. Eine besonders rätselhafte Frage ist die nach der Existenz von Fischen mit einem Gehirn auf dem Kopf. Obwohl es keine wissenschaftlichen Beweise für eine solche Spezies gibt, inspiriert die Vorstellungskraft des Menschen seit jeher zu fantastischen Kreaturen und ungewöhnlichen Anpassungen an extreme Lebensräume.
Tiefsee-Anglerfische: Meister der Anpassung
Ein Beispiel für die erstaunlichen Anpassungsfähigkeiten von Fischen findet sich in der Tiefsee. Hier, in einer Welt ewiger Finsternis, eisiger Temperaturen und enormen Drucks, haben sich Anglerfische perfekt an die extremen Bedingungen angepasst. Einige Arten haben sogar eine Lichtangel entwickelt, die aus dem vordersten Dorn der Rückenflosse entstanden ist. Diese Angel wird beim Jagen über das nach oben gerichtete Maul geklappt, um Beute anzulocken.
Sexuelle Parasiten: Eine bizarre Überlebensstrategie
Die Fortpflanzung in der Tiefsee stellt eine besondere Herausforderung dar. Die Männchen mancher Tiefsee-Anglerfische haben eine bizarr anmutende Strategie entwickelt, um einen weiblichen Partner zu finden und sich mit ihm zu vereinigen. Sie beißen sich an einem Weibchen fest und werden tatsächlich eins mit ihm. Ihre Haut und ihr Blutkreislauf wachsen zusammen, der Kopf des Männchens löst sich im Gewebe des Weibchens auf, und der Rest des männlichen Tieres lebt als sogenannter Sexualparasit fort - wie ein zusätzlicher Körperteil des Weibchens. Dieses Verhalten ist von zwei Familien der Tiefsee-Anglerfische bekannt, den Rutenanglern (Ceratiidae) und den Teufelsanglern (Linophrynidae).
Evolutionäre Anpassung an die Tiefsee
Die Genome verschiedener Tiefsee-Anglerfische liefern Aufschlüsse über ihre Entwicklung im Lauf der Evolution. Demnach lebten die heutigen Tiefseebewohner ursprünglich in eher flachen, warmen Lebensräumen. Doch diese Gewässer wurden vor etwa 50 bis 35 Millionen Jahren im Verlauf einer extremen Erderwärmung unbewohnbar. Um in der Tiefsee überleben zu können, verloren die Anglerfische Gene, die bei anderen Lebewesen dafür sorgen, dass fremde Zellen als solche erkannt und angegriffen werden. Dies ermöglicht die körperliche Verschmelzung von Männchen und Weibchen.
Oktopusse: Außerirdische Intelligenz im Meer
Oktopusse sind faszinierende Kreaturen, die unsere Vorstellung von Intelligenz und Anpassungsfähigkeit in Frage stellen. Sie können mit ihren Armen denken, mit ihrer Haut sehen, mit ihren Saugnäpfen schmecken, Tintenwolken ausstoßen und ihre Hautfarbe verändern. Einige Wissenschaftler vergleichen sie sogar mit Aliens.
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Dezentrale Intelligenz: Ein Gehirn in jedem Arm
Oktopusse haben nicht nur ein Zentralgehirn, sondern auch eine große Anzahl von Neuronen in ihren Armen. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Arme unabhängig voneinander zu steuern und komplexe Aufgaben zu bewältigen. Die Oktopusforscherin Jennifer Mather vergleicht diese dezentrale neuronale Kontrolle mit einer Demokratie im Gegensatz zu einer Diktatur.
Meister der Tarnung: Iridophoren und Chromatophoren
Oktopusse sind Meister der Tarnung und können ihr Aussehen in Sekundenschnelle verändern. Sie verfügen über drei Hautschichten: Chromatophoren, die mit Pigmenten gefüllte, elastische Säcke sind; Iridophoren, die ein Spektrum funkelnder Töne reflektieren; und Leucophoren, die das gesamte Licht aus der Umgebung reflektieren. Mit diesen Schichten können Oktopusse ihr Aussehen unentwegt verändern und sogar polarisiertes Licht reflektieren, um auf einem „privaten“ Kanal mit Artgenossen zu kommunizieren.
Ausbruchskünstler: Intelligenz und Problemlösungsfähigkeiten
Oktopusse sind bekannt für ihre Intelligenz und ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen. Sie sind Ausbruchskünstler und können sich durch kleinste Öffnungen zwängen, um zum Beispiel in Nachbarbecken auf Jagd zu gehen. Henry Lee, einstiger Direktor des Aquariums in Brighton, berichtete von einem Oktopus, der regelmäßig nächtliche Wildererbesuche in einem Nachbarbecken abstattete, um sich an den dort lebenden Tieren zu laben.
Kannibalismus: Ein Rettungsbootmechanismus
Oktopusse leben meist nur zwei bis vier Jahre und verbringen die meiste Zeit davon allein. Wenn sie sich treffen, greifen sie sich oft gegenseitig an und fressen den Verlierer. Kannibalismus ist ein Weg, Energie in der Population zu erhalten und wird deswegen als „Rettungsbootmechanismus“ bezeichnet. Gewissermaßen opfern sich einzelne Individuen - wenn auch unfreiwillig - für das Überleben der Art.
Die Intelligenz der Fische: Mehr als nur ein Drei-Sekunden-Gedächtnis
Der Mythos vom Drei-Sekunden-Gedächtnis der Fische ist weit verbreitet, aber falsch. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich Goldfische an bis zu fünf Monate zurück erinnern können. Andere Fischarten wie der Karpfen haben eine noch längere Merkspanne.
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Soziale Intelligenz und Schmerzempfinden
Fische sind soziale Wesen und können sich gegenseitig erkennen. Sie können sogar lernen, die Gesichter von Menschen zu identifizieren. Darüber hinaus empfinden Fische Schmerzen - sowohl körperlich als auch psychisch - und wissen, wie sie Schmerzen lindern können.
Die ethische Frage der Tintenfischzucht
Die wachsende Nachfrage nach Tintenfisch als Delikatesse hat zur Entwicklung von Tintenfarmen geführt. Dies wirft jedoch ethische Fragen auf, da Oktopusse intelligente und sensible Lebewesen sind. Eine umfangreiche Metastudie der Verhaltensökologin Alexandra Schnell und Forschenden der London School of Economics and Political Science kommt zu der Überzeugung, dass „die Zucht von Oktopussen mit hohem Tierschutzniveau unmöglich ist“. Wegen ihrer weichen Haut seien sie in engen Becken verletzungsanfällig. Werden die Einzelgänger zusammen gehalten, entwickelten sie Stress, Aggressionen, Selbstkannibalismus. Angesichts ihrer beachtlichen Befähigungen sei eine monotone Aquakultur eine zusätzliche Qual.
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