Die Long-COVID-Erkrankung, eine komplexe Störung, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion auftreten kann, betrifft viele Systeme im Körper. Zu den häufigsten Symptomen gehören Dysautonomie und Schmerzen, die oft schwer zu behandeln sind. Eine vielversprechende neue Behandlungsoption ist die Blockade des Ganglion stellatum, einem Nervenknoten im Halsbereich.
Das Sympathische Nervensystem und Long-COVID
Das Sympathische Nervensystem (SNS) ist ein Teil des autonomen Nervensystems (ANS), das unbewusste Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung steuert. Normalerweise versetzt das SNS den Körper in Alarmbereitschaft, um auf Bedrohungen zu reagieren (Fight-or-Flight-Reaktion). Bei Long-COVID kann das SNS jedoch in einem überaktiven Zustand verharren, was zu einer Vielzahl von Symptomen führt.
Anfänglich können Angstsymptome, Hyperarousal, Schlaflosigkeit und Panikattacken auftreten. Im weiteren Verlauf kann dies zu extremer Müdigkeit und Fatigue-Syndromen führen. Es wird vermutet, dass die entscheidenden Umschaltstellen für dieses "Hängenbleiben" in der Halsregion liegen, wo der sympathische Grenzstrang mit den Ganglien stellatum und cervicale superius verläuft. Auch der Vagusnerv, ein wichtiger Nerv für das autonome Nervensystem, befindet sich in dieser Region.
Die Ganglion Stellatum Blockade (SGB) als Therapieansatz
Die Ganglion Stellatum Blockade (SGB) ist ein minimalinvasiver Eingriff, bei dem ein Lokalanästhetikum in das Ganglion stellatum injiziert wird. Dies kann die Aktivität des zervikalen sympathischen Nervensystems blockieren und möglicherweise den zerebralen Blutfluss erhöhen. Die Injektion wird unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle durchgeführt, um eine präzise Platzierung der Nadel zu gewährleisten.
Wie funktioniert die SGB?
Durch die gezielte Infiltration des Ganglion stellatum kann ein "Reset" des autonomen Nervensystems ausgelöst werden. Die kurzfristige Blockade des Ganglions kann dazu beitragen, das lokale autonome Nervensystem neu zu starten und so Long-COVID-Symptome zu reduzieren. Es wird vermutet, dass die SGB-induzierte Erhöhung des zerebralen Blutflusses zu einer Verbesserung der Geschmacks- und Geruchssinne führen kann.
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Durchführung der SGB
Bei der CT-gesteuerten Stellatumblockade wird eine Spinalnadel an der Basis des Halses für die Injektion in das Ganglion stellatum positioniert. Das minimalinvasive Verfahren dauert weniger als 10 Minuten, ohne dass eine Sedierung oder intravenöse Analgesie erforderlich ist.
Studienergebnisse zur Wirksamkeit der SGB bei Long-COVID
Mehrere Studien haben die Wirksamkeit der SGB bei der Behandlung von Long-COVID-Symptomen untersucht.
Verbesserung von Geruchs- und Geschmacksstörungen
Eine Studie mit 54 Teilnehmern ergab, dass eine SGB den Geruchssinn wiederherstellen kann. Von 37 Patienten mit Nachbeobachtungsdaten berichteten 22, dass sich ihre Riechfähigkeit bereits in der ersten Woche nach der Intervention gebessert hatte. Bei 18 dieser Probanden bildeten sich die Beschwerden in den folgenden vier Wochen noch weiter zurück. Nach drei Monaten hatten sich die Symptome bei den 22 Patienten um durchschnittlich 49 % verbessert. Eine zweite Injektion in das kontralaterale Ganglion führte bei 86 % der Patienten mit erfolgreicher erster Stimulation zu einer weiteren Erholung des gestörten Riechvermögens.
Eine Fallserie mit zwei Long-COVID-Patientinnen zeigte, dass eine SGB zu einer sofortigen Verbesserung der Anosmie (Verlust des Geruchssinns) und Dysgeusie (Geschmacksstörung) sowie einer deutlichen Verbesserung der geistigen Klarheit und Konzentrationsfähigkeit führte. Die Verbesserungen blieben über der 60-tägigen Nachbeobachtungszeit dauerhaft bestehen.
Reduktion von Dysautonomie und Schmerzen
Eine offene, nicht-randomisierte Pilotstudie mit 20 Patienten ergab, dass ein dualer Ganglion-Stellatum-Block (mit einer Woche Abstand zwischen der Prozedur auf der rechten und linken Seite) eine signifikante Verbesserung der autonomen Dysfunktion und der Belastung durch Schmerzen erreichte. Nach vier Wochen wurden zudem signifikante Verbesserungen in Schlafqualität und Fatigue festgestellt. Die meisten der Patienten (88,2 %) berichteten Symptomlinderung.
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Weitere Anwendungsgebiete der SGB: PTBS
Die Stellatum-Ganglion-Blockade (SGB) wird zunehmend als potenzielle Behandlungsmethode für Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) untersucht. Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse zur schnellen Reduktion von PTBS-Symptomen, insbesondere in Kombination mit Expositionstherapie.
Sicherheit und Kostenübernahme
Die SGB gilt als sichere und schmerzarme Behandlungsmethode. In den Studien traten keine schwerwiegenden Komplikationen oder unerwünschten Ereignisse auf. Die privaten Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel.
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