Die Frage nach dem Glück und wie man es erreichen kann, beschäftigte schon früh Philosophen. Während der Chinese Lao Tse (6. Jh. v. Chr.) sich damit auseinandersetzte, sahen die griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristoteles (5./4. Jh. v. Chr.) in einer tugendhaften Lebensweise den Schlüssel zum Glück. Glückseligkeit oder Eudämonie war in ihren Augen das Ziel, auf das alles Handeln ausgerichtet sein sollte. Im Gegensatz dazu definierte der griechische Philosoph Epikur (4. Jh. v. Chr.) Glück als das Erleben von Lust und die Abwesenheit von Schmerz.
Heute ist die Suche nach dem Glück nicht mehr nur ein philosophisches Thema. Soziologen erforschen, wo die glücklichsten Menschen leben, und Psychologen widmen sich verstärkt der Positiven Psychologie. Sogar die Politik hat das Thema entdeckt, wie beispielsweise David Cameron, der frühere Premierminister von Großbritannien, mit seiner Forderung, das Bruttoinlandsprodukt durch einen Indikator für das allgemeine "Wohlbefinden" zu ersetzen, zeigte.
Was passiert im Gehirn bei Glücksgefühlen?
Ende der 1950er-Jahre entdeckte der Psychologe James Olds an der University of Michigan, dass Ratten die elektrische Stimulation eines bestimmten Gehirnareals mochten. Die Tiere konnten diese Region selbst per Knopfdruck stimulieren und taten dies so lange, bis sie vor Durst, Hunger und Erschöpfung fast starben. Olds hatte das Lustzentrum im Gehirn entdeckt, eine Ansammlung von Neuronen im Mittelhirn, die aktiv werden, wenn etwas besser ist als erwartet.
Dieses Zentrum stößt den Glücksstoff Dopamin aus und leitet ihn weiter in den Nucleus accumbens im unteren Vorderhirn sowie direkt ins Frontalhirn. Wenn Dopamin im Nucleus accumbens ankommt, produzieren die dortigen Neuronen opiumähnliche Stoffe, die uns euphorisch und glücklich fühlen lassen. Das Dopamin im Frontalhirn führt dazu, dass unser Gehirn besser funktioniert: Wir werden aufmerksamer, verarbeiten die Informationen des unerwarteten Ereignisses und lernen, was gut für uns ist.
Damit es uns jedoch nicht wie den Ratten mit einer Überdosis Glück ergeht, ist es wichtig, dass unser Glücksempfinden auch wieder abflaut. Unser Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, dauerhaft glücklich zu sein.
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Glück: Anlage oder Erziehung?
Manche Menschen scheinen immer gut gelaunt und zufrieden zu sein. Ist ihnen das Glück bereits in die Wiege gelegt worden? Jein. Der Psychologe David Lykken untersuchte das Glücksempfinden von Zwillingen, indem er in Interviews das Wohlbefinden von eineiigen Zwillingen, die nach ihrer Geburt getrennt wurden und in verschiedenen Familien aufwuchsen, mit gemeinsam aufgewachsenen Zwillingspaaren verglich. Die Ergebnisse beider Gruppen unterschieden sich kaum.
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir die willenlosen Knechte unserer Gene sind. Es gibt ja noch die anderen 50 Prozent. Der Neuropsychologe Richard Davidson untersuchte Babys und stellte fest, dass bei manchen die linke Gehirnhälfte aktiver ist als die rechte. Optimistische Typen hatten einen aktiveren linken Frontalcortex als unglücklichere Naturen. Allerdings zeigte eine erneute Untersuchung der Kinder nach zehn Jahren, dass von diesem ursprünglichen Muster der Hirnströme nicht mehr viel zu erkennen war.
Einflussfaktoren auf das Glück
Geld macht glücklich - aber nur, wenn man wirklich arm ist. Sobald die Grundbedürfnisse befriedigt sind, flacht die Glückskurve ab, je mehr man verdient. Menschen, für die Luxus und Reichtum besonders wichtig sind, sind sogar eher unglücklich, da "Materialisten" seltener mit Freunden zusammen sind.
Freunde hingegen machen glücklich und verhelfen sogar zu einem längeren und gesünderen Leben. Einsame Menschen stehen unter dem Stress, alleine mit allen Schwierigkeiten im Leben klarkommen zu müssen.
Frisch verliebte Menschen sind - wenig überraschend - besonders glücklich. Bei ihnen sind fast die gleichen Gehirnschaltungen aktiv wie bei Drogensüchtigen. Besonders wirksam heizen Berührungen dem Glückszentrum ein: Wenn sie länger als 20 Sekunden dauern, werden der Glücksstoff Oxytocin und körpereigene Endorphine ausgeschüttet.
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Verheiratete sind im Schnitt glücklicher und gesünder als Ledige.
Das Gehirn auf Glück umprogrammieren
"Auf die Dauer nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an", sagte der römische Kaiser Marc Aurel. Das gilt auch für das Glück. Wer die Welt mit positiven Augen sieht und sich häufiger des Schönen im Leben bewusst wird, ist glücklicher. Aber auch Menschen, die eher griesgrämig durchs Leben gehen, können lernen, ihr Gehirn auf "Glück" umzuprogrammieren.
Gute Gefühle sind kein Zufall, sondern die Antwort unseres Gehirns und Körpers auf einen Reiz. Gezielt Situationen und Erlebnisse zu suchen, die man als schön und positiv empfindet, macht auf Dauer glücklich. Für die einen ist das Sport, für die anderen Zusammensein mit Freunden, Kochen oder Reisen.
Praktische Anleitung zur "Glücks-Programmierung" des Gehirns
Basierend auf den Erkenntnissen der Glücksforschung lassen sich folgende Schritte ableiten, um das Gehirn gezielt auf Glück zu programmieren:
Bewusste Wahrnehmung positiver Erlebnisse: Achten Sie im Alltag bewusst auf die kleinen, schönen Dinge. Das kann ein freundliches Lächeln eines Fremden sein, der Duft von frisch gebrühtem Kaffee oder ein Sonnenstrahl auf der Haut. Notieren Sie diese Momente in einem Glückstagebuch, um sie sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen.
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Pflege sozialer Kontakte: Investieren Sie Zeit in Freundschaften und Beziehungen. Verabreden Sie sich regelmäßig mit Menschen, die Ihnen guttun und mit denen Sie gerne Zeit verbringen. Unternehmen Sie gemeinsam etwas, lachen Sie zusammen und unterstützen Sie sich gegenseitig.
Körperliche Aktivität: Bewegung und Sport sind nicht nur gut für die körperliche Gesundheit, sondern auch für das seelische Wohlbefinden. Suchen Sie sich eine Sportart, die Ihnen Spaß macht und die Sie regelmäßig ausüben können. Das kann Joggen, Schwimmen, Tanzen oder Yoga sein.
Achtsamkeit: Nehmen Sie sich bewusst Zeit für sich selbst und praktizieren Sie Achtsamkeit. Das kann Meditation sein, aber auch einfach nur ein Spaziergang in der Natur, bei dem Sie Ihre Sinne bewusst wahrnehmen. Achtsamkeit hilft Ihnen, im gegenwärtigen Moment zu leben und negative Gedanken loszulassen.
Dankbarkeit: Seien Sie dankbar für das, was Sie haben. Schreiben Sie regelmäßig auf, wofür Sie dankbar sind. Das können materielle Dinge sein, aber auch immaterielle Werte wie Gesundheit, Familie oder Freunde. Dankbarkeit hilft Ihnen, den Fokus auf das Positive zu lenken und Zufriedenheit zu empfinden.
Neues lernen: Fordern Sie Ihr Gehirn heraus, indem Sie Neues lernen. Das kann eine neue Sprache sein, ein neues Instrument oder eine neue Fähigkeit. Das Lernen neuer Dinge hält das Gehirn fit und aktiv und sorgt für Erfolgserlebnisse.
Sinn finden: Engagieren Sie sich für eine Sache, die Ihnen am Herzen liegt. Das kann ehrenamtliche Arbeit sein, die Unterstützung einer Hilfsorganisation oder der Einsatz für den Umweltschutz. Sinnvolle Tätigkeiten geben Ihrem Leben einen tieferen Sinn und sorgen für Zufriedenheit.
Positive Gedanken: Achten Sie auf Ihre Gedanken und versuchen Sie, negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Das ist nicht immer einfach, aber mit etwas Übung können Sie lernen, Ihre Gedanken zu kontrollieren und positiver zu denken.
Selbstmitgefühl: Seien Sie nachsichtig mit sich selbst und verurteilen Sie sich nicht für Fehler. Jeder Mensch macht Fehler. Wichtig ist, daraus zu lernen und es beim nächsten Mal besser zu machen.
Humor: Lachen ist gesund und macht glücklich. Nehmen Sie das Leben nicht zu ernst und lachen Sie so oft wie möglich. Schauen Sie sich lustige Filme an, lesen Sie Witze oder verbringen Sie Zeit mit Menschen, die Sie zum Lachen bringen.
Glück als dynamischer Prozess
Es ist wichtig zu verstehen, dass Glück kein statischer Zustand ist, den man einmal erreicht und dann für immer behält. Glück ist ein dynamischer Prozess, der sich ständig verändert. Es gibt gute und schlechte Tage, Höhen und Tiefen. Wichtig ist, sich nicht von negativen Erlebnissen entmutigen zu lassen, sondern immer wieder aufzustehen und weiterzumachen. Mit den oben genannten Strategien können Sie Ihr Gehirn auf Glück programmieren und ein erfüllteres und glücklicheres Leben führen.
Die Rolle der Gesellschaft
Die Glücksforschung hat auch Implikationen für die Gesellschaft. Wenn wir wissen, was Menschen glücklich macht, können wir politische und wirtschaftliche Entscheidungen so treffen, dass sie das Wohlbefinden der Bevölkerung fördern. Dazu gehört beispielsweise eine gerechtere Verteilung des Wohlstands, der Ausbau sozialer Sicherungssysteme, die Förderung von Bildung und Gesundheit sowie der Schutz der Umwelt.
Kritik an der Glücksforschung
Obwohl die Glücksforschung viele wertvolle Erkenntnisse geliefert hat, gibt es auch Kritik. Einige Kritiker bemängeln, dass Glück ein subjektives Gefühl ist, das sich nicht objektiv messen lässt. Andere kritisieren, dass die Glücksforschung zu sehr auf das individuelle Glück fokussiert ist und die Bedeutung sozialer Gerechtigkeit und politischer Teilhabe vernachlässigt.
Trotz dieser Kritik bleibt die Glücksforschung ein wichtiges und vielversprechendes Forschungsfeld, das uns helfen kann, ein besseres Verständnis davon zu entwickeln, was Menschen glücklich macht und wie wir eine gerechtere und lebenswertere Gesellschaft schaffen können.
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