Ein brennendes Gefühl im Gehirn, oft begleitet von Kribbeln, Taubheit und anderen neurologischen Symptomen, kann beängstigend sein. Dieses Phänomen kann verschiedene Ursachen haben, von denen einige harmlos, andere jedoch ernsthafte medizinische Aufmerksamkeit erfordern. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für ein "brennendes Gehirn", die damit verbundenen Symptome und die verfügbaren Behandlungsoptionen.
Polyneuropathie als mögliche Ursache
Eine der häufigsten Ursachen für brennende Schmerzen und Missempfindungen, insbesondere in den Extremitäten, ist die Polyneuropathie. Diese neurologische Erkrankung betrifft mehrere periphere Nerven gleichzeitig und kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden.
Symptome der Polyneuropathie
Typische Symptome der Polyneuropathie sind:
- Kribbeln, Brennen und Taubheit, beginnend an Füßen und Beinen
- Sensibilitätsstörungen in Füßen und Händen, die sich wie ein "strumpfartiges" bzw. "handschuhförmiges" Muster ausbreiten können
- Muskelschwäche, die im Verlauf der Erkrankung auftreten kann
- Gestörtes Temperaturempfinden
- Schmerzen (brennend, schneidend oder stechend)
- In den schlimmsten Fällen Lähmungserscheinungen an Beinen und Armen
Dr. Katrin Hahn von der Berliner Charité erklärt, dass fast jeder Mensch schon einmal ähnliche Empfindungen erlebt hat, wenn auch in milderer Form, z.B. wenn man längere Zeit auf einem Nerv liegt.
Ursachen der Polyneuropathie
Die Ursachen der Polyneuropathie sind vielfältig. Zu den häufigsten gehören:
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- Diabetes mellitus: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann die Nerven schädigen (diabetische Polyneuropathie).
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Alkohol wirkt als Nervengift und kann bei langjährigem Konsum zu Polyneuropathie führen.
- Entzündliche Erkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Grippe oder HIV-Infektion können Polyneuropathie auslösen.
- Chemotherapie: Einige Krebsmedikamente können Nervenschäden verursachen.
- Autoimmunerkrankungen: In manchen Fällen richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper und greift die Nerven an (z.B. Guillain-Barré-Syndrom).
- Weitere Ursachen: Erkrankungen der Leber, Mangelernährung (z.B. bei Zöliakie), Vitaminmangel (z.B. Vitamin B12), Einnahme bestimmter Medikamente, Kontakt mit giftigen Substanzen (z.B. Schwermetalle), HIV-Infektionen, Krebserkrankungen, hormonelles Ungleichgewicht (z.B. Schilddrüsenunterfunktion) und erbliche Veranlagung.
Diagnose der Polyneuropathie
Die Diagnose der Polyneuropathie umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und die aktuellen Beschwerden.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt prüft Muskelkraft, Reflexe und Sensibilität.
- Neurologische Untersuchungen:
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Strom wird durch die Nervenbahnen geschickt, um die Geschwindigkeit der Nervenimpulse zu messen.
- Quantitative Sensorische Testung (QST): Durch verschiedene Gefühlstests an der Haut werden 13 Werte ermittelt, um festzustellen, welche Nervenfasern geschädigt sind und wie stark die Schädigung ist.
- Thermode: Computergesteuerte Temperaturreize werden eingesetzt, um das Temperaturempfinden exakt zu messen.
- Hautbiopsie: Eine Gewebeprobe aus der Haut wird unter dem Mikroskop untersucht, umSmall-Fiber-Neuropathien zu diagnostizieren.
- Nerv-Muskel-Biopsie: Eine Gewebeprobe aus dem Schienbein wird entnommen und feingeweblich untersucht, um die Ursache der Polyneuropathie zu finden (z.B. Entzündungszellen oder Amyloid-Ablagerungen).
- Weitere Untersuchungen: Untersuchungen von Urin, Gehirnwasser, Blut oder Gewebeproben sowie genetische Tests und bildgebende Verfahren können erforderlich sein, um die Ursache der Polyneuropathie zu identifizieren.
Behandlung der Polyneuropathie
Die Behandlung der Polyneuropathie zielt darauf ab, die zugrunde liegende Ursache zu behandeln und die Symptome zu lindern:
- Behandlung der Ursache:
- Diabetes: Optimierung der Blutzuckereinstellung. Eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten gilt als optimal.
- Alkohol: Abstinenz.
- Medikamente: Wechsel der Präparate.
- Entzündungen: Behandlung mit Antibiotika oder Kortison.
- Vitaminmangel: Ausgleich durch Ernährungsumstellung oder Nahrungsergänzungsmittel.
- Schmerzbekämpfung:
- Antidepressiva: Dämpfen die Weiterleitung von Schmerzsignalen.
- Antikonvulsiva: Bremsen die Erregbarkeit der Nerven.
- Opioide: Können bei starken Schmerzen kurzzeitig eingesetzt werden.
- Capsaicin-Pflaster: Betäuben den schmerzenden Bereich, steigern die Durchblutung und regen möglicherweise die Neubildung kleiner Nervenfasern an.
- Weitere Therapien:
- Physiotherapie: Gleichgewichtstraining gegen Gangunsicherheit.
- Ergotherapie: Unterstützung bei ungünstigen Bewegungsabläufen.
- Elektrotherapie (TENS-Gerät): Stimulation der Nerven durch Impulse, um Schmerzen zu lindern.
- Akupunktur: Kann die Nerven beleben.
- Hydrotherapie (Kneipp): Wechselgüsse und Bäder zur Stimulation der Hautnervenrezeptoren.
- Orthesen: Spezielle Schienen zur Unterstützung bei Muskellähmungen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Therapien dauerhaft durchgeführt werden müssen, da eine Pause den Behandlungserfolg beeinträchtigen kann.
Neuroinflammation: Entzündungen im Gehirn
Neuroinflammation, also Entzündungen im Gehirn, können ebenfalls ein "brennendes Gehirn" verursachen. Diese Entzündungen können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden und eine Vielzahl von neurologischen und systemischen Beschwerden verursachen.
Ursachen von Neuroinflammation
Mögliche Ursachen für Neuroinflammation sind:
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- Infektionen: Viren, Bakterien oder andere Krankheitserreger können eine Entzündung im Gehirn auslösen (Enzephalitis).
- Toxine: Giftige Substanzen können die Gehirnzellen schädigen und eine Entzündung hervorrufen.
- Chronischer Stress: Lang anhaltender Stress kann das Immunsystem aktivieren und zu Entzündungen im Gehirn führen.
- Traumatische Hirnverletzungen: Verletzungen des Gehirns können eine Entzündungsreaktion auslösen.
- Autoimmunerkrankungen: Das Immunsystem greift körpereigene Strukturen im Gehirn an und verursacht Entzündungen (z.B. NMDA-Rezeptor-Enzephalitis).
- Krebserkrankungen: In einigen Fällen geht der Wesensveränderung eine Krebserkrankung voraus. Eine Vermutung ist, dass das Immunsystem in der Folge Strukturen angreift, die es im Tumor und im Gehirn gibt.
Symptome von Neuroinflammation
Die Symptome von Neuroinflammation können vielfältig sein und hängen von der Ursache und dem Ausmaß der Entzündung ab. Häufige Symptome sind:
- Konzentrationsprobleme
- Gedächtnisverlust
- Chronische Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Reduzierte Belastbarkeit
- Psychische Veränderungen (z.B. Schizophrenie-ähnliche Symptome)
- Neurologische Symptome (z.B. Lähmungen, Sprach- oder Gefühlsstörungen)
Diagnose von Neuroinflammation
Die Diagnose von Neuroinflammation ist komplex und erfordert ein tiefes Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen. Zu den möglichen Diagnosemethoden gehören:
- Blutuntersuchungen: Nachweis von Entzündungsmarkern und Autoantikörpern.
- Liquoruntersuchung (Lumbalpunktion): Untersuchung des Gehirnwassers auf Entzündungszeichen und Erreger.
- Bildgebende Verfahren (MRT, CT): Darstellung von Entzündungen im Gehirn.
- Elektroenzephalografie (EEG): Messung der Hirnströme, um Veränderungen wie Krampfanfälle festzustellen.
- Stoffwechseluntersuchungen des Gehirns: Nachweis von Entzündungen in bestimmten Hirnregionen.
Behandlung von Neuroinflammation
Die Behandlung von Neuroinflammation erfordert eine individualisierte, multidimensionale Herangehensweise. Mögliche Behandlungsansätze sind:
- Behandlung der Ursache:
- Infektionen: Behandlung mit antiviralen oder antibakteriellen Medikamenten.
- Autoimmunerkrankungen: Immuntherapie mit Kortison, Immunglobulinen oder anderen Immunsuppressiva.
- Krebserkrankungen: Behandlung des Tumors.
- Antioxidative Therapien: Schutz der Gehirnzellen vor Schäden durch freie Radikale.
- Individualisierte Immunmodulation: Anpassung der Immunantwort, um die Entzündung zu reduzieren.
- Wiederherstellung der Blut-Hirn-Schranke: Abdichtung der Blut-Hirn-Schranke, um das Eindringen von schädlichen Stoffen ins Gehirn zu verhindern.
- Entzündungshemmende Ernährungsstrategien: Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren.
- Individuelle Stressbewältigungstechniken: Reduktion von Stress durch Entspannungsübungen, Meditation oder Yoga.
Autoimmun-Enzephalitis: Wenn das Immunsystem das Gehirn angreift
Eine spezielle Form der Neuroinflammation ist die Autoimmun-Enzephalitis. Hierbei produziert das Immunsystem Autoantikörper, die gegen bestimmte Strukturen im Gehirn gerichtet sind, beispielsweise gegen Neurotransmitter-Rezeptoren.
NMDA-Rezeptor-Enzephalitis
Ein bekanntes Beispiel ist die NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, bei der Antikörper den NMDA-Rezeptor blockieren, einen wichtigen Botenstoff im Gehirn. Dies kann zu schweren neurologischen und psychiatrischen Symptomen führen, wie Verwirrtheit, Psychosen, Koma und Atemstörungen.
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AMPA-Rezeptor-Enzephalitis
Eine weitere Form ist die Autoimmunerkrankung, bei der der AMPA-Rezeptor zur Zielscheibe wird. Er zählt wie der NDMA-Rezeptor zu den Glutamatrezeptoren und steuert die Übertragung von Nervenimpulsen im Gehirn, ist also unerlässlich für Lern- und Gedächtnisprozesse. Wissenschaftler konnten nachweisen, wie die Antikörper den Rückzug der AMPA-Rezeptoren mit dieser Untereinheit in die Zelle auslösen und eine Kette von Kompensationsmechanismen in Gang bringen, in deren Folge AMPA-Rezeptoren ohne die Untereinheit die Erregungsweiterleitung in der Synapse übernehmen.
Diagnose und Behandlung der Autoimmun-Enzephalitis
Die Diagnose der Autoimmun-Enzephalitis erfolgt in der Regel durch den Nachweis von Autoantikörpern im Blut oder Liquor. Die Behandlung umfasst in der Regel eine Immuntherapie mit Kortison, Immunglobulinen oder anderen Immunsuppressiva.
Weitere mögliche Ursachen für ein "brennendes Gehirn"
Neben Polyneuropathie und Neuroinflammation gibt es noch weitere mögliche Ursachen für ein "brennendes Gehirn":
- Sensibilitätsstörungen: Diese können durch Schädigungen der Nervenbahnen verursacht werden, die für die Weiterleitung von Sinnesinformationen zuständig sind.
- Migräne: Einige Migränepatienten berichten von einem brennenden Gefühl im Kopf während einer Migräneattacke.
- Spannungskopfschmerzen: Auch bei Spannungskopfschmerzen kann ein brennendes Gefühl im Kopf auftreten.
- Psychische Erkrankungen: In seltenen Fällen können psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen ein brennendes Gefühl im Kopf verursachen.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Ein brennendes Gefühl im Gehirn sollte immer von einem Arzt abgeklärt werden, insbesondere wenn es plötzlich auftritt, von anderen Symptomen begleitet wird (z.B. Lähmungen, Sprachstörungen, Bewusstseinsstörungen) oder über längere Zeit anhält.