Alkohol ist in vielen Kulturen tief verwurzelt, doch sein Missbrauch hat gravierende Auswirkungen auf das Gehirn. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Veränderungen, die im Gehirn eines Alkoholikers auftreten, und bietet einen umfassenden Überblick über die Mechanismen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten.
Alkohol als Droge: Eine Einführung
Oft wird zwischen Alkohol und anderen Drogen unterschieden, doch Suchtmediziner betonen, dass Alkohol eine Droge ist wie jede andere. Er wirkt auf die Informationsübertragung im Gehirn, verändert Gehirnmasse und -volumen und kann somit verheerende Folgen haben.
Wie Alkohol das Gehirn schädigt
Drogen, einschließlich Alkohol, stören die Balance der Neurotransmitter im Gehirn. Alkohol hemmt beispielsweise bestimmte Glutamatrezeptoren, die für die Kommunikation der Nervenzellen, das Erinnerungsvermögen und das Lernen zuständig sind. Substanzen wie Kokain blockieren diese Rezeptoren. Diese Veränderungen können die Gehirnmasse reduzieren und das Gehirnvolumen verkleinern.
Die Rolle des Belohnungssystems
Drogen greifen in das Belohnungssystem des Gehirns ein, was dazu führt, dass sich Betroffene im ersten Moment besser fühlen oder zumindest so, wie sie es gerne hätten. Dies führt zu wiederholtem Konsum, um diesen Zustand erneut zu erleben.
Genetische Veranlagung und Lebensumstände
Die Empfänglichkeit für Drogen hängt von den Lebensumständen ab. Ob jemand zum Alkoholiker wird, ist auch genetisch bedingt. Das Risiko ist um ein Drittel höher, wenn in der Familie bereits Alkoholabhängigkeit vorliegt. Belastungen wie der Renteneintritt oder die Corona-Pandemie können ebenfalls zu vermehrtem Alkoholmissbrauch führen.
Lesen Sie auch: Faszination Nesseltiere: Wie sie ohne Gehirn leben
Auswirkungen auf Jugendliche
Bei Jugendlichen verändern Drogen Wachstumsfaktoren im Gehirn und steuern beispielsweise die Plastizität. Junge Gehirne sind besonders empfänglich für diese Veränderungen, was bedeutet, dass früher Drogenkonsum größere Probleme verursachen kann.
Schrumpfung des Gehirns und vorzeitiges Altern
Regelmäßiger Alkoholkonsum, selbst in moderaten Mengen, kann zu einer Schrumpfung der grauen und weißen Substanz im Gehirn führen. Die graue Substanz, die die Großhirnrinde bildet, beherbergt etwa 20 Milliarden Nervenzellkörper. Die weiße Substanz besteht aus Zellfortsätzen (Axonen) und ist für die Kommunikation zwischen den Nervenzellen verantwortlich. Beide Substanzen sind essenziell für die normalen Hirnfunktionen.
Nichtlineare Veränderungen
Die Veränderungen, die Alkohol in den Gehirnsubstanzen verursacht, sind nicht linear. Je mehr man trinkt, desto schneller schrumpft das Gehirn. Eine Studie veranschaulichte dies am Beispiel einer 50-jährigen Person: Eine Erhöhung des täglichen Alkoholkonsums von einem kleinen Glas Bier auf eine halbe Flasche Bier entsprach einer Alterung des Gehirns um zwei Jahre.
Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten
Die Hirnalterung durch Alkoholkonsum führt zu einem geschwächten Erinnerungsvermögen. Betroffene vergessen häufiger Kleinigkeiten oder müssen öfter auf ihre Einkaufsliste schauen. Alkohol beeinträchtigt auch andere kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Orientierung und die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung.
Erhöhtes Demenzrisiko
Regelmäßiger Konsum hoher Alkoholmengen verursacht Veränderungen im Gehirn, die das Risiko einer Demenzerkrankung stark erhöhen. Demenz führt zu einer fortschreitenden Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, wodurch Betroffene oft kein selbstbestimmtes Leben mehr führen können und auf Hilfe im Alltag angewiesen sind. Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt.
Lesen Sie auch: Lesen Sie mehr über die neuesten Fortschritte in der Neurowissenschaft.
Schädigung der weißen Substanz
Alkoholmissbrauch schädigt nachweislich die weiße Substanz im Gehirn, die fast die Hälfte des Gehirns ausmacht. Dieser Teil des zentralen Nervensystems besteht überwiegend aus Leitungsbahnen und Nervenfasern. In der Folge kann es zu zahlreichen Einschränkungen kommen, und die Kontrolle des Menschen über die eigene Handlungsfähigkeit nimmt ab. Dies befördert wiederum die Sucht - ein Teufelskreis.
Entzugsbedingte Schäden
Hirnschäden treten nicht nur beim Rauschtrinken selbst auf, sondern verstärken sich insbesondere während der ersten Phasen des Entzugs. Diese entzugsbedingten Schäden tragen dazu bei, bestehende Suchtstörungen aufrechtzuerhalten, umso stärker, je mehr Entzüge notwendig sind.
Toleranzentwicklung und Botenstoffsystem
Je mehr und regelmäßiger Alkohol konsumiert wird, desto stärker steuern Körper und Gehirn entgegen. Es kommt zur Toleranzentwicklung. Alkohol dämpft die Hirnaktivität, indem er die hemmende Wirkung des Botenstoffs Gamma-Aminobuttersäure (GABA) potenziert und gleichzeitig die erregende Wirkung von Glutamat reduziert. Um dies zu kompensieren, passen sich bei dauerhaftem Konsum die Art und Anzahl der entsprechenden Rezeptoren im Gehirn an - der Alkohol wirkt weniger dämpfend. Als Folge werden immer höhere Mengen getrunken, um den gewünschten Effekt noch erzielen zu können. Wenn das Botenstoffsystem aufgrund dieser Toleranzbildung jedoch nicht mehr richtig funktioniert, kommt es beim Entzug wegen der Übererregbarkeit des nüchternen Gehirns zum Absterben von Hirngewebe, insbesondere der weißen Substanz.
Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD)
Breitbeiniges Gehen, Torkeln und Gleichgewichtsstörungen können bei Alkoholabhängigen auch im nüchternen Zustand auftreten. Dies deutet auf eine Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD) hin, eine Folgeerkrankung schädlichen Alkoholgebrauchs. Die AKD kann sich innerhalb weniger Wochen oder nach langem chronischem Konsum entwickeln. Je früher ein Alkoholiker aufhört zu trinken, desto größer ist die Chance, dass sich die Beschwerden bessern. Bei chronischem Alkoholmissbrauch kann das Kleinhirn allerdings dauerhaft schrumpfen.
Vitamin-B1-Mangel
Bei alkoholabhängigen Personen können mehrere Faktoren zum Absterben von Nervenzellen im Kleinhirn beitragen. Nervenzellen benötigen Vitamin B1 (Thiamin) zur Energiegewinnung. Fehlt es, nehmen die Zellen Schaden. Alkohol kann die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts schädigen, sodass der Körper weniger Vitamin B1 aufnehmen kann. Zudem kann Alkohol die Zellfunktionen der Leber schädigen, wodurch weniger Vitamin B1 gespeichert werden kann.
Lesen Sie auch: Tinnitus und Gehirnaktivität: Ein detaillierter Einblick
Symptome des Kleinhirnschwunds
Die Zellschäden im Gehirn zeigen sich anhand folgender Beschwerden:
- Fahrige, unkoordinierte Bewegungen
- Probleme, gegensätzliche Bewegungen auszuführen
- Zittern bei gezielten Bewegungen
- Schlaffe Muskulatur
- Sprech- und Sprachstörungen
Aufgaben des Kleinhirns
Das Kleinhirn sorgt für die Feinabstimmung von Bewegungsabläufen und reguliert die Muskelspannung. Es besteht aus drei Bereichen:
- Vestibulocerebellum: Beeinflusst die Körperhaltung, sichert das Gleichgewicht und ist wichtig für die Feinabstimmung der Augenbewegungen.
- Spinocerebellum: Sorgt dafür, dass ein Mensch gehen und stehen kann, ohne darüber nachzudenken.
- Pontocerebellum: Präzisiert und korrigiert willentliche Bewegungen.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose umfasst die Erhebung der Trinkgewohnheiten, eine Blutuntersuchung zur Bestimmung des Vitamin-B1-Spiegels sowie Koordinations- und Gleichgewichtstests. Eine Computertomografie kann den Schwund des Kleinhirns sichtbar machen.
Die Behandlung umfasst die Gabe von Vitamin B1, eine ausgewogene Ernährung und Physiotherapie zur Verbesserung der Koordinationsfähigkeit und des Gleichgewichts. Die wirksamste Behandlungsmethode ist jedoch der Verzicht auf Alkohol.
Moderate Mengen Alkohol und ihre Auswirkungen
Auch moderate Mengen Alkohol können bei regelmäßigem Konsum Spuren im Gehirn hinterlassen. Eine Studie hat gezeigt, dass schon vergleichsweise geringe Mengen Alkohol mit einer Reduzierung des Gehirnvolumens in Zusammenhang stehen.
Beschleunigte Alterung des Gehirns
Schon bei geringfügigen Konsumunterschieden wurden Unterschiede in der Gehirnstruktur festgestellt. Der Abbau der weißen und grauen Substanz nimmt mit steigendem Konsum überproportional zu.
Persönlichkeitsveränderungen durch Alkohol
Langfristiger Alkoholkonsum kann zu Persönlichkeitsveränderungen führen. Nervenzellen werden umgebaut, insbesondere im präfrontalen Kortex. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Aufmerksamkeit sinkt und Gedächtnisstörungen treten auf. Zudem kann die erhöhte Beschäftigung mit dem Thema Alkohol und die Vernachlässigung anderer Interessen zu einer Charakterveränderung führen.
Alkohol und Kriminalität
Alkohol ist eine kriminologisch bedeutsame Droge. Er verändert das Urteilsvermögen und die Handlungsfähigkeit, senkt Hemmschwellen und erhöht die Aggressivität. Die Gefahr, Situationen falsch einzuschätzen und falsch zu reagieren, steigt.
Dopaminspiegel und Alkoholentzug
Alkoholiker, die entziehen und längere Zeit auf das Suchtmittel verzichten, haben in bestimmten Regionen des Gehirns erhöhte Dopaminspiegel. Dies könnte Verhaltensänderungen von Alkoholikern während und nach dem Entzug erklären.
Veränderungen der Dopamin-Bindungsstellen
Wenn sich gelegentlicher Alkoholkonsum zu einer Sucht entwickelt, verändern sich auch die Bindungsstellen für Dopamin. Studien haben gezeigt, dass die Dopamin-Mengen im akuten Entzug stark vermindert sind, aber über einen längeren Zeitraum ohne Alkohol deutlich über das Normalniveau steigen.
Kurzfristige Auswirkungen von Alkoholkonsum
Alkohol kann kurzfristig positive Auswirkungen haben, wie Glücksgefühle, Ruhe und Selbstbewusstsein. Allerdings kann er auch unangenehme und gefährliche Effekte verursachen, wie Schläfrigkeit, Ungeschicklichkeit und undeutliche Sprache. Je mehr Alkohol konsumiert wird, desto mehr werden die Selbstbeherrschung und das Urteilsvermögen beeinträchtigt, was zu gefährlichem Verhalten und Gedächtnislücken führen kann.
Verkaterung
Ein Kater tritt auf, wenn der Alkoholspiegel im Körper sinkt. Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlafstörungen, Reizbarkeit und Angst. Diese Gefühle werden durch Alkohol und andere Chemikalien in alkoholischen Getränken verursacht, die zur Dehydrierung führen und den Blutzuckerspiegel senken.
Gedächtnislücken
Gedächtnislücken entstehen, wenn innerhalb kurzer Zeit sehr viel getrunken wird und man sich nicht mehr daran erinnern kann, was während des Alkoholkonsums passiert ist. Dies ist eine Warnung, dass zu viel getrunken wird und dass der Alkohol das Gehirn schädigt.
Alkoholvergiftung
Eine Alkoholvergiftung tritt auf, wenn der Alkoholgehalt im Körper eine gefährliche Höhe erreicht. Dies kann die Atmung verlangsamen, zu Bewusstlosigkeit oder einem Anfall führen und tödlich sein.
Alkohol und psychische Gesundheit
Alkoholkonsum kann sich auf verschiedene Weise negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. Er kann bestehende psychische Probleme verschlimmern und das Risiko für Depressionen, Panikstörungen, Selbstverletzungen und Selbstmord erhöhen.
Warum Alkohol die psychische Gesundheit beeinträchtigt
Alkohol beeinträchtigt die Chemie des Gehirns, erhöht das Risiko von Depressionen und Panikstörungen und führt zu impulsivem Verhalten. Verkaterung kann zu Angst und Nervosität führen. Alkoholkonsum kann auch das Leben erschweren und Beziehungen, Arbeit und Freundschaften beeinträchtigen.
Verbesserung der psychischen Gesundheit durch Reduktion des Alkoholkonsums
Die Einschränkung oder vollständige Einstellung des Alkoholkonsums kann sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken. Es ist jedoch wichtig, mit einem Arzt zu sprechen, wenn man Mühe hat, mit dem Alkohol aufzuhören, oder wenn der Alkohol die psychische Gesundheit verschlechtert.
Alkoholabhängigkeit: Was tun?
Wer bei sich selbst feststellt, dass er zu viel trinkt oder von einer Droge loskommen möchte, muss nicht sofort in die Klinik. Es gibt Suchthilfe und ambulante Angebote sowie Selbsthilfegruppen.
Die sechs Säulen der Balance
Suchtexperten raten, sich einen Maikäfer ins Gedächtnis zu rufen, um vor einem Missbrauch von Suchtmitteln gefeit zu sein. Der Maikäfer steht auf sechs Beinen: Beruf, Familie/Partnerschaft, Gesundheit, soziale Kontakte, Individualität/Hobbys und Glaube/Spiritualität. Je ausgeglichener die Balance dieser Bereiche ist, desto sicherer ist man vor einem Suchtmittelmissbrauch.
tags: #gehirn #eines #alkoholikers #veränderungen