Geistig fit bleiben im Alter: Ein umfassender Leitfaden

Bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben, ist keine Frage des Glücks, sondern eine Frage der aktiven Gestaltung des eigenen Lebensstils. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick darüber, wie Sie Ihre Gehirnleistung optimieren und gleichzeitig das Demenzrisiko senken können.

Einführung

Unser Gehirn ist ein komplexes Organ, das unser gesamtes Leben lang aktiv ist und eine entscheidende Rolle für unsere Lebensqualität spielt. Mit zunehmendem Alter lassen die Hirnfunktionen jedoch oft nach. Dies muss aber nicht zwangsläufig zu einem Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit führen. Durch gezielte Maßnahmen können wir unser Gehirn fit halten und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Demenz reduzieren.

Die Bedeutung geistiger Fitness im Alter

Geistige Fitness im Alter ist von entscheidender Bedeutung für ein selbstständiges und erfülltes Leben. Sie ermöglicht es uns, unseren Alltag souverän zu meistern, soziale Kontakte zu pflegen, neue Dinge zu lernen und unsere Interessen zu verfolgen. Wer geistig aktiv bleibt, kann den Alterungsprozess verlangsamen und das Risiko für Demenz und andere kognitive Erkrankungen senken.

Wie das Gehirn funktioniert

Das Gehirn ist die "Kontrollzentrale" unseres Körpers und steuert alle Aktivitäten. Es besteht aus rund 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die über Verbindungsstellen, den Synapsen, miteinander kommunizieren. Diese Synapsen ermöglichen es uns, Informationen zu empfangen, zu verarbeiten und weiterzuleiten. Im Laufe des Lebens lernt der Mensch viele Fähigkeiten, wodurch sich ein Netzwerk von Neuronen bildet, das immer wieder neue synaptische Verbindungen eingeht. Diese Verbindungen sind die Voraussetzung für geistige Höchstleistungen.

Altersbedingte Veränderungen im Gehirn

Mit zunehmendem Alter nimmt die Hirnleistung langsam ab, Lernen und Denken verlangsamen sich. Dies liegt zum Teil daran, dass Neuronen absterben und die Verbindungen zwischen den Nervenzellen, die Synapsen, abgebaut werden. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass der Verlust von Synapsen eine größere Rolle spielt als der Verlust von Neuronen. Die gute Nachricht ist, dass wir etwas gegen den Abbau der Synapsen tun können, indem wir unser Gehirn trainieren.

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Neuroplastizität: Die Fähigkeit des Gehirns zur Veränderung

Die Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und Funktionen durch die Bildung von Zellen und Synapsen zu verändern und sich an neue Einflüsse anzupassen. Diese Fähigkeit bleibt auch im Alter erhalten und kann gezielt gefördert werden. Forscher sehen die Neuroplastizität als wichtige Voraussetzung, um dem altersbedingten Abbau der Hirnleistung vorzubeugen und geistig fit zu bleiben.

Strategien zur Förderung der geistigen Fitness

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das Gehirn zu trainieren und die geistige Fitness zu verbessern. Die folgenden Strategien haben sich als besonders wirksam erwiesen:

Bewegung und Sport

Regelmäßige Bewegung und Sport stählen nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Vor allem Ausdauersportarten haben eine positive Wirkung auf die Gehirn- und Gedächtnisleistung. Sportliche Aktivität im Alter muss nicht anstrengend sein. Regelmäßiges Spazierengehen oder Radfahren helfen uns, auch im Alter geistig fit zu bleiben. Wer täglich rund 9.000 Schritte geht - am besten schnell gehen - hat ein deutlich niedrigeres Demenz-Risiko. Ab etwa 3.800 Schritten täglich zeigt sich bereits ein schützender Effekt.

Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns, was die Gedächtnisleistung steigert und die Ausschüttung von Botenstoffen bewirkt. Diese wirken auf die Nervenzellen wie Dünger, lassen Nervenfasern wachsen, unterstützen Umbauprozesse im Gehirn und schützen vor Demenz. Forscher haben herausgefunden, dass Bewegung sich vor allem positiv im Hippocampus auswirkt, dem Bereich im Gehirn, in dem auch im hohen Alter noch neue Nervenzellen entstehen können.

Geistige Aktivität und Lernen

Das Gehirn muss ständig weiter aktiviert und trainiert werden. Es möchte lernen, bis ins hohe Alter. Wer geistig aktiv ist, kann die Leistungsfähigkeit seines Gehirns verbessern. Durch Anregung der Nervenzellen können sich diese besser vernetzen und sich die Verbindungen besser festigen. Die kognitive Reserve ist einer von mehreren Aspekten, die den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung beeinflussen kann. So zeigen sich typische Alzheimer-Symptome nachweislich später bei Menschen, die ihr Leben lang geistig aktiv waren - zum Beispiel im Beruf oder im sozialen Leben.

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Es hilft zum Beispiel nicht, jeden Tag ein Kreuzworträtsel zu lösen, denn dabei wird nur bereits bekanntes Wissen abgefragt. Wichtig ist, das Gehirn zu fordern und so die Neuronen zur Vernetzung anzuregen.

Empfehlenswerte geistige Aktivitäten:

  • Musik: Musik hören oder selbst musizieren regt neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn an und hilft so bei der Vorbeugung gegen Alzheimer. Das Erlernen und Üben feinmotorischer Bewegungen, das Lesen von Noten und die Schulung des Gehörs stärken das Gehirn und tragen zur geistigen Fitness bis ins hohe Alter bei.
  • Lesen: Bücher, Zeitschriften und Zeitungen zu lesen, ist ein komplexer Vorgang, der das Gehirn fordert und die kognitiven Fähigkeiten verbessert.
  • Spiele: Kartenspiele, Gesellschaftsspiele, Puzzles, Computer- und Videospiele trainieren das Gedächtnis, die Konzentration und das logische Denken.
  • Neues lernen: Eine Fremdsprache, eine Sportart oder ein neues Hobby zu erlernen, stellt das Gehirn vor neue Herausforderungen und fördert die Neuroplastizität.
  • Tanzen: Tanzen regt mehrere Hirnleistungen gleichzeitig an. Die Kombination aus Denken, Sehen, Hören und Bewegen erfordert die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften.

Soziale Kontakte pflegen

Der Mensch ist ein soziales Wesen und kann ohne die Gesellschaft anderer nicht existieren. Wir lernen nicht nur voneinander, wir lernen auch besser miteinander, weil wir uns gegenseitig motivieren, weil die Gemeinschaft unseren Ehrgeiz anstachelt, weil wir Feedback bekommen und weil wir uns mitteilen können. Nehmen Sie am sozialen Leben teil und bleiben Sie Neuem gegenüber stets offen.

Gesunde Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung und genügend Flüssigkeit stählen nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. „Du bist, was du isst“ - gesund essen schmeckt, tut unserem Körper und der Umwelt gut! Frauen sollten in der zweiten Lebenshälfte Übergewicht vermeiden, Männer Untergewicht. Wer im Normalbereich mit Body-Mass-Index 20-25 bleibt - das gilt für Männer und Frauen - tut daher aktiv etwas für seine Hirngesundheit.

Ausreichend Schlaf

Während wir schlafen regeneriert sich unser Gehirn. Die Eindrücke und Erlebnisse das Tages werden sortiert und abgespeichert. Achten Sie auf Ihren Schlaf. Eine anhaltend kurze Schlafdauer ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Sie sollten auf Dauer mindestens 6 Stunden erholsamen Schlaf finden.

Vermeidung von Risikofaktoren

Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind ungesund, gerade für das Gehirn. Das gilt auch für Kopfverletzungen. Im Verkehr sollte man möglichst einen Helm aufsetzen und den Kopf auch beim Sport schützen. Lassen Sie bestehende Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Depressionen oder Diabetes behandeln. Diese haben einen großen Einfluss auf das Entstehen einer Demenz - ebenso wie nachlassendes Seh- und Hörvermögen. Wenn Sie also merken, dass Ihr Hörvermögen abnimmt, könnte der Einsatz von Hörgeräten einem Abbau der geistigen Fähigkeiten womöglich entgegenwirken.

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Abwechslung im Alltag

Soll unser Gehirn fit bleiben, sind zusätzlich zum Training noch andere Faktoren wichtig - zum Beispiel der Schlaf. Generell rät Felicitas Heyne die gewohnte Alltagsroutine zu durchbrechen. Dabei sollte man am besten des Öfteren neue Touren und Routen ausprobieren, um neue Eindrücke zu bekommen, denn unser Gehirn braucht ständig neue Reize. Egal wie anspruchsvoll eine Aufgabe ist: Wenn sie ständig nur wiederholt wird, bleibt das Gehirn unterfordert. Oder weichen Sie bei alltäglichen Strecken (etwa zur Arbeit, zum Arzt oder beim Spazierengehen) auf alternative Routen aus. Sie sollten versuchen, sich möglichst oft auf neue Situationen einzustellen und so ihr Gehirn zu fordern.

Freude und Spaß

Was auch immer Sie für ein gutes Gedächtnis tun: Suchen Sie sich etwas, das Ihnen Freude bereitet. Ob Sie nun ins Museum gehen oder lieber mit den Enkeln Karten spielen, Freunde treffen, Musik hören oder Sport treiben - Hauptsache ist, dass Sie Spaß dabei haben und dass möglichst wenig Routine dabei aufkommt. Bei emotional positiven Erlebnissen werden Botenstoffe ausgeschüttet, die die Bereitschaft des Gehirns erhöhen, Lerninhalte zu speichern. Zudem sind Hirnareale wie das Kerngebiet der Amygdala sehr stark mit Freude und Emotionen assoziiert, was bei der Gedächtnisspeicherung eine große Rolle spielt.

Gedächtnistraining bei Demenz

Gedächtnistraining ist auch für Menschen mit einer bestehenden Demenz sinnvoll. Aktivierende Übungen können die kognitiven Funktionen des Patienten länger erhalten, das Langzeitgedächtnis trainieren, soziale Kompetenzen erhalten sowie Sinneswahrnehmungen, Lebensfreude und Selbstwertgefühl stärken.

Was Sie vermeiden sollten

  • Routine: Egal wie anspruchsvoll eine Aufgabe ist: Wenn sie ständig nur wiederholt wird, bleibt das Gehirn unterfordert.
  • Mangelnde soziale Interaktion: Einsamkeit kann das Gedächtnis beeinträchtigen.
  • Ungesunde Lebensweise: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht und Schlafmangel schaden dem Gehirn.
  • Sich auf Medikamente verlassen: Die Wirksamkeit der meisten frei verkäuflichen hirnleistungssteigernden Medikamente in Apotheken lässt sich klinisch nicht nachweisen.

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