Die Bereiche des Gehirns, die für Kreativität verantwortlich sind

Viele Menschen streben danach, kreativer zu sein, aber die Entstehung und die Verantwortlichkeit der Bereiche des Gehirns für Kreativität sind seit langem Gegenstand der Forschung. Die Frage nach dem Ursprung der Kreativität ist genauso schwer zu beantworten wie die Definition von Kreativität selbst.

Eine weit verbreitete, aber wissenschaftlich umstrittene Annahme ist, dass die rechte Gehirnhälfte für Kreativität zuständig ist, während die linke Gehirnhälfte als rational und logisch gilt. Diese Theorie besagt, dass eine der beiden Hälften bei Menschen dominiert und somit unterschiedliche Persönlichkeitstypen hervorbringt. Neurowissenschaftler stehen dieser Theorie jedoch skeptisch gegenüber, da es an Beweisen mangelt.

Eine Studie des Creativity Research Lab der Drexel University in Philadelphia hat nun neue Einblicke in dieses Thema gegeben. Das Forscherteam zeichnete die elektrische Aktivität der Gehirne von 32 Jazzgitarristen mittels Elektroenzephalografie (EEG) auf, während diese zu unbekannten Jazzliedern improvisierten. Die Aufnahmen wurden Musikexperten vorgespielt, die die Improvisationen nach Kreativität bewerteten.

Die Rolle der linken Gehirnhälfte bei erfahrenen Musikern

Der Vergleich der EEGs zeigte, dass bei besonders gut bewerteten Leistungen die Aktivität in der linken Gehirnhälfte höher war, insbesondere im hinteren Bereich. Dies deutet darauf hin, dass Kreativität bei erfahrenen Musikern eher in der linken Gehirnhälfte entsteht. Gut trainierte Fähigkeiten werden vom Gehirn oft automatisiert und in den hinteren linken Teil des Gehirns verlagert. Diese Fähigkeiten erfordern kein intensives Nachdenken mehr.

In einem zweiten Schritt trennten die Forscher den Effekt der Erfahrung von dem Effekt der höheren Kreativität. Die Ergebnisse zeigten, dass Musiker mit viel Improvisationserfahrung einen Teil der Aktivität automatisieren und in die hintere linke Gehirnhälfte verlagern. Dies betrifft vermutlich den technischen und wissensbasierten Teil des Improvisierens.

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Die Bedeutung der rechten Gehirnhälfte für den Schaffensprozess

Der eigentliche Schaffensprozess, wie das Improvisieren zu einem neuen Lied, scheint jedoch immer die Aktivität der rechten vorderen Gehirnhälfte zu erfordern. Laut Kounios spielt die linke Gehirnhälfte eine Schlüsselrolle, wenn Kreativität über die Qualität eines Produkts definiert wird.

Das Default Mode Network (DMN) und seine Rolle bei der Kreativität

Eine aktuelle Studie rückt das Default Mode Network (DMN) in den Mittelpunkt der Forschung. Das DMN ist ein Netzwerk im Gehirn, das für Gedankenabläufe zuständig ist, die unabhängig von konkreten Handlungen oder Aufgaben im Ruhezustand stattfinden. Es ist bei Meditation, Tagträumen und anderen nach innen gerichteten Denkweisen aktiv und über mehrere Regionen im Gehirn verteilt.

In der Studie mussten die Probanden neue Verwendungsmöglichkeiten für alltägliche Objekte finden, während die Aktivität im DMN gemessen wurde. Beim Brainstorming für Ideen leuchtete das DMN auf, bevor sich die Hirnaktivität mit anderen Regionen synchronisierte, die normalerweise beim Lösen komplexer Probleme oder beim Treffen von Entscheidungen aktiv werden. Ein zweiter Versuch, bei dem die Forschenden mithilfe von Elektroden die Aktivität bestimmter Regionen des DMN ausschalteten, bestätigte ihre Hypothese.

Förderung der Kreativität

Erste Ansätze zur Verbesserung der Kreativität gibt es bereits. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat beispielsweise die Verbindung zwischen Achtsamkeitsübungen und Kreativität untersucht. Bewusstes Umherschweifen der Gedanken kann zu neuen Ideen oder neuen Verbindungen anregen.

Die Funktionen der linken und rechten Gehirnhälfte

Die rechte Gehirnhälfte steuert mehr die Intuition, Kreativität, Symbole und Gefühle. Sie wird durch Metaphern aktiviert, die beim Zuhörer eigene Bilder, Symbole, Melodien oder Gerüche entstehen lassen. Die linke Gehirnhälfte ist verantwortlich für Sprache, Lesen, Rechnen, Logik, Regeln, Gesetze, Konzentration, Analyse, Detail, Wissenschaft, Einzelheiten, Zeitempfinden und Linearität.

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Jede Gehirnhälfte hat spezielle Fähigkeiten und übernimmt einen bestimmten Modus der Informationsverarbeitung, kann aber auch alleine arbeiten. Forschungen haben gezeigt, dass die rechte Gehirnhälfte ab dem Schuleintritt eines Kindes in eine untergeordnete Rolle gedrängt wird und die linke Gehirnhälfte an Präsenz gewinnt. Die zwei Faktoren, welche Hemisphäre eine Handlung lenkt, sind Schnelligkeit und Motivation.

Kreativität trainieren

Kreativität ist keine Gabe, sondern kann wie Fahrradfahren erlernt werden. Im Berufsalltag ist meist die linke Gehirnhälfte aktiv, aber wenn neue Ideen gefunden werden sollen, brauchen wir die kreative rechte Hälfte dazu. Kreative Aufgaben sollen nicht mit dem gleichen geistigen Werkzeug bearbeitet werden, wie sie bei Routinetätigkeiten zum Einsatz kommen.

Wenn Kreativität nicht trainiert wird, nimmt sie stetig ab. Kinder benutzen überwiegend die rechte Gehirnhälfte, wenn sie Singen, Spielen oder Malen. Erst mit dem Schuleintritt verliert diese Seite ihre Dominanz zugunsten der linken Gehirnhälfte.

Tipps zur Aktivierung des kreativen Potenzials

  1. Denken Sie sich in ein Problem hinein. Dabei ist nicht die Lösung entscheidend, sondern die Auseinandersetzung mit der Aufgabe.
  2. Benutzen Sie viele Farben, Bilder und Symbole, um das gesamte Potenzial Ihres Gehirns zu aktivieren.
  3. Mind-Mapping bildet ab, was das Gehirn zu einem Thema gespeichert hat und trainiert neue Assoziationen und Verknüpfungen.

Wer nun ganz gezielt auf Ideenjagd gehen möchte, dem empfehle ich das Seminar Kreativitätstechniken. Der Ruf nach Innovation und neuen Ideen ist laut, doch im Alltag braucht unser Gehirn gezielte Anstöße, um der Kreativität auf die Sprünge zu helfen.

Kunst und das Gehirn

Kunst hat eine befreiende Wirkung, die uns kurz die Sorgen und den Stress des Alltags vergessen lässt und in eine Welt der Kreativität und Inspiration entführt. Visuelle Verarbeitung und Neuroästhetik spielen eine zentrale Rolle bei der Wahrnehmung und Bewertung von Kunst. Etwa 80 % der Sinneseindrücke eines Menschen basieren auf visuellen Reizen, und unser Gehirn hat mehr Bereiche für die Verarbeitung visueller Informationen vorgesehen als für andere Sinne.

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Die Wahrnehmung eines Kunstwerks beginnt mit der Aufnahme von Licht durch das Auge, das dann durch den Sehnerv an den visuellen Kortex weitergeleitet wird. Das Forschungsfeld der Neuroästhetik untersucht, wie das Gehirn auf ästhetische Erlebnisse und das Erschaffen von Schönheit reagiert.

Emotionale und kognitive Reaktionen auf Kunst

Wenn wir Kunst auf uns Wirken lassen, kann dies starke emotionale Reaktionen hervorrufen, die durch die Aktivierung des limbischen Systems vermittelt werden. Diese Hirnregionen sind für die Verarbeitung von Emotionen und Erinnerungen zuständig. Studien haben gezeigt, dass das Betrachten von Kunstwerken ähnliche Hirnregionen aktiviert wie das Erleben von realen Emotionen.

Selbst künstlerisch tätig zu werden erfordert eine hohe Beteiligung verschiedener kognitiver Prozesse. Beim Malen oder Zeichnen muss der Künstler verschiedene Möglichkeiten visualisieren, Informationen aus visuellen und emotionalen Bereichen integrieren und diese Informationen in das Werk einfließen lassen. Diese Prozesse fordern und fördern die exekutiven Funktionen des Gehirns, die für die Planung, Entscheidungsfindung und Selbstüberwachung zuständig sind.

Synaptische Plastizität und Kreativität

Das Gehirn bleibt durch Neuroplastizität bemerkenswert anpassungsfähig. Neuroplastizität beschreibt, wie sich Verbindungen zwischen Neuronen durch Aktivität und Erfahrung verändern. Diese Fähigkeit ist entscheidend für unser Lernen, Gedächtnis und die Heilung nach Verletzungen. Kreative Aktivitäten fördern neue, gesunde neuronale Verbindungen und beeinflussen das Gehirn so positiv.

Therapeutische Anwendungen der Kunst

Die Kunsttherapie hat sich als wirksam bei der Behandlung verschiedener neurologischer und psychologischer Störungen erwiesen. So untersuchte eine Studie die Wirkung von Kunsttherapie auf Parkinson-Patienten. Die Ergebnisse zeigten, dass Kunsttherapie die visuell-perzeptiven Fähigkeiten und die Augenbewegungen der Patienten verbessern kann, was auf eine erhöhte funktionelle Konnektivität im Gehirn hinweist.

Ein weiteres Anwendungsgebiet der Kunsttherapie ist die Behandlung von altersbedingtem kognitiven Verfall. Eine Studie zeigte, dass Kunsttherapie bei älteren Erwachsenen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung zu Verbesserungen im Arbeitsgedächtnis und in der unmittelbaren Erinnerung führte. Diese kognitiven Gewinne wurden von strukturellen Veränderungen im präfrontalen Kortex begleitet, einem Bereich, der für komplexe kognitive Prozesse zuständig ist.

Neben den kognitiven Vorteilen hat Kunst auch positive Auswirkungen auf die emotionale Gesundheit. Kunsttherapie wird erfolgreich eingesetzt, um Stress abzubauen, Angstzustände zu lindern und das emotionale Wohlbefinden zu verbessern. So kann Kunst tatsächlich auch unsere Stresshormone beeinflussen.

Weitere Faktoren, die Kreativität beeinflussen

  • Handpräferenz: Linkshänder sind in künstlerischen Berufen überrepräsentiert, aber Studien zeigen keine signifikanten Unterschiede in der Kreativität zwischen Links- und Rechtshändern.
  • Gene: Die Gene beeinflussen Eigenschaften, die mit Kreativität einhergehen, aber die Fähigkeit, kreative Leistungen zu erbringen, ist eher erlernt als genetisch bedingt.
  • Substanzen: Alkohol in kleinen Mengen kann helfen, Probleme einfallsreich zu lösen, aber Halluzinogene haben oft einen hohen Preis. Tee trinken ist eine gesündere Alternative.
  • Geschlecht: Es gibt keine Belege für ein kreativeres Geschlecht, aber die Arbeit von Frauen wird oft als weniger kreativ wahrgenommen.
  • Arbeitsumfeld: Gute-Laune-Musik kann beim Brainstorming helfen, aber Stille oder leise Geräuschkulisse sind oft besser.
  • Risikobereitschaft: Besonders kreative Menschen sind nicht unbedingt risikofreudiger, außer in sozialen Situationen.

Gehirnwellen und Kreativität

Neuronen leiten Informationen und Reize weiter über elektrische Impulse. Das Gehirn besteht aus Milliarden Neuronen, die elektrische Impulse feuern und daraus ergeben sich Schwingungen in verschiedenen Frequenzbändern: Alpha, Beta, Delta, Theta, Gamma. Alpha-Wellen treten bei Entspannung auf, Beta-Wellen bei aktiver Konzentration, Gamma-Wellen bei Höchstleistungen des Gehirns, Delta-Wellen im Tiefschlaf und Theta-Wellen an den Übergängen zwischen Schlaf und Wachen.

Die Bedeutung der Zusammenarbeit beider Gehirnhälften

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn in zwei Hemisphären geteilt ist, die sich auf unterschiedliche Funktionen spezialisiert haben. Die linke Gehirnhälfte ist für logisches, rationales und sequenzielles Denken zuständig, während die rechte Gehirnhälfte für ganzheitliche Betrachtung, Denken in Bildern und Erinnern von Gefühlen zuständig ist. Nur durch harmonische Teamarbeit beider Gehirnhälften kommt der gewollte ganze Mensch zustande, der all seine Fähigkeiten und Gaben ausschöpft und in eine Lösungssuche einbringt.

Formulierungsübungen zur Förderung der Kreativität

Formulierungsübungen im ganzheitlichen Gedächtnistraining erweitern nicht nur sprachliche Kompetenzen wie Wortschatz und Ausdrucksfähigkeit, sondern fördern auch den kreativen Umgang mit Sprache. Insbesondere bei kreativen Formulierungsübungen sind in einem kooperierenden Zusammenspiel die linke (rationale) und rechte (emotionale) Gehirnhälfte beteiligt.

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