Gehirnregeneration nach Drogenkonsum: Ein umfassender Überblick

Der Drogenkonsum ist ein komplexes Thema mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit, insbesondere für das Gehirn. Viele Menschen sind von einem problematischen Konsum von Cannabis, Ecstasy und anderen illegalen Drogen betroffen. Zählt man zu den klassischen Drogen auch den Gebrauch von Nikotin, Alkohol und Medikamenten hinzu, liegt die Zahl sogar um ein Vielfaches höher. Dieser Artikel beleuchtet die Auswirkungen verschiedener Drogen auf das Gehirn und untersucht die Möglichkeiten der Regeneration nach Drogenmissbrauch.

Die Gefahren des Drogenkonsums

Drogenmissbrauch und Drogenabhängigkeit sind durch die Diagnoseschlüssel F10 bis F19 im Klassifizierungssystem ICD-10 eindeutig festgelegt. Es gibt keinen unbedenklichen Drogenkonsum, da jede psychoaktive Substanz bei regelmäßigem Gebrauch massiv das Gehirn bzw. das zentrale Nervensystem beeinflusst. Der grundlegende Unterschied zwischen Drogenmissbrauch und Drogensucht besteht darin, dass der Konsument einen Missbrauch meist aber jederzeit selbst beenden kann, während eine Suchterkrankung nur durch ärztliche und therapeutische Hilfe und eine dauerhafte Abstinenz kontrolliert werden kann.

Die Gründe für einen Drogenkonsum sind vielfältig. Schließlich rufen alle genannten Stoffe im zentralen Nervensystem (ZNS) Glücksgefühle hervor. Die betroffenen Menschen konsumieren, um Probleme zu vergessen, die innere Leere zu füllen und um sich insgesamt besser zu fühlen. Der Drogenkonsum wird also vielfach zur Selbstmedikation eingesetzt. Die eigentlichen Probleme werden durch den Gebrauch allerdings nicht gelöst.

Auswirkungen verschiedener Drogen auf das Gehirn

Verschiedene Drogen haben unterschiedliche Auswirkungen auf das Gehirn. Einige der häufigsten Drogen und ihre Auswirkungen werden im Folgenden erläutert:

Alkohol

Alkohol ist ein Zellgift, weshalb es auch als Desinfektionsmittel Verwendung findet. Reiner Ethylalkohol, also Trinkalkohol, ist deshalb nur in geringen Mengen genießbar. Ein schwerer Rausch führt zum Absterben von Gehirnzellen und kann tödlich sein. Auch der regelmäßige Konsum kleiner Mengen kann weit reichende Hirnschädigungen nach sich ziehen. Eine der schwersten Erkrankungen ist das so genannte Korsakow-Syndrom, bei dem es zum Absterben ganzer Hirnregionen kommt. Die Betroffenen können sich nichts merken, sind schwer dement (intellektueller Verfall) und desorientiert. Dies ist aber nur das Endstadium. Bei regelmäßigem Konsum nicht mehr risikoarmer Mengen ist der geistige Verfall schleichend. Ein Blackout nach durchzechter Nacht beispielsweise sollte als Warnzeichen interpretiert werden.

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Ecstasy

Ecstasy beeinflusst die Konzentration von Serotonin, einem wichtigen Botenstoff im Gehirn. In den jüngsten Forschungsarbeiten dazu verdichten sich die Hinweise, dass es dabei zu gravierenden Hirnschäden kommen kann. Diese sind sehr wahrscheinlich dosisabhängig: Je mehr konsumiert wird, desto größer sind die Schäden. Bemerkbar machen sich die Schäden in erster Linie als Gedächtnisprobleme. In einer Studie wurde beispielsweise festgestellt, dass Ecstasykonsumierende mehr vergessen als drogenfreie Personen, wenn sie verschiedene Dinge einkaufen sollten. Einer aktuellen tierexperimentellen Untersuchung zufolge schädigt Ecstasy auch die Blut-Hirn-Schranke. Dies ist der Schutzwall des Gehirns, der normalerweise das Eindringen von Schadstoffen und Erregern ins Gehirn verhindert. Wie dauerhaft die durch Ecstasykonsum verursachten Hirnschäden sind, ist noch nicht bekannt. Bei Menschen, mutmaßen die Autorinnen und Autoren der Studie, könnte die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke noch Jahre nach der letzten Ecstasypille anhalten.

Cannabis

Der Konsum von Cannabis, vor allem der regelmäßige und dauerhafte Gebrauch, hat negative Effekte auf die Hirnleistung. So wurden Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses festgestellt und Einbußen beim logischen Denken und Urteilen nachgewiesen. Nach bisherigen Erkenntnissen scheinen hier zwar keine bleibenden Gehirnschäden zugrunde zu liegen, da sich das Gehirn nach Beendigung des Konsums wieder erholt. Dauerhaft scheint allerdings das Lernen neuer Informationen beeinträchtigt zu sein. Der Cannabiskonsum bei Jugendlichen ist häufig mit der Entwicklung eines amotivationalen Syndroms verbunden, was Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit und eine Verflachung der Persönlichkeit nach sich zieht. Dies führt langfristig dazu, dass die Schule, Berufsausbildung oder das Studium buchstäblich in den Sand gesetzt werden und dies den Jugendlichen und jungen Erwachsenen oft nicht einmal bewusst ist. Eine große Gefahr stellt die Entwicklung einer Cannabis-Psychose dar. Die Betroffenen erleben zumeist eine Angstpsychose mit Paranoia und Halluzinationen. Oftmals sind diese Patienten starr vor Angst oder auch in Schweiß gebadet; das ganze vegetative Nervensystem reagiert auf Cannabis. Vielmehr kann es schon beim ersten Joint zur Entstehung einer Cannabis-Psychose kommen, die in manchen Fällen nie wieder weg geht.

Amphetamine und Methamphetamine

Neurotoxische Effekte (Schädigungen von Nervenzellen) sind bei Amphetaminen gut nachgewiesen. Am giftigsten ist Methamphetamin, das auch als Crystal bekannt ist. Konzentrationsschwierigkeiten und Aufmerksamkeitsdefizite sind noch die harmloseren Folgen. Schwerwiegender sind Hirnblutungen und Schlaganfälle mit plötzlichen Lähmungen. Die Folgen dauerhaften Amphetaminkonsums sind auch im Verhalten sichtbar. So neigen die Betroffenen häufig dazu, dieselben Tätigkeiten ständig zu wiederholen, beispielsweise immer wieder eine Schublade zu öffnen und sich auf einen bestimmten Gedanken zu fixieren. Amphetamine treiben den Körper als sogenannte Stimulanzien zur maximalen Leistungsfähigkeit, führen dem Organismus jedoch keine Energie zu, sondern entziehen ihm diese. Dadurch kommt es zu einer massiven Ausbeutung der Energiereserven, die zu einer völligen körperlichen Erschöpfung führen kann. Ähnlich wie bei Kokain ist das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall besonders hoch. Darüber hinaus kann es zu einer Amphetamin-Psychose, Hirnschäden und Stereotypien kommen, bei denen die konsumierende Person bestimmte Handlungen und Gedanken ständig wiederholt.

Kokain

Schon nach einmaliger Gabe von Kokain kommt es im Entscheidungszentrum des Frontalhirns zur Bildung neuer Dornfortsätze auf den Dendriten der Neurone. Die Experimente veranschaulichen die schnelle Lern- sprich Suchtentwicklung der Droge. Kokain begünstigt Schlaganfälle - und lässt das Gehirn schneller altern. Denn dort stößt die Droge Abbauprozesse an, die sonst bei Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson gesehen werden. Eine Studie verglich das Hirngewebe von Kokain-Abhängigen und Nicht-Konsumenten. Bei den Suchtkranken stellte man einen ausgedehnten Schwund an Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen fest. Der Schwund an Nervenzellen geht doppelt so schnell vonstatten wie bei gesunden Menschen. Langzeit-Kokain-Abhängige zeigen Einschränkungen bei der Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit und Reaktionszeit. Darüber hinaus richten Drogen wie Kokain viele andere Schäden im Gehirn an. Halluzinationen, Hyperaktivität, Realitätsverlust und Paranoia sind bekannte Begleit- und Folgeerscheinungen.

Heroin

Heroin gilt als die gefährlichste Droge überhaupt, da die Grenzen zwischen einem Rausch und einer tödlichen Überdosierung sehr eng gesteckt sind. Darüber hinaus besteht ein hohes Risiko für eine körperliche und psychische Abhängigkeit. Aufgrund der schnellen Toleranzentwicklung konsumieren Heroinabhängige Dosierungen, die für einen nicht an die Substanz gewöhnten Menschen tödlich wären und zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Wenn man das weiß, ist es verständlich, dass es besonders gefährlich ist, wenn ein Heroin Abhängiger nach einer Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung wieder rückfällig wird.

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Regeneration des Gehirns nach Drogenkonsum

Über die Regeneration des menschlichen Gehirns nach dem übermäßigen Konsum von Alkohol oder illegalen Drogen lässt sich keine allgemein gültige Aussage treffen. Schließlich kommt es auf die jeweilige Substanz, die Länge des Konsums, den gesundheitlichen Zustand und das Alter des Betroffenen an. Grundsätzlich ist das jugendliche Gehirn erst ab einem Alter von 25 Jahren vollständig ausgereift, so dass es umso schädlicher ist, je früher der Konsument seine ersten Erfahrungen mit Drogen macht.

Cannabis-Konsum: So lange braucht dein Gehirn, bis es wieder normal funktioniert

Trotz intensiver Forschung ist eine entscheidende Frage noch immer nicht geklärt: Wie stark und wie lange sich Kiffen nun tatsächlich auf das Gehirn und das Gedächtnis auswirkt. Neuropsychologen aus den USA liefern nun überraschende Ergebnisse. Eine Studie des gleichen Forschungsteams aus dem Jahr 2016 hatte bereits ergeben, dass eine intensive Nutzung über mehrere Jahre zu Gedächtnisverlust führen kann. Außerdem zeigte sich damals, dass Cannabiskonsumenten unter 16 Jahren Schwierigkeiten hatten, neue Informationen zu erlernen - ein Problem, das bei Nutzern ab 17 Jahren nicht beobachtet werden konnte. Ihr Ergebnis: Die Gedächtniskapazität wird durch Cannabis unterdrückt. Gleichzeitig konnten sie jedoch aufzeigen, dass die Beeinträchtigung schnell nachlässt, wenn man den Konsum stoppt. Die Analyse der Ergebnisse zeigte, dass die Abstinenzler im Vergleich zum Ausgangswert eine signifikante Verbesserung des verbalen Lernens und des Gedächtnisses aufwiesen. Sie konnten sich insgesamt auch mehr merken als die Kontrollgruppe, bei der sich keine Verbesserung in den einzelnen Bereichen zeigte. Die Fähigkeit der Abstinenzler, neue Informationen zu erlernen und sie sich einzuprägen, hatte sich also nach nur einem Monat verbessert und normalisiert.

Sport als Unterstützung der Regeneration

Exzessiver Konsum von Crystal kann das Gehirn schädigen. Betroffene können aber etwas dagegen tun, wie eine aktuelle Studie nahelegt. Sport scheint die Regeneration des Gehirns zu fördern. Die Studienteilnehmer absolvierten ein Fitness-Programm aus Joggen oder Indoor-Fahrradfahren. Die Belastung lag im moderaten Bereich. Die Droge Crystal Meth mit dem Wirkstoff Methamphetamin gilt als besonders nervenschädigend. Geistige Leistungen wie das Gedächtnis, aber auch die Steuerung von Bewegungen können betroffen sein. Studien zufolge kann Crystal sogar Parkinson-Symptome auslösen. Die nervenschädigende Wirkung von Amphetaminen wie Crystal erfolgt über verschiedene Wege. Einer davon betrifft die Blut-Hirn-Schranke, die aus einem Wall dicht gepackter Zellen besteht. Die so genannten Endothelzellen bilden eine Barriere, durch die nur besonders kleine Partikel durchdringen können. Dadurch wird verhindert, dass Erreger und Schadstoffe ins Gehirn eindringen. Crystal schädigt die Endothelzellschicht. Die Gefäße werden durchlässiger für giftige Substanzen, die ins Gehirn vordringen und dort Infektionen verursachen können. Nach Einschätzung des Forschungsteams sprechen die Ergebnisse dafür, dass moderater Sport die Regeneration des Gehirns von Crystalabhängigen fördert. Sport unterstützt nicht nur die Regeneration des Gehirns. Regelmäßige sportliche Betätigungen dämpfen auch Entzugssymptome, heben die Stimmung und machen ganz nebenbei noch fit.

Behandlung von Drogenmissbrauch und Sucht

Sollten die Eltern oder andere Angehörige den Drogenmissbrauch eines Familienmitglieds feststellen, sollte die betreffende Person ruhig und sachlich auf ein mögliches Drogenproblem und die sich daraus ergebenden Konsequenzen angesprochen werden. Um das Gespräch konstruktiv und zielführend zu gestalten, ist es wichtig, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dies kann durch den Besuch einer Stelle für Suchtberatung oder einen Termin bei einer Familienberatungsstelle erfolgen. Der Konsument selbst muss den Drogenmissbrauch im ersten Schritt erkennen und beenden wollen. Ist noch keine Sucht entstanden, kann der Konsum mit Unterstützung einer ambulanten Psychotherapie meist allein aufgegeben werden. Hat sich aus dem Drogenabusus bereits eine Sucht entwickelt, hilft in der Regel nur noch ein qualifizierter Drogenentzug in einer Suchtklinik. Hier wird der Körper unter ärztlicher Aufsicht und unter kontinuierlicher Überwachung der Vitalparameter zunächst von der Substanz und allen Abbauprodukten entgiftet. Im Anschluss erfolgt eine umfangreiche Psychotherapie zur psychischen Entwöhnung, während der ebenfalls eventuell vorhandene Begleiterkrankungen behandelt werden. Die psychotherapeutische Betreuung verläuft mit je 5 Einzel- und Gruppenterminen pro Woche deutlich intensiver als in öffentlichen Einrichtungen und kann die Abstinenz auf diese Weise nachhaltig stabilisieren.

Die Therapie einer Suchterkrankung ist abhängig von der Art der Sucht und der Ausprägung bei jedem oder jeder Einzelnen. Entsprechend unterscheiden sich auch die Vorgehensweisen bei einer stoffgebundenen und bei einer Verhaltenssucht. Fällt das Ziel einer Abstinenz dem oder der Betroffenen dennoch zu schwer, wird zumindest versucht, den Konsum im Sinne einer Schadensminimierung zu verringern, beziehungsweise zu begrenzen. Bei der medizinischen Behandlung einer Drogenabhängigkeit kommen unter Umständen für einige Substanzen Ersatzstoffe, wie etwa Methadon für Heroin in Frage, was den Beginn einer Therapie erleichtern kann.

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Das Suchtgedächtnis und Rückfälle

Eine Suchterkrankung, ob als Abhängigkeit von Substanzen oder Verhaltensweisen, ist mit Blick auf das komplexe Suchtgedächtnis eine lebenslange Aufgabe. Ein Rückfall ist kein persönliches Versagen, sondern gehört vielmehr zum Wesen einer Sucht. Wichtig ist, jeden Rückfall zu bewerten und therapeutisch aufzuarbeiten. Das kann vor weiteren „Ausrutschern“ schützen und dabei helfen, die Abstinenz langfristig zu stabilisieren.

Prävention von Drogenmissbrauch

Die Gefahr eines Drogenmissbrauchs ist im Jugendalter besonders hoch, so dass viele Drogensüchtige ihre „Drogenkarriere“ bereits als Jugendliche begonnen haben. Dies liegt zum einen daran, dass die Lust am Experimentieren und Ausprobieren in jungen Jahren am stärksten ausgeprägt ist. Zum anderen sind Jugendliche in der Pubertät durch das Heranwachsen, die Berufsfindung und die Abgrenzung zum Elternhaus besonderen Belastungen ausgesetzt, die vielfach mit Hilfe von Drogen bewältigt werden. Um den Wechsel von Alkohol oder Tabak auf illegale Drogen zu verhindern, sollten sich die Eltern Zeit für ihr Kind und dessen Probleme nehmen und gemeinsame Lösungsstrategien entwickeln. So kann vermieden werden, dass Drogen als Problemlöser genutzt werden.

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