Das Gehirn, die Steuerzentrale des Körpers, ist ein komplexes Organ, das für Denken, Fühlen, Intelligenz und Gedächtnis verantwortlich ist. Es verarbeitet Sinneseindrücke und Informationen des Körpers und sendet Botschaften in alle Bereiche des Körpers zurück. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Anatomie des Gehirns, seine verschiedenen Abschnitte und ihre Funktionen.
Einführung in die Gehirnanatomie
Das Gehirn (Encephalon) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der innerhalb des knöchernen Schädels liegt und diesen ausfüllt. Es besteht aus unzähligen Nervenzellen, die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem Organismus verbunden sind und ihn steuern. Das Gehirnvolumen (Mensch) beträgt etwa 20 bis 22 Gramm pro Kilogramm Körpermasse. Das Gewicht (Gehirn) macht mit 1,5 bis zwei Kilogramm ungefähr drei Prozent des Körpergewichts aus. Ein Mensch hat ungefähr 100 Milliarden Gehirnzellen, die das zentrale Nervensystem, unser Gehirn, aufbauen und untereinander verknüpft sind. Die Zahl dieser Verknüpfungen wird auf 100 Billionen geschätzt. Die Nervenzellen im Gehirn sind eingebettet in ein stützendes Gewebe aus Gliazellen. Das Gehirn ist von drei Hirnhäuten umgeben: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater.
Die Hauptbestandteile des Gehirns
Das menschliche Gehirn lässt sich grob in fünf Abschnitte gliedern:
- Großhirn (Telencephalon)
- Zwischenhirn (Diencephalon)
- Mittelhirn (Mesencephalon)
- Kleinhirn (Cerebellum)
- Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)
Das Großhirn (Telencephalon)
Das Großhirn ist der größte und am höchsten entwickelte Teil des Gehirns und ähnelt mit seinen Falten und Furchen einem Walnusskern. Das Großhirn gliedert sich in zwei Hälften, die Hemisphären, die durch den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden sind. Die Oberfläche der Hemisphären besteht aus Furchen (Sulci) und Windungen (Gyri), die der Oberflächenvergrößerung dienen. Beinahe alle Furchen und Windungen sind mittlerweile benannt. Die graue Substanz liegt außen und bildet die Großhirnrinde, die weiße Substanz liegt innen und bildet das Marklager. Darüber hinaus wird die gesamte Großhirnrinde in 52 Rindenfelder (Brodmann-Areale oder Areae) eingeteilt, die die Endstätten der aufsteigenden Nachrichten-/Nervenbahnen aus Rückenmark, Hirnstamm, Zwischenhirn und Kleinhirn darstellen.
Die beiden Gehirnhälften haben zum Teil unterschiedliche Funktionen: Während die linke Hälfte bei den meisten Menschen auf Sprache und abstraktes Denken spezialisiert ist, kommt die rechte in der Regel dann zum Einsatz, wenn es um räumliches Denken oder bildhafte Zusammenhänge geht. Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperseite, die linke Hälfte ist für die rechte Seite zuständig. Im Großhirn ist die Hirnrinde der linken Gehirnhälfte für die Sprache verantwortlich. Die Hirnrinde der rechten Gehirnhälfte vermittelt dem Gehirn die räumliche Stellung des Körpers - beispielsweise, wo sich der Fuß gerade befindet.
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Wichtige Rindenfelder der Großhirnrinde
- Die Motorische Rinde wird z.B. von zwei Rindenfeldern (Areal 4 und 6) gebildet;
- ebenfalls zwei Rindenfelder (Areal 44 und 45) bilden das motorische Sprachzentrum (auch Brocasches Feld genannt);
- das Sehzentrum wird von Areal 17 gebildet.
Beim Marklager handelt es sich um Nervenfasermassen, die entweder von Nervenzellen der Großhirnrinde abgehen oder zu ihr hinziehen. Die Projektionsfasern stellen auf- und absteigende Verbindungen zwischen der Hirnrinde und allen unter ihr gelegenen (subkortikalen) Zentren her. Die von der Rinde absteigende Bahnen laufen fächerförmig zusammen und bilden tief im Inneren des Großhirns eine Region, die innere Kapsel (Capsula interna) genannt wird. Diese wiederum enthält die verschiedenen Bahnen zum Thalamus, zur Brücke (im Hirnstamm) und zum Rückenmark. Die Kommissurenfasern verknüpfen die Rindenbereiche der beiden Großhirnhälften miteinander. Die Basalganglien oder Stammganglien sind Gruppen von Nervenzellkernen (also graue Substanz), die in der Tiefe der weißen Substanz beider Hemisphären liegen. Man unterscheidet verschiedene Basalganglien (bezeichnet zum Beispiel als Claustrum, Globus pallidum oder Corpus striatum).
An die Großhirnrinde ist unter anderem das Bewusstsein geknüpft. Nur diejenigen Sinnesreize werden bewusst, welche bis zur Großhirnrinde weitergeleitet werden. Nur der Mensch besitzt die Fähigkeit der Sprache. Als innere Sprache ist sie eine Voraussetzung für das Denken; gesprochen ermöglicht sie die Kommunikation und geschrieben die Weitergabe von Informationen über Jahrtausende hinweg. Die Fähigkeit zur Sprache ist unmittelbar gebunden an die Unversehrtheit bestimmter Rindengebiete des Großhirns, die in der Regel nur in einer Gehirnhälfte (Hemisphäre) liegen. Diese wird als dominante Hemisphäre bezeichnet und ist beim Rechtshänder meist die linke, beim Linkshänder meist die rechte.
Die Lappen des Großhirns
Das Großhirn lässt sich in vier Lappen gliedern, die durch konstante Sulci begrenzt werden: Frontal-, Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen. In der Tiefe des Sulcus lateralis (Sylvische Fissur) befindet sich die Insula, ein ursprünglich oberflächlich gelegenes Rindenareal, das durch Wachstumsprozesse benachbarter Hirnareale (Opercula) überdeckt wird. Das Areal zwischen Sulcus parietooccipitalis und Sulcus calcarinus wird aufgrund seiner keilartigen Form als Cuneus bezeichnet.
Frontallappen: Im Frontallappen liegt unter anderem die Präzentralregion. Hier befinden sich die beiden Rindenfelder, die die motorische Rinde (Areas 4 und 6) bilden. Die motorische Rinde ist das Hauptursprungsgebiet der Nachrichtenvermittlung für Muskelaktivitäten. Ein weiteres Rindenfeld (Area 8) gilt als das Blickzentrum für willkürliche Augenbewegungen. Schädigungen im Bereich der ganz vorn und an der Unterseite liegenden Rindengebiete des Frontallappens haben manchmal schwere Persönlichkeitsveränderungen zur Folge. Der Frontallappen unterstützt die Kontrolle der Feinmotorik, Gemüt, Zukunftsplanung, Ziel- und Prioritätensetzung.
Scheitellappen (Parietallappen): Im Scheitellappen (Parietallappen) liegt unter anderem die Postzentralregion. verschiedene Formen der Agnosie. Der Scheitellappen empfängt und verarbeitet Informationen über Temperatur, Geschmack, Berührung und Bewegung, die vom Rest des Köpers kommen.
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Schläfenlappen (Temporallappen): In den Schläfenlappen liegt unter anderem die Hör- und die Sprachregion. Im hinteren Bereich der oberen Schläfenlappenwindung (Gyrus temporalis superior) der dominanten Hemisphäre liegt das sensorische oder Wernicke Sprachzentrum, bei dessen Schädigung eine Störung des Wortverständnisses eintritt (sensorische Aphasie). Man nimmt außerdem an, dass die Schläfenlappenrinde eine wichtige Rolle der bewussten und unbewussten Verfügbarkeit der eigenen Vergangenheit und der in ihr gemachten Erfahrungen spielt, ohne die man sich in seiner Umwelt nicht zurechtfinden würde. Im Schläfenlappen liegt auch der Hippocampus, eine Sehpferdchen-förmige Struktur, die hauptsächlich für die Gedächtnisbildung zuständig ist. Bei einem Hirntumor im Schläfenlappen (temporaler Hirntumor) können unter anderem Hör- und/oder Sprachstörungen auftreten. Ist der Hippocampus mitbetroffen, sind oft Gedächtnisstörungen die Folge. Zellen des Schläfenlappens sind wichtig für das Gedächtnis, für Gefühle und Emotionen. Der Schläfenlappen beherbergt zudem die Hörrinde und das Sprachverständnis.
Hinterhauptslappen (Okzipitallappen): Im Hinterhauptslappen liegt die Sehregion. Area 17 bildet die Endigungsstätte aller Sehbahnen, die Sehrinde. Schädigungen im Bereich des Hinterhauptslappens (zum Beispiel durch einen okzipitalen Hirntumor) können zu einer Rindenblindheit führen.
Bei Schädigungen im Bereich des Marklagers kann es also neben dem Ausfall verschiedener Faserbahnen, die die einzelnen Rindengebiete mit Informationen versorgen und von diesen Informationen erhalten, zur Zerstörung von Stammganglien kommen. Manche große Tumoren können zu einer Schwellung des umgebenden Gewebes führen (perifokales Ödem). So kann beispielsweise ein großer Tumor im Großhirn ein Ödem im Marklager verursachen, das - obwohl der Tumor dieses nicht direkt schädigt - einen gewissen Druck auf die sich darin befindlichen Nervenzellkerngruppen ausübt.
Das Zwischenhirn (Diencephalon)
Das Zwischenhirn besteht unter anderem aus dem Thalamus und dem Hypothalamus. Das Zwischenhirn liegt, wie der Name schon sagt, zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn. Das Zwischenhirn ist die Fortsetzung des Hirnstamms in Richtung des Großhirns.
Der Thalamus teilt dem Großhirn unter anderem Sinneseindrücke der Haut, der Augen und der Ohren mit. Den Thalamus kannst du dir als „Tor zum Bewusstsein“ vorstellen. Seine Funktion ist die Sammlung fast aller Sinneswahrnehmungen und die Weiterleitung an das primär sensorische Rindenfeld im Scheitellappen des Großhirns. Im Thalamus treffen Informationen aus dem Körper und den verschiedenen Sinnesorganen ein. Der Thalamus leitet die Signale an das Großhirn weiter, nachdem er die Informationen im Vorfeld gefiltert hat. Dies vermeidet, dass das Hirn überlastet wird.
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Der Hypothalamus reguliert zum Beispiel Hunger, Durst und Schlaf und kontrolliert zusammen mit der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) den Hormonhaushalt. Der Hypothalamus bildet die unterste Etage des Zwischenhirns. Aus ihm stülpt sich ein Teil der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) heraus. Der Hypothalamus beeinflusst verschiedene Organe, indem er bestimmte Hormone produziert, die wiederum die Bildung und Ausschüttung anderer Hormone in der Hypophyse regulieren. Der Hypothalamus kontrolliert den Hormonhaushalt. Damit stellt er sozusagen die Verbindung zwischen Hormon- und Nervensystem dar. Er steuert wichtige Funktionen, wie Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur und Sexualverhalten. Der Hypothalamus steuert als übergeordnetes Schaltzentrum zum Beispiel den Schlaf-Wach-Rhythmus, den Wasserhaushalt, die Schweißsekretion sowie Schmerz- und Temperaturempfinden. Er lässt sich sowohl über Nerven als auch durch Hormone beeinflussen. Der Hypothalamus steht in direktem Kontakt mit der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und verbindet das Hormon- mit dem Nervensystem.
Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ist das funktionelle "Ausführungsorgan" des Hypothalamus. Somatotropin (Somatotropes Hormon, STH, auch Wachstumshormon genannt): Es beeinflusst zahlreiche Stoffwechselvorgänge sowie das Wachstum und die Differenzierung von Zellen. Eine wichtige Wirkung ist zum Beispiel die Regulierung des Körperwachstums nach der Geburt. Diese Wirkung erfolgt über die Anregung der IGF-1-Produktion in der Leber. Melanotropin (Melanozyten-stimulierendes Hormon, MSH): Es reguliert u.a. in den Pigmentzellen der Haut (Melanozyten) die Bildung und Verteilung von Pigment (Melanin), das die Haut gegenüber UV-Strahlen schützt. Oxytocin: Dieses ist zum Ende einer Schwangerschaft und während des Geburtsvorgangs für das Auslösen und die Anpassung der Wehentätigkeit der Gebärmutter zuständig. Antidiuretisches Hormon (ADH): Es sorgt dafür, dass nicht zu viel Wasser über die Niere ausgeschieden wird.
Der Epithalamus ist eine Schaltstelle für Bahnen zwischen den Riechzentren sowie aus dem Hirnstamm und aus der Zirbeldrüse (Epiphyse oder Pinealisdrüse). Der Thalamus ist die Endigungsstätte der Bahnen für verschiedene Gefühlsempfindungen. Der Subthalamus liegt dem Mittelhirn an.
Anmerkung: Das Zusammenwirken von Hypothalamus, Hypophyse und den Hormondrüsen des Körpers unterliegt einem Regelkreis, also einem Steuerungssystem mit Gegenkoppelung. Aus diesem Grund wird vor und während der Behandlung sowie im Rahmen der Nachsorge regelmäßig anhand von Hormonuntersuchungen überprüft, ob dieser Regelkreis noch intakt ist. Die Auswertung erfolgt in den großen Behandlungszentren durch Kinder-Endokrinologen, also durch Ärzte, die auf den Hormonhaushalt im Kindes- und Jugendalter spezialisiert sind. Insbesondere bei Patienten mit ZNS-Tumoren im Zwischenhirnbereich (zum Beispiel Gliome im Bereich der Sehbahn) und Hirntumorpatienten, die eine Strahlentherapie im Bereich des Kleinhirns oder des Rückenmarks im Halswirbelsäulenbereich erhalten, kann die Hirnanhangsdrüse und auch die Schilddrüse Strahlung abbekommen und dadurch in ihren Funktionen beeinträchtigt werden.
Der Hirnstamm (Truncus cerebri)
Der Hirnstamm ist der älteste Teil des Gehirns. Er befindet sich unter den anderen Abschnitten nahe dem Rückenmark und wird fast vollständig von beiden Hirnhälften, den Hemisphären, umschlossen. Der Hirnstamm schaltet Informationen vom Gehirn zum Kleinhirn und dem Rückenmark um und kontrolliert Bewegungen der Augen sowie die Mimik. Im Nachhirn kreuzen die aus dem Rückenmark kommenden Nervenbahnen. Das führt dazu, dass Informationen einer Körperseite in der gegenüberliegenden Hirnhälfte verarbeitet werden. Der Hirnstamm ist der vom Großhirn überlagerte Bereich des Gehirns unterhalb des Zwischenhirns, wobei das Kleinhirn nicht mit dazugerechnet wird. Der Hirnstamm geht an der Schädelbasis über die Medulla oblongata in das Rückenmark über. Die Kerngebiete der Hirnnerven III bis XII verlaufen durch den Hirnstamm.
Der Hirnstamm besteht aus dem Mittelhirn (Mesencephalon), der Brücke (Pons) und dem verlängertem Mark (Medulla oblongata, Nachhirn oder Myelencephalon). Die Brücke und das Kleinhirn werden auch als Metencephalon (Hinterhirn) bezeichnet. Es bildet zusammen mit dem Myelencephalon (verlängerten Mark) das Rautenhirn (Rhombencephalon).
Der Hirnstamm bildet die Schnittstelle zwischen dem übrigen Gehirn und dem Rückenmark. Aus dem Körper aufsteigende und in den Körper absteigende Informationen leitet er überkreuz weiter, daher ist die rechte Gehirnhälfte für die linke Körperhälfte zuständig und umgekehrt. Der Hirnstamm ist für die essenziellen Lebensfunktionen zuständig wie die Steuerung der Herzfrequenz, des Blutdrucks und der Atmung. Zudem ist er für wichtige Reflexe wie den Lidschluss-, Schluck- und Husten-Reflex verantwortlich. Auch der Schlaf und die verschiedenen Schlaf- und Traumphasen werden hier kontrolliert.
Innerhalb der Brücke verläuft die Pyramidenbahn - die Verbindung zwischen dem motorischen Kortex und dem Rückenmark, die für willkürlich-motorische Signale (also willkürliche Bewegungen) wichtig ist. Über den Pons werden diese Signale, die von der Großhirnrinde kommen, ins Kleinhirn weitergeleitet. Der Hirnstamm ist durchzogen von der Formatio reticularis - einer netzartigen Struktur aus Nervenzellen und ihren Fortsätzen. Sie ist an verschiedenen vegetativen Funktionen des Organismus beteiligt, etwa an der Steuerung der Aufmerksamkeit und des Wachheitszustandes. Auch Kreislauf, Atmung und Erbrechen werden hier kontrolliert.
Das Mittelhirn (Mesencephalon)
Das Mesencephalon ist der kleinste Abschnitt des Gehirns. Das Mittelhirn (Mesencephalon) ist der kleinste Hirnabschnitt. Mehr darüber lesen Sie mehr im Beitrag Mittelhirn.
Die Medulla oblongata (Myelencephalon)
Das auch als Nachhirn bezeichnete Meyelencephalon stellt den Übergang zwischen Gehirn und Rückenmark dar. Mehr über diesen Hirnabschnitt lesen Sie im Beitrag Medulla oblongata. Das verlängerte Mark (Medulla oblongata) bildet den Übergang zum Rückenmark. Mehr über diesen Hirnabschnitt lesen Sie im Beitrag Medulla oblongata. Die Medulla oblongata beinhaltet die Zentren für lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck und Schlucken.
Das Kleinhirn (Cerebellum)
Oberhalb des Hirnstamms und unterhalb der beiden Großhirnhemisphären sitzt das Kleinhirn. Mehr über seine Aufgaben und seine Anatomie lesen Sie im Beitrag Kleinhirn. Das Kleinhirn liegt unterhalb des Großhirns und hinter dem Hirnstamm. Genau wie das Großhirn, lässt sich auch das Kleinhirn in zwei Hemisphären einteilen. Zwischen den beiden Hälften liegt der Kleinhirnwurm. Das Kleinhirn ist vor allem für das Gleichgewicht und die Steuerung von erlernten Bewegungsabläufen verantwortlich. Das Kleinhirn (Cerebellum) wiegt mit circa 130 bis 140 Gramm zehnmal weniger als das Großhirn. Das Kleinhirn liegt an der Basis des Schädels unter dem Hinterhauptlappen des Großhirns. Es stimmt Bewegungen aufeinander ab und speichert Abläufe, sodass nach einiger Übung bestimmte Bewegungen automatisch erfolgen. Verbindungen zur Großhirnrinde, zum Hirnstamm, zum Rückenmark und zum Gleichgewichtsorgan ermöglichen es dem Kleinhirn, seine wichtigen Funktionen zu erfüllen. Das Cerebellum gibt keine Bewegungsimpulse, vielmehr stimmt es Bewegungen fein ab, erhält die Muskelspannung und das Gleichgewicht. Wie das Großhirn hat auch das Cerebellum eine Rinde; in ihr liegt die graue Substanz des Kleinhirns: die Zellkörper der Nervenzellen. Das Kleinhirn koordiniert unsere Bewegungen und das Gleichgewicht und speichert erlernte Bewegungen.
Die graue und weiße Substanz
Die graue Substanz im Gehirn besteht in erster Linie aus Nervenzellkörpern. Der Name kommt daher, dass die Nervenzellen im lebenden Organismus rosa sind, sich nach dessen Tod aber grau verfärben. Aus grauer Substanz bestehen etwa die Großhirnrinde, die Basalganglien, die Kleinhirnrinde und die Hirnnervenkerne. Etwa 80 Prozent der Hirndurchblutung sind für die Versorgung der grauen Substanz notwendig. Neben der grauen Substanz gibt es noch die weiße Substanz, die aus den Nervenzellfortsätzen, den Nervenfasern (Axonen), besteht. Die weiße Substanz findet sich im Mark von Großhirn und Kleinhirn.
Die Hirnnerven
Dem Gehirn entspringen zwölf paarige Nerven, die den Kopf, den Hals und Organe im Rumpf versorgen. Die Hirnnerven haben motorische (Bewegung), sensible oder sensorische (Empfindungen) sowie vegetative (lebenswichtige Vorgänge) Funktionen.
- Nervus ophthalmicus: Empfindungen an Auge, Gesichtshaut, Nasenschleimhaut
- Nervus maxillaris: Oberkiefer und Zähne, Rachen
- Nervus mandibularis: Haut und Schleimhaut des Unterkiefers, Unterkieferzähne, Zunge, Kaumuskulatur
- Nervus abducens (VI): versorgt einen Augenmuskel
- Nervus fascialis (VII): Gesichtsmuskulatur (Mimik), Geschmack, Kopfdrüsen
- Nervus vestibulocochlearis (VIII): Hören, Gleichgewicht
- Nervus glossopharyngeus (IX): Geschmack, Schlucken (Schlundmuskeln)
- Nervus vagus (X), sog.
Alle weiteren Nerven, die das Gehirn mit Informationen versorgen beziehungsweise Informationen vom Gehirn in die verschiedenen Körperregionen transportieren, entspringen im Rückenmark.
Die Blutversorgung des Gehirns
Das Gehirn muss ständig mit genügend Sauerstoff, Glukose und weiteren Nährstoffen versorgt werden. Deshalb ist es besonders gut durchblutet. Die vordere Hirnarterie (Arteria cerebri anterior) versorgt das Gewebe hinter der Stirn und im Bereich des Scheitels. Die mittlere Hirnarterie (Arteria cerebri media) ist für die Seite und weiter innen liegende Gehirnbereiche wichtig. Die vordere und die mittlere Hirnarterie zweigen von der inneren Halsschlagader ab. Die hintere Hirnarterie (Arteria cerebri posterior) versorgt den Hinterkopf und den unteren Bereich des Gehirns sowie das Kleinhirn. Sie wird mit Blut aus den Wirbelarterien gespeist.
Bevor die drei Arterien in „ihre“ Hirnregionen ziehen und sich dort in kleinere Äste verzweigen, liegen sie nahe beieinander unterhalb des Gehirns. Hier sind sie über kleinere Blutgefäße miteinander verbunden - ähnlich wie in einem Kreisverkehr. Auch an weiter entfernten Stellen gibt es Verbindungswege zwischen den einzelnen Arterien. Das hat den Vorteil, dass Durchblutungsstörungen im Gehirn bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden können: Wenn zum Beispiel ein Arterienast allmählich immer enger wird, kann über diese „Umwege“ (sogenannte Kollateralen) trotzdem Blut in den betroffenen Hirnbereich fließen.
Die feinsten Aufzweigungen (Kapillaren) der Hirnarterien geben zwar Sauerstoff und Nährstoffe aus dem Blut an die Gehirnzellen ab - für andere Stoffe sind sie jedoch weniger durchlässig als vergleichbare Blutgefäße im übrigen Körper. Fachleute nennen diese Eigenschaft „Blut-Hirn-Schranke“. Sie kann das empfindliche Gehirn zum Beispiel vor im Blut gelösten Schadstoffen schützen. „Verbrauchtes“ - also sauerstoffarmes - Blut wird über die Gehirnvenen abtransportiert. Sie leiten es in größere Blutgefäße, die sogenannten Sinusse. Die Sinuswände sind durch harte Hirnhaut verstärkt, die die Gefäße gleichzeitig aufspannen.
Die Blut-Hirn-Schranke
Das empfindliche Gewebe im Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke gegen schädigende Substanzen im Blut (wie Gifte, Krankheitserreger, bestimmte Medikamente etc.) abgeschirmt. Die Blut-Hirn-Schranke lässt nur wenige Stoffe passieren. Welche Stoffe die Blut-Hirn-Schranke durchlässt, kontrollieren die Endothel- und Gliazellen.
Das Limbische System
Das Limbische System regelt das Affekt- und Triebverhalten und dessen Verknüpfungen mit vegetativen Organfunktionen. Die zugehörigen kortikalen und subkortikalen Strukturen verteilen sich gürtelförmig (limbus = Gürtel) um den Balken und das Diencephalon (Zwischenhirn) an den medialen Seiten der Hemisphären.
Zwei wichtige Teilbereiche innerhalb des limbischen Systems sind die Amygdala (Mandelkern) und der Hippocampus:
- Amygdala: Limbische Struktur, die an vielen Hirnfunktionen beteiligt ist, darunter Emotion, Lernen und Gedächtnis. Die Amygdala ordnet den sensiblen Impulsen eine positive oder eine negative Bewertung zu. Sie bildet die Basis des emotionalen Gedächtnisses und dient als übergeordnete Kontrollinstanz für das vegetative System.
- Hippocampus: Der Hippocampus ist der Arbeitsspeicher unseres Gehirns und die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis. Der Hippocampus spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung des Langzeitgedächtnisses.
Funktionelle Organisation des Gehirns
Mit dem heutigen Wissen lässt sich eine sogenannte funktionelle Karte des Gehirns erstellen. So weiß man, dass im Stirnhirn die Funktionen von Intelligenz, Sprache (motorisches Sprachzentrum), die Persönlichkeitsmerkmale sowie die Bewegungssteuerung zu finden sind. Zellen des Schläfenlappens sind wichtig für das Gedächtnis, für Gefühle und Emotionen. Der Schläfenlappen beherbergt zudem die Hörrinde und das Sprachverständnis. Im Hirnstamm befinden sich Nervenbahnen, die das Gehirn mit dem Rückenmark verbinden. Weiterhin liegt dort das Atemzentrum. Es regelt die Atmung, das Herz-Kreislauf-System und den Blutdruck. Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) schüttet Hormone oder Vorstufen von Hormonen in die Blutbahn aus. Das Kleinhirn hält Bewegungsprogramme bereit und stimmt Bewegungsabläufe ab. Da sich die meisten Hirnleistungen einer bestimmten anatomischen Hirnregion zuordnen lassen, weisen bestimmte Ausfälle - etwa Bewegungsstörungen, Sprachstörungen oder Sehstörungen - bereits auf krankhafte Veränderungen eines bestimmten Hirnareals hin. Dabei kann es sich zum Beispiel um Durchblutungsstörungen (Schlaganfall) oder gut- oder bösartige Gewebeneubildungen handeln.
Erkrankungen des Gehirns
Das Gehirn kann aber auch durch verschiedene Ursachen in seiner Funktion gestört oder beschädigt werden. Am besten können Schädigungen durch ein Gehirn-MRT festgestellt werden. Bei der Magnetresonanztomographie (MRT) wird der Kopf sozusagen gescannt und ein Bild erstellt. Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns beschädigt wird, können ganz unterschiedliche Symptome auftreten.
- Schlaganfall: Eine Durchblutungsstörung im Gehirn durch den Verschluss eines Blutgefäßes, die zu Sauerstoffunterversorgung im entsprechenden Gebiet führt.
- Gehirntumor: Es gibt gutartige und bösartige Hirntumore.
- Demenz: Unter Demenz versteht man die Abnahme von Gedächtnis- und Denkleistungen. Eine Art der Demenz ist Alzheimer. Der Hippocampus ist einer der ersten Areale, die von der Alzheimer-Krankheit befallen werden. Wenn die Krankheit fortschreitet, weitet sich die Zerstörung auf die Hirnlappen aus.
- Parkinson: Bei Parkinson kommt es zum Absterben einer bestimmten Art von Nervenzellen im Gehirn. Dadurch herrscht eine geringere Konzentration des Botenstoffs Dopamin vor.
- Einklemmungssyndrome: Unter Einklemmungssydnromen versteht man Verschiebungen von Hirnanteilen, die (zum Beispiel infolge eines Tumors) durch aufgebrauchten Reserveraum und erhöhten Druck in der Schädelhöhle ausgelöst werden. Dabei geht es besonders um die Verschiebung von Großhirnanteilen in Richtung Zwischenhirn und Hirnstamm mit Druckschädigung dieser Strukturen (auch als diencephales Syndrom bezeichnet).
Die hier genannten Erkrankungen treten also alle im ersten Teil des zentralen Nervensystems (ZNS) - dem Gehirn - auf. Den zweiten Teil des ZNS bildet das Rückenmark.