Fühlst du dich manchmal, als ob dein Gehirn ein Sieb ist, durch das Informationen einfach hindurchfallen? Vergesslichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sind frustrierend, aber oft gibt es Ursachen, die man angehen kann. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Gründe für ein "Gehirn wie ein Sieb" und zeigt dir, was du tun kannst, um deine Gedächtniszellen zu unterstützen und deine geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern.
Die Sensibilität unserer Gedächtniszellen
Unsere Gedächtniszellen im Gehirn sind hochspezialisierte Nervenzellen, die für Informationsverarbeitung, Speicherung und Abruf zuständig sind. Diese Neuronen sind jedoch empfindlich und benötigen Pflege.
Stress und Schlafmangel
Das Stresshormon Cortisol kann die Synapsen, also die Verbindungsstellen zwischen den Neuronen, schädigen und ihre Dichte verringern. Auch Schlafmangel hat negative Auswirkungen. Eine Studie hat gezeigt, dass bereits fünf Stunden Schlafmangel dazu führen können, dass im Gehirn Andockstellen für Erinnerungen (dendritische Dornfortsätze) abgebaut werden. Nach einer solchen Nacht wundert man sich dann über ein "Gehirn wie ein Sieb". Selbst zwei Nächte mit ausreichend Schlaf reichen nicht aus, um das episodische Gedächtnis vollständig wiederherzustellen.
Ernährung und Entzündungen
Eine nährstoffarme Ernährung mit vielen hochverarbeiteten Lebensmitteln kann Entzündungsprozesse im Hippocampus auslösen und die Bildung neuer Gedächtniszellen reduzieren. Besonders Nahrungsmittel mit vielen gesättigten Fetten und Zucker sind hier problematisch.
Krankheiten und Sauerstoffmangel
Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer führen im Laufe der Zeit zu einem unwiderruflichen Absterben von Gedächtniszellen, besonders im Hippocampus. Auch Schlaganfälle oder Sauerstoffmangel im Gehirn (z.B. durch Lungenerkrankungen, Atem- oder Herzstillstand) können Nervenzellen absterben lassen. Während sich das Gehirn nach Schlaganfällen durch Neuroplastizität und Training erholen kann, sind die Folgen von massivem Sauerstoffmangel meist irreparabel.
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Was tun, wenn das neuronale Netzwerk bröckelt?
Auch wenn zerstörte Gedächtniszellen aktuell noch nicht gezielt repariert werden können, so gibt es doch Möglichkeiten, die Neuroplastizität des Gehirns zu nutzen und Schäden auszugleichen.
Ernährung für dein Gehirn
Eine ausgewogene Ernährung ist entscheidend. Stelle deine Ernährung auf ballaststoff-, gemüse- und eiweißreiche Kost um. Grünes Blattgemüse, Nüsse, fetter Fisch mit Omega-3-Fettsäuren, Obst und dunkle Schokolade mit niedrigem Zuckeranteil sind die Lieblingsspeisen deines Gehirns. Achte auch auf ausreichend Flüssigkeit, am besten stilles Wasser. Alkohol hingegen ist schädlich.
Stressmanagement
Weniger Stress ist ein wichtiger Faktor für gesunde Gedächtniszellen. Dies muss nicht gleich stundenlange Meditation bedeuten. Kleine Veränderungen im Alltag können bereits helfen, wie ein kurzer Spaziergang im Grünen oder ein entspannendes Bad am Abend.
Schlaf und Bewegung
Regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf sind grundlegend für die Gehirngesundheit und unterstützen die Reparatur- bzw. Erholungsmechanismen.
Prophylaxe und Neuroplastizität
Solange die Reparatur abgestorbener Nervenzellen nicht möglich ist, liegt es in deiner Verantwortung, pfleglich mit ihnen umzugehen. Denksportaufgaben und neue Herausforderungen halten die Gedächtniszellen auf Trab und unterstützen die Bildung neuer Verbindungen.
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Brain Fog: Wenn das Gehirn im Nebel liegt
"Brain Fog" beschreibt einen Zustand von Verwirrtheit, Vergesslichkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Wortfindungsstörungen, langsamem Denken, Orientierungsproblemen, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen. Dieser Zustand kann den Alltag erheblich beeinträchtigen.
Ursachen von Brain Fog
Die Ursachen für Brain Fog sind vielfältig. Dazu gehören Flüssigkeitsmangel, Schlafmangel, Bewegungsmangel, schlechte Ernährung, Stress, hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft, Wechseljahre), Diabetes, ADHS, Long Covid, das Posturale Tachykardiesyndrom, psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen), Migräne, Gehirnerschütterungen, Chemotherapien und lange Krankenhausaufenthalte. Es gibt Hinweise darauf, dass Entzündungen im Gehirn, eine fehlerhafte Regulierung des Blutflusses im Hirn oder ein Mangel an Serotonin eine Rolle spielen könnten.
Was tun gegen Brain Fog?
Die Behandlung von Brain Fog hängt von der Ursache ab. Bei Erkrankungen wie Diabetes oder ADHS gibt es Medikamente. Depressionen oder Angstzustände können mit Psychotherapien oder Antidepressiva behandelt werden. Unabhängig von der Ursache können gesünderer Schlaf, mehr Bewegung, Stressabbau und eine gute Ernährung helfen.
Vergesslichkeit als Zeichen von Intelligenz?
Interessanterweise deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass Vergesslichkeit nicht immer negativ sein muss. Kanadische Forscher haben herausgefunden, dass Vergesslichkeit sogar ein Zeichen für Intelligenz sein kann. Demnach können sich Menschen schneller an neue Situationen anpassen, wenn sie belanglose Dinge aus der Erinnerung "löschen".
ADHS und das "besondere" Gehirn
ADHS ist eine besondere Art zu sein, und das bedeutet, dass das Gehirn nicht schlechter als andere Hirne arbeitet, aber eben anders. ADHS-Gehirne können in Hochform auflaufen, wenn eine Tätigkeit Spaß macht oder eine Belohnung winkt. Sie können sich unglaublich gut auf eine Tätigkeit konzentrieren (Hyperfokus), wenn diese spannend und interessant ist. Im Zustand des Flows ist eine mühelose Konzentration möglich.
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Für Tätigkeiten, die keinen Spaß machen, kann sich das ADHS-Gehirn jedoch völlig verweigern. Prokrastination und Trägheit stellen sich ein. Wichtig ist es für Betroffene, ADHS nicht als Ausrede zu benutzen, sondern an den eigenen Schwierigkeiten zu arbeiten. Spontane Einfälle und Gedanken sollten schriftlich festgehalten werden. Es gilt, vom "Chaos in die Struktur" zu kommen, Gedanken festzuhalten, zu sortieren, zuzuordnen und abzuarbeiten. Reizüberflutung und Störfaktoren sollten vermieden werden.
Autophagie: Das zelluläre Reinigungsprogramm
Eine Studie der Freien Universität Berlin hat gezeigt, dass Menschen im Alter nur dann neue Erinnerungen bilden können, wenn ein zelluläres Reinigungsprogramm im Gehirn, die sogenannte Autophagie, funktionstüchtig bleibt. Die Forscher fanden heraus, dass die Fütterung von Fliegen mit Spermidin die Größe der präsynaptischen Strukturen und damit die Gedächtnisleistungen stabilisieren konnte. Spermidin führte zur Belebung der Autophagie.