Das Gehirn ist ein faszinierendes und komplexes Organ, das eine zentrale Rolle für das Leben von Wirbeltieren, einschließlich des Menschen, spielt. Es ist die Steuerzentrale des Körpers, die Informationen sammelt, verarbeitet und Befehle aussendet, um Organe zu steuern. Darüber hinaus ist es der Sitz des Bewusstseins, des Denkens und des Gedächtnisses. Nahezu alles, was wir denken, fühlen und tun, hat seinen Ursprung im Gehirn.
Die Grundlagen des Gehirns
Das menschliche Gehirn wiegt etwa 1300 Gramm und ist durch den Schädel geschützt. Es besteht aus zwei Haupttypen von Zellen: Nervenzellen (Neuronen) und Gliazellen.
- Nervenzellen: Die eigentlichen "Arbeitstiere" des Gehirns, die für die Informationsverarbeitung und -übertragung zuständig sind. Das menschliche Gehirn enthält etwa 100 Milliarden Nervenzellen, die über feine Ausläufer (Axone und Dendriten) miteinander verbunden sind und ein riesiges Netzwerk bilden.
- Gliazellen: Unterstützen die Arbeit der Nervenzellen, indem sie ihnen Nährstoffe und Sauerstoff liefern, Abfallprodukte entfernen und sie schützen. Sie tragen auch zur Regeneration von Nervenzellen bei Verletzungen bei.
Die Verbindungen zwischen den Nervenzellen werden als Synapsen bezeichnet. An diesen Kontaktstellen werden Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen. Die Synapsen können sich je nach Nutzung optimieren und verändern, was als neuronale oder synaptische Plastizität bezeichnet wird. Dieser Prozess ist entscheidend für das Lernen und das Gedächtnis, da durch ständiges Wiederholen bestimmte Synapsen verstärkt werden.
Die Hauptbereiche des Gehirns
Das Gehirn lässt sich in verschiedene Bereiche unterteilen, die jeweils spezifische Funktionen haben:
- Großhirn (Cerebrum): Der größte Teil des Gehirns, der in zwei Hälften (Hemisphären) unterteilt ist. Die äußere Schicht des Großhirns, die Hirnrinde (Cortex), enthält die meisten Nervenzellen. Die Hirnrinde ist stark gefaltet, um ihre Oberfläche zu vergrößern, und besteht aus verschiedenen Lappen:
- Stirnlappen (Frontallappen): Steuert unter anderem Bewegungen, planvolles Handeln, Entscheidungsfindung und soziale Interaktion.
- Scheitellappen (Parietallappen): Verarbeitet sensorische Informationen wie Berührung, Temperatur, Schmerz und räumliche Wahrnehmung.
- Schläfenlappen (Temporallappen): Wichtig für Sprache, Gedächtnis, Hören und die Verarbeitung von Emotionen.
- Hinterhauptlappen (Okzipitallappen): Zuständig für das Sehen und die Verarbeitung visueller Informationen.
- Insellappen (Insula): Liegt in der Tiefe des Großhirns und ist an verschiedenen Funktionen beteiligt, darunter Geschmack, Schmerz, Emotionen und soziale Kognition.
- Zwischenhirn (Diencephalon): Liegt zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn und besteht aus Thalamus und Hypothalamus.
- Thalamus: Fungiert als "Tor zum Bewusstsein", indem er fast alle Sinneswahrnehmungen sammelt und an das Großhirn weiterleitet.
- Hypothalamus: Kontrolliert den Hormonhaushalt und steuert wichtige Funktionen wie Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur, Sexualverhalten, Hunger und Durst. Er ist mit der Hypophyse verbunden, einer Hormondrüse am Gehirn.
- Mittelhirn (Mesencephalon): Eine wichtige Befehlszentrale für Hören, Sehen und Bewegungen. Von hier aus werden beispielsweise die Bewegungen der Augen gesteuert.
- Kleinhirn (Cerebellum): Liegt unterhalb des Großhirns und hinter dem Hirnstamm. Es ist vor allem für die Koordination von Bewegungen und das Gleichgewicht zuständig.
- Hirnstamm (Truncus cerebri): Bildet den untersten Teil des Gehirns und verbindet es mit dem Rückenmark. Er ist für lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruckregulation verantwortlich. Im Nachhirn (Medulla oblongata) überkreuzen sich viele Nervenbahnen, die die beiden Körperhälften verbinden.
Die Hirnnerven
Die zwölf Hirnnerven sind für den Informationsaustausch zwischen den Sinnesorganen und dem Gehirn verantwortlich. Sie treten aus dem knöchernen Schädel aus, ohne das Rückenmark zu durchlaufen, und gehören somit zum peripheren Nervensystem. Jeder Hirnnerv hat eine spezielle Aufgabe und besteht aus unterschiedlichen Nervenfaserbündeln. Schädigungen der Hirnnerven können zu Einschränkungen der Sinneswahrnehmung führen.
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Wie das Gehirn funktioniert
Das Gehirn nimmt Informationen von den Organen und aus der Umwelt auf, speichert und verarbeitet sie. Es steuert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Kreislauf und Schlaf-Wach-Verhalten. Auch komplexe Funktionen wie Denken, Lernen, Emotionen und Handlungsabläufe werden dort gesteuert. Die verschiedenen Gehirnregionen arbeiten dabei eng zusammen und sind miteinander verbunden.
Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen erfolgt über elektrische und chemische Signale. Wenn ein Neuron aktiviert wird, sendet es ein elektrisches Signal entlang seines Axons. An der Synapse wird dieses Signal in ein chemisches Signal umgewandelt, indem Neurotransmitter freigesetzt werden. Diese Neurotransmitter binden an Rezeptoren auf dem Empfängerneuron und lösen dort ein neues elektrisches Signal aus.
Entwicklung des Gehirns
Das Gehirn eines Embryos entwickelt sich ab der vierten Schwangerschaftswoche. Aus dem Neuralrohr bilden sich drei Bläschen, die sich im Laufe der Entwicklung zu den verschiedenen Gehirnabschnitten entwickeln: Vorderhirn, Mittelhirn und Rautenhirn.
Energieversorgung des Gehirns
Das Gehirn hat einen sehr hohen Energieverbrauch und benötigt viel Sauerstoff und Glukose. Obwohl es nur etwa 2 % des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es etwa ein Fünftel des gesamten Sauerstoffbedarfs. Die Durchblutung des Gehirns erfolgt über zwei große Arterienpaare: die innere Halsschlagader (Arteria carotis interna) und die Wirbelarterie (Arteria vertebralis).
Um das Gehirn vor schädlichen Substanzen zu schützen, gibt es die Blut-Hirn-Schranke. Diese Barriere verhindert, dass bestimmte Stoffe aus dem Blut in das Gehirn gelangen.
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Störungen und Erkrankungen des Gehirns
Das Gehirn kann durch verschiedene Ursachen in seiner Funktion gestört oder beschädigt werden. Einige häufige Erkrankungen sind:
- Schlaganfall: Eine Durchblutungsstörung im Gehirn, die zu Sauerstoffmangel führt.
- Hirntumor: Gutartige oder bösartige Geschwulste im Gehirn.
- Demenz: Eine Abnahme der Gedächtnis- und Denkleistungen, z. B. bei Alzheimer.
- Parkinson: Eine Erkrankung, bei der bestimmte Nervenzellen im Gehirn absterben, was zu einem Dopaminmangel führt.
- Epilepsie: Eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist.
Plastizität des Gehirns
Das Gehirn besitzt die Fähigkeit, sich an neue Erfahrungen und Herausforderungen anzupassen. Diese Eigenschaft wird als Plastizität bezeichnet. Durch die Bildung neuer Verbindungen zwischen Nervenzellen und die Veränderung bestehender Verbindungen kann das Gehirn seine Funktionen verändern und verbessern. Die Plastizität spielt eine wichtige Rolle beim Lernen, Gedächtnis und der Rehabilitation nach Hirnschäden.
Die Großhirnrinde (Cortex cerebri)
Die Großhirnrinde ist die äußere Schicht des Großhirns und für viele höhere kognitive Funktionen verantwortlich. Sie ist stark gefaltet, um ihre Oberfläche zu vergrößern, und besteht aus verschiedenen Rindenfeldern, die unterschiedliche Aufgaben haben. Die Großhirnrinde ist in vier Lappen unterteilt: Stirnlappen, Scheitellappen, Schläfenlappen und Hinterhauptlappen.
Die Großhirnrinde besteht aus grauer Substanz, die reich an Nervenzellkörpern ist. Die Anzahl der Nervenzellen in der Großhirnrinde wird auf etwa 23 Milliarden im männlichen und 19 Milliarden im weiblichen Gehirn geschätzt.
Die Großhirnrinde empfängt Signale von den Sinnesorganen und verarbeitet sie. Sie speichert Informationen und ist die biologische Grundlage unseres Gedächtnisses. Sie steuert unsere gezielten Bewegungen und fügt die Informationen aus den vielen Sinnessystemen zu einem umfassenden Bild der Welt zusammen.
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Die Bedeutung der Forschung
Trotz der Fortschritte in der Neurowissenschaft ist das Gehirn noch immer ein weitgehend unentdecktes Gebiet. Die Forschung ist entscheidend, um die komplexen Mechanismen des Gehirns besser zu verstehen und neue Therapien für neurologische und psychische Erkrankungen zu entwickeln.
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