Einführung
Die Computertechnologie hat sich rasant entwickelt, und Computer sind heute in der Lage, Milliarden von Rechenoperationen pro Sekunde auszuführen. Trotz dieser beeindruckenden Geschwindigkeit und Rechenleistung bleibt das menschliche Gehirn in Bezug auf Vielseitigkeit und Energieeffizienz unübertroffen. Das Gehirn steuert mühelos unsere Bewegungen und benötigt dabei nur etwa so viel Energie wie eine 20-Watt-Glühbirne. Forscher wie Gianaurelio Cuniberti von der Technischen Universität Dresden suchen nach Wegen, diese Effizienz auf neue Computertechnologien zu übertragen.
Die Grenzen der aktuellen Computertechnologie
Moderne Computer sind zwar in der Lage, komplexe Berechnungen schnell durchzuführen, aber sie haben Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen und alltägliche Aufgaben mit der gleichen Effizienz wie das menschliche Gehirn zu bewältigen. Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Software-basierter Ansatz, um Computern menschenähnliche Denkfähigkeiten zu verleihen. Allerdings erfordert KI enorme Ressourcen und leistungsstarke Computer.
Das menschliche Gehirn als Vorbild
Das menschliche Gehirn verbraucht durchschnittlich so viel Energie wie eine 20-Watt-Glühbirne, unabhängig von der Intelligenz des Individuums. Im Gegensatz dazu würde ein Computer, der die Funktionen des menschlichen Gehirns nachahmt, so viel Energie benötigen wie ein Kernkraftwerk. Darüber hinaus gibt es derzeit weder die Hardware noch die Software, um eine solche Aufgabe zu bewältigen.
Die Effizienz des Gehirns
Die Effizienz des Gehirns beruht auf der Arbeitsweise der Nervenzellen, den sogenannten Neuronen. Jedes Neuron ist mit einer Vielzahl von anderen Neuronen verbunden, was als Konnektivität bezeichnet wird. Im Gegensatz dazu kommunizieren Transistoren in modernen Computern nur mit wenigen Nachbarn. Darüber hinaus sind Verarbeitung und Speicherung von Daten in Computern getrennt, während sie im Gehirn integriert sind.
Lernen und Anpassungsfähigkeit des Gehirns
Das Gehirn ist in der Lage, sich zu verändern und anzupassen. Wenn wir beispielsweise das Jonglieren üben, werden die Nervenbahnen, die an dieser Bewegung beteiligt sind, trainiert und leiten elektrische Impulse schneller weiter. Diese Anpassungsfähigkeit ermöglicht es uns, geschickter zu werden.
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Der Neurotransistor: Eine künstliche Nervenzelle
Forscher haben versucht, die Fähigkeiten von Nervenzellen zu nutzen, um künstliche Neuronen zu entwickeln. In den 1960er Jahren gab es Versuche in Deutschland, die Impulse einzelner Nervenzellen im Labor zu messen. Tintenfische eigneten sich aufgrund ihrer langen Nervenzellen besonders gut für diese Experimente. Allerdings war es schwierig, die Zellen am Leben zu erhalten und mit Nährstoffen zu versorgen.
Die Entwicklung des Neurotransistors
Um diese Herausforderungen zu überwinden, entwickelten Forscher elektronische Bauteile, die die Funktion von Nervenzellen nachahmen. Sie entwickelten einen Neurotransistor, der im Gegensatz zu herkömmlichen Transistoren eine hohe Konnektivität aufweist. Nach der Stimulation mit Informationen konnten die Neurotransistoren elektrische Ströme bei ähnlichen Informationen schneller weiterleiten, was darauf hindeutet, dass sie gelernt haben.
Funktionsweise des Neurotransistors
Der Neurotransistor funktioniert anders als herkömmliche Transistoren. Anstatt einen Kanal durch einen elektrischen Impuls zu öffnen oder zu schließen, lässt der Neurotransistor den Strom selbst den Kanal öffnen. Dies wird durch die Verwendung von Sol-Gel erreicht, einem zähflüssigen Kunststoff, der als dünne Schicht auf Siliziumplättchen aufgetragen wird. In den Poren des Sol-Gels bewegen sich Ionen, die aufgrund ihrer Trägheit Informationen für eine gewisse Zeit speichern können.
Vorteile des Neurotransistors
Computer, die auf Neurotransistoren basieren, wären weniger präzise bei mathematischen Berechnungen, aber intelligenter. Ein Roboter mit solchen Prozessoren könnte beispielsweise laufen oder greifen lernen, ohne dass eine einzige Zeile Software entwickelt werden muss. Diese neuromorphen Computer wären auch kleiner und energieeffizienter als herkömmliche Prozessoren.
Neuromorphe Computer: Die Zukunft der Computertechnologie?
Neuromorphe Computer könnten direkt an der Datenquelle verbaut werden, beispielsweise in Erdbeobachtungssatelliten oder in Robotern. Dies würde eine schnellere und effizientere Verarbeitung von Informationen ermöglichen.
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Die Rolle der Interaktion im Gehirn
Wolf Singer, Neurophysiologe am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main, betont die Bedeutung der Interaktion im Gehirn. Alle Funktionen im Gehirn, einschließlich Speicher- und Programmfunktionen, werden durch die Art und Weise realisiert, wie Nervenzellen verschaltet sind. Im Gegensatz zu Computern gibt es im Gehirn keine Trennung zwischen Rechenwerk, Programmspeicher und Datenspeicher.
Die Entwicklung des Gehirns
Das menschliche Gehirn entwickelt sich von der Geburt bis zum 25. Lebensjahr strukturell weiter. Nervenfasern in der Großhirnrinde wachsen erst nach der Geburt aus und bilden neue Kontakte. Viele dieser Verbindungen werden im Laufe der Zeit wieder eingeschmolzen, und nur diejenigen Verbindungen bleiben erhalten, die sich in einem funktionellen Kontext bewähren.
Das Gehirn als Orchester ohne Dirigent
Singer vergleicht das Gehirn mit einem Orchester ohne Dirigent. Die Nervenzellen arbeiten zusammen, um komplexe Muster zu erzeugen, die unsere Gedanken und Handlungen steuern.
Die Ökonomie des Gehirns
Das Gehirn ist darauf ausgelegt, möglichst ökonomisch zu arbeiten. Es benötigt nur etwa 30 Watt Energie, was angesichts seiner Komplexität erstaunlich ist.
Die Fähigkeit zur Täuschung
Das menschliche Gehirn ist auch in der Lage, andere zu täuschen. Um lügen zu können, muss man sich vorstellen können, was im Kopf des anderen vor sich geht. Diese Fähigkeit, die als "Theory of Mind" bezeichnet wird, ist ein wichtiger Aspekt der menschlichen Intelligenz.
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