Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für schwere Behinderungen und Todesfälle in Deutschland. Umso wichtiger ist es, schnell zu handeln. Die sogenannte "Goldene Stunde" spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die Definition der Goldenen Stunde beim Schlaganfall, ihre Bedeutung für die Behandlung und die Herausforderungen, die es zu überwinden gilt, um die Versorgung von Schlaganfallpatienten weiter zu verbessern.
Was ist die "Goldene Stunde" beim Schlaganfall?
Die "Goldene Stunde" beim Schlaganfall bezeichnet den Zeitraum von etwa 60 Minuten nach dem Auftreten der ersten Symptome. Innerhalb dieser Zeitspanne sind die Chancen, die Schäden durch den Schlaganfall zu minimieren, am größten. Je schneller die Behandlung eingeleitet wird, desto besser sind die Aussichten auf eine vollständige oder weitgehende Genesung.
Warum ist die "Goldene Stunde" so wichtig?
Beim Schlaganfall kommt es zu einer Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn. Dadurch werden die Nervenzellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zu ihrem Absterben führen kann. Je länger diese Unterversorgung andauert, desto größer ist der Schaden, der im Gehirn entsteht.
Die "Time is Brain"-Formel verdeutlicht die Dringlichkeit: Mit jeder Minute, die ohne Behandlung verstreicht, sterben Millionen von Nervenzellen ab. Dies kann zu dauerhaften Beeinträchtigungen wie Lähmungen, Sprachstörungen oder kognitiven Defiziten führen.
Innerhalb der Goldenen Stunde können bestimmte Therapien besonders wirksam eingesetzt werden, um die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen und die Schädigung der Nervenzellen zu begrenzen.
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Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es innerhalb der "Goldenen Stunde"?
Die wichtigste Akuttherapie beim ischämischen Schlaganfall (verursacht durch ein Blutgerinnsel) ist die Thrombolyse. Dabei wird ein Medikament verabreicht, das das Blutgerinnsel auflösen und so die Durchblutung wiederherstellen kann. Die Thrombolyse ist jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters wirksam, idealerweise innerhalb der ersten 4,5 Stunden nach Symptombeginn. Je früher die Thrombolyse begonnen wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten.
In manchen Fällen, insbesondere bei großen Blutgerinnseln, kann zusätzlich zur Thrombolyse eine Thrombektomie durchgeführt werden. Dabei wird das Gerinnsel mit einem Katheter mechanisch aus dem Blutgefäß entfernt. Die Thrombektomie kann auch noch in einem etwas größeren Zeitfenster als die Thrombolyse sinnvoll sein, aber auch hier gilt: Je schneller, desto besser.
Herausforderungen bei der Einhaltung der "Goldenen Stunde"
Trotz der klaren Bedeutung der "Goldenen Stunde" gibt es in der Realität zahlreiche Herausforderungen, die eine schnelle Behandlung von Schlaganfallpatienten erschweren:
- Verzögerung bei der Erkennung der Symptome: Viele Menschen sind sich der Symptome eines Schlaganfalls nicht bewusst oder deuten sie falsch. Dies führt dazu, dass wertvolle Zeit verloren geht, bis der Notruf abgesetzt wird. Der FAST-Test (Face, Arms, Speech, Time) kann helfen, einen Schlaganfall schnell zu erkennen.
- Verzögerung beim Transport ins Krankenhaus: Auch der Transport ins Krankenhaus kann Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere in ländlichen Gebieten oder bei ungünstigen Verkehrsbedingungen.
- Verzögerung bei der Diagnose und Behandlung im Krankenhaus: Selbst wenn der Patient schnell im Krankenhaus eintrifft, kann es zu Verzögerungen bei der Diagnose und der Einleitung der Therapie kommen. Dies kann beispielsweise durch organisatorische Probleme oder fehlende Ressourcen verursacht werden. Daten des bundesweiten MITRA-plus-Registers belegen trotz zahlreicher Anstrengungen der Fachgesellschaften wie etwa der Deutschen Herzstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie statt einer Verkürzung eine kontinuierliche Verlängerung der PHZ in den letzten zehn Jahren (Grafik 1). Im zeitlichen Verlauf ist die mediane PHZ von 166 min in 1994-96 auf 192 min in 2001-02 angestiegen. Der Früherkennung des akuten Herzinfarkts wird also bisher nicht die notwendige Priorität eingeräumt.
Strategien zur Verbesserung der Schlaganfallversorgung
Um die Schlaganfallversorgung zu verbessern und die "Goldene Stunde" besser nutzen zu können, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich:
- Öffentlichkeitskampagnen zur Aufklärung über Schlaganfallsymptome: Durch gezielte Kampagnen kann das Bewusstsein für die Symptome eines Schlaganfalls in der Bevölkerung geschärft werden. Dies kann dazu beitragen, dass Betroffene und ihre Angehörigen schneller reagieren und den Notruf wählen.
- Optimierung der präklinischen Versorgung: Der Rettungsdienst sollte in der Lage sein, einen Schlaganfall bereits vor Ort zu erkennen und den Patienten schnellstmöglich in ein geeignetes Krankenhaus zu transportieren. Mobile Stroke Units (MSU), spezielle Rettungswagen mit einem Computertomographen an Bord, können die Diagnose und Behandlung bereits vor Ort beginnen und so wertvolle Zeit sparen. Hierdurch, dass der Wagen vor Ort die Diagnostik und die Therapie gemacht hat und durch die fehlenden Rückwege sowie die Reduktion von Schnittstellen, war es möglich, die enormen Zeitvorsprünge zu erreichen. Die sogenannte mobile "stroke unit" hat alles an Bord, was vor Ort benötigt wird: einen Computertomografen, mobile Labore und Spezialisten, wie die Neurologin Silke Walter. Der Neurologe springt zu dem Patienten in die Wohnung oder wo der Patient eben vorgefunden wurde. Der Neuroradiologe und der Rettungsassistent machen in der mobilen stroke unit das CT einsatzbereit. Das Blut wird abgenommen und parallel analysiert. Das CT wird durchgeführt. Und wenn man dann Ergebnisse von CT, Blutuntersuchung und klinischer Untersuchung kennt, weiß man was für eine Erkrankung vorliegt, welche Art von Schlaganfall und kann direkt mit der Behandlung beginnen. Noch auf dem CT-Tisch fängt man damit an.
- Verbesserung der innerklinischen Abläufe: Die Krankenhäuser müssen ihre Abläufe optimieren, um eine schnelle Diagnose und Behandlung von Schlaganfallpatienten zu gewährleisten. Dies umfasst beispielsweise die Einrichtung von spezialisierten Schlaganfallstationen (Stroke Units) und die Schulung des Personals.
- Telemedizinische Netzwerke: In ländlichen Regionen können telemedizinische Netzwerke die Anbindung an spezialisierte Schlaganfallzentren verbessern. Durch die telemedizinische Beratung können auch in kleineren Krankenhäusern schnell die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Mobile Stroke Units: Das Krankenhaus kommt zum Patienten
Ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung der Schlaganfallversorgung ist der Einsatz von Mobilen Stroke Units (MSU). Diese speziell ausgestatteten Rettungswagen verfügen über einen Computertomographen (CT) an Bord, mit dem bereits vor Ort eine Diagnose gestellt werden kann. Zudem sind MSUs mit einem Team aus Neurologen, Radiologen und Rettungsdienstpersonal besetzt, das die Akuttherapie (z.B. Thrombolyse) direkt einleiten kann.
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Studien haben gezeigt, dass der Einsatz von MSUs die Zeit bis zum Therapiebeginn deutlich verkürzen und dieOutcome der Patienten verbessern kann. Allerdings sind MSUs mit hohen Kosten verbunden und erfordern eine gute Organisation und Koordination.
Die Rolle des Patienten und seiner Angehörigen
Auch der Patient selbst und seine Angehörigen spielen eine wichtige Rolle bei der schnellen Versorgung im Schlaganfallfall. Es ist wichtig, die Symptome eines Schlaganfalls zu kennen und bei Verdacht sofort den Notruf zu wählen. Zudem sollten Angehörige den Rettungsdienstmitarbeitern wichtige Informationen über den Patienten geben können, wie z.B. den Zeitpunkt des Symptombeginns und bestehende Vorerkrankungen.
Prävention: Das beste Mittel gegen den Schlaganfall
Neben der Akutversorgung ist die Prävention von Schlaganfällen von großer Bedeutung. Durch einen gesunden Lebensstil und die Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Vorhofflimmern kann das Schlaganfallrisiko deutlich gesenkt werden.
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