Demenz ist eine erworbene Beeinträchtigung von Intellekt, Gedächtnis und Persönlichkeit, die oft zu einem schweren Verlust der Lebensqualität führt und die häufigste Ursache für Pflegebedürftigkeit darstellt. Im Zusammenhang mit Demenz treten in verschiedenen Lebensbereichen Fragen der Haftung und Verantwortlichkeit auf, insbesondere wenn es um das Thema grobe Fahrlässigkeit geht. Dieser Artikel beleuchtet die Definition von grober Fahrlässigkeit im Kontext von Demenz, ihre Auswirkungen auf verschiedene Versicherungsbereiche und gibt Hinweise, wie man sich und seine Angehörigen schützen kann.
Was ist grobe Fahrlässigkeit?
Grundsätzlich liegt Fahrlässigkeit vor, wenn jemand durch Unvorsichtigkeit oder Leichtsinn einen Schaden verursacht. Sascha Bauer, ein Finanzberater mit über 30 Jahren Erfahrung, erklärt: "Leichte oder mittlere Fahrlässigkeit liegt salopp gesagt vor, wenn man sagt, das kann mal passieren. Grobe Fahrlässigkeit dagegen dann, wenn man sagt, sowas darf nicht passieren." Wer grob fahrlässig handelt, verletzt seine Sorgfaltspflicht in erheblichem Maße.
Grobe Fahrlässigkeit im Kontext von Demenz
Die Frage der Fahrlässigkeit, insbesondere der groben Fahrlässigkeit, stellt sich im Zusammenhang mit Demenz, da die Krankheit die kognitiven Fähigkeiten und das Urteilsvermögen der Betroffenen beeinträchtigt. Im deutschen Recht ist die Schadenersatzpflicht gemäß § 823 BGB geregelt. Demnach ist jemand zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig einer dritten Person einen Schaden zufügt. Allerdings setzt eine Verantwortlichkeit Zurechnungsfähigkeit voraus.
Kinder unter sieben Jahren und Erwachsene, die aufgrund von Bewusstlosigkeit, psychischen Erkrankungen oder Störungen keine freie Willensbestimmung haben, gelten als deliktunfähig. Demenzerkrankungen können ebenfalls zu Deliktunfähigkeit führen. Das bedeutet, dass ein Mensch mit Demenz, der einen Schaden verursacht, möglicherweise nicht dafür haftbar gemacht werden kann, weil ihm die Fähigkeit fehlt, die Konsequenzen seines Handelns zu verstehen.
Auswirkungen auf verschiedene Versicherungsbereiche
Die Frage der groben Fahrlässigkeit und Deliktunfähigkeit im Zusammenhang mit Demenz hat Auswirkungen auf verschiedene Versicherungsbereiche:
Lesen Sie auch: Weihnachtslektüre für Demenzpatienten
Private Haftpflichtversicherung
Standardbedingungen privater Haftpflichtversicherungen übernehmen in der Regel die gesetzliche Definition der Schadenersatzpflicht. Schäden, die durch deliktunfähige Demenzerkrankte verursacht werden, sind somit normalerweise nicht versichert. Allerdings bieten viele Versicherungen mittlerweile sogenannte Deliktunfähigkeitsklauseln an, die auch Schäden durch deliktunfähige Personen abdecken. Die Haftpflichtkasse Darmstadt (HKD) reguliert beispielsweise Schäden bis zu 10.000 Euro im Rahmen ihrer Deliktunfähigkeitsklausel.
Es ist wichtig zu beachten, dass eine private Haftpflichtversicherung immer den Schutz vor ungerechtfertigten Schadenersatzansprüchen beinhaltet. Die Versicherung übernimmt die Abwehr unberechtigter Ansprüche.
Hausratversicherung
In der Hausratversicherung hängt die Schadenübernahme vom versicherten Risiko und der Art des Schadens ab. Schäden durch Feuer, Sturm, Hagel, Leitungswasser oder Einbruchdiebstahl sind in der Regel versichert. Vorsätzlich herbeigeführte Schäden sind jedoch ausgeschlossen. Bei fahrlässig verursachten Schäden kann der Versicherer die Schadenssumme um den Anteil der Fahrlässigkeit mindern.
Bei grober Fahrlässigkeit kann der Versicherer die Schadenübernahme in den Standardbedingungen komplett ablehnen. Allerdings bieten viele Versicherungen in ihren Top-Bedingungen eine Mitversicherung grober Fahrlässigkeit an, oft bis zu einem bestimmten Prozentsatz der Versicherungssumme.
Ähnlich wie in der Haftpflichtversicherung muss ein Demenzkranker sich bewusst sein, dass er fahrlässig oder grob fahrlässig handelt, damit ihm eine Mitschuld angelastet werden kann.
Lesen Sie auch: Demenz Beschäftigungsideen
Unfallversicherung
In den Standardbedingungen der Unfallversicherung gelten Bewusstseinsstörungen (z. B. Ohnmachtsanfälle, Trunkenheit, Medikamenteneinfluss, Herzinfarkt, Schlaganfälle, epileptische Anfälle, Übermüdung, Schlafwandeln oder Erschrecken) als Ausschlussklauseln. Da Demenzkranke solchen Bewusstseinsstörungen unterliegen können, sind sie von dieser Klausel betroffen. Einige Top-Unfallversicherungen, wie beispielsweise die "InterRisk - XXL", schließen diese Bewusstseinsstörungen jedoch nicht aus.
Auch hier stellt sich die Frage nach fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Unfallschäden. Vorsatz ist grundsätzlich ausgeschlossen. Sowohl Vorsatz als auch Fahrlässigkeit setzen eine bewusste Handlung voraus, die bei einem Demenzerkrankten, der meist als deliktunfähig gilt, nicht gegeben ist.
Es ist ratsam, einen Unfalltarif zu wählen, der grobe Fahrlässigkeit in den Versicherungsschutz einschließt.
Was ist bei Demenz in Versicherungsfragen zu beachten?
- Deliktunfähigkeitsklausel prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihre private Haftpflichtversicherung eine Deliktunfähigkeitsklausel enthält, die auch Schäden durch deliktunfähige Erwachsene abdeckt, insbesondere wenn Sie Familienmitglieder mit Demenz betreuen.
- Grobe Fahrlässigkeit in Hausrat- und Unfallversicherung: Achten Sie darauf, dass Ihre Hausrat- und Unfallversicherung grobe Fahrlässigkeit mit einschließt.
- Bestehende Verträge überprüfen: Lassen Sie bestehende Versicherungsverträge regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Bedürfnissen und Lebensumständen entsprechen.
- Beratung einholen: Holen Sie sich im Zweifelsfall professionelle Beratung bei einem Versicherungsmakler oder einer Verbraucherzentrale ein.
- Demenzerkrankung dem Versicherer melden? Eine Pflicht zur Meldung einer Demenzerkrankung besteht weder bei der Antragstellung eines Neuvertrages noch während der Vertragslaufzeit. Anders könnte es bei einem Neuabschluss sein.
Weitere Aspekte im Umgang mit Demenz
Neben den versicherungsrechtlichen Aspekten gibt es weitere wichtige Punkte, die bei der Betreuung von Menschen mit Demenz zu beachten sind:
- Sicherheitsmaßnahmen: Treffen Sie Maßnahmen, um die Sicherheit des Betroffenen zu gewährleisten, z. B. durch Entfernen von Gefahrenquellen im Haushalt, Installation eines Hausnotrufs oder Information der Nachbarn.
- Unterstützungsangebote: Nutzen Sie Unterstützungsangebote wie ehrenamtliche Besuchsdienste, Tagespflege oder Selbsthilfegruppen.
- Betreuungsverein: Ziehen Sie die Unterstützung eines Betreuungsvereins in Betracht, um professionelle Hilfe bei der Organisation der Betreuung zu erhalten.
- Vorsorgevollmacht: Klären Sie rechtzeitig die Frage der Vorsorgevollmacht, um sicherzustellen, dass im Bedarfsfall eine Vertrauensperson Entscheidungen treffen kann.
- Freiheitsrechte und Fürsorgepflicht: Wägen Sie bei allen Entscheidungen die Freiheitsrechte des Demenzkranken und die Fürsorgepflicht gegeneinander ab.
- Soziales Umfeld: Achten Sie auf die sozialen Kontakte des Betroffenen und informieren Sie das soziale Umfeld über die Erkrankung.
Haftung von Bildungseinrichtungen bei Angeboten für Demenzkranke
Auch Bildungseinrichtungen, die Angebote für Menschen mit Demenz anbieten, müssen Haftungsfragen berücksichtigen. Zivilrechtlich sind die vertragliche und die deliktische Haftung zu unterscheiden. Die Bildungseinrichtung haftet für Schäden aus Pflichtverletzungen gemäß §§ 280 ff. BGB, sofern sie die Sorgfaltspflichtverletzung zu vertreten hat. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bildungseinrichtung können Haftungsbeschränkungen aufgenommen werden, die die Teilnehmenden jedoch nicht unangemessen benachteiligen dürfen.
Lesen Sie auch: Leitfaden für Spiele mit Demenz
In der Erwachsenenbildung besteht in der Regel keine Aufsichtspflicht wie in Schulen. Dennoch kann sich ein höheres Maß an Organisations- und Verkehrssicherungspflichten ergeben, wenn bekannt ist, dass eine demenziell erkrankte Person zu Stürzen, Weglauftendenzen oder aggressivem Verhalten neigt.
Für mehr Sicherheit der demenziellen Teilnehmer sollten Veranstalter auf eine barrierefreie und übersichtliche Gestaltung der Räume achten, um die Orientierung zu erleichtern und potenzielle Gefahrenquellen zu minimieren. Bei erhöhtem Betreuungsbedarf können kürzere Kurszeiten, zusätzliche Betreuungskräfte oder die Anwesenheit eines Angehörigen bzw. gesetzlichen Vertreters sinnvoll sein.
Dozenten sollten die faktische Aufsichtspflicht im Blick haben: Wenn ein demenziell erkrankter Teilnehmer erkennbar eine Gefahr für sich oder andere darstellt, erhöht sich das Maß an Sorgfaltspflicht.
Gesundheitseinrichtungen, die demenziell erkrankte Personen zu Fort- oder Weiterbildungen schicken, tragen ebenfalls eine Verantwortung. Sie sollten prüfen, ob die Teilnahme medizinisch vertretbar ist und relevante Informationen an die Bildungseinrichtung weitergeben wurden.
Rechtlich zulässige Klauseln in AGB oder Verträgen können das Risiko für die Bildungseinrichtung verringern. Durch vorausschauende Planung, klare Absprachen und gezielte Gefahrenprävention können Bildungseinrichtungen, Dozenten und Gesundheitseinrichtungen gemeinsam ein sicheres und unterstützendes Umfeld für demenziell erkrankte Teilnehmer schaffen.
tags: #grobe #Fahrlässigkeit #Demenz #Definition