Die Bedeutung von "Grober Kopf, Grobes Gehirn": Eine umfassende Betrachtung

Die Redewendung "grober Kopf, grobes Gehirn" ist eine abwertende Bemerkung, die impliziert, dass eine Person mit einem großen Kopf oder groben Gesichtszügen auch einen ungebildeten oder unintelligenten Geist hat. Diese Vorstellung ist jedoch wissenschaftlich unbegründet und basiert auf Vorurteilen und falschen Annahmen.

Die Geschichte der Gehirnforschung

Um die Bedeutung und den Wahrheitsgehalt dieser Redewendung zu verstehen, ist es wichtig, einen Blick auf die Geschichte der Gehirnforschung zu werfen. Bereits im antiken Griechenland vermutete Alcmaeon von Kroton (um 500 v. Chr.), dass das Gehirn das zentrale Organ unserer Sinneswahrnehmung ist. Der griechische Arzt Herophilos von Chalkedon (um 325-255 v. Chr.) beschrieb die grobe Anatomie des Gehirns und bezeichnete es als den Sitz der Intelligenz.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden immer wieder Fortschritte in der Gehirnforschung erzielt. Leonardo da Vinci fertigte im Jahr 1504 Wachsausgüsse der menschlichen Hirnventrikel an. Im 18. Jahrhundert wurden experimentelle Methoden entwickelt, um die Funktion von Nerven als elektrische Leiter zu zeigen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde systematisch Forschung an Tieren und Beobachtungen an Kranken und Verletzten betrieben.

Mit dem Aufkommen nichtinvasiver Methoden wie Elektroenzephalografie (EEG), Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und Magnetresonanztomografie (MRT) in der Mitte des 20. Jahrhunderts konnten die Fortschritte in der Gehirnforschung noch weiter beschleunigt werden. Insbesondere bildgebende Verfahren haben es ermöglicht, die Kartierung des Gehirns deutlich zu verfeinern und verschiedene mentale Leistungen bestimmten Hirnregionen zuzuordnen.

Die Struktur und Funktion des Gehirns

Das Gehirn ist der Teil des zentralen Nervensystems, der sich innerhalb des knöchernen Schädels befindet und diesen ausfüllt. Es besteht aus unzähligen Nervenzellen, die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem Organismus verbunden sind und ihn steuern. Das Gehirnvolumen beträgt etwa 20 bis 22 Gramm pro Kilogramm Körpermasse. Das Gewicht des Gehirns macht mit 1,5 bis zwei Kilogramm ungefähr drei Prozent des Körpergewichts aus.

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Das menschliche Gehirn lässt sich grob in fünf Abschnitte gliedern:

  • Großhirn (Telencephalon)
  • Zwischenhirn (Diencephalon)
  • Mittelhirn (Mesencephalon)
  • Kleinhirn (Cerebellum)
  • Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)

Die verschiedenen Anteile der Großhirnrinde übernehmen ganz unterschiedliche Funktionen. Das Großhirn ist der größte und schwerste Teil des Gehirns und ähnelt mit seinen Falten und Furchen einem Walnusskern. Das Zwischenhirn besteht unter anderem aus dem Thalamus und dem Hypothalamus. Der Hirnstamm ist der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns und besteht aus Mittelhirn, Medulla oblongata und Brücke (Pons). Oberhalb des Hirnstamms und unterhalb der beiden Großhirnhemisphären sitzt das Kleinhirn.

Die graue Substanz im Gehirn besteht in erster Linie aus Nervenzellkörpern, während die weiße Substanz aus den Nervenzellfortsätzen, den Nervenfasern (Axonen), besteht. Dem Gehirn entspringen zwölf paarige Nerven, die den Kopf, den Hals und Organe im Rumpf versorgen.

Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt über die rechte und linke innere Halsschlagader (Arteria carotis interna) und über die Arteria vertebralis. Durch weitere Arterien werden diese zu einem Gefäßring (Circulus arteriosus cerebri) geschlossen, der die Basis des Zwischenhirns umfasst.

Das empfindliche Gewebe im Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke gegen schädigende Substanzen im Blut abgeschirmt. Der Energieverbrauch im Gehirn ist enorm hoch. Fast ein Viertel des Gesamtenergiebedarfs des Körpers entfällt auf das Gehirn.

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Die Entwicklung des Gehirns

Die embryonale Entwicklung des Gehirns aus dem Neuralrohr zeichnet sich einerseits durch ein besonderes Größenwachstum aus, andererseits durch ein ungleichmäßiges Dickenwachstum der Wand und besondere Knickstellen. Aus der Hirnanlage bilden sich zunächst drei hintereinander liegende Abschnitte (primäre Hirnbläschen) heraus, die dann das Vorderhirn, das Mittelhirn und das Rautenhirn bilden. In der weiteren Entwicklung entstehen daraus fünf weitere, sekundäre Hirnbläschen: Aus dem Vorderhirn entwickeln sich Großhirn und Zwischenhirn. Aus dem Rautenhirn gehen die Medulla oblongata, die Brücke und das Kleinhirn hervor.

Die Funktionen des Gehirns

Die Gehirn-Funktionsbereiche sind vielfältig. Der Hirnstamm ist für die grundlegenden Lebensfunktionen zuständig. Er steuert die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Atmung sowie Reflexe wie den Lidschluss-, Schluck- oder Hustenreflex. Im Thalamus werden Sinneseindrücke verarbeitet; über den Hypothalamus werden der Schlaf-Wach-Rhythmus, Hunger und Durst, das Schmerz- und Temperaturempfinden und der Sexualtrieb gesteuert. Das Kleinhirn koordiniert unsere Bewegungen und das Gleichgewicht und speichert erlernte Bewegungen. Im Großhirn sitzen auf der einen Seite Sprache und Logik, auf der anderen Seite Kreativität und Orientierungssinn. In der Hirnrinde sind die Lern-, Sprech- und Denkfähigkeit sowie das Bewusstsein und das Gedächtnis verankert. Hier laufen die Informationen aus den Sinnesorganen zusammen, werden verarbeitet und schließlich im Gedächtnis gespeichert.

Das Limbische System regelt das Affekt- und Triebverhalten und dessen Verknüpfungen mit vegetativen Organfunktionen. Zwei wichtige Teilbereiche innerhalb des limbischen Systems sind die Amygdala (Mandelkern) und der Hippocampus. Der Hippocampus ist der Arbeitsspeicher unseres Gehirns und die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis.

Eine sehr wichtige Funktion des Gehirns ist das Gedächtnis - vom Ultrakurzzeit- über das Kurzzeit- bis zum Langzeitgedächtnis.

Die Bedeutung von Neurotransmittern

Die Wissenschaft machte auch deutliche Fortschritte, was die Lokalisierung und Klärung der Bedeutung von Neurotransmittern als Boten- und Überträgerstoffe zwischen Nervenzellen betrifft. Eine Herausforderung für die Zukunft bleibt die Erforschung der Zusammenarbeit neuronaler Netze, bestehend aus Nervenzellen und der umgebenden Glia, die letztlich die Grundlage für das Verständnis von menschlichem Bewusstsein darstellt. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung am Gehirn haben in der täglichen Praxis Konsequenzen, die ganz unterschiedliche medizinische Bereiche betreffen. So hat das bessere Verständnis der Bedeutung und Funktionsweise von Neurotransmittern dazu geführt, dass auch die physiologischen Ursachen neurologischer und psychischer Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie, Parkinson und Alzheimer mittlerweile ein wenig besser verstanden werden. Auf dieser Grundlage wurden und werden in Zukunft neue medikamentöse Therapien für solche Krankheitsbilder entwickelt.

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Neuroprothesen und Brain-Computer-Interfaces

Neue Erkenntnisse über die Signalübertragung zwischen Neuronen und über die Beteiligung bestimmter Hirnregionen an mentalen Leistungen, wie der Sinneswahrnehmung, machen die Entwicklung von immer besseren Neuroprothesen zur Wiederherstellung verlorener motorischer oder sensorischer Fähigkeiten möglich. Beispiele für sensorische Prothesen sind Cochleaimplantate, die bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt werden, aber auch Retina-basierte Prothesen, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Bei motorischen Neuroprothesen sind Systeme in der Entwicklung, die mit einer Gehirn-Computer-Schnittstelle ausgestattet sind. Solche Brain-Computer-Interfaces basieren auf der Beobachtung, dass schon die Vorstellung eines Verhaltens messbare Veränderungen der elektrischen Hirnaktivität auslöst.

Lernen und Gedächtnis

Auch für das Themenfeld »Lernen und Gedächtnis« spielen die aktuellen Ergebnisse der Gehirnforschung eine wichtige Rolle. Demnach scheint das Gehirn über die gesamte Lebensspanne anpassungsfähiger zu sein, also eine höhere Plastizität zu besitzen, als bisher vermutet. So verbessert sich die synaptische Kommunikation zwischen den Nerven und das Gehirn legt neue neurale Pfade an (synaptische Plastizität), wenn etwas Neues gelernt wird. Hier scheinen die Gliazellen, die zweite große Gruppe von Gehirnzellen, eine wichtige Rolle zu spielen. Außerdem ist das Gehirn - entgegen früherer Auffassung - auch im Erwachsenenalter in der Lage, neue Nervenzellen zu bilden. Schließlich kann ein Mensch bei Bedarf neue Bereiche im Gehirn aktivieren, die kognitive Funktion übernehmen (funktionale Kompensationsplastizität). Das bedeutet zum einen, dass Schädigungen des Gehirns zum Beispiel infolge von Krankheiten oder Unfällen nicht zwangsweise irreparable geistige Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Zum anderen sind auch bei älteren Menschen strukturelle Änderungen im Gehirn und damit ein Neulernen möglich.

Aktuelle Forschungsprojekte

Im Oktober 2013 startete mit dem »Human Brain Project« ein multidisziplinäres Großprojekt der Europäischen Kommission. Dessen Ziel ist es, das gesamte bestehende Wissen über das menschliche Gehirn zusammenzuführen und dieses dann auf Supercomputern in Modellen und Simulationen detailgetreu von der Genetik über die molekulare Ebene bis hin zur Interaktion ganzer Zellverbände nachzubilden. Um die dabei anfallenden immensen Datenmengen aufbereiten zu können, sollen verschiedene Supercomputing-Plattformen entwickelt werden. Das so entstandene virtuelle Modellgehirn bietet dann die Möglichkeit, die Struktur und Funktionsweise des gesunden, aber auch des erkrankten Gehirns besser zu verstehen. Dies ist zum Beispiel eine wichtige Voraussetzung, um neue Medikamente entwickeln und testen zu können.

Ein weiteres aktuelles Großprojekt aus dem Bereich der Gehirnforschung ist die sogenannte BRAIN Initiative (Brain Research through Advancing Innovative Neurotechnologies) oder auch Brain Activity Map Project. Ziel des US-amerikanischen interdisziplinären Projekts ist es, die Aktivität sämtlicher rund 100 Milliarden Nervenzellen im Gehirn zu erfassen. Hierzu soll eine detaillierte Karte des menschlichen Gehirns erstellt und dabei dessen Abläufe sichtbar gemacht werden, ohne in die entsprechenden Prozesse einzugreifen.

Die Pubertät und das Gehirn

Die Pubertät ist eine Zeit großer Veränderungen, sowohl körperlich als auch geistig. In dieser Phase des Lebens erfährt das Gehirn einen umfassenden Umbau, der sich auf das Verhalten und die Emotionen von Jugendlichen auswirken kann.

Ab dem sechsten bis achten Lebensjahr beginnt sich das Gehirn zu verändern - bis in die späte Pubertät hinein. Mit Beginn der Pubertät baut das Gehirn zuerst zusätzliche graue Masse auf. Das heißt, dass massenhaft neue Nervenzellen und Nervenzellausläufer entstehen, die Informationen von anderen Nervenzellen aufnehmen. Im Verlauf der Pubertät nimmt diese graue Nervenmasse jedoch wieder ab: Nervenzellen verschwinden und in einer Sekunde können bis zu 30.000 Nervenverbindungen zugrunde gehen. Die Forscher sprechen von "pruning", vom "Zurechtstutzen" des Hirngewebes.

Giedds weithin akzeptierte Erklärung des Vorgangs lautet: das Gehirn produziert einen Überschuss an Nervenverbindungen, mit denen die Pubertierenden neu an die Welt herangehen können. Sie können neue Erfahrungen mit sich selbst und ihrer Umwelt machen und sie in neuen Nervenverbindungen in ihrem Gehirn verankern. Alle überschüssige Nervenmasse jedoch, die nicht durch Erfahrungen beansprucht wird, geht wieder verloren. Das Gehirn scheint damit überhaupt erst die Voraussetzung für das zu schaffen, was Psychologen als Hauptzweck der Pubertät definieren: Löse Dich von der Welt Deiner Eltern und schaffe Dir einen eigenen Kosmos.

Verschiedene Hirnareale reifen während der Pubertät erst nacheinander aus. Zuerst sind die Areale für Wahrnehmung und Bewegungsteuerung intakt. Auch das Dopaminsystem im Gehirn reift erst während der Pubertät allmählich aus. Der Stirnlappen schließlich ist das Areal, das in der Pubertät zu allerletzt ausreift. Er kommt meist so richtig erst nach dem zwanzigsten Lebensjahr in einen stabilen Zustand. Das Stirnhirn aber ist für rationales und vernünftiges Denken zuständig: Er hilft, die Konsequenzen des eigenen Tuns zu überdenken, rationale Urteile zu fassen und spontane Impulse zu kontrollieren.

Hirntumoren

Hirntumoren sind seltene Tumorerkrankungen, die sowohl Erwachsene als auch Kinder betreffen können. Risikogruppen lassen sich - im Gegensatz zu den meisten anderen Krebserkrankungen - nicht benennen, denn auslösende Faktoren sind nicht bekannt. Ein Hirntumor bleibt dem Betroffenen manchmal längere Zeit verborgen, da er zunächst oft keinerlei Beschwerden verursacht.

Zur Diagnose eines Hirntumors stehen dem behandelnden Arzt mehrere diagnostische Methoden zur Verfügung, darunter die Computertomographie (CT) und die Kernspintomographie (MRT). Unter primären Tumoren des Gehirns und Rückenmarks versteht man alle gut- und bösartigen Neubildungen, die im zentralen Nervensystem entstehen, d.h. die von der Gehirn- bzw. Rückenmarksubstanz selbst oder den sie umgebenden Hirnhäuten ausgehen.

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