Schlaganfall: Prognose und Behandlung – Ein umfassender Überblick

Der Schlaganfall ist eine der häufigsten und schwerwiegendsten neurologischen Erkrankungen in Deutschland. Jährlich erleiden etwa 240.000 Menschen einen Schlaganfall, was ihn zu einer zentralen Herausforderung in der Akut-Neurologie macht. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Prognose und Behandlung von Schlaganfällen, einschließlich neuer Therapieansätze und wichtiger Aspekte der Rehabilitation und Prävention.

Was ist ein Schlaganfall?

Der Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninfarkt genannt, ist ein Oberbegriff für verschiedene Schädigungen von Hirnarealen. Diese Schädigungen entstehen entweder durch einen Gefäßverschluss (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall). In beiden Fällen wird das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was zu neurologischen Ausfällen führen kann.

Formen des Schlaganfalls

Man unterscheidet hauptsächlich zwei Formen von Schlaganfällen:

  • Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): Diese Form wird durch den Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn verursacht, meist durch ein Blutgerinnsel. Die Minder- oder Mangel-Durchblutung ist die häufigste Ursache für Schlaganfälle, wobei etwa 80 Prozent aller Fälle auf eine Ischämie zurückzuführen sind.
  • Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): Hierbei platzt ein Blutgefäß im Gehirn, was zu einer Blutung in das Hirngewebe führt. Dies kann sowohl durch hohen Blutdruck als auch durch angeborene Gefäßanomalien (Aneurysmen) verursacht werden.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt zahlreiche Risikofaktoren, die das Auftreten eines Schlaganfalls begünstigen können. Einige davon sind nicht beeinflussbar, während andere durch einen gesunden Lebensstil und medizinische Maßnahmen reduziert werden können.

Nicht beeinflussbare Risikofaktoren:

  • Alter: Das Risiko für einen Schlaganfall steigt mit zunehmendem Alter.
  • Geschlecht: Männer haben tendenziell ein höheres Schlaganfallrisiko als Frauen, obwohl das Risiko für Frauen nach der Menopause ansteigt.
  • Genetische Veranlagung: Familiäre Vorbelastung kann das Schlaganfallrisiko erhöhen.

Beeinflussbare Risikofaktoren:

  • Bluthochdruck: Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren.
  • Herzerkrankungen: Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz erhöhen das Schlaganfallrisiko.
  • Diabetes mellitus: Diabetes kann die Blutgefäße schädigen und das Risiko für Gefäßverschlüsse erhöhen.
  • Rauchen: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht die Bildung von Blutgerinnseln.
  • Erhöhte Cholesterinwerte: Hohe LDL-Cholesterinwerte können zur Bildung von Plaques in den Arterien führen (Atherosklerose).
  • Übergewicht und Bewegungsmangel: Ein ungesunder Lebensstil mit wenig Bewegung und falscher Ernährung fördert die Entstehung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten.
  • Übermäßiger Alkoholkonsum: Hoher Alkoholkonsum kann den Blutdruck erhöhen und das Risiko für Hirnblutungen steigern.

Symptome eines Schlaganfalls

Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und können je nach betroffenem Hirnareal variieren. Typische Symptome sind:

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  • Plötzliche Lähmungen oder Schwäche: Meist einseitig, in Arm, Bein oder Gesicht.
  • Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
  • Sehstörungen: Plötzliches Verschwommensehen, Doppeltsehen oder Verlust des Sehfelds.
  • Gleichgewichtsstörungen: Schwindel, Unsicherheit beim Gehen.
  • Stärkste Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende, sehr heftige Kopfschmerzen, oft in Kombination mit anderen Symptomen.

Der FAST-Test

Der FAST-Test ist eine einfache Methode, um einen Schlaganfall schnell zu erkennen:

  • Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab?
  • Arms (Arme): Bitten Sie die Person, beide Arme nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann ein Arm nicht gehalten werden oder dreht er sich?
  • Speech (Sprache): Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist die Sprache verwaschen oder unverständlich?
  • Time (Zeit): Wenn eines dieser Symptome auftritt, wählen Sie sofort den Notruf (112).

Diagnose

Eine schnelle und präzise Diagnose ist entscheidend für die Prognose eines Schlaganfalls. Zu den wichtigsten diagnostischen Maßnahmen gehören:

  • Klinische Untersuchung: Erhebung der Krankengeschichte und neurologische Untersuchung.
  • Bildgebung des Gehirns:
    • Computertomographie (CT): Ermöglicht eine schnelle Beurteilung, ob eine Blutung vorliegt.
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Bietet detailliertere Bilder des Gehirns und kann auch frühe Anzeichen eines ischämischen Schlaganfalls erkennen.
  • Gefäßdarstellung:
    • CT-Angiographie (CTA) oder MR-Angiographie (MRA): Zeigen die Blutgefäße im Gehirn und können Verschlüsse oder Verengungen identifizieren.
    • Doppler- und Duplexsonographie: Ultraschalluntersuchung der Halsgefäße zur Beurteilung von Verengungen (Stenosen).
  • Elektrokardiogramm (EKG): Zum Nachweis von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern, die ein Risikofaktor für Schlaganfälle sind.
  • Blutuntersuchungen: Zur Bestimmung von Risikofaktoren wie erhöhten Cholesterinwerten, Blutzucker oder Gerinnungsstörungen.

Akutbehandlung

Die Akutbehandlung eines Schlaganfalls zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns so schnell wie möglich wiederherzustellen und weitere Schäden zu verhindern.

Thrombolyse

Die Thrombolyse ist eine medikamentöse Behandlung, bei der ein Medikament (meist Alteplase) intravenös verabreicht wird, um das Blutgerinnsel aufzulösen, das den Gefäßverschluss verursacht. Die Thrombolyse ist am wirksamsten, wenn sie innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn durchgeführt wird.

Mechanische Thrombektomie

Die mechanische Thrombektomie ist ein interventionelles Verfahren, bei dem ein Katheter über die Leistenarterie bis zum Verschluss im Gehirn vorgeschoben wird. Mit speziellen Instrumenten wird das Blutgerinnsel dann entfernt. Dieses Verfahren kann auch noch bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn in bestimmten Fällen sinnvoll sein, insbesondere bei Verschlüssen großer Hirngefäße.

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Neue Therapieansätze

Eine prospektiv randomisierte Studie britischer Schlaganfallzentren stützt die Gabe von Tenecteplase. In die ATTEST-2-Studie wurden 1 858 Patientinnen und Patienten (Durchschnittsalter: 70,4 Jahre) mit akutem ischämischem Schlaganfall maximal 4,5 Stunden nach Symptombeginn aufgenommen. Tenecteplase erwies sich im primären Endpunkt der Alteplase nicht unterlegen. Die adjustierte Odds-Ratio für funktionale Verbesserungen auf dem mRS betrug 1,07 (95-%-Konfidenzintervall [0,90; 1,27]) mit einem p-Wert für Nichtunterlegenheit von < 0,0001. Auch im Kriterium „sehr gute Erholung in 90 Tagen“ war Tenecteplase nicht unterlegen (p = 0,0018). Es wurde aber auch keine statistisch signifikante Überlegenheit der Tenecteplase-Therapie festgestellt (p = 0,43 für Überlegenheit). Es starben je 8 % der Patienten. In Sicherheitsaspekten wie intrakraniellen Hämorrhagien oder parenchymalen Hämatomen gab es ebenfalls keine wesentlichen Unterschiede.

Operative Maßnahmen

Bei Hirnblutungen oder raumfordernden Hirninfarkten kann eine Operation notwendig sein, um den Druck im Gehirn zu entlasten.

  • Kraniektomie: Entfernung eines Teils des Schädelknochens, um dem geschwollenen Hirngewebe Platz zu verschaffen.
  • Aneurysma-Clipping oder Coiling: Bei Hirnblutungen aufgrund eines Aneurysmas kann dieses durch eine Operation oder einen interventionellen Eingriff verschlossen werden, um weitere Blutungen zu verhindern.

Intensivmedizinische Überwachung

Nach einem Schlaganfall werden die Patienten intensivmedizinisch überwacht, um Komplikationen wie Hirnödem, Lungenentzündung oder Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Rehabilitation

Die Rehabilitation ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung nach einem Schlaganfall. Ziel ist es, die verloren gegangenen Funktionen wiederherzustellen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Die Rehabilitation sollte so früh wie möglich beginnen und individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt sein.

Bereiche der Rehabilitation:

  • Physiotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsaktivitäten wie Essen, Anziehen und Körperpflege.
  • Logopädie: Behandlung von Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen.
  • Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Störungen wie Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen.
  • Sozialberatung: Unterstützung bei der Bewältigung der sozialen und beruflichen Folgen des Schlaganfalls.

Stroke-Unit

Alle Patienten mit einem akuten Schlaganfall sollen auf einer Stroke-Unit behandelt werden, das gilt auch für die akuten transitorisch-ischämischen Attacken, TIA. Patienten mit zerebraler Ischämie sollten auf einer Stroke-Unit durch ein multidisziplinäres, auf Schlaganfallbehandlung spezialisiertes Team versorgt werden, dass neurologisch-fachärztlich geleitet wird.

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Prognose

Die Prognose nach einem Schlaganfall hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B.:

  • Art und Schwere des Schlaganfalls: Ischämische Schlaganfälle haben oft eine bessere Prognose als hämorrhagische Schlaganfälle.
  • Betroffenes Hirnareal: Schlaganfälle in bestimmten Hirnarealen können schwerwiegendere Folgen haben als in anderen.
  • Zeit bis zur Behandlung: Je schneller die Behandlung beginnt, desto besser ist die Prognose.
  • Alter und allgemeiner Gesundheitszustand des Patienten: Jüngere Patienten und Patienten mit weniger Begleiterkrankungen haben tendenziell eine bessere Prognose.
  • Rehabilitationspotenzial: Die Fähigkeit des Patienten, an der Rehabilitation teilzunehmen und Fortschritte zu erzielen, beeinflusst die langfristige Prognose.

Langzeitfolgen

Viele Schlaganfallpatienten leiden unter langfristigen Folgen, wie z.B.:

  • Motorische Defizite: Lähmungen, Schwäche oder Koordinationsstörungen.
  • Sprachstörungen: Aphasie (Verlust der Sprachfähigkeit) oder Dysarthrie (Sprechstörung).
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsprobleme.
  • Schluckstörungen: Dysphagie.
  • Emotionale Probleme: Depressionen, Angstzustände oder Stimmungsschwankungen.
  • Schmerzen: Neuropathische Schmerzen oder Schulterschmerzen.

Bedeutung der Prävention

Die beste Strategie gegen einen Schlaganfall ist die Prävention. Durch die Reduzierung der beeinflussbaren Risikofaktoren kann das Schlaganfallrisiko deutlich gesenkt werden.

Präventionsmaßnahmen

  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und wenig gesättigten Fetten.
  • Regelmäßige Bewegung: Mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche.
  • Nichtrauchen: Verzicht auf das Rauchen.
  • Mäßiger Alkoholkonsum: Begrenzung des Alkoholkonsums auf maximal ein alkoholisches Getränk pro Tag für Frauen und zwei für Männer.
  • Blutdruckkontrolle: Regelmäßige Messung des Blutdrucks und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung bei Bluthochdruck.
  • Cholesterinsenkung: Behandlung erhöhter Cholesterinwerte mit Medikamenten (Statine), um die Bildung von Plaques in den Arterien zu verhindern.
  • Diabeteskontrolle: Gute Einstellung des Blutzuckers bei Diabetes.
  • Behandlung von Herzerkrankungen: Behandlung von Vorhofflimmern und anderen Herzerkrankungen, um das Risiko von Blutgerinnseln zu reduzieren.

Cholesterinsenkung bei Carotisplaques

Die Halsschlagader (Arteria carotis) versorgt das Gehirn mit sauerstoffreichem Blut. Ablagerungen, sogenannte Plaques, können auch dieses lebenswichtige Gefäß verengen. Nachweislich erhöht dieser Prozess der Atherosklerose das Risiko für Schlaganfälle. Schon seit Jahren empfehlen Kardiologen ein konsequentes Senken des LDL-Cholesterins, um Plaques zu stabilisieren und kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle zu verhindern.

Behandlungsfehler und Arzthaftung

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn eine medizinische Behandlung nicht nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards erfolgt. Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt bzw. Psychotherapeut eindeutig gegen bewährte ärztliche oder psychotherapeutische Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt oder Psychotherapeuten schlechterdings nicht unterlaufen darf. Behandlungsfehler können aus einem Tun oder aus einem Unterlassen resultieren.

Beispiele für Behandlungsfehler beim Schlaganfall:

  • Verzögerte Diagnose: Eine verzögerte Diagnose kann die rechtzeitige Einleitung einer Thrombolyse oder Thrombektomie verhindern.
  • Fehlerhafte Interpretation von Bildgebungsbefunden: Das Übersehen von Anzeichen eines Schlaganfalls auf CT- oder MRT-Bildern.
  • Unterlassene CTG-Fertigung und verspätete Mikroblutanalyse: Unterlassene CTG-Fertigung und verspätete Mikroblutanalyse sind ein grober Behandlungsfehler.
  • Fehlerhafte Behandlung: Eine nicht leitlinien gerechte Behandlung auf der Stroke-Unit.

Rechtliche Aspekte

Im Falle eines Behandlungsfehlers hat der Patient Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann den Patienten bei der Durchsetzung seiner Ansprüche unterstützen. Es ist wichtig, alle relevanten Dokumente (Arztberichte, Gutachten) zu sammeln und den Behandlungsfehler detailliert zu dokumentieren.

Gutachterliche Expertise

Die Aufgabe eines neurologischen Sachverständigen ist hochkomplex und spezifisch. Gutachter erstellen Gutachten für Behandlungsfehler und Kunstfehler bei Schlaganfall: Fachkompetente Expertise in Neurologie und Intensivmedizin für Landgerichte und Oberlandesgerichte in Deutschland.

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