Julius Caesars Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr. hat die Fantasie der Menschen angeregt. Böse Omina und prophetische Träume seiner Gattin habe er ignoriert. Angesichts solcher Details und der tendenziell viel zu hohen Zahl potentieller Verschwörer stellen sich Menschen bis heute u.a. die Frage, ob Caesar tatsächlich nichts von der Gefahr ahnte oder sie bewusst in Kauf nahm, um im Nachgang mit seinen politischen Gegnern abzurechnen.
Ein wichtiger Aspekt, der in diesem Zusammenhang oft diskutiert wird, ist Caesars Gesundheitszustand, insbesondere die Frage, ob er an Epilepsie litt. Diese Frage ist nicht nur von medizinischem Interesse, sondern hat auch Auswirkungen auf die Interpretation seiner politischen Entscheidungen und seines Charakters.
Caesars Gesundheit: Epilepsie oder Schlaganfälle?
Die Berichte antiker Historiker sind keine ärztlichen Bulletins und Ferndiagnosen problematisch, ihre Berichte über allerlei Symptome und Ereignisse aber vergleichsweise dicht: Ohnmacht, Schwindel, psychomotorische Veränderungen, Kopfschmerzen, Albträume, cholerische Ausbrüche. Sie ermöglichen es potentielle Erkrankungen einzugrenzen: Galassi und Ashrafian, zwei Mediziner, kamen daher in ihrer „historisch-pathologischen“ 2017er Untersuchung zum Ergebnis, dass es auch eine Serie kleinerer Schlaganfälle gewesen sein könnte.
Fraglos sind die Berichte antiker Historiker keine ärztlichen Bulletins und Ferndiagnosen problematisch. Die Schilderungen von Ohnmacht, Schwindel, psychomotorischen Veränderungen, Kopfschmerzen, Albträumen und cholerischen Ausbrüchen lassen jedoch Raum für Spekulationen über mögliche Erkrankungen.
Epilepsie in der Antike: Mehr als nur eine Krankheit
Es ist tatsächlich auffallend, wie häufig in der Literatur Epilepsie in die Nähe von Prophetie gerückt wird (divinatio - Weissagung - war im alten Rom ein Synonym für Epilepsie; diese Beziehung hat sich in einem französischen Epilepsiebegriff erhalten: mal des prophètes). Auch in der modernen Literatur wird diese Konnexion - epileptische Symptomatik und Prophetie - immer wieder hergestellt, z. B.
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In der Antike wurde Epilepsie oft mit höheren Mächten in Verbindung gebracht. Die Krankheit wurde nicht nur als medizinisches Problem betrachtet, sondern auch als Zeichen göttlicher Auserwähltheit oder Besessenheit. Diese Vorstellung spiegelt sich in der Literatur und Kunst wider, wo Epilepsie oft mit Prophetie und religiöser Erfahrung in Verbindung gebracht wird.
Epilepsie in der Kunst und Literatur: Eine Darstellung des Leidens
Die Beschreibung und Ausdeutung von Leid in Form von Schmerz, Krankheit und Behinderung spielen in der schön-geistigen Literatur zahlreicher kultur-historischer Epochen eine bedeutende Rolle. Dieser Aspekt menschlichen Seins wird von den einzelnen Autoren meist in sehr unterschiedlicher Weise eingesetzt - sei es als richtungsweisender Faktor in einem Handlungsgefüge, als Metapher oder auch als kathartisches Moment. Mehrere Gründe sind wohl für diese überraschend häufige Präsenz des Epilepsiethemas ausschlaggebend: Zum einen die Prävalenz (Häufigkeit) dieser Krankheit (sie beträgt heute weltweit etwa 0,5-1 % und war in früheren Jahrhunderten sicherlich nicht geringer), zum andern die beeindruckende Symptomatik des Prototyps epileptischen Geschehens, des großen Anfalls (Grand mal). Des weiteren ist festzuhalten, dass in früheren Jahrhunderten für diese gefürchtete Krankheit keinerlei wirksame Heilmethoden zur Verfügung standen, die Menschen der Krankheit also hilflos gegenüberstanden. Hinzu kommt schließlich, dass diese schwere unerklärliche Krankheit zu allen Zeiten bzgl. ihrer Ursache und ihres Erscheinungsbildes immer wieder mit höheren Mächten in Verbindung gebracht wurde (s. den Navigationspunkt ‚Das Epilepsiemotiv in der sakralen Kunst’). Dass ein solches beeindruckendes Leid, wie andere schwerwiegende Krankheiten auch (z. B.
Epilepsie ist ein wiederkehrendes Motiv in der Kunst und Literatur verschiedener Epochen. Die Krankheit wird oft als Metapher für Kontrollverlust, Besessenheit oder spirituelle Erleuchtung dargestellt. Autoren und Künstler nutzen die dramatische Symptomatik des großen Anfalls (Grand mal), um menschliches Leid und die Auseinandersetzung mit dem Unbegreiflichen darzustellen.
Beispiele aus der Literatur
- Altes Testament: Der Seher Bileam wird als "fallend" bezeichnet, was auf epileptische Anfälle hindeuten könnte.
- Aischylos' Orestie: Kassandras prophetische Aussagen werden von den Phänomenen Schaum, Krampf und Ausspucken von Blut begleitet.
- Plautus' Die Gefangenen: Der große epileptische Anfall wird mit einem Amoklauf in Verbindung gebracht.
- Dantes Göttliche Komödie: Der Zustand des Sünders wird mit einem durch den Teufel verursachten Sturzanfall mit anschließender Desorientierung verglichen.
Epilepsie in der modernen Medizin: Ursachen und Behandlung
Sehr häufig ist eine Epilepsie nicht angeboren oder familiär bedingt, sondern es gibt erworbene Formen auch im höheren Alter. Narben im Gehirn können bewirken, dass sich eine Epilepsie bildet. Dabei ist die Ursache für die Narbe nicht wichtig. Narben im Gehirn können durch einen Schlaganfall, Hirnblutungen bei geplatzten Arterien, Entzündungen im Gehirn oder Unfällen mit Kopfverletzungen entstehen. Wenig Schlaf, Flackerlicht oder ein sinkender Alkoholspiegel setzen die Schwelle, bei der es zu Anfällen kommt, herab. Theoretisch könnte man also bei jedem Menschen, vorausgesetzt man lässt ihn mehrere Tage nicht schlafen und verabreicht ihm reichlich Alkohohl, einen epileptischen Krampfanfall auslösen. Es gibt also keine echten Epileptiker, sondern nur unterschiedliche individuelle Anfallsschwellen bei jedem Menschen.
In der modernen Medizin wird Epilepsie als eine neurologische Erkrankung definiert, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und können sowohl genetisch bedingt als auch erworben sein. Zu den erworbenen Ursachen gehören Hirnverletzungen, Schlaganfälle, Entzündungen des Gehirns und Tumore.
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Diagnose und Behandlung
Bei einem epileptischen Anfall verändern sich die vom Gehirn produzierten Hirnströme. Normalerweise feuert jede Hirnzelle mit ihrer eigenen Frequenz, bei einem Anfall jedoch werden die Hirnzellen völlig rhythmisch und synchron. Jede Hirnzelle kommuniziert dann mit der gleichen Frequenz. Mit der Aufzeichnung der vom eigenen Gehirn produzierten Hirnströme mittels eines Elektroenzephalogramms kann man Rückschlüsse auf die Funktion des Gehirns und die individuelle Anfallschwelle ziehen. Ein einmalig durchgeführtes unauffälliges EEG kann aber eine Epilepsie nicht sicher ausschließen, weil es auch passieren kann, dass sich in der Phase nach einem Anfall oder zwischen zwei Anfällen ein unauffälliges EEG zeigt. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Medikamente, welche die Schwelle, ab der es zu Anfällen kommt, heraufsetzen und so Anfälle verhindern können. Einige wirken besser bei den angeborenen Formen, andere bei den durch Narben verursachten. Ziel bei einer Epilepsie ist, dass keine epileptischen Anfälle mehr auftreten.
Die Diagnose von Epilepsie erfolgt in der Regel durch eine neurologische Untersuchung und ein Elektroenzephalogramm (EEG), das die Hirnströme aufzeichnet. Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, Anfälle zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dies kann durch Medikamente, Chirurgie oder andere Therapien erreicht werden.
Julius Caesar in Film und Fernsehen: Die narrative Funktion der Epilepsie
Der Einsatz epileptischer Anfälle in Filmen mit Cäsar und Cleopatra zeigt beispielhaft, dass es dabei weniger um historische “Realität” als um narrative „Funktion“ geht. Epilepsie gehört so sehr zur historischen Gestalt Cäsar, dass seine Krankheit selten verschwiegen wird. Cäsar kann ohne Frage als die bekannteste Persönlichkeit der Geschichte gelten, die Epilepsie hatte. In Abhandlungen über Epilepsie wird er gern erwähnt, weil er trotz seiner Anfälle zu den ganz Grossen der Geschichte gehört.
In Filmen über Julius Caesar wird seine Epilepsie oft als dramatisches Element eingesetzt, um seine Verletzlichkeit und Menschlichkeit zu zeigen. Die Anfälle werden oft als Grand mal-Anfälle dargestellt und dienen dazu, die Handlung voranzutreiben oder die Charaktere zu entwickeln.
Beispiele für die Darstellung von Epilepsie in Filmen
- Cleopatra (1963): Cleopatra beobachtet einen Anfall Cäsars und erkennt seine Schwäche. Sie verspricht, ihn zu beschützen.
- Rome (2005): Ein Anfall Cäsars wird von Octavian miterlebt, der daraufhin schwören muss, den Vorfall geheim zu halten.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Darstellung von Epilepsie in Filmen oft von der Realität abweicht und dazu beitragen kann, Vorurteile gegenüber Menschen mit Epilepsie zu verstärken.
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