Ein Schlaganfall kann jeden treffen, unabhängig vom Alter. Obwohl das Risiko mit zunehmendem Alter steigt, sind viele Betroffene im erwerbsfähigen Alter, ein Teil sogar unter 40 Jahren. Risikofaktoren begünstigen die Entstehung eines Schlaganfalls. Frühwarnsymptome ähneln denen einer flüchtigen Durchblutungsstörung, können sich aber bei einem akuten Schlaganfall nicht mehr zurückbilden. Eine plötzliche, ausgeprägte Lähmung einer Körperseite, meist stärker im Arm als im Bein, ist typisch.
Bei Verdacht auf Schlaganfall ist schnelles Handeln lebensnotwendig. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Überlebenschancen und die Wahrscheinlichkeit, ohne bleibende Behinderungen weiterzuleben. Die ersten Stunden sind entscheidend. Ruhe bewahren und rasch handeln ist wichtig.
Konsequenzen und Rehabilitation
Gesundheitliche Probleme wie Krankheit, Operationen oder Traumata können zu Funktionsstörungen, eingeschränkter Aktivität und sozialer Interaktion führen. Die Rehabilitation zielt darauf ab, gestörte Funktionen auszugleichen, sich an den Verlust der gesundheitlichen Integrität anzupassen und irreversible Schäden zu kompensieren.
Sabine Müller* verbrachte vier Monate nach ihrem Schlaganfall ein erstes langes Wochenende alleine in ihrer Wohnung. Zuvor hatte sie nachts plötzlich die linke Körperhälfte nicht mehr bewegen können. Nach Akutbehandlung, Frühreha und ambulanter Reha wollte sie unbedingt in ihre eigene Wohnung zurück.
Viele Schlaganfallpatienten kämpfen mit Lähmungserscheinungen, Sprach- und Sprechproblemen, kognitiven Einschränkungen, Epilepsie oder Depressionen. Das Gehirn ist jedoch anpassungsfähig und kann Aufgaben anderer Bereiche teilweise übernehmen. Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie können helfen, die Beweglichkeit, das Sprechen und die Alltagsbewältigung zu verbessern.
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Unterstützung und Therapieansätze
Es braucht ein Netzwerk, um Schlaganfallpatienten gut zu unterstützen. Sabine Müller hatte Glück mit ihrer Hausgemeinschaft und Nachbarschaft. Der Verein „Mutabor“ leistet ambulante Intensivförderung im häuslichen Umfeld und hilft ihr, ihre persönlichen Ziele zu erreichen.
Wichtig ist, sich Ziele zu setzen und zu planen, was man dafür braucht und wer helfen kann.
Folgen eines Schlaganfalls
Ungefähr die Hälfte der Schlaganfallpatienten behält bleibende Schäden, die das Alltagsleben verändern. Art und Ausmaß hängen davon ab, welches Hirn-Areal wie schwer geschädigt ist. Oft sind Betroffene pflegebedürftig oder schwerstbehindert.
Häufige Folgen sind:
- Bewegungsstörungen: Von leichten Gangunsicherheiten bis zu umfangreichen Lähmungen, oft als unvollständige Halbseitenlähmung.
- Ataxie und Apraxie: Gestörte Koordination der Bewegung bzw. Unfähigkeit, komplexe Bewegungsabläufe auszuführen.
- Neglect und Aufmerksamkeitsstörungen: Vernachlässigung einer Raumhälfte oder des eigenen Körpers, Probleme mit Konzentration und Daueraufmerksamkeit.
- Sprach- und Sprechstörungen: Aphasie (Verständnis- und Ausdrucksschwierigkeiten) und Sprechstörungen.
- Schluckstörungen: Probleme beim Schlucken, die zu Mangelernährung und Lungenentzündung führen können.
- Sehstörungen: Verengtes Blickfeld, Halbseitenblindheit, Doppeltsehen, Augenflimmern.
- Gefühlsstörungen: Eingeschränkte Wahrnehmung von Sinnesempfindungen in betroffenen Körperbereichen.
- Gedächtnisstörungen: Probleme, Wissen abzurufen oder sich neue Informationen zu merken.
- Persönlichkeitsveränderungen: Teilnahmslosigkeit, Depression, Wutausbrüche.
- Sonstige Folgen: Veränderungen des Geschmacks-Sinns, Hörstörungen, Inkontinenz, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel.
Prognose und Behandlung
Ob und in welchem Ausmaß sich Schlaganfall-Folgen bessern, ist unterschiedlich und hängt von Faktoren wie Alter, Schweregrad der Schäden und Art der Therapie ab. Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es, dass andere Hirn-Areale die Aufgaben geschädigter Regionen übernehmen.
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Bewegungsstörungen verschwinden selten vollständig, bessern sich aber oft innerhalb von Wochen oder Monaten. Die Erfolgsaussichten der Therapie sind meist gut bei Patienten mit vielen kleinen Gefäßverschlüssen, rein motorischen Ausfällen und intakter Körperwahrnehmung.
Akutbehandlung und Erste Hilfe
Bei Verdacht auf Schlaganfall sofort den Notarzt alarmieren (Notrufnummer 112)! Bis zum Eintreffen des Notarztes den Patienten beruhigen, den Oberkörper etwas erhöht lagern und beengende Kleidung öffnen. Nichts zu essen oder zu trinken geben! Bei Bewusstlosigkeit, aber vorhandener Atmung, den Patienten in die stabile Seitenlage bringen. Bei fehlender Atmung sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen.
Die ärztliche Akutbehandlung umfasst die Überwachung und Stabilisierung der Vitalfunktionen sowie weitere Maßnahmen je nach Art des Schlaganfalls und Komplikationen.
Behandlungsmethoden
- Ischämischer Schlaganfall: Beseitigung des Blutgerinnsels durch Lyse-Therapie (medikamentöse Auflösung) oder Thrombektomie (mechanische Entfernung).
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Konservative Behandlung mit Bettruhe oder Operation zur Entfernung des Blutergusses und Verschluss der Blutungsquelle.
- Behandlung von Komplikationen: Maßnahmen zur Senkung des Hirndrucks, Behandlung von Gefäßkrämpfen, epileptischen Anfällen, Lungenentzündung und Harnwegsinfekten.
Rehabilitation
Die medizinische Reha nach Schlaganfall soll dem Patienten helfen, in sein altes soziales und berufliches Umfeld zurückzukehren. Ziel ist es, Funktions-Einschränkungen zu verringern und die Selbstständigkeit im Alltag wiederherzustellen. Die Reha kann stationär, teilstationär oder ambulant erfolgen.
Motorische Rehabilitation
Verschiedene Therapieformen helfen, sensomotorische Störungen zu verbessern:
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- Bobath-Konzept: Förderung und Stimulation der gelähmten Körperpartie.
- Vojta-Therapie: Auslösung von Reflexen zur Reaktivierung von Nervenbahnen und Bewegungsabläufen.
- Propriozeptive Neuromuskuläre Facilitation (PNF): Förderung des Zusammenspiels von Nerv und Muskel über äußere und innere Reize.
- Kognitiv therapeutische Übungen nach Perfetti: Neulernen von Bewegungsabläufen und Rückgewinnung der Bewegungskontrolle.
- „Forced-use“-Therapie: Training eines teilgelähmten Arms oder Beins durch erzwungenen Gebrauch.
Naturheilkunde und Naturbaden
In der Schön Klinik Bad Staffelstein werden im Rahmen einer stationären psychosomatischen Therapie auch naturheilkundliche Verfahren angewandt. Naturheilkunde ist traditionelle Medizin mit den Schwerpunkten Heilpflanzen, Ernährungstherapie, Mind-Body-Medizin und gesundheitsfördernden Lebensstilmodifikationen. Auch Waldbaden gehört zu den anerkannten Stressbewältigungsaktivitäten. Die entspannende Wirkung der Natur wird im Therapie-Angebot genutzt, denn achtsames Schlendern und Verweilen im Wald hilft, alle Sinne weit zu öffnen und die Genesung zu verbessern.
TIA: Warnschuss im Gehirn
Eine Transitorische Ischämische Attacke (TIA) ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns, die als Vorbote eines größeren Schlaganfalls dienen kann. Die Symptome sind ähnlich wie bei einem Schlaganfall, klingen aber innerhalb von 24 Stunden wieder ab. Eine TIA sollte niemals unterschätzt werden, da das Risiko eines Schlaganfalls in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer TIA am größten ist.
Ursache einer TIA ist ein vorübergehender Verschluss einer Arterie des Gehirns, meist durch ein Blutgerinnsel. Risikofaktoren sind Übergewicht, Diabetes, Vorhofflimmern, Bluthochdruck und hormonelle Verhütungsmittel.
Online-Therapie bei Neglect
Neuropsychologen der Universität des Saarlandes haben eine Online-Therapie entwickelt, die Menschen mit der Wahrnehmungsstörung Neglect nach einem Schlaganfall unterstützt. Die Therapie kann Betroffenen helfen, wieder besser mehrere Dinge gleichzeitig visuell zu erfassen und so ihre Lebensqualität zu verbessern.
Die neue Therapie wurde an der Neuropsychologischen Hochschulambulanz der Universität des Saarlandes entwickelt und erprobt. In Studien zeigte sich, dass bereits nach 18 Therapiestunden deutliche Verbesserungen erzielt wurden. Das Besondere an der neuen Therapie ist die schrittweise Einführung einer neuen Blickstrategie, die es den Patient*innen ermöglicht, visuelle Reize schneller und effizienter zu erfassen. Die Übungseinheiten beginnen mit der Anzeige verschiedener Reize nacheinander und steigern die Schwierigkeit bis hin zur gleichzeitigen Präsentation mehrerer Reize. Diese Methode kann nicht nur in der Klinik, sondern auch als Home-Training genutzt werden.
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