Herbert Knebel: "Männer ohne Nerven" - Eine Ruhrpott-Kabarett-Analyse

Herbert Knebel, "Der Trainer", Ernst Pichel und Ozzy Ostermann - diese vier Namen stehen für "Männer ohne Nerven", ein Kabarettprogramm, das den Ruhrpott-Charme auf die Bühne bringt. Das Programm verspricht Kabarett, das meist wohldosiert ist, aber auch bis zur Schmerzgrenze gehen kann. Entgegen dem Titel zeigt "der Trainer" jedoch schon zu Beginn Nerven, woraufhin ihm seine Kollegen raten, zur Ablenkung ein Lied zu singen. So covern die vier in bewährter "Affentheater-Manier" durch das Programm.

Musikalische Kompetenz und Bühnenpräsenz

Die vier Kabarettisten beherrschen ihre Instrumente. Gitarrist Ozzy Ostermann überzeugt mit rocklastigen Soli. Der Wechsel zwischen Text und Lied ist wohlüberlegt, wodurch "Männer ohne Nerven" den Balanceakt schafft, den Ruhrpott-Anteil nicht zu überstrapazieren. Jeder der vier hat seinen Auftritt, wobei die Figur von Ernst Pichel eher zurückhaltend angelegt ist, während Ozzy Ostermann sich als Rampensau präsentiert.

Knebels Erzählkunst und Pointen

"Der Trainer" und Herbert Knebel tragen den schauspielerischen Teil des Programms. Knebel kann sein Talent als Geschichtenerzähler ausspielen, wie beispielsweise bei der Schilderung von Komplikationen beim Besuch eines indischen Restaurants mit seiner Frau Guste. Allein Knebels Erzählkunst lässt im Publikum die Vorfreude auf die Pointe gedeihen, wenn Guste auf allen Vieren kriecht, nachdem sie sich an Knebels scharfem Gericht zu schaffen gemacht hat.

Ein Konzept, das seit Jahren funktioniert

Für Fans von "Herbert Knebels Affentheater" gibt es beim neuen Programm "Männer ohne Nerven" keine großen Umstellungen. Die vier sind die Alten geblieben und machen sich auf der Bühne zum Affen. Knebels Schilderung mit nichtschwimmender Gattin im Stadtbad oder der Besuch beim Inder "Zum Ghandi", bei dem die naschende Guste die Folgen von Herberts Gericht zu tragen hat, sind Klassiker. Auch Herberts Einkauf im Schuhgeschäft mit Rieseneishörnchen ist ein Brüller. Kalauer, Zoten, freche Sprüche und Redewendungen, die viele Ruhries im passiven Wortschatz haben, sind Teil des Showkonzepts, das seit 26 Jahren funktioniert. Zwischenrufe werden schlagfertig gekontert.

Skurrile Geschichten und umgedichtete Rocksongs

Knarzige Bässe wabern durch die Halle, und eine raue Stimme kündigt echte Männer an. Bei Queens "We Will Rock You" wird auf Grammatikregeln verzichtet. Der "Trainer" ist heute etwas nervös, woraufhin Ernst Pichel ihm eine Tablette von Placebo empfiehlt. Knebel erzählt von seinem Besuch mit Guste im Schwimmbad, wo er sie ins Becken schubst. Uwe Lyko formt skurrile Geschichten mit Vorlagen aus dem Alltag.

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Die Texte der umgedichteten Rocksongs sind eine weitere Stärke. Aus "Wild Thing" wird "Wahnsinn" und aus "You Sexy Thing" wird "Du sexy Ding". Die drei Musiker veranstalten kein Affentheater auf ihren Instrumenten. In Pomade getränkte Seitenscheitel, Hemden aus der Altkleidersammlung und Bundfaltenhosen beweisen, dass die Meinung der Frauenwelt diesen Männern gleichgültig geworden ist.

Pointen und Weisheiten

Einige Pointen des Abends sind: "Ich habe Schweißfüße. Eigentlich sind meine Schuhe ein Fall für den Salzstock." Oder: "Petra Schlecker hatte mich schon wegen ihres Namens angezogen - Petra." Oder: "Jungen Leuten beschreibst du eine Jukebox am besten als einen mehrere 100 Kilo schweren Ipod." Zwei Zugaben untermalen, dass Herbert Knebels Affentheater auch mit dem 13. Programm nicht verlernt hat, wie die Kombination aus Comedy und Live-Musik funktioniert. Eine Weisheit lautet: "Je älter du wirst, desto mehr wirst du weniger."

Das Affentheater im Laufe der Zeit

Herbert Knebel feierte seinen 67. Geburtstag. Nach über 30 Jahren als Botschafter des Kohlenpott-Humors dürfen die Mitglieder seines Affentheaters in die Jahre kommen. Beim Auftritt im Bürgerhaus ließen sich die vier Herren nicht bremsen. Der Hüftschwung des Mannes mit dem Kassengestell und der Helmut-Schmidt-Kappe ist nicht mehr so wild wie früher, aber das tat dem Vergnügen des Publikums keinen Abbruch.

Nach langer Corona-Pause drehten Ernst Pichel, Ozzy Ostermann und der Trainer so richtig auf. Herbert Knebel kann sich auf seine Jungs verlassen. Ozzy Ostermann lief bei seinem "Schönes Fräullein" zur Höchstform als Macho auf. Die Künstler mussten sich zwischendurch auf Stühlen ausruhen. Bei dem Treffen der "anonymen Bußgeldbescheid-Geschädigter" ging es um Frauen, Autos und den Kampf mit den Behörden. Ozzy Ostermanns Fehltritte in Tempo-30-Zonen wurden zu einer musikalischen Verballhornung von Pink Floyds "Another brick in the Wall".

Klischees und Skurrilitäten

Bewusst eingegangene geistige Tiefflüge und musikalisches Können paarten sich an diesem Abend. Die Männer bedienten alle denkbaren Klischees und ließen kein Fettnäpfchen aus. Im Leben Herbert Knebels gibt es neben Bier, Fernsehen und Nörgeleien über Guste noch einiges zu entdecken. Er wollte in seiner Jugend Förster werden, wurde aber lieber Frührentner. Seine Pilztour ins Hohe Venn war große Kunst. Moderner Technik verweigert sich Herbert Knebel und fütterte beim Kaffeekränzchen den Staubsaugerroboter seines Kollegen mit Tortenstücken.

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Ein Rückblick auf die Karriere

Vor 28 Jahren ließ sich Herbert Knebel mit 34 Jahren "kaputtschreiben" und ist seitdem ununterbrochen beschäftigt. Er gastierte wieder in seinem Lüner Theater, das ihm vor über 20 Jahren eine Plattform gab. Mit seinem Affentheater präsentierte er das Programm "Männer ohne Nerven".

Der Trainer hat gleich zu Beginn Nerven, als er bis vier zählen muss. Ozzy Ostermann greift selbst zu Beruhigungspillen. Herbert Knebel bleibt souverän und hat für alles eine Erklärung. Gitarrist Ozzi Ostermann ist der Macho, der die Frauen im Publikum anmacht. Schlagzeuger "Trainer" zeigt ungeahnten Fähigkeiten, als er blitzschnell bei "Stadt, Land Fluss" alle Wörter mit "X" weiß. Knebel blickt mit seinen Mitstreitern auf die wilden Zeiten in der Eisdiele zurück, wo man mit der "Juck-Box" Botschaften ans andere Geschlecht sendete.

Musikalische Vielfalt und Bühnenpräsenz

Es gab reichlich Musik mit Coversongs, die ins Ruhrdeutsch übertragen wurden. Aus "We will rock you" wurde "Wir tun euch jetzt rocken", Bob Dylan lieferte die Melodie zu "Von innen jung" und Herbert war mit "Wild Thing" der Troggs "der Siedlungsking". Aus "San Francisco" wurde der Altenheimsong "Mich kriegt kein Schwein nach St. Franziskus". Bei den Zugaben schlüpfte Knebel in die Rolle von King Elvis.

Am Ende hielt es keinen der Zuschauer mehr auf den Sitzen. HERBERT KNEBEL und sein AFFENTHEATER sind wieder unterwegs und scheuen weder Risiko noch Gefahr - seit 26 Jahren. Herbert Knebel, Ernst Pichl, der Trainer und Ozzy Ostermann sind kaum gealtert.

Weitere Eindrücke und Anekdoten

Der Drummer sah sich mit 1.500 Augenpaaren konfrontiert, die ihm beim Spielen auf die Finger schauten. Herbert und die Kollegen beruhigten ihn mit einem Lied: "Wir tun euch jetzt rocken". Der Trainer ist ein Stadt-Land-Fluss-Experte, der auch vor dem Buchstaben "X" nicht zurückschreckt. Guste kam im Rentenalter zum Seepferdchen oder rettete Herbert beim Inder das Leben. Die Currywurst bekam ein Lied gewidmet.

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Das Affentheater erzählte von den alten Zeiten in der Eisdiele, wo die Jukebox Botschaften ans andere Geschlecht sandte und die Jungs das Eis zum Runterkühlen brauchten. Knebel war der "Siedlungsking" und ein "Wild Thing". Die lebenserfahrenen Pensionäre sind begnadete Musiker und erteilen Altersheimen eine Absage: "Ich geh’ nicht in’n Sankt Franziskus". Herbert traf seinen Jugendschwarm Petra Schlecker wieder, aber sein Herz schlägt nur für Guste, die die Knebelsche Variante von "Ring of Fire" verehrt bekam. Herbert stand unter Feuer und lenkte Guste zur Not ab. In seiner Jugend war er in allen großen Varietes zuhause und hatte einen Zaubertrick in petto. Ozzy gestand: "Ich kann nicht mehr!" - aber ein Blues reichte zum Verschnaufen, dann kam der King im Körper von HERBERT KNEBEL.

Fazit

HERBERT KNEBEL und sein AFFENTHEATER sind jung geblieben und lassen so manchen Comedian alt aussehen. Der Ruhrpott-Charme überzeugt uneingeschränkt und zeugt von musikalischer Handwerkskunst und komödiantischem Talent. Die Protagonisten Uwe Lyko, Martin Breuer, Detlef Hinze und Georg Göbel-Jakobi haben Spaß daran, auf der Bühne zu stehen.

Herbert Knebel gehört zum Kulturgut des Ruhrgebiets. Er erzählt mit subtiler Schläue und bringt Modernes mit Hintersinn auf den Boden der Tatsachen zurück. Knebel verknüpft seine Geschichten zu einem Gesamtbild der Ruhrstadt und ihrer Bewohner.

Interviewausschnitte mit Uwe Lyko

Uwe Lyko betont, dass Uwe Lyko und die Kunstfigur zwei verschiedene Personen sind, aber Gemeinsamkeiten haben, wie die Ungeduld und die Liebe zum Fußball. Herbert Knebel ist kein Spießer, sondern nimmt den aufs Korn, der hinter der Gardine alles beobachtet. Er hat eine anarchische Ader und ist sympathisch. Die Leute erkennen Situationen oder andere Menschen in den Geschichten um Herbert Knebel wieder.

Lyko wird oft als Herr Lyko begrüßt, aber es gibt auch Leute, die ihn als Hebät bezeichnen. Ältere kennen diese "Knebels" noch aus früheren Zeiten von den Trinkhallen oder als Zuschauer auf den Ascheplätzen beim Fußballspiel am Sonntagmorgen. Lyko glaubt, dass dieser Typ nicht ausstirbt, auch wenn sich sein Outfit geändert hat.

Es geht in erster Linie um die Geschichten, nicht den Typ an sich. Die Storys lassen sich transferieren, sind nicht an die Person gebunden. Lyko hat Antennen für skurrile Situationen und Leute. Er mag keine Brachialcomedy und würde nicht auf jemanden treten, der schon am Boden liegt. Rassismus und Sexismus sind tabu. Wenn Herbert Knebel anzüglich wird, hat das einen anderen Stellenwert als bei anderen Comedians, denn er macht es mit einem Augenzwinkern. Ebenso sind Witze über Lesben und Schwule tabu. Für Lyko sind gegenseitiger Respekt, Toleranz und Achtung wichtig.

Ein Abend in Mendig

In Mendig genossen zahlreiche Herbert-Knebel-Fans das Programm "Männer ohne Nerven". Gemeinsam mit Ozzy Ostermann, Ernst Pichl und dem Trainer hielt Herbert Knebel das Publikum in Atem. Der Frührentner aus dem Kohlenpott bewies im Gegensatz zu seinen Mitstreitern gute Nerven und riet ihnen: "Sing ein schönes Lied, das hilft immer".

Herbert Knebels Affentheater hatte musikalisch einiges zu bieten. Ob "Let's spend the night together" oder "Wild Thing" - die Musiker verstanden es, aus jedem Song ein individuelles Kunstwerk zu zaubern. Die Fans revanchierten sich mit Applaus.

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