Die zerebrovaskuläre Insuffizienz, oft als vaskuläre Demenz bekannt, ist ein fortschreitender Verlust geistiger Funktionen, der durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird. Nach der Alzheimer-Krankheit ist sie die zweithäufigste Form der Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapiemöglichkeiten der vaskulären Demenz.
Einführung
Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Krankheitsbilder, die mit einem fortschreitenden Verlust geistiger Funktionen wie Gedächtnis, Informationsverarbeitung, Orientierung, Lernfähigkeit sowie Sprach-, Auffassungs-, Denk- und Urteilsvermögen einhergehen. Diese Beeinträchtigungen führen zu Einschränkungen in der Alltagsbewältigung. Die Veränderungen zeigen sich im Verhalten, und eine selbstständige Lebensführung wird im Krankheitsverlauf zunehmend schwieriger.
Die vaskuläre Demenz, die etwa 10 bis 15 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmacht, entsteht durch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn. Diese Schädigung führt zu einer unzureichenden Versorgung des Gehirns mit Nährstoffen und Sauerstoff, was die kognitiven Funktionen beeinträchtigt.
Ursachen und Risikofaktoren
Die vaskuläre Demenz wird durch eine Minderdurchblutung im Gehirn (zerebrale Ischämie) verursacht, die Nervenzellen absterben lässt. Verschiedene Mechanismen können eine solche Ischämie auslösen:
- Schlaganfälle: Ein Schlaganfall, der eine Hirnarterie verschließt, kann eine vaskuläre Demenz verursachen. Auch stille Schlaganfälle, die ohne spürbare Symptome verlaufen, erhöhen das Demenzrisiko.
- Arteriosklerose und Bluthochdruck: Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und Bluthochdruck können die Blutgefäße im Gehirn schädigen und die Durchblutung beeinträchtigen, was schleichend zu einer vaskulären Demenz führen kann.
- Zerebrale Mikroangiopathien: Diese entstehen schleichend über Jahre und Jahrzehnte hinweg, indem sich kleine Blutgefäße im Gehirn verengen. Das Risiko von Mikroangiopathien lässt sich durch eine gezielte Prävention verringern, wie Ausdauersport und gesunde Ernährung.
Verschiedene Faktoren begünstigen eine vaskuläre Demenz. Dazu zählen zum Beispiel Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), erhöhter Cholesterinspiegel, Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen.
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Symptome
Die Symptome einer vaskulären Demenz können je nach Art und Ort der Schädigung im Gehirn variieren. Sie können plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten und sich im weiteren Verlauf entweder schleichend oder plötzlich verschlechtern. Dazwischen kann es auch längere stabile Phasen geben.
Zu den typischen Symptomen gehören:
- Schwierigkeiten, zusammenhängend zu sprechen und aufmerksam zuzuhören
- Verwirrtheit
- Antriebs- und Konzentrationsstörungen
- Stimmungsschwankungen (schneller Wechsel zwischen Lachen und Weinen)
- Fokal-neurologische Ausfälle (Halbseitenlähmung, Gangstörung, gesteigerte Muskeleigenreflexe)
- Störungen der Blasenentleerung (imperativer Harndrang oder Inkontinenz)
Persönlichkeit und Sozialverhalten werden durch die vaskuläre Demenz oft nicht beeinträchtigt. Gedächtnisleistungen sind von der Erkrankung oft nur gering betroffen - ganz anders als bei Alzheimer. Bei vaskulärer Demenz können zu Beginn vor allem Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken sowie Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Dazu können Gangstörungen oder Kontrollverluste der Blase sowie Probleme mit der Sprache kommen. Auch Gedächtnisstörungen können auftreten, stehen aber zu Beginn nicht immer im Vordergrund.
Diagnose
Eine Demenzerkrankung kann nur durch eine Ärztin oder einen Arzt diagnostiziert werden. Für eine Diagnose werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt.
- Anamnese: Am Anfang der Diagnostik steht das ärztliche Gespräch über die persönliche Krankengeschichte. Besonders wichtig sind dabei frühere oder aktuelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Hirngefäße, Bluthochdruck und Diabetes. Die Ärztin oder der Arzt erkundigt sich nach Beschwerden und Problemen im Alltag, nach Stimmungsschwankungen sowie nach den Lebensumständen.
- Körperliche Untersuchung: Nach dem Gespräch folgt eine körperliche Untersuchung, um festzustellen, ob Durchblutungsstörungen vorliegen. Bei einem Verdacht auf eine vaskuläre Demenz wird vor allem das Herz-Kreislauf-System untersucht, also Blutdruck, Herzgeräusche und Herzgröße. Ebenso wichtig ist der neurologische Status, der die Koordination, Motorik, den Tastsinn und den Gleichgewichtssinn umfasst.
- Medizinische Demenztests: Medizinische Demenztests dienen der Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit. Dabei werden bestimmte geistige Leistungsbereiche, wie Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit getestet.
- Bildgebende Verfahren: Mit bildgebenden Verfahren wie CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) können Veränderungen im Gehirn festgestellt werden.
- Weitere Untersuchungen: Eine Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Blutgefäße kann eventuelle Verengungen (Stenosen) und Verschlüsse aufzeigen. Routinemäßig wird bei Verdacht auf eine vaskuläre Demenz auch eine Blutprobe des Patienten untersucht. Bleiben die Befunde uneindeutig, wird auch eine Probe der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) aus der Lebenwirbelsäule entnommen (Lumbalpunktion) und im Labor untersucht. Gentests sollten nur bei begründetem Verdacht durchgeführt werden.
Gedächtnisambulanzen oder Gedächtnissprechstunden sind Abteilungen in Krankenhäusern, die auf kognitive Störungen spezialisiert sind. Dort klären ärztliche Teams die Ursache für Gedächtnis- oder Sprachprobleme ab.
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Therapie
Eine vaskuläre Demenz ist nicht heilbar. Die im Gehirn entstandenen Schäden können nicht rückgängig gemacht werden. Ziel der Therapie ist es, weiteren Schäden vorzubeugen und eine Verschlimmerung der Beschwerden aufzuhalten beziehungsweise zu verlangsamen.
- Medikamentöse Behandlung: Bei der vaskulären Demenz werden Durchblutungsstörungen im Gehirn mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt. So kann weiteren Schlaganfällen vorgebeugt werden. Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und erhöhter Blutzucker können ebenfalls medikamentös behandelt werden.
- Nicht-medikamentöse Behandlung: Da die Symptome einer vaskulären Demenz sehr unterschiedlich sein können, ist die Behandlung sehr individuell. Behandlungsmöglichkeiten wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie können helfen, die kognitiven Fähigkeiten und somit die Lebensqualität der Patientin oder des Patienten zu verbessern. Auch Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik können Betroffenen helfen. Vaskuläre Demenz kann mit Gesprächen (kognitive Stimulation) oder Erinnerungsarbeit (autobiographische Arbeit) behandelt werden. Körperliche Betätigung oder Kunsttherapie können geeignete Behandlungsmethoden darstellen.
Prävention
Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt. Wer sich regelmäßig bewegt, kann (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und dem Vermeiden von Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht kann das Risiko einer vaskulären Demenz deutlich senken.
Leben mit vaskulärer Demenz
Der Alltag mit vaskulärer Demenz kann für Betroffene und Angehörige eine Herausforderung sein. Kirstin Puchner, eine pflegende Angehörige, teilt ihre Erfahrungen und gibt Einblicke in ihren Alltag mit ihrem an vaskulärer Demenz erkrankten Ehemann.
- Feste Tagesstruktur: Eine feste Tagesstruktur mit gewohnten Abläufen gibt Sicherheit und Orientierung.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung, wie Spaziergänge mit dem Hund, ist wichtig für die körperliche und geistige Gesundheit.
- Ernährungsumstellung: Eine Ernährungsumstellung kann helfen, die vaskuläre Demenz im Zaum zu halten.
- Einbindung in den Alltag: Den Partner beim Kochen und anderen Alltagsaktivitäten einzubinden, fördert die Selbstständigkeit und das Gefühl, gebraucht zu werden.
- Vorkehrungen treffen: Ein Handy mit einfachen Funktionen, eine Notfallkarte mit Informationen zu Erkrankungen und Medikamenten sowie ein Kalender mit Tagesmarkierung können im Alltag helfen.
- Medikamentengabe: Die Medikamente in Medikamentendosen vorbereiten und auf den Esstisch legen, um die Einnahme zu erleichtern.
- Vertrauen und Wertschätzung: Das Vertrauensverhältnis und die Wertschätzung aufrechterhalten und sich für die Mitarbeit bedanken.
- Offene Kommunikation: Über die Erkrankung und ihre Folgen sprechen und Ängste und Sorgen teilen.
- Unterstützung suchen: Hilfsangebote wie ambulante Dienste oder stundenweise Demenzbetreuung in Anspruch nehmen.
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