ADHS und Parkinson: Eine Untersuchung des Zusammenhangs

Unkontrolliertes Zittern, Ungeschicklichkeit und steife Muskeln sind bekannte Symptome der neurodegenerativen Erkrankung Parkinson. Bisher gibt es keine Heilung für diese Krankheit, von der in Deutschland schätzungsweise 240.000 bis 280.000 Menschen betroffen sind. Die Forschung hat in den letzten Jahren jedoch potenzielle Verbindungen zwischen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Parkinson aufgedeckt. Dieser Artikel untersucht diese Verbindungen und beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen den beiden Erkrankungen.

Parkinson: Eine Übersicht

Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Elmar Pinkhardt, Chefarzt für Neurologie am Klinikum Kempen, erklärt: "Parkinson ist eine Störung des Gehirns. Es ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch das Absterben von Nervenzellen über Jahre hinweg entsteht." In der Regel erkranken Menschen zwischen 70 und 80 Jahren an Parkinson.

Symptome und Diagnose

Die Früherkennung der Symptome ist entscheidend für die Diagnose von Parkinson. Zu den Hauptsymptomen gehören Zittern, Unbeweglichkeit und Steifheit, oft begleitet von Riechstörungen, Gedächtnisverlust und Stimmungsschwankungen. "Betroffene müssen nicht unbedingt zittern, aber was alle Patienten gemeinsam haben, ist die Ungeschicklichkeit", so Pinkhardt. Da Parkinson nicht heilbar ist, ist die frühzeitige Behandlung der Begleiterscheinungen von großer Bedeutung. Medikamente können die Symptome lindern, aber die Erkrankung nicht heilen oder aufhalten.

Früherkennung durch Augen-Scans

Experten forschen intensiv an Möglichkeiten zur Früherkennung von Parkinson. Neue Forschungsergebnisse im Bereich der Augen-Scans geben Anlass zur Hoffnung. Eine britische Studie ergab, dass die innere Schicht der Netzhaut bei Parkinson-Patienten ausgedünnt ist und dass sich die Netzhaut bereits verändert, bevor die ersten Symptome auftreten. Diese Erkenntnisse könnten langfristig zu einem Vorab-Screening für Parkinson führen, wodurch die Erkrankung möglicherweise sieben Jahre früher erkannt werden könnte.

Vorbeugung und Behandlung

Derzeit gibt es keine bekannten Methoden zur Vorbeugung von Parkinson, weder durch Medikamente noch durch Lebensführung. Eine gesunde Ernährung und ein aktiver Lebensstil sind zwar generell empfehlenswert, aber es gibt keine spezifischen Maßnahmen, die Parkinson verhindern können. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten.

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ADHS: Eine Lebenslange Herausforderung

ADHS gilt nicht länger als reine Kinderkrankheit, sondern als eine neurobiologische Störung, die bis ins Erwachsenenalter andauern kann. Etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen weltweit sind betroffen, wobei ADHS häufig mit Hyperaktivität einhergeht, insbesondere bei Jungen. Bei Mädchen tritt eher die unaufmerksame Form (ADS) auf. Von den betroffenen Kindern und Jugendlichen behalten etwa ein Drittel die Symptome im Erwachsenenalter bei, was sich in Unkonzentriertheit, innerer Getriebenheit und Impulsivität äußert. Begleitende Probleme wie Schlafstörungen, Ängste, Zwänge, Suchterkrankungen oder Depressionen können auftreten.

Symptome im Erwachsenenalter

Bei Erwachsenen äußern sich die Kernmerkmale von ADHS - Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität - oft anders als in der Kindheit. Konzentrationsschwäche, Flüchtigkeitsfehler, Vergesslichkeit und sprunghaftes Denken sind typisch. Betroffene reden viel, fallen anderen ins Wort und treffen unüberlegte Entscheidungen, die sie später bereuen. Starke Gefühlsschwankungen und Schwierigkeiten bei der Alltagsstrukturierung sind ebenfalls häufig.

Begleiterkrankungen und Komorbiditäten

ADHS im Erwachsenenalter ist oft mit einem Mangel an Selbstwertgefühl und einem erhöhten Risiko für Suchtprobleme verbunden. Etwa ein Drittel der Betroffenen kämpft mit Alkohol-, Nikotin- oder anderen Drogensüchten. Auch psychiatrische Komorbiditäten wie Depressionen, Angst- und Schlafstörungen sind häufig. Zudem können Legasthenie, Rechenschwäche, Tic-, Zwangs- oder Persönlichkeitsstörungen sowie ungünstiges Sozialverhalten auftreten.

Diagnose und Therapie im höheren Alter

Die Diagnose von ADHS im höheren Alter kann schwierig sein, da die Symptome denen von Demenz oder Depression ähneln können. Die Homburger ADHS-Skalen und die deutsche Kurzfassung der Conners’ Adult ADHD Rating Scales (CAARS) sind validierte Instrumente zur Erfassung der Symptome. Die Diagnose erfordert den Nachweis, dass die Symptome bereits in der Kindheit vorlagen.

Die Therapie von ADHS im Erwachsenenalter ist multimodal und umfasst Psychoedukation, Psychotherapie (insbesondere kognitive Verhaltenstherapie), achtsamkeitsbasierte Interventionen, Sport und progressive Muskelentspannung. Stimulanzien wie Methylphenidat oder Atomoxetin können bei leichten bis schweren Symptomen eingesetzt werden, sind aber in Deutschland nur bis zum 60. Lebensjahr zugelassen.

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ADHS und Parkinson: Die Verbindung

In den letzten Jahren hat die Forschung begonnen, mögliche Verbindungen zwischen ADHS und Parkinson zu untersuchen. Studien deuten darauf hin, dass Personen mit ADHS ein erhöhtes Risiko haben, an Parkinson zu erkranken. Eine Studie der Uniklinik Leipzig fand bei Erwachsenen mit ADHS Veränderungen in der Substantia nigra, einem Hirnbereich, der bei Parkinson betroffen ist. Diese Veränderungen standen in Zusammenhang mit der Krankheitsschwere und dem Einsatz von Stimulanzien.

Mögliche Erklärungsansätze

Es gibt verschiedene Hypothesen, die den Zusammenhang zwischen ADHS und Parkinson erklären könnten:

  • Dopamin-Dysregulation: Sowohl ADHS als auch Parkinson sind durch Störungen des Dopaminsystems gekennzeichnet. ADHS wird mit einer verminderten Dopamin-Signalübertragung in bestimmten Hirnbereichen in Verbindung gebracht, während Parkinson durch den Verlust dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra verursacht wird. Es ist möglich, dass eine langfristige Dysregulation des Dopaminsystems, wie sie bei ADHS vorkommt, das Risiko für Parkinson erhöhen kann.
  • Stimulanzien-Exposition: Einige Studien deuten darauf hin, dass die Einnahme von Stimulanzien zur Behandlung von ADHS das Parkinson-Risiko erhöhen könnte. Eine Hypothese ist, dass Stimulanzien toxische Wirkungen auf dopaminerge Neuronen haben und zu einer gestörten Dopaminregulation und einem gestörten Dopamintransport führen könnten. Eine Studie ergab, dass das Parkinson-Risiko bei ADHS-Patienten mit Stimulanzieneinnahme auf das 3,9-fache erhöht war.
  • Neurodegenerative Prozesse: ADHS ist mit Neurodegeneration korreliert. Studien haben gezeigt, dass ADHS das Risiko für Alzheimer-Demenz, Lewy-Body-Demenz und andere neurodegenerative Erkrankungen erhöht. Es ist möglich, dass ADHS einen prädisponierenden Faktor für neurodegenerative Prozesse darstellt, die auch bei Parkinson eine Rolle spielen.

Forschungsergebnisse im Detail

Eine Studie aus Schweden mit mehr als 3,5 Millionen Teilnehmern ergab, dass bei Personen mit ADHS die Häufigkeit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (MCI) oder einer Demenz um das 3-Fache erhöht war. Noch größere Werte ergaben sich, wenn Sucht oder affektive Störungen hinzukamen. Weiterhin liegen Daten vor, wonach erwachsene ADHS-Patienten um das 4-Fache häufiger an Parkinson und auch vermehrt an Störungen der Basalganglien und des Kleinhirns erkranken.

Einschränkungen und Perspektiven

Es ist wichtig zu beachten, dass die Forschung zum Zusammenhang zwischen ADHS und Parkinson noch in einem frühen Stadium ist. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, aber es bedarf weiterer Studien, um die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen und die Risikofaktoren genauer zu identifizieren. Es ist auch wichtig, die Ergebnisse im Kontext anderer Faktoren zu betrachten, die das Parkinson-Risiko beeinflussen können, wie z. B. genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und Lebensstil.

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