In Deutschland leben etwa 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, wobei jährlich etwa 300.000 Neuerkrankungen hinzukommen. Angesichts des demografischen Wandels stellt dies eine wachsende Herausforderung dar. Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz erfordert spezialisierte Kenntnisse und umfangreiche Erfahrung. Gut ausgebildetes Fachpersonal kann sicherstellen, dass die Betroffenen optimal versorgt werden und so lange wie möglich ein selbstständiges Leben führen können.
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Krankheitsbilder, die mit einer Minderung der kognitiven Fähigkeiten, insbesondere des Gedächtnisses und der Denkfähigkeit, einhergehen. Es handelt sich also nicht um eine einzelne Krankheit, sondern um ein Syndrom mit unterschiedlichen Symptomen und Ursachen. Allen Demenzformen ist gemeinsam, dass degenerative Prozesse im Gehirn die geistigen Fähigkeiten fortschreitend einschränken, sodass die Betroffenen im späteren Verlauf nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag allein zu bewältigen.
Es gibt keinen Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz. Alzheimer ist eine Form von Demenz, ebenso wie die vaskuläre Demenz.
Symptome und Verlauf
Eine klare Diagnose wird oft erst im fortgeschrittenen Stadium gestellt. Zu Beginn treten Gedächtnisstörungen auf, die vom Umfeld oft unbemerkt bleiben, da die Betroffenen ihre Gedächtnislücken aus Scham überspielen. Zuerst ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen, und die Merkfähigkeit ist beeinträchtigt. Im weiteren Verlauf sind auch Inhalte des Langzeitgedächtnisses betroffen. Auch Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit, der Sprache, des Auffassungs- und Denkvermögens und der Orientierung sind zu beobachten.
Gedächtnislücken werden anfangs oft überspielt oder mit Aggression abgewehrt. Es kommt auch zu Konfabulationen, also erfundenen Geschichten, mit denen Gedächtnislücken überdeckt werden. Viele Betroffene erkennen ihre Situation zu Beginn der Erkrankung und leiden unter depressiven Verstimmungen oder Verzweiflung.
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Barry Reisberg, M.D., Klinikdirektor des Silberstein Aging and Dementia Research Center der New York University School of Medicine, entwickelte ein 7-Stufen-Modell zur Darstellung der Veränderungen im Verlauf der Erkrankung. Es gibt auch andere Einteilungen der Symptome, vorwiegend in drei Stadien. Stadium 1 umfasst die Symptome und Auffälligkeiten der Stufen 1-3, während Stadium 2 die fortgeschrittenen Aspekte von Stufe 4 und 5 zeigt.
Ein weiteres typisches Symptom, das Angehörigen bekannt sein dürfte, sind kreisende Gedanken zu einem bestimmten Thema. Die Erkrankten "verbeißen" sich in eine Idee und sind nicht davon abzubringen. In solchen Situationen kann es helfen, einfach zuzustimmen oder eine weichere Formulierung wie "Ich weiß es nicht so genau" zu verwenden.
Ursachen von Demenz
Die Ursachen für Demenz sind vielfältig und werden als multifaktoriell bezeichnet. Dies beeinflusst auch die Therapiemöglichkeiten. Ursachen können außerhalb des Gehirns liegen, z. B. Alkohol- oder Medikamentenvergiftung, was jedoch nur etwa 10 % der Fälle betrifft.
Alzheimer-Demenz: Bei dieser häufigsten Form der Demenz lagern sich Eiweißpartikel (Beta-Amyloid-Plaques oder Tau-Fibrillen) im Gehirn ab, was zum Absterben von Gehirnzellen führen kann.
Vaskuläre Demenz: Diese gefäßbedingte Form der Demenz entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zum Absterben von Nervengewebe führen. Risikofaktoren sind Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Rauchen und Diabetes mellitus.
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Frontotemporale Demenz: Hier sterben vor allem Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns ab, was zu Veränderungen im Sozialverhalten und den Emotionen führt.
Lewy-Body-Demenz: Die Symptome ähneln denen der Parkinson- und Alzheimer-Demenz, wobei die Gedächtnisstörungen im Tagesverlauf stark schwanken.
Parkinson-Demenz: Bei 30 bis 40 Prozent der Parkinson-Patienten treten im späteren Verlauf Demenz-Symptome auf.
Korsakow-Syndrom: Dieses Syndrom ist durch eine ausgeprägte Merkfähigkeitsstörung gekennzeichnet.
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Diese seltene, aber schwerwiegende Erkrankung ist besser bekannt als Rinderwahnsinn (BSE).
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Vaskuläre Demenz im Detail
Bei der vaskulären Demenz sterben ebenfalls Nervenzellen ab, jedoch aufgrund von Durchblutungsstörungen. Die Versorgung des Gehirns erfolgt durch kleinste Blutgefäße, deren Wände durchlässig sind, um Sauerstoff und Nährstoffe abzugeben. Durch schädliche Prozesse können sich diese feinen Blutgefäße an einigen Stellen so verdicken, dass keine ausreichende Versorgung mehr gewährleistet ist. Diese Verdickungen begünstigen kleinste Infarkte und schädigen die Nervenzellen, was die Gehirnfunktion fortschreitend einschränkt. Auch andere Ursachen können zu kleinsten Infarkten führen.
Durch den schleichenden Beginn und das allmähliche Fortschreiten der Symptome ähnelt die vaskuläre Demenz der Alzheimer-Demenz. Bei der Alzheimer-Demenz stehen jedoch die Gedächtnisstörungen im Vordergrund.
Der Fall Sylvain Lesné und die Amyloid-Hypothese
Ein Forschungsskandal um den französischen Forscher Sylvain Lesné hat die Alzheimer-Forschung überschattet. Ihm wird vorgeworfen, Ergebnisse manipuliert zu haben. Seine Arbeit aus dem Jahr 2006, veröffentlicht im Magazin "Nature", galt als wegweisend und wurde über 2.300 Mal zitiert. Darin zeigte Lesné, dass ein bestimmtes Eiweißmolekül im Gehirn von Mäusen zu Gedächtnisverlust führte.
Die Vorwürfe gegen Lesné stellen die Frage, ob dieses Eiweißmolekül überhaupt existiert. Sie treffen das Forschungsfeld zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da einige Medikamente, die auf die Beseitigung von Amyloid-ß-Ablagerungen im Gehirn abzielen, in klinischen Studien enttäuscht haben. Diese Medikamente bremsen den schleichenden Gedächtnisverlust kaum.
Die Forschung rund um das Amyloid-Eiweiß muss nun Erfolge liefern, sonst gerät die sogenannte Amyloid-Kaskaden-Hypothese als Erklärung für die Entstehung der Alzheimer-Erkrankung ins Wanken.
Umgang mit Demenz: Herausforderungen und Strategien
Nicht nur für Betroffene, sondern auch für Angehörige ist das Leben mit Demenz eine große Herausforderung. Angehörige leiden oft mit, wenn Familienmitglieder von der Krankheit betroffen sind. Das Familienleben ändert sich grundlegend, und es müssen Vorkehrungen für eine langfristig gute Versorgung getroffen werden.
Selbstfürsorge für Angehörige
Angehörige sollten das Thema Selbstfürsorge besonders ernst nehmen und auf ihre eigenen Grenzen und Ressourcen achten. Es kann hilfreich sein, Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um sich selbst nicht aus dem Blick zu verlieren und möglicherweise aufkommende Kindheitserfahrungen, Traumata oder Familienkonflikte zu bearbeiten. Ansprechpartner sind u. a. die Kranken- und Pflegekassen sowie unabhängige Vereine, die bei der Regelung der administrativen Aspekte der Betreuung und Versorgung helfen.
Pflegeermöglichung durch fiktive Sachzwänge
Im Umgang mit Demenzkranken im fortgeschrittenen Stadium können Strategien der Pflegeermöglichung hilfreich sein, bei denen den Betroffenen fiktive Sachzwänge für ihre Mitwirkung bei der Pflege suggeriert werden.
Beispiele:
- Eine Pflegende täuscht Ungeschicklichkeit bei der eigenen Körperpflege vor und bittet die Demenzkranke um Hilfe.
- Einer Demenzkranken, die gern zum Friseur geht, wird vorgeschlagen, sich vorab noch die Haare waschen zu lassen.
- Einer Demenzkranken, die sich nicht waschen lassen wollte, wird mitgeteilt, dass bald aus technischen Gründen das Wasser abgestellt werden müsste.
- Demenzkranken wird mittels fiktiver Rezepte die Einnahme der Mahlzeiten und die Teilnahme an Beschäftigungsangeboten "verordnet".
- Eine Demenzkranke wird gebeten aufzustehen, da der Hausmeister heute eine Überprüfung der Stühle im Wohnbereich vornehmen muss und den Stuhl gleich abholen wird.
Diese Vorgehensweisen werden weltweit in der Demenzpflege praktiziert und ähneln dem Umgang mit Kleinkindern. Trotz ihrer Wirksamkeit werden sie von Vertretern einer "personenzentrierten Pflege" als "Betrug" abgelehnt.
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