Migräne und Demenz: Ein komplexer Zusammenhang

Die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Migräne und Demenz besteht, ist ein Thema aktueller Forschung und Diskussion. Während einige Studien Hinweise auf ein erhöhtes Demenzrisiko bei Migränepatienten liefern, zeigen andere keine eindeutige Assoziation. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte dieser komplexen Beziehung, einschließlich möglicher Risikofaktoren, geschlechtsspezifischer Unterschiede und präventiver Maßnahmen.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Migräne und Demenz?

Koreanische Forschende haben untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Migräne und Demenz gibt. Die Studie, die auf den Daten von 11.438 Menschen mit Demenz sowie 45.752 Kontrollpersonen basiert, ergab, dass eine Migräne-Vorgeschichte das Demenzrisiko erhöhen könnte, insbesondere bei Frauen über 60 Jahren. Bei Männern konnte jedoch kein Zusammenhang zwischen Migräne und Demenz nachgewiesen werden. Die Daten stammen aus dem koreanischen nationalen Gesundheitsversicherungsdienst National Health Insurance Service, in dem alle koreanischen Bürger erfasst sind, gilt die Kontrollgruppe als repräsentativ. Ausgewertet wurden die Daten von Menschen ab 60 Jahren, die eine Migräne-Vorgeschichte hatten.

Es ist wichtig zu betonen, dass, obwohl der Verdacht auf eine Verbindung zwischen Migräne in der Vorgeschichte und der Entstehung einer Demenz besteht, kein kausaler Zusammenhang zwischen diesen beiden neurologischen Erkrankungen gefunden wurde.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Der geschlechtsspezifische Unterschied in der koreanischen Studie könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass Frauen eher zu Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörung neigen, was die Entstehung von Migräne begünstigt. Zunehmend gibt es allgemein Hinweise darauf, dass Frauen und Männer eine unterschiedliche Gehirnstruktur haben.

Weitere Erkrankungen im Zusammenhang mit chronischer Migräne

Des Weiteren scheint nach Angaben der Wissenschaftler eine chronische Migräne mit weiteren Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, koronarer Herzkrankheit und psychischen Erkrankungen verbunden zu sein.

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Migräne im Alter: Ursachen, Symptome und Behandlung

Wenn die Migräne erst im Alter beginnt, wirft das viele Fragen auf - sowohl bei Betroffenen als auch bei deren Angehörigen. Migräne wird häufig mit jungen Erwachsenen oder dem mittleren Lebensalter in Verbindung gebracht. Doch aktuelle Studien zeigen, dass Migräne auch bei Menschen über 60 Jahren erstmals auftreten kann. Zwar ist die Häufigkeit im Alter niedriger als bei Jüngeren, dennoch sind etwa 2-3 % der Senioren von einer Migräne, die erst im Alter auftritt, betroffen.

Ursachen von Migräne im Alter

Chronische Kopfschmerzen, zu denen auch Migräne gehört, können durch verschiedene Faktoren im Alter hervorgerufen werden. Eine der häufigsten Ursachen ist der altersbedingte Rückgang bestimmter Neurotransmitter und die Veränderung der Blutgefäße im Gehirn. Darüber hinaus können auch chronische Migräne Ursachen wie Stress, Bluthochdruck, Nebenwirkungen von Medikamenten und Schlafstörungen eine Rolle spielen.

Migräne vs. Kopfschmerzen

Viele Menschen glauben, dass Migräne und Kopfschmerzen dasselbe sind, doch das ist nicht der Fall. Kopfschmerzen sind ein Symptom, das bei vielen Erkrankungen auftreten kann, während Migräne eine neurologische Erkrankung ist, die oft mit zusätzlichen Symptomen wie Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit und Sehproblemen einhergeht.

Warum tritt Migräne im Alter auf?

Die Frage, warum diese starken Schmerzen bei manchen Menschen erst im Alter auftritt, ist komplex. Einerseits können hormonelle Veränderungen im Alter eine Rolle spielen, andererseits sind auch genetische Faktoren und Umweltfaktoren von Bedeutung. Eine Theorie ist, dass die Nervenbahnen im Gehirn empfindlicher auf Reize reagieren, die früher keine Probleme verursacht haben.

Formen der Migräne

Migräne kann in verschiedenen Formen auftreten. Zu den häufigsten zählen die mit Aura, bei der visuelle oder sensorische Störungen vorausgehen, und die ohne Aura, bei der der Schmerz plötzlich und ohne Vorwarnung einsetzt.

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Diagnose und Behandlung von Migräne im Alter

Wenn sie bei Senioren erstmals auftritt, ist es wichtig, eine umfassende Diagnose zu stellen. Die Behandlung sollte individuell angepasst werden, da ältere Menschen oft mehrere gesundheitliche Probleme haben und verschiedene Medikamente einnehmen. Eine Kombination aus medikamentöser Therapie und Lebensstiländerungen kann hilfreich sein.

Präventive Maßnahmen

Um vorzubeugen, ist eine Kombination aus Lebensstiländerungen und, falls notwendig, medikamentöser Behandlung besonders wirksam. Regelmäßiger Schlaf ist entscheidend, da ein stabiler Schlaf-Wach-Rhythmus dazu beitragen kann, die Häufigkeit von Anfällen zu reduzieren. Ebenso wichtig ist das Stressmanagement, denn Stress ist ein häufiger Auslöser. Auch die Ernährung spielt eine zentrale Rolle bei der Prävention. Regelmäßige Mahlzeiten, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und das Vermeiden bekannter Trigger-Lebensmittel wie Alkohol, Schokolade, Koffein und gereiftem Käse können Anfällen vorbeugen. Gleichzeitig sollten lange Fastenperioden vermieden werden, da ein stabiler Blutzuckerspiegel hilft, Anfälle zu verhindern. Regelmäßige körperliche Aktivität, wie beispielsweise moderates Ausdauertraining.

Migräne und Veränderungen im Gehirn

Im Hirngewebe von Migränepatienten zeigen sich im MRT Hyperintensitäten in der weißen Substanz und schlaganfallähnliche Läsionen, sogenannte stumme Infarkte. Solche magnetresonanztomographischen Veränderungen im Hirngewebe gehen mit einem erhöhten Risiko für kognitive Störungen einher.

Studien zum Zusammenhang zwischen Migräne und Demenz

Eine prospektive Kohortenstudie untersuchte eine mögliche Assoziation zwischen Migräne und Demenz. Insgesamt gingen 12.495 Teilnehmer in die Studie mit ein, 1.397 Teilnehmer litten unter Migräne. Das Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 51 und 70 Jahren und die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 21 Jahre. Im Ergebnis zeigte sich keine Assoziation zwischen Migräne und der Demenz-Inzidenz (Hazard Ratio 1,04).

Eine Studie zum Atherosklerose-Risiko in der Bevölkerung in den Südstaaten der USA wurde die Migränehistorie individuell mit einem Fragebogen ermittelt. Mögliche Demenzfälle wurden mit kognitiven Tests, neuropsychologischen Untersuchungen und Überprüfung der Verdachtsfällen durch Kliniker ermittelt. Ebenso wurden konkrete Demenzdiagnosen identifiziert. Die Analyse beinhaltete 12 495 US-Amerikaner zwischen 51 und 70 Jahren. Im Median wurden diese Studienteilnehmer über 21 Jahre nachbeobachtet. Die Prävalenz von Demenzerkrankungen lag bei 18,5 % (1821/9 955) bei den Teilnehmern, die nie an Migräne gelitten hatten. Bei Teilnehmern mit ernsten Kopfschmerzen, aber ohne Migräne, betrug die Prävalenz 15,8 % (196/1 243). Bei Teilnehmer mit Migräne waren 16,7 % (233/1 397) von einer Demenzerkrankung betroffen. Es zeigte sich keine Assoziation zwischen Migräne und einer Demenzerkrankung: Die Risikorate (Hazard ratio) betrug 1,04 (95 % Konfidenzintervall 0,91, 1,20).

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Migräne als Risikofaktor für andere Erkrankungen

Migräne ist ein Risikofaktor für Hyperintensitäten in der weißen Substanz und, vor allem bei Migräne mit Aura, auch für ischemische Schlaganfälle. Beide sind assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Demenz.

Stigmatisierung der Migräne

Migräne wird oft mit normalen Kopfschmerzen gleichgesetzt, obwohl ihre Auswirkungen weitaus gravierender sind. Menschen, die unter Migräne leiden, fühlen sich in allen Bereichen ihres Alltags diskriminiert. Eine Stigmatisierung der Migräne liegt vor, wenn Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung negative, abweisende oder intolerante Haltungen von anderen wahrnehmen. Diese Stigmatisierung entsteht oft aus einem Mangel an Verständnis.

Auswirkungen der Stigmatisierung

Die Folgen der Stigmatisierung der Migräne können tiefgreifend sein und negative Auswirkungen haben. 93 % der von Migräne Betroffenen glauben, dass die Öffentlichkeit die Krankheit nicht richtig versteht. Infolgedessen geben 35 % von ihnen zu, dass sie die Inanspruchnahme von Ärzt:innen hinauszögern oder vermeiden, weil sie sich peinlich berührt fühlen und eine Verurteilung durch medizinisches Fachpersonal befürchten.

Am Arbeitsplatz sind 62 % der Befragten der Meinung, dass Migräne einen Einfluss darauf hat, wie ihre Arbeitgeber ihre Leistung einschätzen. Interessanterweise teilen 43 % der Befragten ihren Arbeitgebern die Erkrankung nicht mit, obwohl viele von ihnen zugeben, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Arbeitsaufgaben zu erledigen. Sie geben an, dass sie sich zusätzlich stigmatisiert fühlen, weil die Krankheit allgemein nicht verstanden wird und sie deshalb zögern, am Arbeitsplatz über ihren Gesundheitszustand zu sprechen.

Der Umfrage zufolge führt das Stigma der Migräne dazu, dass sich Betroffene wütend, einsam und traurig fühlen.

Initiativen zur Beseitigung der Stigmatisierung

Die EMHA setzt sich für eine Neubewertung des Sprachgebrauchs im Zusammenhang mit der Migräne-Diagnose ein. Demnach fühlen sich 65 % der Migräne-Patient:innen durch Begriffe wie behindernd, episodisch, chronisch und hartnäckig stigmatisiert. Die Initiative zur Neudefinition des Sprachgebrauchs zielt darauf ab, das Verständnis zwischen Familien, Kolleg:innen, Ärzt:innen und Behörden zu verbessern. In diesem Jahr wird die EMHA ein neues Kategorisierungssystem einführen, um den Schweregrad der Migräne effektiv darzustellen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Beseitigung von Stigmatisierung und zur Förderung der Inklusion von Betroffenen.

Migräne und erhöhtes Demenzrisiko: Skandinavische Forschungsergebnisse

Migränepatienten tragen per se ein höheres Risiko als Personen ohne chronische Kopfschmerzen, im Alter an einer Demenz zu erkranken. Skandinavische Forscher liefern nun allerdings erstmals Details darüber, wie groß das Risiko für die Demenzentwicklung bei unterschiedlichen Migränetypen ausfällt. Ihre Ergebnisse gehen zurück auf Daten von 62 578 Personen der Jahrgänge 1935-1956 des dänischen Nationalregisters. Die mehr als 10 857 Patienten hatten ihre Migränediagnose vor dem 59. Lebensjahr in einem Krankenhaus erhalten und median 18,3 Jahre, bevor eine Demenz erkannt worden war. Bis zu einem Alter von 68 Jahren bzw. 69 Jahren erkrankten insgesamt 207 Migräniker und 640 Gesunde an Demenz. Für die Migränepatienten lag das Risiko um 50 % höher. Die unter ihnen, deren Kopfschmerzen von einer Aura begleitet wurden, hatten ein doppelt so hohes Demenzrisiko wie die gesunden Kontrollen (HR 2,11). Unter denjenigen ohne Aura lag die Rate um 19 % höher als bei Personen ohne Migräne.

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