Kaum eine Krankheit stellt so viele Fragen wie Demenz, insbesondere die von Alzheimer begleitete Form. Sie tritt meist ab dem 65. Lebensjahr auf, selten früher, und ist für 60 Prozent aller Demenzkrankheiten weltweit verantwortlich. Das Nachlassen der Gehirnleistung stellt pflegende Angehörige oft vor enorme Herausforderungen. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl von technischen Hilfsmitteln, die den Alltag für Betroffene und Pflegende erleichtern können. Diese reichen von GPS-Trackern und Türsicherungen bis hin zu Herdsicherungen und Smart-Home-Lösungen.
GPS-Tracker für mehr Bewegungsfreiheit und Sicherheit
Die Fähigkeit, sich selbstständig fortbewegen zu können, ist ein zentraler Bestandteil des Alltags. Das Bedürfnis nach selbstbestimmter Bewegung bleibt auch bei Menschen mit Demenz bestehen. Pflegende Angehörige stehen vor der Aufgabe, trotz nachlassender zeitlicher und räumlicher Orientierung Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Hier können GPS-Ortungsgeräte helfen, den Spagat zwischen Bewegungsfreiheit und Sicherheit zu gewährleisten.
Ein GPS-Ortungsgerät, integriert in eine Schuhsohle, kann eine Lösung sein, insbesondere wenn herkömmliche Maßnahmen wie Adresskärtchen nicht ausreichen. Die GPS-Einlegesohle kann in jedem passenden Schuh getragen werden und ermöglicht die Ortung, wo GPS-Satelliten- und Mobilfunkempfang vorhanden sind. Tests haben gezeigt, dass die Ortung mit normalen Leder- oder Turnschuhen und einem Körpergewicht von 80 Kilogramm recht zuverlässig funktioniert. Eine Akkuladung reicht für etwa einen Tag.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Ortungsgerät keine absolute Sicherheit bietet. Bei schlechtem Empfang kann sich der Akku schneller entladen. Vor dem Kauf sollte man die Möglichkeit haben, das Gerät über einige Tage zu testen, um Akzeptanz und Alltagstauglichkeit zu überprüfen. Auch der rechtliche Aspekt sollte beachtet werden. Es empfiehlt sich, beim zuständigen Betreuungsgericht Informationen zur Nutzung von Ortungsgeräten einzuholen. Die GPS-Sohle ist ab etwa 250 Euro zuzüglich der Kosten für die europaweite Ortung erhältlich.
Türsicherungen für den Schutz vor unbemerkten Verlassen
Zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten soll ein unbemerktes Verlassen der Wohnung oder das Betreten eines sensiblen Bereichs nach Möglichkeit nicht stattfinden. In diesem Fall können Sensormatten vor den Türen mit einem Funkgong für eine rechtzeitige Benachrichtigung sorgen. Dabei muss es nicht immer das teuerste Modell sein; auch günstigere Varianten können ihren Zweck erfüllen. Hierbei kann es sich um Alarmtrittmatten für Haustiere handeln, die unter einem Abtreter oder Vorleger positioniert werden.
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Technische Hilfsmittel im Umgang mit Demenzerkrankten sind auch Türüberwachungssysteme. Diese Systeme werden an der Haustüre angebracht und können individuell auf Personen und Zeiten angepasst werden. Geht eine Person mit Demenz beispielsweise mitten in der Nacht durch die Eingangstüre, meldet das das System. Neben der teureren und aufwendigen elektronischen Türsicherung gibt es auch die Möglichkeit, ein Glöckchen an den Türrahmen zu befestigen, welches Angehörigen bzw. pflegenden Personen signalisiert, sobald jemand das Haus verlassen möchte.
Die Firma Neat installiert an den Eingangstüren von Wohngemeinschaften ein Magnetfeld. Bewohner mit Hinlauftendenz werden mit einem Armband ausgestattet. Nähert sich der Bewohner dem Feld, ertönt ein akustisches Signal, und die Kollegen werden zusätzlich durch einen Pager informiert. Dies gewährleistet schnelles Handeln und die Sicherheit der Bewohner.
Herdsicherungen zur Vermeidung von Brandgefahren
Personen mit Demenz können sich selbst und andere gefährden, wenn sie vergessen, den Herd auszuschalten oder einen Topf auf den Herd zu stellen. Die Beschriftungen an den Schaltern sind oft nicht mehr lesbar, und der Herd heizt auf kleiner Stufe weiter. Dies führt zu Brandgeruch und Beunruhigung.
Eine Herdsicherung kann hier Abhilfe schaffen. Sie schaltet den Elektroherd entweder nach einer voreingestellten Zeit oder bei Überhitzung der Kochfelder automatisch ab. Moderne Herde verfügen oft schon über eingebaute Herdsicherungssysteme. Beim Kauf eines neuen Herdes sollte auf eine solche Abschaltautomatik geachtet werden. Für Gasherde sind bisher keine geeigneten Sicherungssysteme bekannt. Im Zweifelsfall sollte ein Gasherd abgeklemmt oder durch einen Elektroherd ersetzt werden.
Die Herdüberwachung von Hager kontrolliert permanent, dass die entstehende Wärme nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen führt. Sie ist zuverlässiger als jeder Mensch. Mit dem Einschalten des Herdes wird automatisch die Herdüberwachung gestartet. Sie überwacht die Temperatur und Bewegungen, die auf die Anwesenheit eines menschlichen Bedieners hinweisen. Steigt die Temperatur über Normalwerte oder wird für einen bestimmten Zeitraum keine Bewegung erkannt, erfolgt ein optischer und akustischer Voralarm. Binnen 15 Sekunden muss der Bediener diesen durch einen Tastendruck quittieren. Dadurch ist es möglich, jeden elektrischen Herd mit Abschaltautomatik nachzurüsten.
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Die Herdüberwachung von Indexa vermeidet Herdbrände zuverlässig. Bei zu hoher Temperatur oder ungewöhnlicher Hitzeentwicklung schaltet sie den Herd automatisch ab. Die Betroffenen können ihren gewohnten Herd sicher weiter nutzen. Das System ist für Elektroherde konzipiert und wird unter der Dunstabzugshaube oder an der Wand montiert. Die Herdüberwachung besteht aus einer Steuereinheit und einem Hitzesensor. Die Steuereinheit wird zwischen Stromversorgung und Herd montiert und unterbricht die Stromzufuhr, wenn die Hitze eine ungewöhnliche Entwicklung nimmt oder einen kritischen Punkt erreicht. Die Rücksetzung erfolgt durch das Zurücksetzen der Steuerelemente von Herd und Backofen auf '0' und das Drücken der Hitzesensortaste.
Weitere technische Hilfsmittel für den Alltag
Neben GPS-Trackern, Türsicherungen und Herdsicherungen gibt es eine Vielzahl weiterer technischer Hilfsmittel, die den Alltag von Menschen mit Demenz erleichtern können:
- Hausnotruf: Hausnotrufgeräte bestehen aus einem Basisgerät und einem Funksender, der als Armband, Kette oder Clip getragen wird. Durch Drücken eines Knopfes am Sender wird ein Notruf ausgelöst.
- Sturzdetektor: Einige Hausnotrufsysteme bieten den Anschluss eines Sturz- oder Falldetektors an, der bei Stürzen selbstständig Alarm auslöst.
- Sprechende Uhren: Auf Knopfdruck erfolgt die Ansage der Uhrzeit, teilweise auch von Datum und Wochentag.
- Digitale Kalender und Uhren: Digitale Kalender zeigen immer das richtige Datum an und können in der Regel nicht selbstständig verstellt werden.
- Telefone mit großen Tasten: Telefone mit großen Tasten und Kurzwahlnummern erleichtern die Kommunikation.
- Sprachassistenzsysteme: Sprachassistenzsysteme wie Alexa oder Google Assistant können Wissen abrufen, Musik abspielen, an Termine erinnern und Smart-Home-Geräte steuern.
- Sensormatten: Sensormatten vor dem Bett können einen Alarm auslösen, wenn ein Mensch darauf tritt oder fällt.
- Nachtlichter: Nachtlichter können in der Toilette oder anderen Zimmern angebracht werden, die in der Nacht oft aufgesucht werden.
Anpassung des Wohnumfelds
Die Anpassung des Wohnumfelds an die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz kann ihre Lebensqualität signifikant verbessern. Einfache Maßnahmen wie die Sicherung der Eingangstür, ein Herd mit Abschaltautomatik, Rauchmelder und die Platzierung von vertrauten Gegenständen schaffen ein sicheres und einladendes Umfeld. Stolperfallen wie lose Teppiche oder Kabel sollten entfernt oder fixiert werden. Handläufe und Haltegriffe bieten besseren Halt und können Stürze vermeiden. In den oberen Stockwerken können Fenster mit Sicherungen versehen werden, damit sie nur noch ein kleines Stück geöffnet werden können.
Wichtige Aspekte beim Einsatz technischer Hilfsmittel
Beim Einsatz technischer Hilfsmittel ist es wichtig, die Würde der Betroffenen zu wahren und ihre Autonomie zu respektieren. Der mögliche Nutzen sollte gegen die Risiken oder Nachteile abgewogen werden. Es ist wichtig, die genauen Bedarfe und Wünsche der Beteiligten vorab abzufragen. Auch Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes sollten berücksichtigt werden.
Technische Hilfen können Pflegende körperlich wie auch seelisch entlasten und den Druck mindern, immer und überall präsent sein zu müssen. Sie sollten jedoch immer als Ergänzung zu einer empathischen und validierenden Betreuung gesehen werden.
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Unterstützung und Beratung
Organisationen wie die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. bieten wertvolle Informationen und Unterstützung für pflegende Angehörige sowie Beratung beim Einsatz von Hilfsmitteln. Sie informieren über Möglichkeiten der Kostenübernahme durch Kranken- und Pflegekassen. Die Selbsthilfegruppe „Demenzcafe“ im Rahmen der Alzheimer Gesellschaft Harz bietet einen Treffpunkt für Partner und Angehörige von Menschen mit Demenz zum Austausch und zur Beratung.