Hypertensive Entgleisung: Ursachen, Therapie und Schlaganfallrisiko

Hypertensive Krisen stellen potenziell lebensbedrohliche Ereignisse dar und erfordern ein differenziertes Vorgehen. Die Unterscheidung zwischen hypertensiver Dringlichkeit und Notfall ist entscheidend für die Wahl der Therapie und das Ausmaß der anzustrebenden Drucksenkung. Maßgeblich für Wahl des Hochdruckmittels und Ausmaß der anzustrebenden Drucksenkung ist das zugrunde liegende Krankheitsbild. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, therapeutischen Maßnahmen und spezifischen Indikationen im Zusammenhang mit hypertensiven Entgleisungen, wobei auch das Schlaganfallrisiko berücksichtigt wird.

Definition und Unterscheidung: Dringlichkeit vs. Notfall

Eine hypertensive Krise wird definiert durch einen deutlichen Blutdruckanstieg, wobei diastolische Werte über 120 bis 130 mmHg als Behandlungsindikation gelten. Es ist wichtig, zwischen einer hypertensiven Dringlichkeit und einem hypertensiven Notfall zu unterscheiden.

  • Hypertensive Dringlichkeit: Bei Werten über 140 mmHg, ist von einer hypertensiven Dringlichkeit auszugehen, bei der der Druck innerhalb von 24 bis 48 Stunden zu senken ist. Hierbei liegen keine akuten Endorganschäden vor.
  • Hypertensiver Notfall: Bluthochdruck in Verbindung mit akuten Endorganschäden wie Herzinfarkt oder Lungenödem ist ein hypertensiver Notfall. Dieser erfordert eine umgehende Einweisung in die Klinik.

Ursachen einer hypertensiven Entgleisung

Nicht selten geht das Ereignis auf unregelmäßige Einnahme bzw. Absetzen von Antihypertensiva zurück. Auch Begleitsymptomatik und Grunderkrankungen spielen eine Rolle. Wesentlich seltener sind hypertensive Notfälle.

Therapie der hypertensiven Krise

Die Therapie richtet sich nach der Art der hypertensiven Krise und dem Vorliegen von Begleiterkrankungen. Um überschießende Reaktionen zu vermeiden, soll die Therapie gut steuerbar sein. Ein rascher Blutdruckabfall birgt das Risiko kardialer Ischämien.

Hypertensive Dringlichkeit

Kann zunächst zugewartet werden, indem der Patient sich in einem ruhigen Raum hinlegt. Zudem können die üblichen Medikamente eingenommen werden. Für die hypertensive Dringlichkeit kommt Captopril (TENSOBON u.a.) per os in Betracht.

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Hypertensiver Notfall

Eine parenterale Behandlung ist erforderlich, vorrangig mit Nitroprussid-Natrium (NIPRUSS) oder Glyzeroltrinitrat (TRINITROSAN u.a.). Wie rasch, wie stark und mit welchem Mittel der Druck gesenkt wird, richtet sich nach den klinischen Begleitumständen.

Medikamentöse Therapie im Detail

  • Nitroprussid-Natrium (NIPRUSS): Wirkt über Stickstoffmonoxid (NO) gefäßerweiternd. Die Wirkung setzt innerhalb von 30 Sekunden nach Beginn der Infusion ein und erreicht ihr Maximum nach zwei Minuten. Unerwarteter Druckabfall lässt sich deshalb rasch korrigieren.
  • Glyzeroltrinitrat (Nitroglyzerin; TRINITROSAN u.a.): Wirkt ebenfalls über NO gefäßerweiternd. In der ambulanten ersten Hilfe als Spray, Mittel der Wahl.
  • Urapidil: Es blockiert postsynaptische Alpha-1-Rezeptoren und stimuliert zentrale Serotoninrezeptoren. Die Wirkung setzt innerhalb von 5 Minuten nach Beginn der Infusion ein und hält 4-6 Stunden an.
  • Enalaprilat (XANEF): Ist der einzige verfügbare intravenöse ACE-Hemmer.
  • Dihydralazin (NEPRESOL u.a.): Ist die parenterale Akutbehandlung ausgeprägter Hypertonie im letzten Trimenon der Schwangerschaft.
  • Metoprolol (BELOC u.a.): Als Betablocker wird überwiegend Metoprolol verwendet.

Sublinguale Nifedipin-Gabe

Die hierzulande gängige Praxis, asymptomatisch erhöhte Werte mit Nifedipin sublingual zu behandeln, ist nicht gerechtfertigt. Vor drei Jahren wurde in den USA ein Moratorium für nichtretardiertes Nifedipin angeregt. Es lässt sich praktisch keine Indikation begründen, in der die nicht retardierte Nifedipin-Kapsel Mittel der Wahl wäre.

Besonderheiten bei speziellen Indikationen

  • Hypertensive Enzephalopathie: Nur gut steuerbare Mittel wie Nitroprussid-Na, alternativ parenterales Glyzeroltrinitrat (TRINITROSAN u.a.) behandeln.
  • Präeklampsie: Dihydralazin (NEPRESOL u.a.) gilt als Mittel der Wahl. Um eine Verschlechterung der uteroplazentaren Perfusion zu verhindern, darf der Druck nicht überschießend gesenkt werden.
  • Intrazerebrale Blutungen: Empfehlen einige Autoren eine Intervention ab systolisch 200 mmHg oder diastolisch über 120 mmHg. Der mittlere arterielle Druck sollte um maximal 20% gesenkt werden.
  • Subarachnoidalblutung: Patienten mit Subarachnoidalblutung profitieren von Nimodipin (NIMOTOP).
  • Akute Aortendissektion: Bei akuter Aortendissektion muss der Druck so rasch wie möglich gesenkt werden. 100 mmHg nicht überschreiten.
  • Hypertensives Lungenödem: Bei hypertensivem Lungenödem ist rasche Drucksenkung innerhalb von Minuten angezeigt.

Hypertensive Entgleisung und Schlaganfallrisiko

Hypertensive Krisen können das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Hohe Blutdruckwerte können sowohl Ursache als auch Folge des Ereignisses sein. Patienten mit Hirninsult reagieren besonders empfindlich auf Antihypertensiva. In der ambulanten Notfallhilfe ist daher von blutdrucksenkenden Maßnahmen abzuraten. Patienten mit Subarachnoidalblutung profitieren von Nimodipin (NIMOTOP).

Spezifische Blutdruckziele bei Schlaganfall

Bei intrazerebralen Blutungen empfehlen einige Autoren eine Intervention ab systolisch 200 mmHg oder diastolisch über 120 mmHg. Der mittlere arterielle Druck sollte um maximal 20% gesenkt werden.

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