Es ist ein frustrierendes Szenario, das viele kennen: Man liegt im Bett, müde und erschöpft, aber die Gedanken rasen und verhindern das Einschlafen. Das sogenannte "Gedankenkarussell" dreht sich unaufhörlich, oft begleitet von Sorgen und Grübeleien. Sätze wie "Schon 3 Uhr und ich bin immer noch wach? Ich muss doch in zwei Stunden wieder aufstehen" schwirren im Kopf herum. Doch was kann man tun, wenn das Gehirn einfach nicht zur Ruhe kommen will?
Die Normalität des Grübelns
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass Grübeln etwas ganz Normales ist. "Jeder Mensch grübelt mal und denkt nach, ohne zum Schluss zu kommen", sagt Prof. Wichtig ist jedoch, dass dieses Grübeln nicht mit ins Bett genommen wird, so der Psychologische Psychotherapeut Markus B. Specht, Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schlafmedizin der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Laut Dieter Riemann bedeutet Grübeln, dass man in Gedankenschleifen festhängt, die nicht zu einem Ziel oder einer Lösung führen. Das Gedankenkarussell dreht sich immer weiter.
Ursachen und Auswirkungen des nächtlichen Grübelns
Viele Menschen geraten abends und nachts ins Grübeln, weil sie dann im Übergang zum Schlaf nicht abgelenkt sind, wie Riemann erklärt. Doch das muss nicht automatisch zu Leidensdruck führen. Markus B. berichtet von einem Patienten, der es gut fand, seinen Tag im Kopf Revue passieren zu lassen und darüber wunderbar einschlief. Ein Leidensdruck entsteht jedoch, wenn das Grübeln einen lange und immer wieder beim Einschlafen hindert. Negative Gedanken bringen uns keinen Schritt weiter. Im Gegenteil: Grübeln zermürbt und lähmt uns und kann im schlimmsten Fall zu Angst und Depressionen führen. Außerdem hindert es uns daran, Dinge aktiv anzugehen, die uns stören.
Schlafstörungen, die durch Grübeln verursacht werden, können weitreichende Folgen haben. Sie erhöhen das Risiko für Übergewicht und schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer häufig schlecht schläft, hat ein bis zu 30 Prozent höheres Risiko, eine schwere Herz-Kreislauferkrankung wie Herzinfarkt, Herzschwäche oder Schlaganfall zu entwickeln. Zudem kann Schlafmangel zu Heißhungerattacken, erhöhter Schmerzempfindlichkeit und einem geschwächten Immunsystem führen.
Strategien zur Vermeidung von Grübeln vor dem Schlafengehen
Wie lässt sich das Grübeln beim Einschlafen vermeiden? Es mag einfacher klingen, als es ist.
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Bewusste Auseinandersetzung mit Problemen vor dem Schlafengehen
Man kann sich zum Beispiel eine gewisse Zeit vor dem Schlafengehen hinsetzen und darüber nachdenken, was einen beschäftigt und was einem aktuell Probleme bereitet.
Unterbrechung der Kopplung zwischen Grübeln und Bett
Wenn man im Bett liegt und sich das Gedankenkarussell zu drehen beginnt, sollte man besser aufstehen und etwas anderes machen. Es kann schon helfen, sich auf die Couch zu setzen und dort zu grübeln. "Man muss diese Kopplung zwischen Grübeln und Bett unterbrechen, denn das Bett ist nur zum Schlafen da", sagt Markus B.
Etablierung einer bewussten Abendroutine
Eine bewusste Abendroutine sorgt für innere Ruhe und besseren Schlaf. Wichtig ist vor allem, die Hektik aus dem Tag nicht mit in die Nacht zu nehmen. Entspannung steht bei der Abendroutine an erster Stelle. Markus B. Specht rät außerdem eher davon ab, zum Einschlafen fernzusehen oder auf andere Bildschirme zu schauen, da dies zu viele Eindrücke kurz vor dem Schlafengehen sind. Abstand nehmen darf man auch von dem Gefühl, permanent online sein zu müssen. Tagsüber ist man schon so viel damit beschäftigt, Nachrichten zu beantworten oder zu telefonieren, da sollte man nachts abschalten können.
Radikale Methode: Eine Nacht durchmachen
Eine etwas radikalere Methode: mal eine Nacht durchmachen. Wenn man dann am nächsten Abend ins Bett geht, wird der Körper laut Specht so schläfrig sein, dass das Einschlafen dann leichter fällt.
Entspannungstechniken und Ablenkung
Außerdem kann man sich verschiedener Techniken bedienen, die beim Einschlafen helfen können. So können manche Menschen gut entspannen, wenn sie lesen oder Hörbücher hören. Das kann auch gegen das Grübeln gut funktionieren, weil man dann abgelenkt ist und sich gar nicht auf die Gedanken konzentrieren kann. Laut Riemann sollte man sich selbst nicht stressen, denn so verschlimmert man die Lage eventuell.
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Schlafhygiene verbessern
Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, das eigene Schlafverhalten und die Schlafgewohnheiten zu ändern. Bei der Schlafhygiene geht es vor allem darum, eine angenehme Schlafumgebung zu schaffen, für Regelmäßigkeit zu sorgen und schlaffördernde Gewohnheiten zu entwickeln. Dazu gehört:
- 4 bis 6 Stunden vor dem Schlafengehen keinen Alkohol, Kaffee, Tee oder andere anregende Mittel zu sich nehmen.
- Vor dem Schlafengehen oder in der Nacht nicht zu rauchen.
- Vor dem Schlafengehen schwere und scharf gewürzte Mahlzeiten zu vermeiden.
- Tagsüber körperlich aktiv zu sein, aber unmittelbar vor dem Schlafengehen keinen Sport mehr zu treiben.
- Dafür zu sorgen, dass das Schlafzimmer ruhig und dunkel ist und eine angenehme Temperatur hat.
- Regelmäßig um etwa die gleiche Zeit schlafen zu gehen und aufzustehen.
Sinnvoll ist auch, eine Weile vor dem Schlafengehen keine laute Musik mehr zu hören und auf Arbeiten oder Spielen am Computer oder Smartphone zu verzichten.
Reiz-Kontroll-Technik
Die Reiz-Kontroll-Technik (auch als Stimuluskontrolle bezeichnet) soll den Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützen und erreichen, dass das Bett möglichst nur noch mit Schlafen in Verbindung gebracht wird. Bei dieser Methode wird die Zeit im Bett auf die tatsächliche Schlafenszeit beschränkt. Wer zum Beispiel normalerweise 8 Stunden im Bett liegt, aber nur 6 Stunden schläft, sollte nach dieser Methode auch nicht viel mehr als 6 Stunden im Bett verbringen. Um zu ermitteln, wie lange man normalerweise schläft, kann ein Schlaftagebuch helfen. Ist die Schlafdauer bekannt, lässt sich ausgehend von der Weckzeit rückwärts berechnen, wann es Zeit ist, ins Bett zu gehen.
Entspannungstechniken
Entspannungstechniken haben das Ziel, zu geistiger und körperlicher Ruhe zu verhelfen. Dazu gehören:
- Progressive Muskelentspannung
- Autogenes Training
- Fantasiereisen
- Atemübungen und Meditation
- Sanfte körperliche Bewegung wie Spaziergänge, leichte Yogaübungen oder Tai Chi
- Musikhören
- Biofeedback
Die Rolle des Gehirns beim Schlafen
Gesunder Schlaf dient dem gesamten Körper zur Erholung. Für das Gehirn ist das besonders wichtig, denn während wir schlafen, finden im Gehirn eine Reihe komplexer Vorgänge statt. Die Eindrücke, Informationen und Bilder, die tagsüber gesammelt werden, verarbeitet es in der Nacht. Neue Gedächtnisinhalte werden während eines gesunden Schlafes gebildet, bestehende verfestigt. Das Gehirn muss unwichtige von wichtigen Informationen trennen. Auch werden im Schlaf Abfallprodukte abgebaut und abtransportiert.
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Das glymphatische System
Neueren Erkenntnisse aus Tierversuchen zufolge hat das Gehirn vermutlich ein ähnliches Müllentsorgungsprogramm wie der übrige Körper: das glymphatische System. Dieses sorgt dafür, dass die Leerräume zwischen den Nerven- und Nervengewebszellen, in dem sich die Abfallprodukte befinden, mit Liquor, dem Gehirnwasser, gewissermaßen durchgespült und so die Schadstoffe abtransportiert werden. Eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet, die dänische Neurowissenschaftlerin Maike Nedergaard, vermutet, dass das glymphatische System vor allem während des Schlafens aktiv ist.
Was passiert, wenn das Gehirn nicht gereinigt wird?
Schlafentzug führt dazu, dass Menschen gereizt und emotional unausgeglichen reagieren. Die Aufmerksamkeit sowie die Fähigkeit, schnell zu reagieren und Probleme zu lösen, lassen nach. Es gibt bereits Hinweise darauf, dass ein gestörter Schlafrhythmus dazu führen könnte, dass das glymphatische System weniger gut arbeitet. Forschende halten es sogar für möglich, dass Störungen des glymphatischen Systems im Gehirn zur Entstehung von Krankheiten wie Migräne, Epilepsien oder Schlafstörungen (Insomnien) führen können. Hinweise darauf, dass eine solche Störung möglicherweise die Entstehung der Alzheimer-Krankheit begünstigen könnte, gibt es bereits aus Tierversuchen.
Wann professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
Laut Riemann sollte man immer daran denken: Hinter dem Grübeln kann auch eine Depression stecken, und die sollte auf jeden Fall schnell behandelt werden. Offiziell spricht man von einer Insomnie, wenn die Schlafprobleme drei Monate anhalten, mindestens dreimal pro Woche auftreten und wenn man sich tagsüber dadurch beeinträchtigt fühlt.
Massive Einschlafprobleme und Schlafstörungen sollten immer mit einem Arzt besprochen werden. Ohne Behandlung besteht ein erhöhtes Risiko, dass körperliche, aber auch psychische Ursachen übersehen werden und beispielsweise Schlafstörungen chronisch werden. Eine Konsultation dagegen eröffnet Ihnen in jedem Fall bessere Möglichkeiten, zu gesundem Schlaf zurückzufinden.
Kognitive Verhaltenstherapie
Auf Grundlage dieser Ergebnisse empfehlen die Forscher, bei starken Schlafproblemen eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) in Anspruch zu nehmen. Dies deckt sich auch mit den Empfehlungen der S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine etablierte und wissenschaftlich gut untersuchte Form der Psychotherapie. Sie folgt der Annahme, dass jedes Verhalten erlernt, aufrechterhalten und auch wieder verlernt werden kann, wobei unter Verhalten auch innere Vorgänge wie Gefühle und Gedanken einzuordnen sind.
Zusätzliche Tipps und Überlegungen
- Lasea®: Wenn den Einschlafproblemen ständig kreisende Gedanken bzw. innere Unruhe zu Grunde liegen, kann Lasea® dafür eine gut verträgliche und nicht abhängig machende Lösung sein. Denn Lasea® lindert innere Unruhe und bremst das Gedankenkarussell.
- Künstliches Licht vermeiden: In unserem Alltag sind wir vor allem abends von künstlichem Licht umgeben. Diese künstliche Helligkeit stört den Körper bei der Bildung des Schlafhormons Melatonin, das den Einschlafprozess mit steuert. Besonders störend ist hier das blaue Licht, das von Bildschirmen und Displays ausgeht.
- Lärm reduzieren: Um schlafen zu können, brauchen wir Ruhe. Die muss bereits beim Einschlafen gegeben sein. Das Ticken einer Uhr, eine Waschmaschine, aber auch das Schnarchen des Partners oder Straßenlärm können belasten, unruhig machen und in der Folge am Einschlafen hindern.
- Raumtemperatur anpassen: Wärme und Hitze stören beim Einschlafen. Die Raumtemperatur sollte entsprechend (empfohlen sind 14-18 °C) angepasst werden.
- Matratze überprüfen: Zu weich, zu hart, zu durchgelegen, nicht für Allergiker geeignet: Eine Matratze kann auf viele Arten unpassend sein. Das ist körperlich wahrnehmbar und stört ein entspanntes Einschlafen.
- Mittagsschlaf vermeiden: Wer gerne mal ein kurzes Mittagsschläfchen macht, kann das problemlos tun, sollte aber darauf achten, dass es tatsächlich auch kurz ist. Was 30 Minuten überschreitet und dazu nach 15 Uhr stattfindet, kann den Nachtschlaf und das Einschlafen deutlich erschweren.
- Späte Mahlzeiten und Koffein vermeiden: Ebenfalls möglichst zu vermeiden sind späte, reichhaltige Mahlzeiten. Denn wir zwingen damit unseren Körper, sich mit Verdauung zu beschäftigen. Und das Erschwert das Einschlafen. Ähnliches gilt auch für Koffein. Ganz gleich ob in Kaffee, Cola oder anderen Getränken - ein zu später Genuss am Nachmittag bzw. Abend kommt oftmals dem Einschlafen in die Quere. Gleiches lässt sich auch über Nikotin und Alkohol sagen.
- Schichtarbeit: Besonders schwierigen Voraussetzungen sehen sich Menschen entgegen, die im Schichtdienst arbeiten. Schnell passt dann der innere Schlaf-Wach-Rhythmus nicht mehr zum äußerlichen Tag-Nacht-Wechsel. Mögliche Folge: eine Schlaf-Wach-Rhythmusstörung.