Die Influenza, umgangssprachlich Grippe genannt, ist eine akute Atemwegsinfektion, die durch Influenzaviren verursacht wird. Obwohl sie oft mit einer Erkältung verwechselt wird, kann die Influenza schwerwiegende Komplikationen verursachen, insbesondere bei Risikogruppen. In den letzten Jahren hat die Forschung zunehmend die Auswirkungen von Influenza auf das Nervensystem beleuchtet, wobei neurologische Symptome und deren Ursachen in den Fokus gerückt sind.
Einführung
Die saisonale Influenza, die durch Influenza-Viren der Typen A, B und C verursacht wird, tritt weltweit auf, vor allem in den Wintermonaten. Die hohe Mutationsrate des Virus erfordert eine fortlaufende Anpassung der Impfstoffe. Während die Hauptzielorgane die oberen und unteren Atemwege sind, können Influenzaviren auch das Nervensystem beeinflussen und neurologische Symptome auslösen.
Neurologische Symptome im Zusammenhang mit Influenza
Neben den klassischen Grippesymptomen wie Fieber, Husten und Gliederschmerzen können auch neurologische Symptome auftreten. Diese können während der akuten Infektion oder als Langzeitfolge auftreten.
Akute neurologische Symptome
- Enzephalitis: Eine Entzündung des Gehirns, die durch Viren, Bakterien oder Pilze ausgelöst werden kann. Symptome sind Kopfschmerzen, Fieber, Verwirrtheit, epileptische Anfälle, Bewusstseinsstörungen, neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Sprachstörungen, Denkstörungen, Verhaltensänderungen und Halluzinationen.
- Meningitis: Eine Entzündung der Hirnhäute, die ähnliche Symptome wie die Enzephalitis aufweisen kann. Leitsymptome sind Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Meningismus (Nackensteifigkeit).
- Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Eine akute oder subakut verlaufende Polyradikuloneuritis, die häufig nach Infektionen auftritt. Typische Symptome sind Kribbelparästhesien an Füßen und Händen sowie Rückenschmerzen, gefolgt von schlaffen Lähmungen, die sich von den Beinen zu den Armen ausdehnen können.
- Krampfanfälle: Treten als häufigstes neurologisches Symptom bei Influenza auf, insbesondere bei Kindern.
- Enzephalopathie: Eine Funktionsstörung des Gehirns, die sich durch Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit und Krampfanfälle äußern kann.
- Schlaganfall: In seltenen Fällen kann eine Influenza einen Schlaganfall auslösen.
Langzeitfolgen für das Gehirn
Auch wenn die klassischen Grippesymptome abgeklungen sind, können Konzentrations- und Gedächtnisstörungen auftreten. Studien haben gezeigt, dass Influenza-Infektionen langfristige Auswirkungen auf das Gehirn haben können.
- Beeinträchtigung des Lern- und Erinnerungsvermögens: Studien an Mäusen haben gezeigt, dass die Tiere noch 30 Tage nach der Infektion Lern- und Gedächtnisaufgaben schlechter bewältigten als gewöhnlich.
- Veränderungen der Hirnstruktur: Anatomische Untersuchungen zeigten, dass sich die Hirnstruktur bei den Grippe-Mäusen verändert hatte. So wiesen die Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen weniger Synapsen auf als gewöhnlich. Betroffen war unter anderem der Hippocampus, eine Hirnregion, die für Lernprozesse und Erinnerungen zuständig ist.
- Chronisches Fatigue- oder Erschöpfungssyndrom (ME/CFS): Ein Krankheitsbild, das durch andauernde Erschöpfung, Muskelschmerzen, Nervenstörungen und weiteren Symptomen gekennzeichnet ist. Als Auslöser für diese Erkrankung wird in vielen Fällen eine Infektion mit Viren, darunter auch Influenza-Viren, vermutet.
Ursachen neurologischer Symptome bei Influenza
Die Ursachen für neurologische Symptome bei Influenza sind vielfältig und komplex.
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Direkte Virusinvasion
Einige Influenzaviren können direkt in das Gehirn eindringen (neurotrop) und eine lokale Neuroinflammation verursachen, eine Entzündung von Nervengewebe im Gehirn. Das H1N1-Virus, das dem Erreger der Spanischen Grippe ähnelt, kann zwar ins Gehirn gelangen, provoziert dort aber keine Überreaktionen der Mikrogliazellen. Andere Viren wie H7N7 und H3N2 können jedoch Veränderungen der Hirnstruktur und eine beeinträchtigte Funktion des Gehirns verursachen.
Indirekte Immunreaktionen
Auch Viren, denen das Eindringen ins Gehirn nicht gelingt, können großen Schaden im Körper anrichten, indem sie einen gefährlichen Zytokinsturm auslösen. Dieser hat verheerende Auswirkungen auf fast alle Organe des Körpers, einschließlich des Gehirns. Bei bestimmten Abwehrreaktionen des Körpers werden Botenstoffe produziert, die auch das Immunsystem des Gehirns alarmieren. So kann eine überschießende Aktivität der Mikrogliazellen angestoßen werden, obwohl diese gar nicht mit den Viren in Kontakt gekommen sind.
Rolle der Mikrogliazellen
Mikrogliazellen sind die "Hausmeister" im Gehirn und sorgen für Ordnung. Sie entfernen zum Beispiel die Reste abgestorbener Zellen. Im Fall von Infektionen bekämpfen sie auch Krankheitserreger. Dabei können sie aber so heftig reagieren, dass sie auch Nervenzellen angreifen, die sie eigentlich schützen sollen.
Risikofaktoren
Einige Faktoren erhöhen das Risiko für neurologische Komplikationen bei Influenza.
- Alter: Ältere Menschen und kleine Kinder haben ein höheres Risiko für Komplikationen.
- Chronische Erkrankungen: Personen mit chronischen Erkrankungen wie Asthma, Herz- und Lungenkrankheiten, Diabetes, neurologischen Erkrankungen und Immunschwäche haben ein erhöhtes Risiko.
- Schwangerschaft: Schwangere haben ein höheres Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen.
- Geschwächtes Immunsystem: Personen mit einem geschwächten Immunsystem sind anfälliger für Infektionen und Komplikationen.
Diagnose
Die Diagnose neurologischer Symptome im Zusammenhang mit Influenza erfordert eine sorgfältige klinische Untersuchung und verschiedene diagnostische Tests.
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- Anamnese und körperliche Untersuchung: Ein ausführliches Anamnesegespräch und eine körperliche Untersuchung helfen, die Symptome zu erfassen und mögliche Ursachen einzugrenzen.
- Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung kann neurologische Defizite aufdecken.
- Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) können Schichtaufnahmen des Gehirns liefern und Entzündungen oder andere Veränderungen sichtbar machen.
- Lumbalpunktion: Eine Lumbalpunktion ermöglicht die Entnahme von Liquor aus dem Rückenmarkskanal. Im Liquor können Erreger, Entzündungsmarker und Autoantikörper nachgewiesen werden.
- Blutuntersuchung: Eine Blutuntersuchung kann bakterielle Erreger und Entzündungsmarker identifizieren.
- EEG: Eine Elektroenzephalografie (EEG) wird durchgeführt, wenn häufige epileptische Anfälle auftreten.
- Virusnachweis: Für den Labornachweis eignen sich Rachen- und Nasenabstriche oder Rachenspülwasser. Die Erreger können im Labor mittels Immunfluoreszenztest oder Nukleinsäure-Amplifikationstechniken wie RT-PCR nachgewiesen werden.
Therapie
Die Therapie neurologischer Symptome bei Influenza zielt darauf ab, die Virusinfektion zu bekämpfen, die Symptome zu lindern und Komplikationen vorzubeugen.
- Antivirale Therapie: Neuraminidasehemmer wie Oseltamivir oder Zanamivir können die Virusvermehrung hemmen und den Krankheitsverlauf verkürzen. Die antivirale Therapie sollte möglichst innerhalb der ersten 48 Stunden nach Auftreten der Symptome begonnen werden.
- Symptomatische Therapie: Ausreichende Trinkmengen, Bettruhe und fiebersenkende Medikamente können die Symptome lindern.
- Immunmodulation: In einigen Fällen kann eine Immunmodulation erforderlich sein, um die überschießende Immunreaktion zu kontrollieren.
- Intensivmedizinische Behandlung: Bei schweren Komplikationen wie Ateminsuffizienz oder Bewusstseinsstörungen ist eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich.
Prävention
Die beste Prävention gegen Influenza und ihre Komplikationen, einschließlich neurologischer Symptome, ist die Impfung.
- Grippeschutzimpfung: Die jährliche Grippeschutzimpfung wird insbesondere Risikogruppen empfohlen. Sie schützt vor den aktuellen Virusvarianten und kann die Erkrankung oder zumindest einen schweren Verlauf verhindern.
- Hygienemaßnahmen: Regelmäßiges Händewaschen, Desinfizieren der Hände, Abstandhalten zu erkrankten Personen und das Tragen einer Maske können das Risiko einer Infektion verringern.
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