Meningitis, auch als Hirnhautentzündung bekannt, ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen). Diese Häute umhüllen das zentrale Nervensystem, das Gehirn und das Rückenmark umfasst. Die Entzündung kann durch verschiedene Erreger und Reize verursacht werden, wobei Bakterien und Viren die häufigsten Ursachen sind. Eine Meningomyelitis liegt vor, wenn das Rückenmark ebenfalls entzündet ist, während eine Meningoenzephalitis sowohl die Hirnhäute als auch das Hirngewebe betrifft.
Ursachen von Meningitis
Die Ursachen für Meningitis, Meningomyelitis und Meningoenzephalitis sind vielfältig. Hierzulande werden sie vorwiegend durch Bakterien wie Meningokokken, Pneumokokken, Listerien oder Haemophilus influenzae sowie durch Viren wie Masernviren, Herpesviren oder Epstein-Barr-Viren verursacht. Seltener sind Pilze wie Candida, Aspergillus und Kryptokokken oder Parasiten wie Echinokokken und Toxoplasma gondii die Ursache. Auch Amöben wie Naegleria fowleri können eine Meningitis auslösen.
Neben erregerbedingten Ursachen gibt es auch nicht-infektiöse Ursachen, die eine Entzündung der Hirnhäute hervorrufen können. Dazu gehören maligne Zellen, die in den Subarachnoidalraum einwandern und sich auf den Hirnhäuten ausbreiten (Meningeosis neoplastica), sowie Nebenwirkungen von Medikamenten. Autoimmunerkrankungen wie SLE, Sarkoidose und Morbus Wegener sowie Krebserkrankungen oder Bestrahlungen können ebenfalls eine nicht-infektiöse Meningitis verursachen.
Bakterielle Meningitis
Bei einer bakteriellen Meningitis dringen Bakterien in den Liquor ein und infizieren die Pia mater, Arachnoidea und Dura mater. Die Bakterien können die Hirnhäute auf drei Wegen erreichen:
- Hämatogene Streuung: Über den Blutweg und die Blut-Hirn-Schranke, insbesondere über den Plexus choroideus. Bei Neugeborenen wird ein Viertel der Fälle durch hämatogene Streuung von Streptokokken der Gruppe B verursacht.
- Per continuitatem: Durch Ausbreitung von Entzündungen im Nasen- und Rachenraum (z. B. Otitis und Sinusitis) oder nach offenen Verletzungen wie Schädel-Hirntrauma und Wirbelsäulenverletzungen, Cerebral-Shunt und Cochlea-Implantat oder nach verabreichten Medikamenten in den Liquorraum.
- Direkte Übertragung: Durch Tröpfcheninfektion. Etwa 10 % der europäischen Bevölkerung sind Träger von Meningokokken im Nasen-Rachenraum.
Häufige bakterielle Erreger sind:
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- Streptococcus agalactiae, Escherichia coli, Listeria monocytogenes, Staphylokokken, Pseudomonas, Salmonellen und gramnegative Erreger bei Säuglingen bis sechs Wochen
- Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae bei Kindern über sechs Wochen
- Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenza, Staphylokokken, Listerien, Borellien, Pseudomonas aeruginosa und Mycobacterium tuberculosis bei Erwachsenen
Aseptische Meningitis
Bei einer aseptischen Meningitis sind die Meningen gereizt, ohne dass Erreger in einer Bakterienkultur wachsen. In mehr als 90 % der viralen aseptischen Meningitiden sind Enteroviren und Herpes-simplex-Viren verantwortlich (bei Kindern 50 %). Das Immunsystem reagiert auf die Keimbesiedlung mit einer Immunantwort, bei der Leukozyten sowie Endothel-, Glia- und Plexuszellen nervenzellschädigende Zytokine produzieren. Diese setzen eine weitere Immunkaskade in Gang, wodurch die Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigt wird und die Permeabilität der Hirngefäße zunimmt (vasogenes Hirnödem). Flüssigkeit dringt in das Hirngewebe ein und Leukozyten wandern in den Liquorraum (interstitielles Hirnödem). Zudem werden die Hirngefäßwände gereizt und entzünden sich, was mit einem zytotoxischen Hirnödem einhergeht. Die Hirnödeme führen zu einem erhöhten intrakraniellen Druck und einer Minderdurchblutung des Gehirns.
Symptome der Meningitis
Die Beschwerden einer Meningitis richten sich nach der Art der Hirnhautentzündung. Die klassische Symptom-Trias besteht aus Nackensteifigkeit, hohem Fieber und Bewusstseinseinschränkung. Allerdings ist diese Trias nicht zwingend bei jeder Meningitis anzutreffen. Jedes dieser Symptome sollte jedoch Anlass zur Sorge geben.
Weitere Anzeichen für eine Meningitis sind positive Kernig-, Brudzinski- und Lasègue-Zeichen sowie das Jolt-Akzentuierungsmanöver.
Symptome bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern
Bei Kindern sind die Beschwerden in der Regel nicht so stark und klassisch ausgeprägt. Mitunter zeigen sie nur unspezifische Symptome wie Reizbarkeit, Lethargie und Weinerlichkeit. Bei Säuglingen und Kleinkindern werden klassischerweise ein spitzes, schrilles Schreien oder anhaltendes Wimmern sowie eine ausgeprägte Trinkschwäche beschrieben. Weitere hinweisgebende Symptome sind:
- Vorgewölbte Fontanelle
- Kalte Extremitäten und blasse Hautfarbe
- Berührungsempfindlichkeit
- Schlaffheit oder Opisthotonus
- Atembeschwerden (Dyspnoe, Tachypnoe)
- Hyperexzitabilität
- Ödeme
- Aufgeblähtes Abdomen
- Hypothermie
- Ikterus
- Hauterscheinungen wie Petechien und papulöse oder konfluierende Hautinfiltrate
Bakterielle Meningitis
Eine bakterielle Hirnhautentzündung beginnt in der Regel mit einem kurzen allgemeinen Krankheitsgefühl. Darauf folgen rasch heftigste Kopfschmerzen, häufig mit Nackensteifigkeit. Die Betroffenen reagieren sehr empfindlich auf Licht, Geräusche und Berührung. Zudem treten Übelkeit und Erbrechen auf, mitunter auch neurologische Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit und Bewusstseinseintrübung sowie Krampfanfälle und Hirnnervenlähmungen.
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Meningokokken-Meningitis
Die Meningokokken-Meningitis wird durch das Bakterium Neisseria meningitidis verursacht. Neben den klassischen Beschwerden kommt es häufig zu makulopapulösen Exanthemen an Rumpf, unteren Extremitäten, Schleimhäuten und Konjunktiven. Typisch sind dabei massenhaft rote oder lilafarbene Flecken (Purpura), die ein starkes Indiz für Meningokokken als Erreger sind.
Etwa ein Drittel der Fälle ist mit einer Sepsis assoziiert. Bei 10 bis 15 % der Patienten dominiert diese als besonders lebensbedrohliche Form des septischen Schocks, dem Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Blutdruck und Blutgerinnung nehmen rapide ab. Eine disseminierte intravasale Koagulopathie führt zu einem Ausfall der Nebennieren und schließlich zum Multiorganversagen.
Tuberkulöse Meningitis
Eine tuberkulöse Meningitis wird durch Mycobacterium tuberculosis verursacht und tritt im Sekundärstadium einer Tuberkulose auf. Sie betrifft vor allem Jugendliche und Erwachsene sowie Menschen mit einer Immunschwächekrankheit. Nach den unspezifischen Tuberkulose-Symptomen entwickeln die Betroffenen Fieber (oft auch Fieberschübe), Kopf- und Rückenschmerzen. Darüber hinaus sind Augenmuskellähmungen oder Lähmungen der Gesichtsmuskulatur typisch.
Virale Meningitis
Eine viral ausgelöste Meningitis verläuft meist harmloser und milder als eine bakterielle Hirnhautentzündung. Sie heilt üblicherweise auch ohne Behandlung nach Tagen bis wenigen Wochen von selbst und folgenlos ab. Schwere Komplikationen, Spätfolgen oder ein tödlicher Ausgang sind bei viralen Hirnhautentzündungen eher selten.
Diagnose der Meningitis
Der Verdacht auf Meningitis wird meist nach einer kurzen Anamnese und dem klinischen Bild gestellt. Es sollten (je nach Verlauf und Schwere der Symptomatik) anamnestisch Zeckenbisse, Immundefekterkrankungen, Kontakt zu infizierten Personen, Infektionskrankheiten wie Otitis, Sinusitis, Pneumonie und Endokarditis sowie Auslandsaufenthalte abgefragt werden. Darüber hinaus ist der Impfstatus zu erheben.
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Die neurologische Untersuchung umfasst neben der Abklärung von Hirnnervenlähmungen, Stupor, Bewusstseinszustand und Vigilanz eine Meningismus-Prüfung mit typischen Diagnosezeichen. Dazu zählen vor allem:
- Brudzinski-Zeichen: Reflexartiges Anziehen der Beine bei Vorbeugung des Kopfes
- Lasègue-Zeichen: Einschießender Schmerz in das ipsilaterale Bein mit Ausbreitung im motorischen/sensiblen Areal der betroffenen Nervenwurzel bei Anheben des gestreckten Beines in Rückenlage (durch den Untersucher)
- Kernig-Zeichen: Einschießende Schmerzen und reflektorische Beugung im Kniegelenk bei Anheben des gestreckten Beines (durch den Untersucher)
- Amoss-Zeichen (Dreifuß-Zeichen): Im Sitzen seitliches Abstützen der Hände nach hinten bei gebeugten Knie- und Hüftgelenken (insbesondere bei Kindern)
- Kniekuss-Versuch: Unfähigkeit, mit dem Mund das Knie zu berühren (bei Kindern Aufforderung, das Knie zu küssen)
- Jolt-Akzentuierungsmanöver: Verstärkung der Kopfschmerzen bei raschem Hin- und Herschütteln des Kopfes (zwei- bis dreimal pro Sekunde) wie bei einer Verneinung
Labor und Mikrobiologie
Bei Verdacht auf eine Meningitis sind Blut- und Liquoranalysen unverzichtbar. Im Blut finden sich entzündungstypische Veränderungen wie erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytenanzahl, C-reaktives Protein, Procalcitonin und Interleukin-6. Bei bakterieller Meningitis sind eine Leukozytose mit Neutrophilie und Linksverschiebung sowie erhöhte CRP- und Procalcitoninkonzentrationen zu erwarten. Darüber hinaus wird eine Blutkultur angesetzt.
Der Liquor wird mittels Lumbalpunktion untersucht. Beurteilt werden Zellzahl und Zelldifferenzierung, Proteingehalt, Grampräparat, Glucose und Laktat. Zudem wird eine Liquorkultur bebrütet. Muss mit einer Antibiose vor der ersten Liquorpunktion begonnen werden, sollte zunächst ein Latexagglutinationstest erfolgen, um Bakterien wie Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae über einen Antigennachweis im Nativliquor nachzuweisen.
Liquorbefunde
Je nach Ursache der Meningitis unterscheiden sich die Liquorbefunde. Als Referenz bei gesunden Menschen erscheint die Flüssigkeit klar, die Zellzahl ist unter 5/µl, der Laktatwert beträgt 1,5 bis 2,1 mmol/l, die Gesamtproteinkonzentration 150 bis 400 mg/l und der Glucosegehalt liegt zwischen 2,7 bis 4,2 mmol/l (Liquor-Serum-Quotient > 0,5).
Unterschiedliche Meningitiden sind mit folgenden Befunden assoziiert:
- Bakterielle Meningitis: Flüssigkeit trüb bis eitrig, Glucose erniedrigt, Protein erhöht, Laktat deutlich erhöht (> 3,5 mmol/l), Zellzahl erhöht (1.000 bis 6.000), massive Granulozytose (Neutrophilie)
- Tuberkulöse Meningitis: Flüssigkeit klar - aber mit weiß-gelblichen, schleierartigen Gerinnseln (Spinngewebsgerinnsel), Glucose erniedrigt, Protein erhöht, Laktat erhöht (> 2,5 mmol/l), Zellzahl erhöht (30 bis 500), Lymphozytose, Monozytose, Granulozytose (buntes Bild)
- Virale Meningitis: Flüssigkeit klar, Glucose normal, Protein normal (evtl. leicht erhöht), Laktat normal, Zellzahl erhöht (10 bis 500), Lymphozytose, evtl. Monozytose
- Meningitis bei Neuroborreliose: Flüssigkeit klar, Glucose normal oder leicht erniedrigt, Protein erhöht, Zellzahl erhöht (50 bis 500), Lymphozytose oder gemischtzellig
Behandlung der Meningitis
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Meningitis. Eine bakterielle Meningitis ist lebensbedrohlich und muss kalkuliert antibiotisch behandelt werden. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser sind die Heilungsaussichten.
Bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis beginnen Ärztinnen und Ärzte die Therapie mit mehreren Antibiotika sofort, auch wenn die Ergebnisse der Laboruntersuchungen noch nicht vorliegen. Bei Pneumokokken als Ursache kann entzündungshemmend wirkendes Kortison Komplikationen vorbeugen. Ist bei einer Meningokokken-Meningitis der Hörnerv betroffen, kann die Gabe von Kortison ebenfalls sinnvoll sein.
Virale Meningitiden heilen meist ohne spezifische Behandlung innerhalb von Tagen bis Wochen aus. Bei Verdacht auf eine virale Infektion durch Herpesviren kann vorsorglich ein Medikament gegen Herpesviren verabreicht werden. Sobald Herpesviren durch Laboruntersuchungen als Ursache ausgeschlossen wurden, kann das Medikament abgesetzt werden. Ist der auslösende Erreger bekannt, wird dieser gezielt behandelt. Wenn keine Bakterien oder Herpesviren nachgewiesen wurden, lassen sich nur die Beschwerden lindern.
Prävention der Meningitis
Gegen einige Meningitis-Erreger gibt es Impfungen, die einer Hirnhautentzündung vorbeugen. Dazu zählen Impfungen gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Meningokokken, Masern, Mumps und Windpocken.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt folgende Impfungen für Kinder:
- Meningokokken-B-Impfung: Ab einem Alter von 2 Monaten empfohlen.
- Meningokokken-C-Impfung: Zu Beginn des 2. Lebensjahres empfohlen. Wird dieser Impftermin verpasst, sollte die Impfung bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden.
- Pneumokokken-Impfung: Allen Kindern ab dem Alter von zwei Monaten empfohlen.
- Haemophilus influenzae Typ B-Impfung (Hib): Ebenfalls für alle Kinder empfohlen.
- MMR-Impfung: Standardmäßig für alle Kinder empfohlen (Mumps, Masern, Röteln).
- FSME-Impfung: Für Menschen, die in FSME-Risikogebieten leben oder sich dort aufhalten.
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