Alkohol ist ein viel diskutiertes Thema, wenn es um Gesundheit geht. Während einige Studien auf positive Effekte von moderatem Konsum hindeuten, warnen andere vor den Risiken, insbesondere im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Schlaganfallrisiko, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen.
Alkohol im mittleren Lebensalter besonders riskant
Eine Studie von Wissenschaftlern um Pavla Kadlecová am St. Anne's University Hospital in Tschechien hat gezeigt, dass hoher Alkoholkonsum im mittleren Lebensalter das Risiko für einen Schlaganfall deutlich erhöht. Im Vergleich zu Gleichaltrigen, die kaum Alkohol trinken, hatten Personen mit hohem Alkoholkonsum ein um 34 Prozent höheres Risiko. Die Studie, veröffentlicht in Stroke (doi: 10.1161/STROKEAHA.114.006724), untersuchte 11.644 Zwillinge des schwedischen Zwillingsregisters über einen Zeitraum von durchschnittlich 43 Jahren.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Alkoholkonsum im mittleren Lebensalter ein bedeutenderer Risikofaktor für Schlaganfälle sein kann als klassische Risikofaktoren wie Diabetes oder arterielle Hypertonie. Interessanterweise verschiebt sich dieses Verhältnis im höheren Lebensalter. Ab dem 75. Lebensjahr werden traditionelle Risikofaktoren wie hoher Blutdruck oder Diabetes mellitus wieder wichtiger.
Dosis-Wirkungs-Beziehung: Mehr Alkohol, mehr Risiko
Die Studie von Kadlecová und Kollegen bestätigte auch frühere Forschungsergebnisse, die einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Alkoholkonsum und Schlaganfallrisiko festgestellt haben. Beim Vergleich von eineiigen Zwillingen beobachteten die Wissenschaftler, dass erhöhter Alkoholkonsum die Zeit bis zum ersten Schlaganfall um etwa fünf Jahre verkürzte.
Eine weitere Studie, die fast 98.000 Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern einbezog, zeigte ebenfalls eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Menge des Alkohols und dem Schlaganfallrisiko. Selbst geringer Alkoholkonsum war im Vergleich zu Nichttrinkern mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen ischämischen Schlaganfall verbunden.
Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?
Vorhofflimmern und Alkohol: Eine gefährliche Kombination
Die oben genannte Studie mit Vorhofflimmern-Patienten unterstreicht die besondere Gefahr von Alkohol für Menschen mit dieser Vorerkrankung. Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, die das Schlaganfallrisiko erhöht. Alkohol kann Herzrhythmusstörungen auslösen und somit das Risiko für einen Schlaganfall bei Patienten mit Vorhofflimmern zusätzlich erhöhen.
Die Forscher um Dr. So-Ryoung Lee vom Nationalen Universitätsklinikum in Seoul fanden heraus, dass Patienten, die nach der Diagnose von Vorhofflimmern abstinent wurden, ein niedrigeres Schlaganfallrisiko hatten als diejenigen, die weiterhin Alkohol tranken. Sie schlussfolgerten, dass Alkoholabstinenz nach der Diagnose von Vorhofflimmern das Risiko für ischämische Schlaganfälle verringern könnte.
Moderater Konsum: Segen oder Fluch?
Die Frage, ob moderater Alkoholkonsum das Schlaganfallrisiko beeinflusst, ist komplex und nicht eindeutig beantwortet. Einige Studien deuten darauf hin, dass geringe bis moderate Mengen Alkohol das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall senken könnten. Eine Meta-Analyse in BMC Medicine (2016; 14: 178) fand beispielsweise heraus, dass ein oder zwei Getränke am Tag mit einem verminderten Risiko für diese Art von Schlaganfall verbunden waren.
Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass diese Ergebnisse nicht bedeuten, dass Alkohol generell gesundheitsfördernd ist. Andere Studien haben gezeigt, dass selbst moderater Alkoholkonsum das Risiko für andere Arten von Schlaganfällen, wie intrazerebrale Blutungen und Subarachnoidalblutungen, erhöhen kann.
Eine Studie von Kenneth Mukamal von der Harvard Medical School in Boston ergab, dass Männer, die mehr als 30 Gramm reinen Alkohol am Tag konsumierten, ein um 42 Prozent höheres Schlaganfallrisiko hatten als Abstinenzler. Andererseits hatten Männer, die jeden zweiten Tag rund 20 Gramm Alkohol konsumierten, ein um 32 Prozent geringeres Risiko als Abstinenzler.
Lesen Sie auch: Sicher Autofahren mit Parkinson: Ein Leitfaden für Deutschland
Mukamal betont jedoch, dass niemand aufgrund dieser Ergebnisse mit dem Trinken anfangen sollte. Die potenziellen Vorteile von moderatem Alkoholkonsum müssen immer gegen die Risiken abgewogen werden, insbesondere im Hinblick auf andere gesundheitliche Probleme und soziale Folgen.
Risikofaktoren für Schlaganfall: Was Sie selbst beeinflussen können
Unabhängig von der Diskussion um Alkohol gibt es eine Reihe von Risikofaktoren für Schlaganfall, die Sie selbst beeinflussen können:
- Bluthochdruck: Regelmäßige Kontrolle und Behandlung sind entscheidend.
- Bewegungsmangel: Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt das Herz-Kreislauf-System.
- Übergewicht: Gewichtsreduktion kann Blutzucker und Blutdruck positiv beeinflussen.
- Fettstoffwechselstörung: Eine ausgewogene Ernährung und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung können helfen.
- Rauchen: Nikotin verursacht Arterienverengung und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel. Ein Rauchstopp hat unmittelbar positive gesundheitliche Effekte.
- Vorhofflimmern: Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können das Schlaganfallrisiko senken.
- Diabetes mellitus: Eine gute Blutzuckereinstellung ist wichtig.
- Alkohol: Ein maßvoller Umgang mit Alkohol ist ratsam.
Die meisten dieser Risikofaktoren fördern die Arteriosklerose, eine Verengung und Verhärtung der Blutgefäße. Durch eine gesunde Lebensweise können Sie Ihr Schlaganfallrisiko deutlich reduzieren.
Lesen Sie auch: Corona und das Gehirn: Was wir wissen
tags: #alkohol #schlaganfall #risiko