Kann Botox ins Gehirn wandern? Risiken und Fakten

Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox, ist ein weit verbreitetes Mittel zur Faltenbehandlung und wird auch in anderen medizinischen Bereichen eingesetzt. Doch immer wieder tauchen Bedenken auf, ob Botox ins Gehirn wandern und dort Schäden verursachen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Risiken und gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung.

Was ist Botulinumtoxin?

Botulinumtoxin ist ein natürlicher Eiweissstoff, der von dem Bakterium Clostridium botulinum produziert wird. Der Begriff "Botulinumtoxin" entstand im Jahre 1820, als der Landarzt Justinus Kerner von einem "Wurst-Gift" berichtete. Er entdeckte einen Zusammenhang zwischen Todesfällen durch Muskellähmung und dem Verzehr verdorbener Lebensmittel. Aus dem lateinischen Wort "botulus" für Wurst und dem altgriechischen Begriff "toxikon" für Gift entstand der Name "Botulinumtoxin".

In seiner natürlichen Form ist dieses Toxin hochgiftig und verursacht den sogenannten Botulismus, eine schwere Lebensmittelvergiftung. Mittlerweile sind sieben verschiedene Typen bekannt. In der ästhetischen Medizin verwendet man den Typ A, der biotechnologisch gewonnen und aufgereinigt wird, wodurch er mit dem natürlich vorkommenden Toxin nicht vergleichbar ist.

Wie wirkt Botox?

Botox wirkt auf die Kontaktstelle von Nerven und Muskeln und vermindert die Ausschüttung eines bestimmten Botenstoffs, Acetylcholin. Dieses Acetylcholin ist für die Übertragung des Nervenimpulses zuständig, der angibt, dass ein Muskel angespannt werden soll. Botox bewirkt also keine Lähmung der Muskeln, sondern eine Entspannung.

Diese Entspannung der Muskeln führt zur Glättung von Falten, da die ständige Anspannung der Gesichtsmuskulatur langfristig zur Ausbildung von Falten beiträgt. Der Effekt hält zwischen vier und sechs Monaten an, da die Substanz im Körper vollständig und rückstandslos abgebaut wird.

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Anwendung von Botox

Botox wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt:

  • Ästhetische Medizin: Faltenbehandlung im Gesichtsbereich (Stirnfalten, Zornesfalten, Lachfalten)
  • Neurologie: Behandlung von Bewegungsstörungen (Dystonien), Muskelkrämpfen, chronischer Migräne
  • Urologie: Behandlung von Blasenproblemen
  • Weitere Anwendungen: Behandlung von übermässigem Schwitzen (Hyperhidrose)

Kann Botox ins Gehirn wandern?

Die Frage, ob Botox ins Gehirn wandern kann, ist ein viel diskutiertes Thema. Im Jahr 2008 veröffentlichte das Magazin "Newsweek" einen Artikel über eine italienische Studie an Ratten, in der Botox angeblich ins Gehirn wanderte. Diese Meldung sorgte für grosse Beunruhigung.

Es ist jedoch wichtig, die Details dieser Studie genauer zu betrachten:

  • Es wurde kein Botox oder ein anderes zugelassenes Medikament verwendet, sondern Botulinumtoxin aus dem wissenschaftlichen Labor.
  • Die Forscher suchten nicht nach dem eigentlichen Toxin in den Rattenhirnen, sondern nach markierten Antikörpern unklarer Spezifität.
  • In den Rattenhirnen wurden keine Bestandteile des Botulinumtoxins selbst gefunden, sondern nur Eiweissfragmente.
  • Die italienischen Autoren selbst stellten fest, dass ihre Forschung sich nicht um die Sicherheit von Botox dreht und dass Ängste unnötig sind.
  • Die Untersuchung erfolgte an Ratten, die Daten sind nur sehr bedingt auf Menschen übertragbar.
  • Die verwendeten Dosierungen waren sehr hoch, ca. 150-mal höher als die Dosis bei der Faltenbehandlung.

Experten betonen, dass Botulinumtoxin aufgrund seiner Grösse die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren und somit nicht ins Gehirn gelangen kann. Botulinumtoxin-Medikamente werden am Ort der Einspritzung zerlegt und bleiben auf wenigen Millimetern fixiert.

In wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Botulinumtoxinanwendung am Menschen konnten Gehirnschäden nie dokumentiert werden.

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Risiken und Nebenwirkungen von Botox

Wie jedes Medikament kann auch Botulinumtoxin unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Diese sind jedoch in der Hand des erfahrenen Anwenders sehr selten und praktisch immer harmlos.

Mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Allgemeine Risiken: Hautreizung oder -infektion, leichte Schwellung, Bluterguss
  • Risiken bei Behandlung der Zornesfalte: Absacken der inneren Augenbrauen, Schwellungen in den Augenwinkeln
  • Risiken bei Behandlung der Stirnfalten: Verstärkung von Schlupflidern, Absenkung der Oberlider, Doppelbilder, gestörter Lidschluss, "Mephisto"- oder "Spock"-Ausdruck
  • Risiken bei Behandlung der Lachfalten: Verstärkung von Fältchen unter den Augenlidern
  • Risiken bei Behandlung der Augenunterlider: Abstehen der Unterlider (Ektropium)
  • Risiken bei Behandlung zur Anhebung der Augenbrauen (Augenbrauenlifting): Neue Fältchen über der gelifteten Augenbraue
  • Risiken bei Behandlung der Plisséfältchen der Oberlippen: Schwierigkeiten beim Pfeifen, Trinken oder Essen, Schwierigkeiten beim Aussprechen bestimmter Buchstaben

In seltenen Fällen kann das Medikament über kleine Strecken "wandern". Alle diese Veränderungen sind vorübergehender Natur und sollten vom Arzt behandelt werden.

Langzeitnebenwirkungen

Über die Langzeitnebenwirkungen von Botox gibt es zahlreiche Untersuchungen, die allesamt zu dem Schluss kommen, dass bisher keine Langzeitnebenwirkungen bekannt sind. Auch die in vielen Berichten übertrieben dargestellte angebliche Wanderung von Botox ins Gehirn, stellt sich bei sachlich wissenschaftlicher Betrachtung als nicht haltbar dar.

Sicherheit von Botox

Insgesamt ist Botulinumtoxin A ein äusserst sicheres Medikament. Die gefährliche Dosis ist etwa 100- bis 1000-mal höher als die Dosis, die in der ästhetischen Medizin verwendet wird.

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Allerdings ist es wichtig, dass die Behandlung von einem erfahrenen Arzt durchgeführt wird, der die анатоmischen Strukturen des Gesichts genau kennt und die richtige Dosierung wählt. Vor unkontrollierten Behandlungen, vor allem durch unqualifizierte Mediziner, ist dringend abzuraten. Gleiches gilt für Botox-Partys und andere Veranstaltungen, die die medizinisch anspruchsvolle Behandlung zum banalen Lifestyle-Event für jedermann machen.

Botox und Emotionen

Forschungsergebnisse zeigen, dass Gesichtsbehandlungen mit Botox unsere Emotionen beeinflussen können. Laut der sogenannten Facial-Feedback-Hypothese reagieren wir auf unsere Umgebung unwillkürlich mit kleinen oder auch grösseren Regungen in der Mimik. Das fehlende Feedback von Gesichtsmuskulatur zum Gehirn kann dazu führen, dass auch positive Emotionen verändert werden.

Wird Botox in die Muskulatur zwischen den Augenbrauen gespritzt, kann sich die sogenannte Zornesfalte glätten. Weil Gesichtsmimik und psychisches Befinden eng verbunden sind, reduziert sich dadurch auch die Intensität der Emotionen.

Wissenschaftler forschen schon seit einigen Jahren dazu, dass Botox-Behandlungen helfen können, die Symptome von Depressionen zu lindern. Auch hier, so die Theorie, kann das Feedback von den Gesichtsmuskeln an das Gehirn gestoppt werden.

Alternativen zu Botox

Für Patient:innen, die Bedenken bezüglich Botox haben, gibt es verschiedene Alternativen zur Faltenbehandlung:

  • Hyaluronsäure-Filler: Hyaluronsäure ist ein körpereigener Stoff, der in die Haut injiziert wird, um Falten aufzufüllen und Volumen zu geben.
  • Biostimulatoren: Poly-L-Milchsäure oder Calcium-Hydroxylapatit regen die Produktion von Kollagen und Elastin in der Haut an, um Falten zu reduzieren und die Haut zu straffen.
  • Radiofrequenz-Microneedling: Durch vergoldete Mikronadeln wird Energie in die zweite Hautschicht übertragen, um die Produktion von Kollagen und Elastin anzuregen.

Fazit

Die Angst, dass Botox ins Gehirn wandern und dort Schäden verursachen kann, ist unbegründet. Botulinumtoxin ist ein sicheres Medikament, wenn es von einem erfahrenen Arzt richtig angewendet wird. Wie jedes Medikament kann es jedoch Nebenwirkungen haben. Es ist wichtig, sich vor der Behandlung umfassend zu informieren und sich an einen qualifizierten Arzt zu wenden.

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